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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.05.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960511022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896051102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896051102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-05
- Tag1896-05-11
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An wen sie gerichtet ist, wird nicht gesagt; nach den bisherigen Mittheilungen ist der Empfänger Geheimrath Hintzpeter gewesen, der sie Herrn von Stumm übermittelte. Ohne die Genehmigung de« Kaiser« hätte Herr von Stumm am 12. April zu Neunkirchen sich auf die Meinung des Herrschers nicht berufen dürfen; ohne diese Genehmigung hätte noch weniger der Text der Kund gebung veröffentlicht werden können. Er lautet: Berlin, Schloß 28. H. W. Stöcker hat geendigt, wie ich es vor Jahre» vorausgesagt habe. Politische Pastoren sind ein Unding. Wer Christ ist, det ist auch „social", christlich-social ist Unsinn und stthrt zu Selbstüberhebung und Unduldsamkeit, beides dem Christenthum schnurstracks zuwider laufend. Die Herren Pastoren sollen sich um die Seelen ihrer Ge meinden kümmern, die Nächstenliebe pflegen, aber die Politik aus dem Spiele lassen, dieweil sie das gar nichts angrht. Wilhelm, I. K. DiS jetzt haben nur wenige Blätter über diese Kundgebung sich geäußert; Herrn Stöckcr'S „Volk" gehört zu diesen wenigen nicht. Die „Voss. Ztg." schreibt: „Einst hat der Hofprediger Stöcker geglaubt, sein Stern werde in hellstem Glanze strahlen, wenn erst Prinz Wilhelm den Thron bestiegen Hütte. In ihm sah er den Schutzherrn der christlich-socialen Bewegung. Wie anders jetzt! Sein dickleibiges Buch „Christlich- Social" hat Herr Stöcker seinem „lieben Freunde und Mitstreiter" von Hammerstein gewidmet; die „Kreuzztg." feierte ihn als den bedeutendsten Mann der conservativen Partei; christlich-social sollte nach Herrn Stöcker das Königthum sein, christlich-social die Politik der Regierung und der Rechten. Und nun sagt der deutsche Kaiser klipp und klar: Christlich-social ist Unsinn! Das geschieht, nach- dem Herr Stöcker sich, von der conservativen Partei vor die Thür gesetzt, auf die „christlich-sociale" Partei zurückgezogen hat. „Stöcker hat geendigt, wie ich es vor Jahren vorausgesagt habe"; das zeigt, daß der Kaiser Herrn Stöcker für fertig, für abgethan, für politisch todt ansieht, und es beweist zugleich, daß der Kaiser für dir Eigenart des früheren HofprrdigerS einen viel schärferen Blick gehabt hat, als die gesammte Rechte, die ihm und Herrn v. Hammerstein nach Tivoli folgte und sich bis zur Veröffentlichung des Ccheiterhaufenbrieses von ihm am Gängelbande führen ließ. Angesichts der Kundgebung des Kaisers begreift man, weshalb der evangelische Oberkirchenrath neuerdings feine Verfügung gegen die politische Thätigkeit der Pastoren erlassen hat. „Poli tische Pastoren sind ein Unding", sagt der Kaiser. Wie lange ist nicht die entgegengesetzte Anschauung herrschend gewesen! Man sah Pastoren in zahlreichen Wählerversammlungen, man hörte von ihnen Ausbrüche wilder Partrileidrnschaft. Die Politik wurde in eine Reihe von Synoden getragen. Auf svcialpolitischen Congressrn und bei ähnlichen Veranstaltungen spielten Pastoren di« Hauptrolle. Jetzt liest ihnen der Kaiser rückhaltlos den Text; er nennt sie ironisch und bitter „die Herren Pastoren", er weist sie in ihre Schranken zurück, erinnert sie an die Aufgaben, die auf dem Gebiet der Seelsorge und der Nächstenliebe liegen, und giebt ihnen auf, die Politik aus dem Spiel zu lassen: „Dieweil sie das gar nichts angeht." Es ist eine knappe, klare, scharfe Sprache. Diese Worte haben eine weit über den Fall Stöcker hinausreichende Bedeutung. Daß der Kaiser über Herrn Stöcker öffentlich den Stab bricht, ist von Bedeutung; von größerer Bedeutung ist sei»« Verurteilung der „christlich-socialen" Bewegung alS Verleugnung de« Christen- thums, als Selbstüberhebung und Unduldsamkeit; am wichtigsten aber sind die formrlmäßig zugrschliffeaen allgemeinen Aussprüche über den Berus der Pastore» und die Grenzen ihrer Befugnisse: „Politische Pastoren sind ein Unding." Man darf Mit Spannung die Wirkung obwarten, die deS Kaisers Worte aus die Geistlichkeit ausübe» werden. Dir Kundgebung de« Herrscher« erinnert nach Form uud Inhalt an manchen ähnlichen Ausspruch anderer Hohen» zollern; st« wird einen hervorragenden Platz in der Sammlung geschichtlicher König«wvrte behaupten." Aach wir sind auf die Wirkung, welche die Kundgebung de« Kaisers auf die Geistlichkeit itN Allgemeinen auSüben wird, gespannt, befürchten aber, daß die Herren Stöcker und Genossen diese Kundgebung sich nicht nur nicht zur Warnung dienen lassen, sondern sie vielmehr für ihre Zwecke ausnützen werden. Man weiß ja, wie Herr Stöcker dir JnterpretationS- kunst versteht. Er wird sagen: „Wenn jeder Christ social ist Und sein soll, so hat er auch nicht nur da« Recht, sondtrn sogar die Pflicht, social zu wirken, ganz besonders der Geistliche. Das bestreitet auch der Kaiser nickt; er will nur, daß die Geistlichen die Politik aus dem Spiele taffen, soweit sie nicht sociale, sondern Partripolitik ist. Und um Parteipolitik kümmern wir uns auch gar nicht. Wir predigen allen Parteien ohne Unterschied die socialen Pflichten, die sie als christliche Parteien haben, und halten uns daher genau auf der Linie, die der Kaiser vorgezeichnet hat." Der politischen Agitation, die er künftig treiben wird, wird er das sociale Mäntelchen um hängen und sich nicht itN Geringsten geniren, zu behaupten, sein« Gegner hätten ihn beim Kaiser verleumdet, in dessen Sinne er seine Pflicht als Christ und Geistlicher aussassr und erfülle. Es wird jedenfalls noch anderer Mittel bedürfen, um dem politischen Treiben Stöcker's ein Ende zu machen. Die „Norddeutsche Allgemein» Zeitung" läßt ihre Be trachtungen zum ErinnerungStage des Frankfurter Friedensschlusses in die eindringliche Mahnung an die Ordnung-Parteien auSklingrn, das m Sachsen gegebene Beispiel zu befolgen und sich g^en die Umfturzpartei fester zusammeuzuschließen. Da« Blatt will nicht einem „Cartell" das Wort geredet haben. Keine Partei solle irgend etwas von ihren» Programm aufgeben »brr Verpflichtungen auf bestimmte Fragen übernehmen. „Auch sind es nicht nur die ehemaligen Cartellparteien, dir in Betracht kommen, sondern darauf wird es ankommen, daß alle Parteien, die auf dem Boden der bestehenden Rechts- orvnung stehen, sich in dem Kampfe gegen die Socialdrmo- kratir zusammensinden." Allerdings, darauf käme es an. Wenigstens auf daS Zusammenstrbrn aller großen Parteien, wobei also der Freisinn und das, was sich im Süden demokratisch nennt, auSscheidrn könnt«. Da aber zeigt sich sofort riesengroß der Unterschied, der parteipolitisch zwischen Sachsen einerseits und Preußen und dem Reiche andererseits besteht. Wir haben kein Erntrum im Lande. Hätten wir rs, so würden die bürgerlichen Parteien in Sacksen ihrem katholischen Könige, trotz seiner Cartellfreundlichkeit, so wenig ihr letztes Geburtstags geschenk deS erneuerten und erweiterten Defensiv-Ab kommen- haben machen können, als Derartiges in Preußen oder in Baden unter evangelischen Herrschern gelingt. Das Eentrum ist nicht nur der Protector des Welfen- und des PolenthumS, es betrachtet auch fett zwanzig Jabren «rklärtermaßen und tbatsächlich noch heute die Socialdemokrati« als daß „kleinere Uebel" im Ver gleiche zu einer nationalen Partei. Die Wahl in Dortmund hat düs wieder so deutlich gezeigt, daß man dir Auslaffung der „Nordd. Allgrm. Ztg." naiv finden müßte, wenn man nickt wüßte, baß die Machthaber in Berlin entschlossen sind, den Grundcharakter der klerikalen Partei nickt zu erkennen. Nach der erwähnten Stichwahl, wo das Centrum Wahl enthaltung proclamirte, nachdem es vorher eifrigst für den socialdemokratischen EaNdidateN gegen den nationalliberalen agitirt batte, hat das Regierungsblatt auch alles mögliche Kluge und Gute vorgebracht, ist an dieser Thatsache aber scheu vorbeigehuscht. Wir würden «S nickt der Mühe werth gefunden haben, die Aufforderung der „N. A. Z." zu erörtern, wenn die preußische Regierung nicht einen guten Tbril der Schuld daran trüge, baß eine Vereinbarung wie dir sächsische in Preußen und dem Reiche nicht möglich ist. Das Eentrum wird ge hätschelt, obwohl es der Sdrialdrniokratie Vorschub leistet, seine Paritätsklagen sind weiter nichts als ein „Rufen nach mehr". Würde die preußische Negierung die Förderung der Socialdemokratie zum ausgesprochenen Beweggründe nehmen, den Ultramontanismus, nicht etwa zurückzusetzcn, sondern nur aufzuhören ihn zu begünstigen, so würde das Centruin zwar bleiben, waS es ist, aber vielleicht dock Scheu tragen, offen auf die Kräftigung der Umsturzpartei hinzuwirken. Die italienische Deputirtenkammerhat am Sonnabend mit 278 gegen 133 Stimmen eine Tagesordnung angenommen, welche die Erklärungen der Regierung-Vertreter über die afrikanische Angelegenheit billigte und schließlich die Ueber- sckreitungen der Crrdite für Afrika genehmigte. Der Minister präsident di Nudini hatte unmittelbar vor der Abstimmung das Wort ergriffen und erklärt, daß er sich den Ausführungen deS Ministers des Auswärtige» und deS Krieges anschlösse. Auch er sprach sich wie gegen di« völlige Aufgabe der rrytvräischen Colonir, so gegen jede Ueberschreitung ver Mareb-Belesa-Linie aus und fügte hinzu, daß er die Räumung Adigrat« nach der Entsetzung der Forts angeordnrt habe. Daß unter diesen Umständen Rudini's Erklärung, der Vertrag von Uccialli bleibe, so lange kein neuer ab geschlossen sei, in Kraft, keinerlei Bedeutung hat, braucht nicht erst gesagt zu werden. Die Beanspruchung deS ProtectoratS über Abessinien ist völlig werth- und wirkungs los, wenn Italien Tigre räumt und für alle Zeiten aufgiedt, ja wenn rs trotz gegenseitiger Erklärungen der Minister an- scheinend ans dem Wege ist, sich ganz aus Afrika zurück zuziehen. Hat doch der Minister des Auswärtigen, Ser- moneta, am Freitag in der Kammer gesagt, Maffaua jetzt zu räumen, sei «in« ebenso große Leichtfertigkeit, wie die s. Zt., es zu besetzen. Da- ist doch eine sonderbar« Erklärung, aus der man nur den Wunsch heraus hört, die Colonie bei ge legener Zeit ganz los zu werden. Denn hätte Maffaua für Italien gegenwärtig einen besonderen Werth, so würde doch kein Minister sich daS Zugestänvniß entschlüpfen lassen, daß seine einstmalige Besetzung ein schwerer Fehl«r war. Urbrigen» kam es bri der Erklärung Sermoneta's zu einer sehr peinlichen Scene, da die Opposition ihm den Namen deS jetzigen KriegSministerS Ricotti entaegenrief. Dieser war es, der im Jahr 1885 den Zug nach Maffaua angeordnrt hat! di Rudini sprach ferner seine Urbrrzeugung aus, daß, wenn Italien die Mareb-Belesa-Grenze streng innrbaltr, Menrlik Frieden halten werd«. Wir haben schon betont, daß der Charakter deS Königs der König», der den ehrgeizigen Plan, Herrscher eines großabessinischen Reichs zu sein, mit zäber Energie verfolgt, gerade das Gegentbeil nahe legt. Einen günstigen Andruck macht dir Erklärung deS Minister präsidenten, daß er nickt daran denke, die Versetzung deS Cabinet« CriSpi in Anklagezustand zuzulassen, weil dies nur fortwährend Haß und ewige Recriminationen zur Folge haben Werve und die vollständige Veröffentlichung aller Afrika betreffenden Dokumente in den Grünbüchern jeden Verdacht verschwinden lasse. AuS der Rebe VeS KriegSministerS vom Sonnabend ist übrigens noch der Satz nachzutragen: „Wenn Menelik die Fteigebung der Gefangenen verweigert, werden im Herbst 80 000 Mann nach Afrika geschickt werben " Dem kann man nur zustimmen. Hat aber Italien einmal rin so gewaltiges Kriegscontingent in Abessinien, so wäre cs doch der Gipfel selbstloser Entsagung, zurückzukehren, ebn: Vie Macht Menelik's endgiltig gebrochen zu haben. Wenn nicht Alles trügt, ist die Spannung zwischen den Vereinigten Ttaaten und Spante» wegen Eubas auf einem Punct angelangt, auf den Cleveland kaum noch im Stande sein wird, den nordamerikanischen Chauvinismus abermals zu besänftigen, wenn Spanien sich nicht entschließt, nachzu geben. Wie wir bereits mittheilten, ist es den Spaniern gelungen, auf dem amerikanischen Dampfer „Competidor" eine Anzahl Flibustier, welche Contrebande nach Cuba zu bringen in Begriff waren, festzunebmen, und fünf derselben, darunter zwei Cubaner und drei Amerikaner, sind sofort voms Kriegsgericht in Havana rum Tode verurtbeilt worden. Darob natürlick in den Vereinigten Staaten große Erregung. Eine vom New-Aorker „Journal" veröffentlichte Depesche aus Washington besagt, der Staats- secretair deS Auswärtigen Olney habe! nachs einer längeren Unterredung mit dem Präsidenten Cleveland dem spanischen Gesandten Dupuy de Lome mitgetheilt, Cleveland sei der Ansicht, daß die kubanische Frage in ein acutes Stadium getreten sei; derselbe bestehe darauf, daß die Gefangenen nicht auf Grund eines UrtheilS des Militair- gerichts hingerichtet werden. Dupuy de Lome bemühte sich, daS Vorgehen deS Generals Weyler durch daS Völkerrecht zu rechtfertigen, Olney antwortete jedoch mit Festigkeit, worauf de Lome versprach, nach Madrid zu telrgraphiren. Cleveland befahl, Depeschen an den amerikanischen Gesandten in Madrid Taylor und an den General-Consul William s in Havana zu senden, in welchen constatirt wird, er werde eine etwaige Hinrichtung der Vrrurtheilten obne Civil- proreß als eine wenig freundschaftliche Handlung ansehen. Der neue Consul General L«e wurde aufgefordert, sich sofort auf seinen Posten nach Havana zu begeben. Die Zeitung „World" sagt, nach der Ansicht Olney'- seien die Verurthrilirn lediglich der Einführung von Contre bande schuldig, wofür sie nur zu Gefängnißstrafe verurthrilt werden könnten. Eine Depesche aus Tampa meldet unS, der Gouverneur von Florida habe in Folge ver Nachrichten au« Washington über die Competidorfrage das fünfte Bataillon angewiesen, sich zu sofortiger Action bereit zu halten, und wie uns heute weiter telegraphisch gemeldet wird, erfährt daS Londoner „Daily Chronicle" aus New-Aork, in der Bai von New- 4)ork werde rin starke» Geschwader zusammen gezogen, WaS man allgemein al« Vorzeichen acnver Maß nahmen in der Nähe von Havana ansehe. Ueber die Ent schließung ver spanischen Regierung verlautet noch nicht-, wohl aber hat nach einer uns gestern au« Madrid zugegangenen Draht nachricht General Weyler erklärt, er halte die Hinrichtung der Flibustier für unumgänglich nothwendig und werde, falls die Regierung infolge de« Einspruchs der Vereinigten Staaten anderrrAniichtsei,sofortd^missionir en. FUrSpanien liegt die Sacke äußerst ungünstig, da thatsächlich auch General Weyler mit seiner Erklärung, die Bewältigung des Ausstandes auf Cuba werde noch zwei Jahre beanspruchen, hat eingestehen müssen, daß Spanien nicht im Stande ist, die Insel zu paci ficiren. Auch der Ministerpräsident CanovaS hat anerkannt, daß dem Krieg „nicht allein mit Waffengewalt" »in Ende gemacht werden könne. So bleibt Spanien kaum noch etwas übrig, als dir Autonomie der Insel unverzüglich anzuerkennen, denn mit den etwa beabsichtigten „Reformen" werden die Die Tochter des Millionärs. 9j Roman aus dem Englischen von L. Berufeid. (Nachdruck verboten.) Beatrix blickte ihn überrascht und neugierig an. Zum ersten Male bemächtigte sich ihrer ein unbestimmtes Gefühl von Unruhe. Ihr liebendes kleines Herz fragte sich, warum er so offenbar unfreundlich zu ihr sei. Wo war seine Zärtlichkeit geblieben und worin bestand der Grund seiner ärgerlicken Ungeduld? War er wirklich nur so aufgeregt, weil er sie sö zärtlich liebte? „Lieber Philipp, ich will doch hoffen, daß Sie e- der Mühe für werth halten, auf mich zu warten', sagte Beatrix ein wenig ernster. „Aber um Alles in der Welt, wie lange soll ich denn eigentlich warten?" rief Philipp au-, indem er vor ihr stehen blieb. Veättix lachte. „Vor alleu Dingen so lange, bi- der Graf von Sanfoine seinen gänzlichen Rückzug angetreten haben wird: und dies foll, ich verspreche es, nicht mehr lange dauern. Wenn Papa sich erst mit dem Gedanken vertraut gemacht hat, daß ich wirklich keine Gräfin werden will, wird er sich mit der Zeit in daS Unvermeidliche fügen und seine Einwilligung zu unserer Verbindung geben. Doch Sie müssen selbst einseheu, daß die- Alles ein wenig Zeit erfordert, und mir darin bei- slimmen, daß wir nicht zu voreilig sein dürfen, um Papa nicht ernstlich zu erzürnen. Lange kann eS ja nicht mehr dauern, ich hoffe, nur noch einige Monate — vielleicht bi« Weihnachten!" Trixie erhob sich und legte ihre Hand sanft auf Philipp'« Arm, mit ihren schönen braunen Augen freundlich zu ihm aufblickend. Doch er sah verdrossen auf sie nieder. „Mein Himmel, da- Mädchen bringt mich zur Ver zweiflung!" sagte er zu sich selbst. Dann faßte er einen Entschluß. Die Heirath mußte so bald al- möglich statt finden, er sah keinen andern Ausweg mehr. Mit einem Ausdruck in seinen hübschen blauen Augen, den Beatrix niemals au ihm wahrgeuowine» hatte, sagt« er eindringlich zu ihr: Nicht mehr gedacht. Wie konnte er den Geldpunct überhaupt berühren? Und er schien sogar sehr eifrig und ängstlich besorgt de-wegen zu sein! Wir schrecklich, wie entwürdigend! Denn obgleich Beatrix wußte, daß Srudamore ohne Vermögen sei — er hatte e« ihr ja selbst erzählt, daß er bedeutende Summen itN Spiel verloren habe —, so konnte sie sich doch keine Vor stellung davon machen, daß ein Mann, der auf gleichem Fuße mit anderen Männern der bessern Gesellschaft lebte, der jedes Vergnügen derselben miintachie, sich elegant kleidete und Juwelen von offenbarem Werthe trug, sich in Geldnotb be finden sollte. Beatrix hatte sich immer eingebildet, daß er doch wenigsten- so viel im Besitze habe, um sich selbst standes gemäß erhalten zu können. Von der Existenz eines Menschen, wie Srudamore in der Tbat war, der be, allen Freunden und Bekannten tief in Schulden steckte, der in den Händen von Wucherern war Und nur durch stets neue Experimente sich noch aufrecht erhielt, der nicht wußte, woher er daS Geld nehmen sollte, um seine Rückkehr von Schottland bewerk stelligen zu könNek, konnte Trixie'S ehrliches und Unschuldiges Gemüth sich keine Vorstellung machen. Deshalb war eS ihr auch niemals in den Sinn gekommen, daß Philipp sie ihres Gtide« Wege» begehren könne. Jetzt rum ersten Male stieg dieser Gedanke in ihr auf, und ein schmerzliches Weh zog dUrch ihr Herz. „WaS hat denn Papas Geld mit unserer Liebe zu thun?" sagte Beatrix mit einem Anflug von Kalte, welchen sie nicht unterdrücken konnte. „Ich dachte nicht, daß der Reichthum meine« Vater« auf Ihre Liebe zu mir Einfluß hätte." „DaS ist auch nicht der Fall, meine theurk Beatrix", er widerte er hastig. Es wurde ihm mit einem Male klar, daß er zu weit gegangen war; er versuchte, Trixie zärtlich an sich zu ziehen, doch sie entzog sich seiner Umarmung. „ES wird gewiß nicht obne Interesse für Sie sein", sagte Trixie sehr ernst, „wenn ich Ihnen sage, daß Papa — falls ich mich gegen ihn auflehnen und rhun würde, waS Sie mir znmUthen — sehr wahrscheinlich sein Vermögen meinem Veittr Leonard, deM er sehr zugethan ist, hinterlassen wird. Natürlich würde er Mich nicht gäiizlich Umgehen, aber eS wäre durchaus nicht unwahrscheinlich, daß er mir nur einen kleinen Thtil seines Reichthum- zukommen ließe." Philipp biß sich auf die Lippen, und indem er sich dir größte Mühe gab, kaltblütig zu erscheinen, erwiderte er leichthin: „O, ich riiöchte durchaus nicht die Ursache solchen Kummer- für Ihren Papa sei», Beatrix, und gewiß würde eS mich „Wie wär'-, Beatrix, wenn wir ohne Papa'S Einwilligung jeiratheten?" „Philipp!" Tiefe Röthe übrrfluthete ihr Gesicht, indem ie seinen Namen vorwurfsvoll rief. „Meine Liebe, daS ist doch nichts Böses. Wie viel« junge Leute Haden daS schon vor uns gethan, wenn sie die Ein willigung der Eltern nicht bekommen konnten. Wir sind hier in Schottland, wo eS, wie Sie wissen, sehr leicht ist, sich zu verheirathen; Man braucht nur zu irgend einem Geistlichen zu gehen, Ver in Gegenwart eines Zeugen die HeirathScerrmonie vollzieht, UUd Vie Sacke ist abgethan!'' Ader er kannte Beatrix doch noch nicht gan». Wohl liebte sie ibn, wie nur titi Weib lieben kann, doch hatte das junge Mädchen zu viel von der Rechtschaffenheit und dem Pflichtgefühl ihres Vater- geerbt, um sich zu eiUem solchen Schritt verleiten zu lassen. „Auf diesen Vorschlag würde ich »ie eingehett, Philipp!" sagte Beatrix entrüstet. „Mit einer solchen Tbat würde ich meinem Väter Und meiner Mutter da« Her» brechen. Wie können Sie nur glauben, daß ich meine Einwilligung zü einer so schändlichen Handlungsweise geben würde! Wie leicht sinnig und undankbar müßte ich sein, um meint Eltern zu hmtergrhen!" „Nun, nun, beruhigen Sir sich! ES tbüt mir leid, diesen kleinen Beweis voll Zuneigung und Vertrauen von Ihnen verlangt zu haben- ich sehe, Sie lieben mich nicht genug, um mir diese- Opfer zu bringen!" sagte Philipp düster. „Ich glaube, Beatrix, Sie können, wie alle anderen Frauen, sich eine Heirath ohne KraNz und Schleier und all' deut andere» dazu gehörigen PoMp nicht dtttkrn." „Nein, Philipp, kein derartiger Gedanke leitet Mich!" versicherte Trixie ungehalten. „Ich würde Mich in diesem Kleide mit JyneN trauen lassen, wenn nUr meint Eltern dabei wären, um mir ihren Segen zu geben. Aber ohne denselben könnte ich nicht glücklich sein, und Papa würde mir auch niemals verzeihen." „Niemals verzeiben?" wiederholte Philipp, und tiNr «tu- Idee kam ihm. „Meinen Sir das ernstlich, Beatrix? Sie sind aber doch sein einzige« Kind, und er kann unmöglich sein Vermögen irgend einem Andern hinterlassen! WaS Sie auch thun mögen, Ihr Batet ist doch verpflichtet, für sein einzige« Kind zu so,gen!" Einen Augenblick war sie sprachlos. Zum ersten Mält, seit sie Philipp kannte, wurde sie don tintm schrecklichen Arg wohn gegen ihn erfaßt. Ihr Geld! — Daran harte sie gar auch sehr betrüben, wenn Sie meinetwegen einen derartigen Verlust erleiden sollten. ES war übrigens nur eine Idee von mir, wir wolle» nicht weiter darüber sprecken. Sie sind ja auch eine so gute treue Seele, Beatrix, di« sich gar nicht zu etwas Unrecktem verleiten läßt. Ich würde den Vorschlag sicherlich Unterlasten haben, wenn ich eS mir nicht so schön gedacht hätte. Sie bald ganz mein Eigen nennen und diese ermüdende Zeit deS Wartens abkürzen zu können!" Und dieses Mal entzog ihm Triexie ihre Hand nickt, als er dieselbe nahm und zärtlich an die Lippen drückte; sic schiessen, wenigstens oberflächlich, Frieden mit einander. Bald darauf erklärte Philipp, daß er nicht länger ver weilen könne, wenn er nicht Gefahr laufen wolle, die ganze Jagd zu versäumen; er wünschte Trixie in aller Eile Lebe wohl, und seine Flinte nehmend verließ er daS junge Mädckcn. Beatrix blieb in Gedanken versunken und sehr viel weniger glücklich, als sie hierher gekommen war, zurück, um allein den Heimweg anzutreten. Philipp datte die Richtung in die Berge eingeschlagcn und wär bald mit einem Tbeil der Jagdpartie zusammen getroffen. Er befand sich in bitterer und ärgerlicher Stimmung, denn eS schien ihm nach dem Porgefallenen, als ob seine Aussicht auf baldige Klärung seiner Verhältnisse wieder in weile Ferne gerückt worden sei. Es war ja natürlich, wie er sich selbst sagte, rin große« Glück für ihn, daß er mit solcher Leichtigkeit die Gunst Beatrix' gewonnen hatte, aber für den Augenblick konnte ihm dies gar nicht« nützen. Wie sollte er unter den auf ihm lastenden schwierigen Verhält nissen eS ermöglichen, in aller Ruhe noch Monate lang auf endliche Erlösung auS dieser entsetzlichen Lage zu warten! Indessen konnte für den Augenblick augenscheinlich nicht« gc- tban werden. Er mußte sich damit begnügen, der reichen Erbin den Hof zu machen uud der endlichen Einwilligung ihres Vater« geduldig rntgegrnzusehen. Es war die« für den Capitain ei» sehr verdrießlicher Zustand, da er kaum jemals vorder in seinem Leben so hart von seinen Verhältnissen bedrängt gewesen war, als gerade jetzt. Sein Ausentbalt in London unv seine Ausrüstung zu ter Jagdpartie hier in Schottland hatten bedeutende Summen verschlungen, unv seine Gläubiger machten kein Hehl daraus, daß er nicht allein nickt mehr auf sie zählen dürfe, sondern verlangten mit Nachdruck, daß er binnen kürzester Zeit seinen Verpflichtungen Nachkommen müßte. Aber eS war noch schlimmer mit Philipp gekommen. Als sich am Abend deS Jagdtag«- Rtr-. Donalv mit ihren
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