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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.05.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960523025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896052302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896052302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-05
- Tag1896-05-23
- Monat1896-05
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Das Färbeverbot ist in der zweiten Lesung mit 138 gegen 97 Stimmen beschlossen worden, während die von der Commission beantragte Bestimmung, be treffend die getrennten VerkäufSräume für Butter und Margarine, mit 151 gegen 113 Stimmen angenommen wurde. In der Mehrheit befanden sich beide Male geschlossen die Conservativen, daS Centrum, die Reichs partei und die Antisemiten. Die Polen traten wohl gegen die Bestimmung, betr. die Verkaufsräume, ein, dagegen stimmten sie fiir daö Färberverbot. Wir halten beide Be schlüsse von dem auch vom Negierungstische aus mehrfach betonten Gesichtspunkte, daß das Gesetz nicht dazu dienen soll, die Concurrenz der Margarine mit der Butter überhaupt zu erschweren, sondern dazu bestimmt ist, die unlautere Concurrenz hintanzuhalten, für verfehlt. Viel leicht bringen die Psingstferien diesen und jenen Ab geordneten wieder in engere Berührung mit den Verhältnissen des praktischen Lebens und bieten ihm Gelegenheit, den Con sequenzen der oben berührten Beschlüsse des Reichstags naher nachzugehen. Wem das Bestreben fernliegt, durch das Verbot deS Färbens der Margarine den Genuß derselben mehr oder weniger zu verleiden, wird sich der Einsicht nicht verschließen können, daß von dem Standpuncte der Bekämpfung der unreellen Concurrenz aus das Verbot des Färbens der Margarine nothwendig ein Correlat in dem Verbot des Färbens der Butter finden muffe. Für die dritte Lesung sind bereits Anträge angekündigl, welche dieses Gleichgewicht wieder herzustellen beabsichtigen. Es muß immer wieder betont werden, daß das Margarinegesetz den Con- sumenten davor schützen soll, daß ihm Miscbproducte von Margarine und Butter als reine Butter verkauft werden. In dieser Richtung hätte jedoch das Färbeverbot gar keine Wirkung, denn es erschwert das Mischen nicht, weil auch ungefärbte Margarine, falls sie mit gefärbter Butter gemischt würde, em der Naturbutter sehr ähn liches Aussehen aunehmen würde. Das Mischen beider Producte zu betrügerischen Zwecken würde also durch das Färbeverbot nicht erschwert; es würde vielmehr im Gegentheil durch das Färbeverbot sogar eine Art von Prämie auf das betrügerische Mischen gesetzt werden. Der Margarine industrie liegt aber gar nichts an dem Mischen zu betrüge rischen Zwecken. Sie hat im Gegentheil daran Interesse, daß ihr Fabrikat allein den Markt behaupte, den es sich erobert hat, daß die Leute wissen, ob sie Magarine oder Butter kaufen und ob, was immer sie kaufen mögen, preisgemäß ist. Auf die Margarineindustrie müßte aber das Färbeverbot geradezu demoralisirend einwirken; denn es öffnet der DenunciationSwuth Thür und Thor, indem jede mit der Margarine vorgenommene Manipulation als Färbe-Versuch angezeigt und zur Unter suchung gezogen werden könnte. Man hat zwar die Margarine industrie auf Selbsthilfe verwiesen, hat sie damit trösten wollen, es werde der Chemie und der Technik schon gelingen, auch ohne Färbung Margarine von der alten gewohnten Farbe herzustellen. Unrichtig ist, daß ein solches Mittel schon gefunden sei. Nichtig aber ist, daß in einzelnen Landestheilen, je nach der Art des dort geschlachteten Viehs, das Premier jus mehr oder weniger gelb ausfällt, also der Färbung mehr oder minder be darf. Sofern sich aber ein Margarinefabrikant größere Mengen solchen natürlich-gelben Rohstoffes sichert, so würde sofort gegen sein Fabrikat der Verdacht des Gefärbtseins ent stehen. Dasselbe wäre der Fall, wenn er naturfarbiges aus ländisches Oel beziehen wollte; immer würde die Margarine industrie unter dem Damoklesschwert des Verdachtes gesetz widrigen Färbens stehen. Beim verstärkten Bezüge farbigen OelS aus dem AuSlande aber könnte sehr leicht der deutschen Landwirthschaft eine bedenkliche Schädigung aus dem Färbeverbot erwachsen. Denn je mehr ausländisches Rohprodukt zur Margarine verwandt würde, desto schlechter würde der Markt für das inländische werden, und daß der deutsche Rindertalg diesen Markt nicht verliert, ist doch für die Viehpreise und die Landwirthschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Besonders betont haben übrigens die Regierungsvertreter, daß es gar nicht mit irgend welcher Sicherheit nachzuweisen sein würde, ob die Farbe der Margarine von einem Färbemittel — bekanntlich wird aus schließlich mit Butterfarbe gefärbt, die auf allen landwirth- schaftlichen Ausstellungen prämiirt zu werden pflegt und ganz allgemein seit Jahrhunderten zum Färben der Butter dient — herrührt oder dem Nobstoffe ihr Dasein verdankt, und daß insbesondere die Polizeibehörden gar nicht in der Lage sein würden, diese Unterscheidung zu machen und den Sachverhalt festzustellen. Man darf daher an- nebmen, daß bei ter dritten Lesung im Reichstage die Vertreter des BundeSrathes schon aus diesem Grunde an ihrem Widerspruche gegen daö Färbeverbol fest halten. — Ebenso einschneidend wie daS Färbeverbot ist die Bestimmung über die getrennten Verkaufsräume. Sie gehl direct auf die Verdrängung der Margarine durch die Butler in den Läden der kleinen Orte auS. Es fragt sich aber sehr, ob in Liesen nicht überwiegend die Butter der Margarine Platz machen wird; in Len Industriebezirken ist das so gut wie sicher. Zu der gleichen Zeit, da Berlin die Hanze Welt zu seiner Schaustellung auf dem Treptower Felde zu Gaste ladet und Las Lob der Rührigkeit und Intelligenz Berlins in Hunderten von Festreden und Zeitungsartikeln verkündet wird, hat die Stadtverordneten-Versammlung der Reichshauptstadt einen Beschluß gefaßt, der Berlin dem berechtigten Spotte und der Entrüstung ganz Deutschlands preisgiebt. Wir meinen die A n n ahme der Blad'sch en Erbschaft durch daö Collegium am Donnerstag Abend, die das „Xon nloG in Geldsachen zum öffentlich bekannten Grundsätze der Vertretung der Ber liner Bürgerschaft erbebt. Man ist mancherlei Verwunder liches von der Berliner Stadtvertretung gewohnt und ein bekanntes, den Berliner Stadlväiern gewidmetes Lied des „Kladderadatsch" mit zoologischem Grundtext bat nickt umsonst fo rasche Popularität gewonnen; aber daß sich aus der ganzen Schaar der Stadtverordneten nur der einzige Herr Singer erheben würde, nm zu betonen, daß eine öffentliche Körper schaft nicht das Recht habe, in Sachen der Moral Fünf grade sein zu lassen, hätten wir Nicht für möglich gehalten. Wenn nichts Anderes, so hätten Loch bloße parteitaklische Erwägungen die Herren Stadtväter über das Heikle ihrer Stellungnahme ausklären sollen, die es ermöglicht, daß „aus gerechnet" Herr Singer als Anwalt der öffentlichen Sitt lichkeit austreten durste gegenüber den Vertretern der „Bourgeoisie", die das Gefühl für daS Schickliche und An ¬ ständige verloren zn haben scheinen. Wenn der „Vorwärts" künftig wieder seinen Gläubigen das Bild von der „grundsatz losen, gänzlich corrupten, vom MammonismuS zerfressenen, dem Untergange unaufhaltsam entgegeneilenden Gesellschaft" aufrollt, wird die Simon Blad'sche Erbschaft und ihre scrupellose Annahme durch Magistrat und Stadtverordneten- Versamnilung von Berlin dazu berhalten müssen, das Schauergemälde in bengalische Beleuchtung zu setzen. Wenn 'die städtische Vertretung Berlins sich selbst in ein schiefes Licht bringen wollte, so hätte sie daS nach dem jedem Einzelnen zustchenden BlamirungS- rechte tbun können, ohne daß sich die Oeffcntlich- keit darüber sonderlich auszuregen brauchte, wenn eben nicht das Verhalten der Berliner Stadtverordneten der Gesammtheit schädlich wäre. Der Schlag, den sie gegen sich geführt hat, trifft die bürgerlichen Parteien ins- gesammt, denen die Moral der Berliner Stadtverordneten als ihre eigene vorgchalten werden wird und die selbst zu geben müssen, daß Herr Singer gegenüber den Herren Zelle und Mommsen jun. wie ein Cato erscheint. Wenn Herr Mommsen zur Vcrtheidigung des Herrn Blad ansührte, daß er „Niemandem von uns webe gelban", so zeigte er damit eine Logik, mit deren Zuhilfenahme er die Nicht- gentlemen der ganzen Welt brüderlich umschlingen kann; denn wehe thun sie gewöhnlich nicht der ganzen Gesellschaft, sondern nur einzelnen Gliedern derselben; aber die Gesellschaft hat dann in ihrer Gesammtheit für die, denen Unrecht geschehen ist, einzustehen. Auch die Vcrtheidigung deS redegewaltigen Oberbürgermeisters Zelle trifft daneben. Er meinte: „Wenn in früheren Zeiten sich Jemand eines Vergehens, vielleicht eines recht schweren, schuldig gemacht hatte, so erachtete man es als eine Sühne, wenn derselbe einen Theil seines Vermögens für die Armen opferte, und man suchte in dieser Weise manche Schuld zu sühnen. (Heiterkeit.) Sollte es vielleicht in unserer Zeit nicht auch zur Versöhnung beitragen, wenn Jemand, der im Leben irgend eine Schuld begangen, diese dadurch zu sübncn sucht, daß er den Armen eine Wohlthat zuwendet?" Gewiß, gegen die Sühne hat kein Mensch etwas einzuwenten; Wohl aber dagegen, daß die Sühne im Handumdrehen in eine freie Wohlthat umgewandelt wird, und dagegen, daß der Mensch, der für seine Handlungen der Sühne bedarf, zu einem Woblthäter der Mensch heit gestempelt wird, dem die Stadt ihren öffent lichen Dank in Form eines Denkmals zu erstatten hat, ihm zur Ehre und den Anderen zur Nacheiferung. Wenn Leute, die zu Lebzeiten der öffentlichen Verachtung näher standen, als der Wcrtbschätzung, sich durch eine Summe nicht nur von jedeni Makel lösen, sondern sogar in die höchste bürgerliche Werthschätzung, in die Denkmalsehrung durch die Allgemeinheit, einkaufen können, dann muß diese Achtung und Ehrung an Werth verlieren, wenn nicht zum Gespött werden. Jedenfalls aber wird die öffentliche Moral ver wirrt; denn das Bedürfniß nach Gerechtigkeit kommt nicht zu seinem Rechte. Von den Herren Berliner Stadtverord neten ist wohl Keiner, der nicht über den Tetzel'schen Ablaß handel sein zu spotten wüßte; aber daß ihr Handeln um öffentliche Ehren des Geldes wegen die innerste Verwandt schaft mit jenem Gebühren zeigt, ist ihnen, wie es scheint, nicht eingefallen. — So schreibt ein Berliner Blatt, die „Tägliche Rundschau" Wir haben nichts hinzuzufügen! Die Secession in der Vereinigten deutschen Linken in Oesterreich hat, nachdem anfangs Hoffnung bestand, sie hintanzuhaltcn, sich nun leider doch nicht vermeiden lassen. Auf dem vor Kurzem in Aussig stattgefundenen Meinungs austausch deutsch-böhmischer Vertreter wurde vom Ab geordneten Or. Ruß eine Neubildung der Partei aus Grundlage der alten Principien des Liberalismus vorgeschlagen. „Rückhaltlose Vertretung der nationalen Interessen, Schutz der bürgerlichen Freiheit, Kampf gegen die Reaction, Hilfe für die wirthschastlich Schwachen" müsse das leitende Programm sein. Die Worte haben in Wien in den Abgeordnetenkreisen selbst sofort ein Echo gefunden. Die Abgeordneten Or. Eduard Sueß und Wrabetz sind aus der Vereinigten Linken ausgetreten und andere werden folgen, obwohl es zweifellos besser und nach unserer Ansicht immer noch anzustreben wäre, eine Umformung der Partei mit einem neuen Programm ror- zunehmen, ohne den alten bisher musterhaft fungirenden Parteiapparat zu zerstören. Sueß und Wrabetz haben am Donnerstag Abend ihren Austritt in einer Wählerversammlung begründet, über die der „Voss. Ztg." gemeldet wird: Abg. vr Sueß sagte, seine Austritt bedeute die Rückkehr zu den Ukbcrlieserungen der früheren Verfasjungspartei, die Oesterreich freisinnige Gesetze gab. Die Linke wolle eine Staatspartei, aber keine Regierungspartei sein, ohne zu wissen, wie weit die Wähler ihr auf diesem Wege folgen. Tas Parlament hätte nach Erledigung der Wahlresorin die weitere Arbeit einstellen und nicht noch die Steuerreform bewillige» sollen. Sueß besprach dann die Wiener Frage und sübrie aus, man wolle die innere Reaction auf die auswärtige Politik übertragen. Tie Fäden dieser Action liegen außerhalb Oesterreichs in einer Hand, die überall zu finden ist, wo es einen Anschlag gegen den Drei bund gilt. — Hierauf sprach der eberstalls aus der Linken ausgetretene Abgeordnete Wrabetz, der insbesondere di« zwei deutige Haltung des Grasen Ba deni in der Wiener Frage besprach. Da Lueger, der Scandal betreibt, als Patriot gefeiert wurde, werde er (Wrabetz) daS patriotische Beispiel Lueger's befolgen und ebenfalls rücksichtslos auftreten. — Schließlich sprach noch Ab- geordneter NoSke, der ebenfalls rin scharfes Vorgehen gegen die Regierung verlangte und seinen Austritt aus der Linken von der Ansicht seiner Wühler abhängig machte. Die Versammlung nahm eine Entschließung an, die den Austritt des vr. Sueß billigt und die Bildung einer großen Partei unter Rückkehr zu den frei heitlichen Ueberlieferungen verlangt. Zweifellos istdievereinigtedeutscheLinkeindenletztenJahren in der Connivenz gegen die Regierung, die deutschfreund liche Complimente im Munde führte, rn Wahrheit aber der antideutschen Reaction, theils bewußt Dvrspanndienste, theils ungewollt Vorschub leistet, viel zu weit gegangen. Sie hat die Rücksicht auf das Staatsganze bis zur Selbst aufgabe getrieben und dadurch dem Staat selbst, welchen sie klerikalen und reactionairen Händen überließ, die schlechtesten Dienste erwiesen, während sie durch die energische und rücksichtslose Geltendmachung der liberalen Principien zn seiner Gesundung wesentlich hätte beitragen können. Der Hinweis des übrigens sehr gemäßigtliberalen Vr. Sueß auf die Hand, welche außerhalb Oesterreichs überall da in Oesterreich zu finden ist, wo es gilt, den Dreibund zu schädigen, nämlich Vie antideutsche Politik deS Vatikans, welcher die deutsche Linke das Feld ge räumt bat und deren größter Triumpf der Sieg Lueger'S in Wien war, ist nur zu berechtigt und giebt der österreichischen Parteiensrage eine schwerwiegende internationale Bedeutung. In dem Programm des neuen französischen Ministe riums ist die Steuerfrage der wunde Punct. ES wurde FenNleton. Die Tochter Les Millionärs. 19j Roman auS dem Englischen von L. Bernseld. kNachtruck verboten.) „Verschwunden? Sie meinen, eS ist gestohlen worden?" „Ich fürchte — neinl" „Sie fürchten?" „Ich gebrauche das Wort absichtlich, Mr. Hopley. Wir haben zuerst Alle geglaubt, daß es gestohlen worden sei, aber ein Detectiv, der sich seit zwei Tagen hier im Hause befindet, ist zu dem Schluffe gekommen, daß Beatrix selbst am besten weiß, was auS dem Halsband geworden ist. Jung und romantisch, wie sie ist, hat sie sich durch einen gewissenlosen Menschen, dem eS gelungen ist, sich ihre Zuneigung zu erwerben, bestimmen lassen, ihm ihre Juwelen zu geben!" „Herr Colonel, Sir setzen mich in die äußerste Bestürzung. Wer und waS ist dieser Mann?" „Kennen Sie den Capitain Seudamore, Mr. Hopley?" „Capitain Seudamore? Natürlich, ich kenne ihn ganz gut, ein Neffe des alten Lord Seudamore, er ist mit meinem Neffen in einem Regiment, und dieser hat ihn auch bei uns eingeführt. Ich glaube — ich fürchte, meine Tochter ist seiner Zeit zu oft mit ihm zusammen gewesen. Aber ich entdeckte bald, daß er kein paffender Verkehr für uns wäre, und als der Graf von Sanfoine sich um meine Tochter be mühte, gab ich Seudamore zu verstehen, daß ich seinen Ver kehr mit meiner Tochter nicht mehr wünsche." „Ich glaube, Mr. Hopley, daß e« damals schon zu spät war. Zu spät für die Ruhe Ihrer Tochter. Ist es Ihnen bekannt, daß sie — Mr. Betlow, der Detectiv, hat diese Thatsache entdeckt — dem Capitain ihre Hand zu gesagt hat?" ES war mitleiderregend, den Schrecken und die Bestürzung Mr. Hopley'« mit anzusehen. Einige Augenblicke schien er unfähig zu sein, etwas zu sagen, doch dann färbte sich sein bleiches Gesicht mit einem Male dunkelroth, und Wuth und Aerger übermannten ihn. „Ab, dieses Mädchen — dieses undankbare Geschöpf!" rief der alte Herr empört. „Ich werd« sie lehren, mir einen solchen Streich zu spielen — und einem ehrbaren Manne, wie der Graf von Sanfoine ist, den Laufpaß zu geben, um dieses erbärmlichen Capitains willen! Sie soll mich kennen lernen! Bei Brod und Wasser werde ich sie einschließen. Weder er, noch sie sollen auch nur einen Psennig von meinem Gelde erhalten! Und WaS bat sie mit diesem Halsband ge- than? Diesem schurkischen Capitain bat sies gegeben, sagten Sie nicht so? Meine Brillanten, mein Herr! Äh, er soll mir büßen, vor Gericht werde ich ibn stellen; aus dem Heer soll er ausgewiesen werden! Und meine Tochter werde ich in ihr Zimmer einschließen, bis sie wieder zur Vernunft ge kommen ist!" „Mein lieber Mr. Hopley", siel hier der Colonel be sänftigend ein, sobald es ihm der Redefluß des erregten alten Herrn gestattete, „bitte, beruhigen Sie sich und versuchen Sie, die Dinge in einem etwas günstigeren Licht zu seben. Ich habe Sie hauptsächlich deswegen gebeten, hierher zu kommen, damit die Angelegenheit nicht in die Oeffentlichkeit dringt. Wie sehr auch Beatrix zu tadeln sein mag, wir müssen be denken, daß sie jung und unerfahren, dabei auch ein liebes Mädchen ist. Wir haben sie sehr in unser Herz geschloffen, und ich muß gestehen, daß ich zuerst nicht glauben wollte, WaS man gegen sie sagte. Aber unglücklicherweise hat Mr. Betlow, der Detectiv, beute bestimmte Beweise erhalten, daß dieser gewissenlose Mensch sie seinen Plänen geneigt gemacht hat. DaS BrillanthalSband ist in Jnverneß bei einem alten Wucherer und Pfandleiher entdeckt worden, bei dem eS ver pfändet war — einen gewissen Most, der offenbar schon vorher in Beziehungen zu dem Capitain Seudamore gestanden hat. Es scheint, daß die arme Beatrix schwach genug gewesen ist, den dringenden Bitten dieses Menschen Gehör zu schenken und ihm ihre Brillanten einzubändigen, um ihn so in die Lage zu versetzen, seine Spielschulden zu bezahlen, welche, wie ich gekört habe, zu einer beträchtlichen Höbe angcwachsen sind. Um nun das Verschwinden ihrer Brillanten zu er klären, hat sie das Mädchen von einem Diebstahl erfunden, und daS Ende vom Liede ist, daß ich fürchte, Beatrix be findet sich ganz in der Macht dieses erbärmlichen Menschen und ist todtlich erschrocken über die Lage, in der sie sich nun plötzlich befindet." „Sie sagen, meine Tochter soll diesem Menschen ihre Hand rugesagt haben!" stöhnte Mr. Hopley. „Und darum obne Zweifel den Grafen von Sanfoine abgewiesen!" Diese Annahme schien ihn mehr als alles Andere zu schmerzen. Mr. Larcombe wurde ein wenig ungeduldig. „Mein lieber Herr, eS wird nicht schwer sein, da« einem solchen Menschen gegebene Versprechen zurückzunebmen; was aber schwieriger erscheint, ist, diese Halsbandgeschichte zu vertuschen. Sie werden doch obne Zweifel nicht wünschen, den Namen Ihrer Tochter in der Oeffentlichkeit — in den Zeitungen erwähnt zu finden! Schlagen Sie Seudamore vor, die Brillanten stillschweigend einlösen zu wollen, wenn er auf die Hand Ihrer Tochter verzichtet. Es tbnt mir herzlich leib, daß Sie genöthigt sind, eine so große Summe zu opfern, aber es giebt keinen anderen Ausweg; immerhin wird der Preis von 1500 Pfund, den der Capitain für das Halsband erhalten hat, für die Befreiung ihrer Tochter aus solchen Händen kein zu großer sein!" „Ich nenne es einen Diebstahl, Mr. Larcombe — einen Diebstahl!" rief Mr. Hopley aufgeregt. Der Colonel zuckte mit den Schultern. „ES ist gewiß kein schöner Streich, aber wenn ein Mädchen sorglos und unüberlegt dem Mann, der sie liebt, ihre Juwelen giebt, so darf man die Sache nicht mit einem so häßlichen Namen bezeichnen. Setzen Sie sich vor allen Dingen mit dem Capitain in Verbindung, ich hoffe, es wird Ihnen leicht ge lingen, denselben ihren Plänen geneigt zu machen!" „Aber wann? Wo? Ist der Gapitain hier?" „Nein, aber cr kommt heute Abend mit meinem Nachbar, Mr. Donald, Lessen Gast cr ist, hierher. Wir werden dann den jungen Leuten eröffnen, daß ihr Complot entdeckt sei. Meine Frau hat, meinem Wunsch gemäß, da« Essen heute eine Stunde später befohlen, wie gewöhnlich, wir werden also Zeit genug übrig behalten. Der Capitain bat keine Ahnung, daß wir Alles entdeckt haben, er wird ganz ruhig und ohne Argwohn hier eintreffen — denn er ist der Meinung, daß wir Verdacht gegen das Mädchen Ihrer Tochter liegen. Sie müssen darauf besteben, daß er Ihnen vor allen Dingen den Schein, den er von Most erkalten hat, herausgiebt. DaS Uebrige wird sich rann leicht erledigen." So ärgerlich der alte Herr auch war, mußte er dennoch Mr. Larcombe beistimmen, daß eS keinen anderen Ausweg aus diesen Schwierigkeiten gäbe. Soeben war cr im Begriff, dem Colonel seinen Dank für die Liebenswürdigkeit und Nachsicht auszusprechen, die derselbe in der ganzen mißlichen Angelegenheit hewiesen hatte, als plötzlich die Thür de« Zimmers aufflog und zum Erstaunen beider Herren Beatrix mit einem Antlitz, auf dem sich die freudige Erregung sichtbar auSprägte, in Las Zimmer stürmte. Auf diesem offenen glückstrahlenden Gesicht war auch nicht da« geringste Schuld bewußtsein zu lesen. „Papa, Papa!" rief sie athemlos, „wie^um Alles in der Welt kommst denn Du hierher?" „Ich traf Robert unten und bin furchtbar erschrocken, denn ich glaubte, daß Mama krank geworden sei, doch Gottlob, er sagte mir, daß Alles in Ordnung wäre. Was kann Dich aber so plötzlich und uner wartet hierbergeführt haben? Wußten Sie, daß Papa kommen würde, Herr Colonel, oder ist es fiir Sie auch eine Ueberraschung gewesen? Ach, Du liebster, bester aller Papas, wie freue ich mich. Dich wieder zu sehen!" — Und sie setzte ihren Vater in die größte Verlegenheit, al- sie ihre Arme zärtlich um seinen Nacken schlang und ihn auf beide Wangen küßte. „Hm — hm! Meine Liebe! Warte einen Augenblick! Ich — ich vermag unter den obwaltenden Umständen die Freude, die Du über mein Hiersein bezeigst, e« sagen zu begreifen. Es — bm — eS thut mir leid, nicht recht zn müssen — daß — hm — die Veranlassung meines Besuches hier leider —" „Nicht sehr angenehmer Natur ist!" unterbrach der Colonel, indem er Mr. Hopley zur Hilfe kam. „Wieso? Wa« ist geschehen?" fragte Trixie erstaunt. „Ihr Herr Vater ist aus meinen besonderen Wunsch nach Highmoor gekommen", fuhr der Colonel sehr ernst fort, „um Nachfrage nach dem verschwundenen BrillanthalSbald zu halten." „Ah, diese« schreckliche Ding!" rief Trixie abwehrend. „Ich bin schon ganz krank wegen dieses abscheulichen Hals bandes. Liebster Papa, sieh mich doch nicht so böse an, ick kann e« doch nicht ändern, daß das Halsband gestohlen worden ist. Natürlich war e« sehr unrecht von mir, daß ich so leichtsinnig mit dem Sckmuck umgegangen bin, und ich glaube. Du hast Ursache, erzürnt auf mich zu sein. Doch es ist nicht meine Schuld, wenn Diebe einbrechen und mir meine Juwelen stehlen, ich denke, ich bin doch deswegen eher zu bemitleiden als zn tadeln." „Zu meinem Bedauern, Beatrix, habe ich hören müssen, daß Du an dem Verschwinden der Brillanten dennoch nicht ganz schuldlos bist", erwiderte ibr Vater ernst. „Wie meinst Du da«, Papa? Ich verstehe Dich nicht!" „Lassen wir die Angelegenheit für den Augenblick ruhen, Mr. Hopley, eS wird besser sein, wenn wir Ihrer Tochter jetzt keine weiteren Mittheilungen machen." Beatrix sah erstaunt von Einem zu dem Anderen; ihr Alhem stockte, und ihre Wangen färbten sich lebhafter. „Wa« soll da« bedeuten? Welche gehrimnißvollr An«
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