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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.06.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960601019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896060101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896060101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-01
- Monat1896-06
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dtjugö'Preiö Ha»pt«rp,düion oder de» im Stadt» WDtn mid den Vororte« errichteten AuS- Ü»sfi»lli» abgeholt: vlerteljLhrttch ^14.50, »et -toeünaltger täglicher Znfielln», in« 5^0. Lurch die Post bezogen für Dottschlcmh «nd Oesterreich: vtrrteyübrllch Ltrecte tägliche Kreu-bandsenduaa ü>« «ulland: numatltch ^ll 7.ÜO. «sEkorgm^lMgab« erscheint um '/,? Uhr. öE Abe«d<U»»gab« Wochentag» nm 5 Uhr. RWüctto» «»- LrpeLitto»: Sotza»»e«gasse 8. Mielxpeoition ist Wochnrtags unnnterbroch«« »sssuet do» früh S bi« Abend« 7 Uhr. Filiale«: Dtt« Memm's Eortt«. (Alfred Hahn). Universitättstraße 8 (Panlinnm), Louis Lös»«, «athartnenstr. 11, part. und Kvnig-Plad 7. Morgen-Ausgabe. MpIM TagMalt Anzeiger. Amlsvlatt -es Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes «nd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. ^- 273. Montag den 1. Juni 1896. Anzeigen Preis die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Aerlameu unter dem Aedartionsstrich (4ge spalten) bO^j, vor den Aamilirunachrtchtrn (6 gespalten) 40/^. Srötzer« Schriften laut unserem Preis- verzetchniß. Labellarischer und Zlffernsatz' »ach höherem Laris. Extra-Vella,en (gefall), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefärdernng «.-, mit Postbesvrdernng 7V.-. Iinuahmeschluß fiir A«^i-e«: Abend-Ausgabe: vormittags 1v Uhr. Morg«»-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei de« Filialen und Annahmestellen je »1»» halbe Stund« früher. Aazei««» st»d stets an die Expedition zu richt«. Druck und Verlag do« L. Potz t» Leipzig W. Jahrgang. Amtlicher! Theil. -> Bekanntmachung. Weg« Reiuigung de» Flußbettes soll der Pleidenmühlgrabeu zwischen dem Schleußiger Wege und dem Bodliser Wehre in der Zeit vom «4. August bi« zum 20. September Vss. Jhs. abgeschlagen werden. Air fordern deshalb die Besitzer der anliegenden Srnndstücke auf, innerhalb dieser Zeit die ihnen obliegenden Ausbesserungs arbeiten an Ufern und Brück« vornehmen zu lasten. Leipzig, am 15. Mat 1898. Ser Rath der Stadt Leipzig. Id L50L. Or. Georgi. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen des Architekten «nd Maurer meisters Earl Ferdinand Neumann in Leipzig eingetragene, in Leipzig an der Hochstraße Nr. 40 gelegene Bauplatzarundstück Nr. 3128 des Flurbuchs und Folium 287 oeS Grundbuchs für Leipzig. Brand vorwerk, geschätzt auf .. S8 008 Mark, soll an hiesiger AmtSgrrichtSstelle, Zimmer 214, zwangsweise ver steigert werden und eS ist der S. Juni 18SS, Vormittags 11 Uhr, als Berftetgerungstermin, der 19. Jnnt 18S«, Vormittag- 11 Uhr, als Dermin zu Verkündung de» vertheilungsplan» anberaumt worden. Eine Ueberstcht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche M>d ihre- RangverhältnifleS kann in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingrsehen werden. Leipzig, am 23. März 1896. Königliche« Amtsgericht, Abth. II'. 2». 41/96. Nr. 10. Scheidhauer. Zur Vermehrung und Erweiterung -er Volksbibliotheken. Der Verein für BolkSwohl, welcher die Mehrzahl der zur Zeit in Leipzig bestehenden Bolksbibliotheken verwaltet, hat nn vorigen Herbst an den Rath der Stadt ein Gesuch um ausgiebigere Unterstützung gerichtet, um die Zahl der Biblio theken vermehren und den Bestand dem Bedürfnis entsprechend erweitern zu können. Bei dem Wohlwollen, das ver Rath der Sache entgegenbringt, ist zu hoffen, daß da» Gesuch im nächsten HauShaltplane Berücksichtigung finden wird. Da die Angelegenheit von allgemeinem Interesse ist, so theilen wir das Gesuch nachstehend mit. Der geehrt« Rath hat mit Zustimmung der Herren Stadt verordneten dem Verein für BolkSwohl seit seiner Begründung zur Unterhaltung der von dem BolkSbilduuaSverein über kommenen Bolksbibliotheken und zur Erfüllung seiner sonstigen Bildungszwecke einen jährlichen Beitrag in Höhe von 3000, seit 10 Jahren in Höhe von 3800 gewährt. In den letzten Jahren ist dem Verein außerdem als Ersatz dafür, daß er für seine UnterrichtS-Curse die ihm früher zur Verfügung gestellten Sck>ulräume nicht mehr oder doch nur noch aushilfsweise benutzt, eine jährliche Vergütung von 150 verwillmt worden. So dankbar wir für diese Förderung der Vereinsbrstrrbunaen sind, so sehen wir uns doch grnöthigt, um ein« wesentliche Erhöhung des Beitrag« zu bitten, da trotz der sorgfältigsten Sparsamkeit die uns zu Gebote stehenden Mittel nicht mehr ausreichen, um die wachsenden Bedürfnisse zu befriedigen, zumal da mit dem laufenden Jahre die Tilgung der für den Hausbau auf genommenen Anleibe von 180 000 begonnen hat. Einer starken Erweiterung und Vermehrung bedürfen vor Allem die Volksbibliotheken. Konnte die Zahl von sechs solcher Bibliotheken für Alt-Leipzig al« ausreichend be trachtet werden, so ist doch für die »«geschlossenen Stadttheile, von denen unseres Wissens nur Connewitz, Eutritzsch und Lindrnau nennenswrrthe Bolksbibliotheken besitzen, unbedingt di« Errichtung neuer Anstalten dieser Art nothwendig. Mit vier neuen Bibliotheken würde dem Bedürfniß vorläufig ent sprochen werden, eS würde davon je eine auf Plagwiy, Gohlis, Volkmarsdorf-Sellerhausen und Anger-Crottendorf fallen. Vielleicht würde es sich empfehlen, in ähnlicher Weise vorzugehen, wie es z. B. in Wien die städtischen Körper schaften grthan haben: jede» Jahr eine neue Bibliothek zu errichten. Bei uns Ware die« zunächst wenigsten« einige Jahre hindurch zu wünschen. Zugleich müssen aber di« bestehenden Bibliotheken durch Neu-Anschaffungen in größerem Umfang, al« e« die jetzigen beschränkten Mittel gestatten, auf der Höhe der Zeit erhalten werden. Die Erfahrung lehrt, daß jede erhebliche Er weiterung auch eine Vermehrung der Leser zur Folge bat, während bei mangelnder Anführung an neuem Lesestoffe die Benutzung allmählich abnimmt. Die nachstehende Uebersicht der in den Jabren 1882 bi« 1894 auSgeliehenen Bücher zeigt die« deutlich. Es wurden ausgeliehen: von 5 5 5 6 6 8 6 6 6 6 6 6 Ausgabe de« Katalog» (wie z. B. zuletzt 1894) hat mehrte Benutzung zur Folge gehabt. Die Abuo Ganzen spricht aber für die Not Hw ' " im Jahre 1882 - - 1883 - - 1884 - - 1885 - - 1886 - - 1887 . - 1888 - - 1889 - - 1890 - - 1891 - - 1892 - - 1893 - - 1894 5 Bibliotheken 19 436 Bücher, 22 413 - 18 228 16 923 15 088 15 428 14 406 14 705 15 306 14 414 15 421 - 13 951 - 15 305") - Jede größere Vermehrung des Bücherbestandes, jede neue ahme im Ganzen spricht aber für die Nothwendigkeit einer kräftigen Erneuerung. Wenn wir hierfür die Unter- *) Im Jahre 1895 ist sie auf 16589 gestiegen. stützung au« städtischen Mitteln erbitten, so glauben wir auf rin wohlwollende« Entgegenkommen rechnen zu dürfen. E« ei un« gestattet, auf da- Beispiel von Dre«ven hinzuweisrn; dort hat nach dem BerwaltungSberichte für 1893 der Gemein nützige Verein, der mit unserem Vereine seinen Zielen nach ibereinstimmt, einen jährlichen Beitrag von 13 000 zur lnterstützung von 11 Bibliotheken erhalten. Diese Summe ist aber noch sehr gering im Vergleich zu dem, was eng- ischc und amerikanische Städte — und zwar nicht bloS einzelne, sondern die Mehrzahl — für den gleichen Zweck aufwendrn. E« zeigt sich dort übrigen« die be- merken-werthe sehr erfreuliche Thatsache, daß sich der Bildungsdrang der Arbeiter mehr und mehr von der reinen UnterhaltungS-Lectllre nach den volkSthümlich geschriebenen wissenschaftlichen Werken hinwendet. Bei un« ist e« bi« jetzt hauptsächlich der kleinere Mittelstand, dessen Angehörige die Volksbiblotbek benutzen. Um die Arbeiter heranzuziehen, würde sich vor Allem die Einrichtung geräumiger, gut er leuchteter Lesezimmer nöthig machen — eine Ausgabe, an deren Lösung über kurz oder lang herangetreten werden muß. Die Sonntag-Abende, an denen im Winter regel mäßig Dorträge gehalten und musikalische Genüsse geboten werden, und auf die wir besonderen Werth legen, ver ursachen dem Verein — wenn man davon absieht, daß die Freihaltung de« Saale« für diesen Zweck eine erheblich niedrigere Pachtsumme bedingt, al- sonst damit zu erzielen sein würde — nur geringe Kosten, da e« noch immer gelungen ist, tüchtige freiwillige Kräfte für diese Darbietungen zu gewinnen. Immerhin wäre r« wünschenSwertb, Mittel zur Verfügung zu haben, damit öfter« einmal Skioptikon, Bilder oder naturwissenschaftliche Ver suche, sowie bei vaterländischen Gedenktagen und ähnlichen festlicheren Gelegenheiten erweiterte musikalisch« Leistungen vorgeführt werden könnten. Sehr erheblichen Aufwand erheischen von jeher die UnterrichtS-Curse, in di« bis jetzt seit dem Bestehen de- Berein« etwa 7000 Theilnehmer eingetreten sind und die folgende Gegenstände umfassen: gewerbliche und kaufmännische Buchführung, Deutsch, Rechnen, Schreiben, Zeichnen, Steno- araphie, Englisch und Französisch; ferner Litteraturkunde, Singen und Turnen. Obgleich wir auch hier für viele freiwillige Mitarbeit zu danken haben, müssen wir doch, um auf straffe Ordnung halten zu können, den Lehrern selbst angemessene Vergütung gewähren; der Aufwand dafür beläuft sich nach der letzten Rechnung auf 3129,30 *ck Dabei ist weder Heizung und Beleuchtung, noch der Miethwerth des ausschließlich zu Unterrichtszwecken dienenden 1. Obergeschosse« de« Berein«- hause« in Anschlag gebracht. Hierauf müssen wir mindestens 2000 rechnen, wovon zur Zeit 800 für Vermiethung der Räume an die Buchhändler-Lehranstalt abgehen. Dazu kommt ferner der Miethwerth der Turnhalle, wiederum mit Heizung und Beleuchtung. Wenn wir hiernach den Gesammt- Aufwand für Unterricht auf etwa 6000 anschlagen, so ist da« sicher nicht zu hoch gegriffen. Welchen Werth diese UnterrichtS-Curse für die jungen Leute haben, dafür stehen un« die erfreulichsten Erfahrungen zur Seite; sie gewinnen dadurch sowohl sittlichen Halt al« die Möglichkeit, bald eine gesicherte Lebensstellung zu finden. Namentlich sind die bei un» ausgebildeten Stenographen sehr gesucht. Ebenso förderlich ist den jungen Leuten die Kenntniß der Buchführung und der neueren Sprachen. Wir glauben daher keine Fehlbitte zu thun, wenn wir auch dafür um Unterstützung au- städtischen Mitteln uachsuckrn. Die Stadt Dresden gewährt dem Fortbildung-Verein für die von ihm unterhaltene Fortbildungsschule einen jährlichen Beitraa von 1500 Ebenso empfangt der Berliner Handwerker-Verein für seine UnterrichtS-Curse von der Stadt einen Zuschuß von 3000 Ob hier für den gleichen Zweck vielleicht ein Betrag au» Stiftungen flüssig gemacht werden kann, stellen wir ergebenst anheim. Die Einnahme aus den Mitglieder-Beiträgen zu erhöben, lassen wir uns fortwährend angelegen sein. Allein die Ansprüche, die an die Freigebigkeit der Einzelnen erhoben werden, sind allzu groß und mannichfaltig, al- daß eine wesentliche Vermehrung der jährlich zahlenden Mitglieder — die monatlich zahlenden sind die überwiegend empfangenden — zu erhoffen wäre. Ein Versuch, die Beiträge zu erhöhen, hat zunächst sogar eine kleine Verminderung der Einnahme zur Folge gehabt. Gleichwohl sind wir von der Nothwendig- keit durchdrungen, die BildungSbestrebungen unsere- Vereins fortzusetzen und immer mehr zu erweitern. Wir sind zugleich überzeugt, damit dem Wohle der Stadt zu dienen und alauben uns deshalb zuversichtlich an die geehrten städtischen Körper schaften wenden zu dürfen. Unser Gesuch aeht dahin, der geehrte Rath wolle womöglich schon in den nächsten HauShaltplan einen erhöhte» Beitrag für die VolkS- bibliothekrn und die UnterrichtS-Curse des Vereins für Volkswohl einstellen, weiterhin aber die Bereitstellung der Mittel für Vermehrung und Erweiterung der Bolksbibliotheken in« Auge fassen. In vorzüglichster Hochachtung der Vorstand de« Verein- für Volkswohl. II. Allgemeiner Deutscher Privatschuttehrertag in Friedrichroda. Der im Jahre 1883 in Leipzig gegründete Allgemeine Deutsche Privatschullehrerverein hat im Jahre 1888 zu Pfingsten in Dresden einen I. Privatschullehrertag abgehalten, der innerhalb der betheiligten Kreise mit allseitigem Beifall begrüßt wurde. Auf Beschluß diese« Tage- wurde damals vom grschästS- führende» Vorstand in Leipzig (Vorsitzender ist Director vr. Barth- Leipzig) eine Denkschrift über die Lage deS Privatschulwesens au«- gearbeitet und den Ministerien der verschiedenen deutschen Staaten überreicht. Eine baldige Wiederholung einer derartigen Kundgebung der gemeinschaftlichen Interessen des Privatschulwesens durch einen zweiten Privatschuttehrertag wurde damals lebhaft gewünscht, war aber bi« fetzt durch verschiedene Umstände verhindert worden. Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Privatschullehrervereins hat für den Ort de» II. Deutschen Privatschullehrertages Friedrich- roda ausersehen und damit gewiß eine glückliche Wahl getroffen. Die in Friedrichroda selbst nöthigen Vorbereitungen waren einige Wochen vor Pfingsten durch Direktor vr. Roth-Leipzig persönlich unter dankeuSwerthrr Beihilfe eine» Mitgliedes des dortigen Bade- Fareillotsn Lin Gesuch bei Voldemar Kaden. Von Ludwig Salomon. E« ist 5 Uhr Nachmittag«. Da- Leben auf den Straßen Neapel-, da- während der Mittag-Hitze etwa- schwächer pulflrt hatte, beginnt wieder mächtiger zu quellen, bald braust und tost e« auf- Neue, daß der Fremde meint, nächsten« werde ihm da« Trommelfell zerspringen, da es sich wohl uiemal« an diese« fortwährende Schreien, Rollen, Stampfen und Dröhnen gewöhnen könne. Und in der That, keine Stadt Europas hat ein so lärmen de- Straßenlebea wie Neapel In den meist sehr engen Gassen drängt und .schiebt sich eine Fluth von Menschen, and Alle- schwatzt nud gesticulirt. Aber damit nicht genug, auch hochbepackte Lastthiere und Wagen aller Art stemmen sich durch diese- Gewühl. Maa halt e- für unmöglich, daß sie vor wärts kommen können, wenigsten« würden, so meint man, demnächst einige Kinder, oder doch einige Hühner, die aller wärt« umherlanfen, überfahren oder zertreten werden, aber e« pasfirt merkwürdiger Weise nirgend« eia Unglück, der Verkehr wickelt sich überall ohne Unglück ab. Wir batten a« Largo PlebiScito unser« Kaffee getrunken und erhoben un«, Woldemar Kaden aufzusuchen, den ver ehrten Mana, au« dessea Bücher» wir über Italien« Schön heit, Kunst und Art so viel Belehrung geschöpft und der un« schließlich sogar durch briefliche Rathschläge zu Hilfe ge kommen war. E« muthete un« seltsam au, hier unten tief im Süden einen Vorposten deutscher Wissenschaft und Poesie aufsuchen zu wollen; alle« Andere wird der Kremde sicherlich hier in Neapel zu finden vermutbrn, nur nicht da« stille Studir- zimmer eine« deutschen Schriftsteller«. Dafür ist es aber auch tief verborgen, und man kann laug« suchen, ehe man e« findet. „Salita Petrajo Nr. 11" heißt die Adresse. Aber wo jiegt die Salita Petrajo? In dem schönen großen Plan . unsere« Reisebuch«« ist sie nicht verzeichne». Glücklicher Weis« wußten wir aber, daß sie sich in der Nähe de« Eorso Bittorio Emanuele befinde, und klommen zu dieser schon ziemlich hoch- gelegene» Straße hinauf. Oft mußten wir Straßen pasfirra, deren Häuser thurmhoch und di« doch nur so breit waren, daß man sich eben a»«weicheü konnte. Dabei saßen die Laadwerker, di« hier wohnte», die Sch»«der, Schuster, Korbfiechter re., mit ihrem ganzen Kram vor den Thüren, and man mußte sich ia Acht nehmen, daß man nicht unser- sehen« aas. eine« soeben fertig gewordenen Schuh oder ein Bügeleisen trat: Aber Jeder übte diese Vorsicht, und so hatte diese« gemüthlich« Sichau«eiaaaderbreiten nicht« weiter **s Abeu aas dem Eorso Bittori» Emanuel« »ar aber di« Salita Petrajo so bald nicht zu entdecken; hier ging e» hundertfältig nach recht« und link«, auf und ab, und wo wir un« Rath herholen wollte», war überall keiner zu finden. Die Italiener sind meisten« sehr schlechte Straßenkenner; sie wissen wohl genau, wo ihre Werkstätten sind, ihre Kaufleute wohnen, aber sie wissen nicht, wie die Straßen heißen, und können die Straßenschilder nicht lesen, denn sie sind ia den meiste» Fällen Analphabeten. Der Schulzwang ist zwar seit 1874 in Italien ««geführt, aber man übt ihn nicht au« — der Kosten wegen, und so können wohl heute noch in Neapel über 60 Procent weder schreiben, noch lesen! In unserer Rathlosigkeit wandeln wir die lange Straße weiter dahin, da sehen wir plötzlich mehrere Eselein mit hübschen rothen Satteln an einer Ecke stehen. Sie schlenker« so lebhaft mit ihren Schwänzen, daß sie gar nicht übersehen werden können. Und nun kommt sofort eine Erleuchtung über un«: Eselein für faule Touristen — also wohl mühevoller Aufstieg — Salita Petrajo — Felsentreppe — Heureka! Hier, wo die Felsentreppe nach dem auf schroffer Höhe thronenden Fort St. Elmo sich hinauftvindet, wohnt Pro fessor Kaden, aber doch schon am Anfang de« Aufstieg«, in einem der stattlichen Häuser linker Hand. Wenn wir aber müde vom Wandern sind und un« de« erreichten Ziele« freue», so ist doch immer »och ein keine« Kraftstück auszu führen ; denn vier ausgewachsene Treppe» müssen wir noch hinaufsteigeu. Auf jeden Fall kamen wir ziemlich außer Athem oben au, und »ach der ersten Begrüßung entschlüpfte un- unwillkürlich die nicht gerade besonder« geistreiche Be merkung, daß di« Wohnung sehr hoch liege. „Da« ist aber ihr größter Vorzug", versetzte Kaden lächelnd, and dabei stößt er mit der ganzen Behaglichkeit eine« Zauberer«, der feine« Triumphe« sicher ist, die Schlag läden eine« Fenster« »uf, und wir siehe» wie gebannt. Uebcr ein Meer von Häusern hinweg blicken wir hinaus auf da blaue Meer, auf da« i» violettem Dufte sich hinstreckende Gestade von Pottici, Castrllamare und Sorrent, über dem sich hoch und erast da« arane Ungethüm, der qualmende Vesuv, erhebt. Da schwerst da« Auge weiter zu dem weit hinten am Horizonte ia seiaen Linie» sich erhebenden herrlichen Felseneiland Capri «ad schließlich hinüber zu« Posilip, au« dessen üppigen Oraugeagärten mit dem kühlen Seewinde eben eine Welle süße» Dufte« in« Zimmer strömt. Durch da« geöffnete Feaster schoß aber auch ei»e Fülle von Licht herein und beleuchtete de» Dichter blendend vom Kopf bi« zu den Füßen. Er ist ein schöner, stattlicher Mann mit lebhaft«» dunkel» Aage», aber schon vollständig weißem Haupthaar »nd Bart, obgleich er noch uicht di« Sechzig er reicht hat. Da« Laar ist ihm vorzeitig auf seinen Wande rungen in Süditalie» »nd aus Sieilie» gebleicht, wo er weite e unwirthbare Goa»,»«» dnrckstreifte, di«. s«it d«» Zeiten der I Hohenstaufen wohl lei» d«»»sch«r Fuß wieder betreten hat. I Bei diele» E»tdrcka»g«r«isrn der mühevollsten Art holte er sich auch den Keim zu einer schweren Krankheit, von der er Jahre lang zu leiden hatte; doch ist e« ihm jetzt gelungen, da« hartnäckige Uebel vollständig zu beseitigen, ungehemmt kann er sich wieder seinen mannigfachen literarischen Arbeiten widmen. Fast dreißig Jahre lebt Kaden jetzt bereits in Neapel. Seine Vaterstadt ist Dresden, wo er am 9. Februar 1838 geboren wurde und an der er noch heute mit warmem Herzen hängt. Ursprünglich beabsichtigte er Theoloaie zu ftudiren und bezog zu diesem Zwecke die Universität Leipzig, doch wandte er sich später der Pädagogik zu, wirkte eine Zeit lang al« Lehrer, war dann al« Director einer Privat- erziehnngSanstalt in Dorpat thätig,aing hierauf 1866 in dem Drange, die Welt zkt sehen, nach Pari«, nabm sodann 1868 einen Ruf al« Director an die deutsche Schule in Neapel an und stand derselben srch« Jahre vor. Weiterhin privatisirte er einige Jahre, um seine umfassenden Wanderungen durch Italien machen zu können, bi« er 1876 di« Stelle eine« Professor« der deutschen Sprache und Literatur an einem Lvceum in Neapel annahm. Als ein Apostel deutscber Wissen schaft und Poesie wirkt er nun dort seit zwanzig Jahren in erfolgreichster Weise. Daß die deutsche Sprache und Literatur jetzt in Süditalien so viel studirt wird, daß die aristokratischen Familien in Neapel heute fast sämmtlich deutsche Sprach studien treiben, ist gewiß nicht zum Geringsten dem Einflüsse Kaden'« zuzuschreibe». Un- hier in Deutschland interessirt jedoch bei Woldemar Kaden mehr der Schriftsteller, al« der Lehrer; denn welche Mlle von Anregungen und Belehrungen finden wir ia seinen Sein erste« Werk, da« er herauSgab, waren die ^Wander tage m Italien". E« erschien 1874 und athmet den ganzen Eathusia-mu« einer schönheit-trunkene« Seele. Die ganze. Pracht der Natur, da« naive, fröhliche Volk, die Fülle historischer Erinnerungen, da« Alle« entzückt den jungen Wander-manu, und fessello« giebt er sich all den Genüssen hi», di« sich ihm biete». Go klingt der Ton schwelgender Freude durch da« ganze Buch. E« hebt au mit der Schilderung von wonnigen Sommertagen auf Ischia. I» einem kleinen Hause am Berge ob Eafamicciola hat sich d«r Dichter einquartiert, bei einer Wiuzersamilie, wo neben Vater und Mnttrr drei Töchter schalten und walten. Filo- «ena, die älteste, ist praktisch-tüchtig, Raffaella, die mittlere, schön und stolz, und Rosina, die jüngste, lustig »ad geschmeidig wie «ine Laeerte, ein Kobold. Gar bald entspinut sich »un ei« reizende« Idyll. Rosina ist nicht nur heiter und neckisch, sie ist auch wißbegierig und empfiudet e« schmerzlich, daß sie uicht lesen kann. Niemand kann lesen im ganzen La»«, »nd Keiner macht sich etwa« darau« — nur Rofina Nagt darüber, und sie beginnt den blonden Fremdling zu umschmeichel». „Ach, wenn ich lesen könnte", jamnkert sie ia ihrer reizenden Drolligkeit. ,O, Madonna, wenn ich schreiben könnte! Aber der Vater will nicht, daß ich e- lerne. „Dreht die Spindel", sagt er, ,Lesen gehört sich für den Pfarrer und Schreiben für den Notar. Lesen verdreht nur den Kopf und Schreiben ver wickelt in Liebe-Händel, die nimmermehr zu einer rechten Ebe kommen." Al« ob man immer nur Liebesbriefe schreiben müßte! Ach, Herr, wenn ich lesen könnte!" Und da« Herz des Fremdlings ward bald umsponnen. Er steigt hinab nach Casamicciola, erhandelt vom Schulmeister dort ein regel rechte« A-B-C-Buch und beginnt nun in rosenumdufteter Weinlaube seinen Unterricht. Die Schülerin ist eifrig und unverdrossen, nur wenn da« unbändige Haar sich durchaus nickt mehr durch Baad und Nadel will bezwingen lassen und immer wieder «ach vorn stürzt, wird sie einmal ungeduldig. Sie bringt e« auch bald zu ziemlicher Fertigkeit im Lesen. — Doch da kommt eine« Tages ein Ver wandter de- Hause«, ein junger Grieche zu Besuch; die fleißige Rosina versäumt zum ersten Male die Unterrichts stunde, die Rosen auf dem Tische neigen welk ihr Haupt. Und der deutsche Fremdling kommt sich vor wie ein Tveseus, al« er gezwungen war, abzureisen vom liebedurchflüsterten NaxoS. Wehmuth im Herren, fährt er nack Neapel zurück. Ein außerordentlicher Liebreiz umgiebt dieses Idyll, wir möchten eS mit der berühmten Novelle „Graziella" von Lamartine vergleichen, doch ist e« inniger, und die Fülle von Ausblicken auf die Geschichte der Insel geben ihm einen reicheren Gehalt. -Weiterhin schildert der Verfasser in den „Wandertagen" die Neapolitaner und nimmt sie auch einmal wacker gegen daS oberflächliche Urtheil unserer lieben Landsleute in Schutz. Ja, er kanzelt die Unzufriedenen, di« aus der Reise beständig klagen, daß eS nirgend« in Italien so bequem sei wie zu Hause, auch einmal ganz ergötzlich ab. Zugleich bietet er einen prächtigen Strauß neapolitanischer Volkslieder in guter Ueberseyung. Zum Schluß fährt er ia die Berge SamuiumS, in das uralte Benedictinerkoster auf Monte Casino, in die einsamen Städtchen Teano, Benafro, Jsernia und wie sie alle heißen, wo man noch überall auf griechische Spuren stößt, und in die lateinischen Gebirge, nach Anagnia, der Heraikerstadt, Ferentino, Veroli, armselige Bergnester, „wo die bleiche Noth auf dürren Sandalen durch die engen Gassen schleicht und mit trockenen Augen in dir Vorhalle» der Häuser schaut. Aber dort ist »irgend« etwa« zu holen, uicht- zu erflehen, da fitzt allerwärt« die magere Armuth." Und darum Nagt auch rin Handwerker dem Wandersmann: „Ich habe zwei Hände und fünf Kinder, Andere haben noch mehr, und wir wollen so gerne arbeiten, aber hier ist uicht« zu machen, kein Handel, keine Industrie! Maisbau und Oetcultur — da ist da- Ganz«! De» Mai« esse» wir da- ganze Jahr, da« Oel geht nach Rom!" Diese trostlose Armuth m den weiten Gebirgsstrecken, das ist da- große Hrmmniß in der staat lichen Entwickelung Italiens. Unablässig bemüht sich die Regierung, zu Helsen und zu bessern, aber was viele Jahr-
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