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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.06.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960604015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896060401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896060401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-04
- Monat1896-06
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Morgen-Ausgabe Druck und Hekla, von E. Polz kn Leipzig SO. Jahrgang. Donnerstag den 4. Juni 1896. Die Morgen-Au-gabe erscheint um '/,7 Uhr. die Abrnd-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. mit Erfolg Sturm gelaufen wird. Wenn der britische Löw« tüchtig am Fell gezaust wird, dürfte da- auch dem dentschea Kolonialbesitze zu Gute kommen. Und darum haben wir von diesem Standpunkte au- keine Veranlassung, un- über ide von dem Zaren docuMentirt« herzliche Freundschaft gegen Frankreich zu grämen. Re-action und Erpe-itio«: Aohmenedgaffe 8. DieExpeottkou ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh S bi« Abends 7 Uhr. ÄrmalMschtaß siir Äiyrr-e«: Nbentz-Nu-gaGi: Vornrittegs 10 Uhr. Morgen- Ansgabe: NachneitiagS -ÜHr. Bei -en Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stnnd« fr-tzer. Stt^i-s» sind stets Mt die Expedition zu richten. Bezugs-Preis d« Hauptexpedition oder -en im Stadt» bezirk und den Vororten errichteten Aus- oalestellen abgeholt: vierteljährlich 4LO, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau» S.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierielj-ihrlich ^l 6.—. Directe tägliche ttreuzbandjeudung i»S Ausland: monatlich 7.L0. Extra-Veikemen tgefalzo. nu» M der Morgen-Ansgade, ohne PeBtzef-Awrnng ^l mit Poftbesorderung 70.—. Filialen: Vit» Klemm s Sortim. (Alfred Hahn). Univrrsitätsstratze 3 (Paulinum), L-uiS Lösch», Eathartnenstr. l4, part. und Königsplatz 7. Deutsches Reich. L Vcrlin, 3. Juni. In Saalfeld (Sachsen-Meiningen) satte, wie erinnerlich, der Städtische Verein an das Staats ministerium die Bitte gerichtet, daß die Abhaltung der ocialbemokratischen Maifeier durch öffentlichen tmzug verboten werde. Das Ministerium hat dieser Bitte nicht entsprochen In der nunmehr dem genannten Verein zugestellten Antwort de« Ministeriums heißt es, wie schon !ürziich Mitgetheilt: «„Wir verkennen nicht die gute Absicht, von der dieser Antrag eingegeben worden ist, wir vermögen uns aber nach wie vor nicht zu nbrrzenaen, daß die Bekämpfung der socialdemokcatischen Ideen und Bestrebungen, die sich der Städtische Verein in anerkennens- werther Weite zur Ausgabe gemacht, die beantragte allgemeine Maß regel erheischt und rechtfertigen würde, eine Maßregel, die als un billige Beschränkung gewisser BolkSclassen und als eine ungerecht- crtigte Benachteiligung gewisser Staaisangchöriger gegenüber anderen angesehen werden könnte." 4 Aus diesem Bescheide geht hervor, daß die herzogliche Regierung von Sachsen-Meiningen von der Ansicht geleitet war, die socialdemokratische Maifeier sei eine Festlichkeit, wie eine andere auch. Nur so läßt es sich erklären, daß die Regierung in dem Verbot des öffentlichen Umzugs, der bei anderer Gelegenheit gestattet wird, eine ungünstigere De- jandlung der Veranstalter der Maifeier im Vergleich ist den Theilnehmern anderer öffentlichen Feierlichkeiten erblicken zu muffen glaubte. ES wird sich jedoch nicht er weisen lassen, daß ein der Maifeier irgendwie vergleichbare- andereS Fest iu Deutschland jemals begangen worden sei. Der „Weltfeierrag" dient in unserem Lande der Ausbreitung von Tendenzen, welche, nicht gewissen Einrichtungen des Staate« und der Gesellschaft, sondern dem Staate und der Gesell- chaft selbst unverhohlene Feindschaft entgegenbringen und die Zerstörung Beider unter Vernichtung ihrer Anhänger zum Ziele haben. Die Führer der deutschen Socialdemokratie >aben die Bedeutung der Maifeier Niemals auf diejenige einer Demonstration für den Achtstundentag oder sonstige specifische Arbeiterfordernngen beschränkt, sondern die Veranstaltung jeder Zeit als eine Heerschau über die Truppen bezeichnet, die die Herrschaft des Proletariat« ankämpfen und eine Ordnung der Dinge herbeiführen werden, mit der — um auf den Anlaß zu diesen Bemerkungen zurnckznkommen — Feierlich keiten anderen al« socialdemokratischen Charakter« jedenfall« unvereinbar sein würden. Oder glaubt man etwa, unter der „Diktatur de« Proletariats" werde aus Scheu vor „un billiger Beschränkung gewiffer BolkSclaffen" die Sedanfeier gestattet werden? Die Socmldemokratie stellt sich durchaus, politisch und social, außerhalb der bestehenden Gesellschaft und es wäre keineswegs, wie da- meiningische Ministerium meint, ein« „allgemeine", sondern eine einer einzigartigen Er scheinung angepaßte besondere Maßregel gewesen, wenn e- dem Ansuchen von Bürgern, die ihre und Alle« dessen, Wa ste Hochhalten, erklärten Todfeinde nicht mit den patriotische» Festen concurriren lasten wollten, willfahrt und Unterlasten hätte, auf die Eigenschaft der socialdemokratischen Führer als StaatSangehörige im Zusammenhang mit einem Vorhaben hinzuweisen, bas einen weiteren Schritt auf dem Weg« be zeichnet, auf dem jene Agitatoren di« Staatsangehörigkeit, wie di« meiningische Regierung sie verstehen muß, los zu werden hoffen. 6.8. Berlin, 3. Juni. Trotz aller Redensarten von der Soli darität der Interessen der„Genossen" und „Genossinnen" sind die Ersteren den Letzteren nicht besonders grün, und durch die Arbeiterschaare» geht ein Sträuben, wenn es beißt, einer „Genossin" ein Mandat zn einem Congreß zu geben. Die Ihrer, Baader und „Genossinnen" haben sich nun hinter Herrn Bebel gesteckt, und dieser hat bei seiner bekannten Vorliebe für die Frauenbewegung auch einen Vortrag über „bürgerliche Ehe und freie Liebe" in einer Versammlung von „Genossinnen" zugesagt, in der diese eine Delegirt« für den Londoner Congreß wählen wollen. Da vielleicht au- Hamburg und an- Süddeutschland noch je eine Delegirt« entsandt wird, so werden di« Genossinnen „drei Mann hoch" in London eintreffen and selbstver ständlich in dieser schwachen Zahl, wie seiner Zeit in Zürich, Pari-, so auch ia London eine ganz bescheidene Rolle spielen. Soweit bi- jetzt bekannt, werden die Belgier, Ita liener, Oesterreich«» und Dänen kein« Genossinnen entsenden, und auch die französisch« und di« englisch« Bertretung dürften Frauen nur in ganz geringer Zahl ausweis«». In »m so größerer Zahl werden di« Genossen erscheinen. Vis jetzt haben wir freilich unter diesen Delegieren nicht eine» einzigen Arbeiter gefunden; «- lind lauter gut bezahlt« Ngitatoreu, welche die Arbeit seit Jahren nur vom Hörensagen kennen und sich in London vergnügte Tage mach«» wollen. Bei dieser Zusammensetzung der deutschen Arbeitervertretnn« wird ihr Einstich aus dem Congresse sehr gering s»in und im schroffsten Mißverhältnch zu den Kosten stehen. * Vrrlt«, 3. Juni. Der „Wests. Merk." entnimmt der Pariser katholischen Zeitung „Vsrito" «in Gespräch, da- «in Abb« lDumontin zur Zeit der Ausstellung de- „heiligen" Rocke« in Trier — im Jahr« 1S91 — mit dem Bischof Ko,um über die kirchliche Lage in Frankreich gehabt haben will. Der „Wests. Merk." beanstandet an der Wiedergabe nur die aus Frankreich bezüglichen Stellen, scheint also alles klebrige für glaubwürdig zu halten. Der Abbs hatte in seinem Gespräch über den Rückgang des Glauben- in seiner, vc« AbböS, Diöcese geklagt, weshalb ihm Vr. Korum di« Ab haltung von Missionen in de» Diöcese vorschläjt. Diesem Mittel und seiner Wirkung steht Dumontin anscheinend zweifelnd gegenüber, woraus das Gespräch nach den Worten de« Abbs« felgend« Wendung nimmt: Bischof: Er girbt noch ein ändert« Mittel, das darin besteht, daß di« französisch«» Prister und Bischöfe »« darauf ankommen laßen, daß man ft« einsperrt. Glauben Sie nicht, -aß die Regierung dadurch sehr in Verlegenheit käme? Ick: Sie würde allerdings vor einer solchen Gewaltmaßregrl zurückschrecken. Bischof: Wenn z. B. etwa 20 Bischöfe, 8- oder 10000 Priester binter Schloß und Riegel sich befänden, glauben Sie nicht, daß die Regierung dessen überdrüssig werden müßte, daß das Volk sich aber aulraften würde? Ich: Bielleicht, aber es war« dies wieder ein heroisches Mittel. Bischof! Hochwürden, mit einem „Vielleicht" richtet man nicht« au». Jesu« hat sich nie mit einem „Vielleicht" beholien. Er hat einfach gesagt: „Dies müßt ihr thun." Dieses letztere Mittel hat sn Preußen zum Sieg geführt. Daß in der Trierer Diöcese der Glaube noch so lebendig ist, haben wir den Leiden der Priester zu verdanken. Die Ehre, ins Gesängniß zu wandern, ist mir leider nicht zu Theil geworden; mein Vorgänger im Bischofsamte aber bat sich dieser Ehre zu erfreuen gehabt. Sieben Jahre lang haben meine Priester keinen Pfennig Gehalt bezogen, sieben Jahre lang haben Sie gleichsam ihr Brod betteln müssen, und ich versichere Sie, daß sie während dieser Zeit durchaus nicht Noth gelitten haben. Der Bischof sieht also eine Ehre darin, wenn Geistliche ob ihrer Widersetzlichkeit gegen die Staatsgewalt binter Schloß und Riegel kommen. Die Rücksicht auf die Forde rungen der Kirche steht ihm hoch über dem Gehorsam gegen die Gesetze des Staates. Aber was seine Auslassungen noch bedenklicher macht, ist, wie die „Voss. Ztg." mit Recht betont, die Hoffnung, daß, je größer der Widerstand gegen staatliche Anordnungen aus geistlicher Seite, um so eher durch eine Volksbewegung diese Anordnungen lahmgelegt werden könnten. Der Bischof vertritt damit freilich nur den Standpunkt, den die katholische Kirche der staatlichen Gewalt gegenüber von jeher eingenommen hat, aber in seinem Munde gewinnen diese Äuslafsunzen besondere Bedeutung. Daß sie vor fünf Jahren gefallen sind, ändert nichts an ihrer Tragweite. V. Berlin, 3. Juni. (Telegramm.) Der Kaffer ver blieb nach der gestrigen FrühstückStafel im Neuen Palais im Arbeitszimmer und erledigte Regierungsgeschäfte. Nm 8 Nhr fand die Abendtafel statt, zu der die Gemahlin deS deutschen Botschafter- in Madrid, Frau v. Radowitz, nebst beiden Töchtern, der Militairbevollmächtigte der hiesigen österreichisch-ungarischen Botschaft, Prinz Schön burg, und Gemahlin, der Erbprinz und die Erbprinzessin zu SolmS-Lych, sowie der zum Lehr-Infanterie-Bataillon com- mandirte Seconde-Lieutenant vom württembergischen Grena dier-Regiment „König Karl" (5. WürttembergischeS) Nr. 123, Freiherr von Lindenfels, geladen waren. Heute früh unter- nabmen beide Majestäten von 7'/4 Nhr ab einen Spazierritt in die Umgehung des Neuen Palais. Von demselben zuruck gekehrt, empfing der Kaiser den Chef deS Geheimen Civil- CabinetS zum Bortrage und hörte dann die Vorträge des Staatssecretairs des Reichs-Marineamts Admirals Hollmann «nd deS stellvertretenden Chefs des Marine-CabinetS Cor- vetten-Capitams von der Groeben. Nachmittags wird der Kaiser voraussichtlich dem Wettrennen des Potsdamer Reiter- Vereins bei Sperlmgslust beiwohnen. L. Berlin, 3. Juni. (Privattelegramm.) Professor Lexi- hat sich der Aufgabe unterzogen, einen Theil der Arbeit fortzüsetzen, welcher sich der verewigte So et beer gewidmet hatte, indem er die wichtigsten Daten über die Production na» Verwendung der Edelmetalle in einem Beitrag zu den Conrad'schen Jahrbüchern bis in die neueste Zeit ver folgte. Dieser nämlichen, höchst wichtigen Angelegenheit hat sich vor einiger Zeit daS Internationale statistische Institut «»genommen, welches seine periodischen Versamm lungen abwechselnd in einer europäischen Hauptstadt abhält. ES hat den Statistiker und gegenwärtigen Münzdirector von Frankreich, Herrn von Foville, beauftragt, die gesammte Arbeit Soetbeer'S wieder ausznnehmen und fort zusetzen. Die französische Regierung bat ihre Unterstützung deS Unternehmens zugesagt, und die Kammern haben einen Geldbeitrag dazu bewilligt. Demnächst wird Foville den neuen Band von 300—400 Seiten Umfang herausgeben, und man darf erwarten, daß seine Arbeit der seines Vorgängers eben bürtig sein wird. Schon bald nach Soetbeer'S Tode war, wie di« „Nat.-Ztg." in Erinnerung bringt, angeregt worden, daß in Deutschland selbst die nöthigen Veranstaltungen ge troffen würden, um da- von einem Deutschen so rühmlich begonnene Werk fortzüsetzen. So dankbar die vom Auslande komnwnde Gabe anzunehmen ist, schöner Ware es doch ge wesen, wenn da- Vaterland Soetbeer'S sie entbehrlich ge macht hätte. * Kiel, 2. Juni. Zur selben Zeit, in welcher voriges Jahr die Festlichkeit zur Eröffnung des Nord-Ostsee-Canals stattfanben, wird auch in diesem Jahre eine Reihe von festlichen Tagen hier gefeiert werden; die „Kieler Woche", wi« sie in Marinekreisen genannt wird, fällt in die Zeit von» 19.—26. Juni. Der Kaiser wird sich in diesen Tagen hier befinden und an den Regatten mit feiner Segelyacht theilnehmen. Ein große» Zuzug wird dahin staltfinden, nicht allein von Solchen, die mit Einladungen beehrt werden, sondern auch von Zuschauern. Von Kiel aus wird sich der Kaiser wahrscheinlich nach Wilhelm-baven begeben, um an de» Stapellaufe des Panzerschiffes I. Classe „Ersatz Preußen", der wenig« Tage nach Schluß der „Kieler Woche" erfolgt, theilzunebmen. * Akt»-Atttzpi«, 3. Juni. (Telegramm.) Tas bisher bekannt geworden« Resultat der gestrigen Stichwahl im Reichstags-Wahlkreise Ruppin-Templm ergiebt für Lessing (freit.) 7093 und für d. A»nim (cons.) 4216 Stimmen. (Wdh.) * Pof»«, 2. Juni. Bor einigen Tagen hielt in Kurnik tzer Erzbischof von Stablewski eine kirchliche Visitation ab. Ein« Anzahl Einwohner flaggte mit roth-weißen Fahnen. All« diese Personen, welch« derartig« Fabnen au-gehängt hatten, find jetzt in eine Polizeistrase von je 1b ge ¬ nommen worden. Denn roth-werß find die Farben de« früheren polnischen Staate«. — Au« Schrimm wird dein „Pos. Tagebl." geschrieben: Erzbischof v. Stablewski bat bei femrr jüngsten Anwesenheit Hierselbst auf dem in der Propstei ihm zu Ehren veranstalteten Festmahl, zu welchem auch die Vertreter der staatlichen Behörden, der BezirkScommandeur, der Landrath rc. geladen waren, eine Tischrede gehalten, di« hier viel besprochen wird. Richt weil de» Erzbischof fick dabei der deutschen Sprache bedient hat — das hat er jelbst al« einen durch die Anwesenheit der deutschen Beamten gebotenen HöflichkeitSaet (!) bezeichnet —, sondern weil Herr v. Stablewski mit unverkennbarer Absichtlichkeit dem Zusammengehen vonStaat und katholischer Kirche das Wort redete und gegenseitige Rücksichtnahme befür wortete. Nur Eines batte ihn verstimmt: daß der Landratk in Rücksicht auf die bekannte berittene EScorte de-Erzbischofs ein starkes Aufgebot von Gendarmen für notbwendig erachtet hatte. Der in W. im Kreise Iarotschin jüngst vor gekommene Exceß des Propstes S., so bemerkt dazu das „Pos. Tagebl.", bietet gerade gegenwärtig dem Herrn Erz bischof Gelegenheit, seinerseits die Rücksichtnahme auf das StaatSinterefse praktisch durch eine exemplarische Bestrafung des Propstes zu bethätigen. * Cottbus, 2. Juni. Ein Nachspiel zum Tuchmacher streik beschäftigte das hiesige Landgericht. 11 Arbeiter sind wegen Landfriedensbruch« angeklagt worden, weil sie gegen nichtstreikende Arbeiter einer Fabrik Tbätlickkeiten be gangen haben sollen. Die Belastungszeugen vermochten aber Niemand wiederzuerkennen, und so kam der GerichtSbof zu einem Freispruch für 7 der Angeklagten. Vier andere da gegen, die als Führer galten, wurden verurtheikt und zwar die Arbeiter Dokter und Buder zu je 6 Monaten, Keller zu 9 Monaten und der Arbeiter Deutschmann zu l'/r Jahren Gesängniß. m. Rudolstadt, 3. Juni. Folgendes Dankschreiben ist der hiesigen „Landeszeitung" von dem Prinzen Sizzo von Leutenberg aus Groß-Hartbau zugegangen: „Ter Redaction spreche ich die Bitte aus, mir die von Mittwoch ab erscheinenden Nummern der „Landeszeitung" hierher schicken zu wollen. Gleichzeitig danke ich in aller Aufrichtigkeit für die mich ungeheuer wohlthuend berührenden Worte, die Sie mir vorige Woche gewidmet haben. Die Sympathien de« Landes sind für mich -er schönste Schmuck und das kostbare Erbe meines Vaters, des hochseligen Fürsten Friedrich Günther, die ich um jo dankbarer und freudiger empfinde, alS ich mich eins weiß mit meinen Landes- Brüdern und -Schwestern in dem Gefühl, mit Stolz mich Schwarz, burger zu nennen, und in dem Gedanken: „'s gißt doch nksckst üb-.r Rudelstadt". Seien Sie daher versichert, daß Ihre Worte mir eine überaus große Frende bereitet haben und daß mein Dank hierfür ans einem freudig bewegten Herzen kommt." * Darmstadt, 3. Jnni. (Telegramm.) Oberlandes- gerichtSrath Heinzerling, früher langjähriges Mitglied der Zweiten Kammer, sowie Präsident der hessischen LanteSsynode, ist heute früh gestorben. * Colmar, 31. Mai. Die Ergebnisse des HeereS- ergänzungSgeschäfteS im Oberelsaß bessern sich zwar allmählich, sind aber immer noch nicht in normalen Bahnen angelangt. Beispielsweise blieben im abaelguferitn Jahr von den 10 221 in den Listen geführten Mikitairpflichtigen 618 gleich 6 Procent unermittelt und weitere 1782 gleich 18 Procent fehlten ohne Entschuldigung. Es hat sich also fast je der vierte Mann der Gestellungspflicht entzogen. Ohne Zweifel veranlassen viele Militair pflichtige die zahlreichen Familienbeziehungen, die zwischen dem Elsaß und Frankreich bestehen und die Gründung einer Existenz in letzterem Lande erleichtern, zum Verlassen ihrer Heimath. Eine gewisse Rolle spielt dabei aber immer noch der Umstand, daß es den nach Frankreich Uebersiedelnden verbältnißmäßig leicht gemacht wird, sich auch dort der Militairpflicht zu entziehen. Sie gebrauchen nämlich den Kniff, sich in Frankreich erst dann naturaliftren zu lassen, wenn sie nicht mehr oder nur zu kleineren milttairischen Uebungen herangezogen werden. Französischer Patriotismus, wie französische Blätter glauben machen wollen, spielt also bei den Ausreißern wohl kaum mehr eine Rolle. Frankreich. * Paris, 3. Juni. (Telegramm.) Bei einem Banket der britischen Handelskammer hielt Lord Dofferin ein« Rede, in welcher er erklärte, er verlass« mit Betrübniß Pari», da« er nach jeder Richtung rühmen müsse. Den französischen Staatsmännern, mit denen er in Verbindung gestanden habe, bewahre er Dankbarkeit. Bei Er- örlerung der politischen Lage führte Dnsserin aus, ganz Europa sei gegenwärtig nur ein ständiges Feldlager von mehreren Millionen bewaffneter Menschen. Die Häsen seien angefüllt von Panzerschiffen. England, welches sich in einem Falle rechtmäßiger Ber- theidigung befinde, habe seine Flotte nach seinem bescheidenen Theile vermehren müssen. Selbst in dem äußersten Osten habe sich die Leidenschaft für die Vergrößerung der Militairmacht in un- erwarteter Welse entwickelt. Der Erdenball gleiche nur nach einem Nervenbündel. Der geringste Zwischenfall könne einen allgemeinen Krieg herbeiführen. Di« Aufgabe der Diplomaten sei es, da« zu verhindern. Dnsferin schloß mit dem Ausdrucke der Hoffnung, daß noch ans lange Zeit hinaus weiter gute Beziehungen zwischen Frankreich und England herrschen werden. * Pari-, 3. Juni. (Telegramm.) Für October wird eine Versammlung ver wichtigsten monarchistischen Politiker in Brüssel angeknnbiat, die von der ehemaligen Kaiserin Engenie, dem Herzog von Orleans und dem Prinzen Victor zugleich einberufen »erden soll, um einen Bund ber Orleaniften und Bonapartisten zum Sturze ter Republik herbeizusühren. (Baff. Ztg.) * M«ilantz, 3. Juni. (Telegramm.) Au- Bologna wird gemeldet, daß gestern in San Arkangel, zahlreiche de schaftigung»lose A»b eiter versuchten, einen Bäcker laden zu plündern, wobei es zu einem heftigen Zusammen stöße mit der bewaffneten Macht kam, die viele Ver haftungen vornabm. Bon Bologna ist eine Compagnie Infanterie, sowie ein starke- Aufgebot Carabinieri an den ThatoN abgegangen. * Santzm,. 2. Joni. lUnterhau«.) «ei d«r Etnzelberathung der Birhseuchenbill wurde ein Amendement Vryce, nach welchem isländische Schafe von den Bestimmungen der Borloge aus geschlossen sein sollen, mit 106 gegen 42 Stimmen abgelehm, nach- -em der Generalanwalt Webster erklärt hatte, die Regierung könne da« Amendement nicht annehmen, denn dasselbe enthalte eine «er- Die russisch-französische Entente und England. Rachdmck veebotr«. SS Bei dem hohen Interesse, da- die äußeren Vorgänge hei der russischen Kaiserkrönung erregt haben, ist der be sonderen Auszeichnung, die der russische Kaiser Frank reich hat zu Theil werden lassen, vielleicht weniger Beachtung geschenkt worden, als sie verdient. Kaiser Nikolaus hat durch den General BoiSdeffre dem französischen Heere und durch daS Telegramm an den Präsidenten Faure dem französischen Volke seine Sympathien in einer so ungewöhn lich herzlichen Weise ausgedrückt, daß die Franzosen, die auch über den kleinsten Beweis russischer Freundschaft glücklich sind, diesmal wohl ein Recht haben, höchste Seligkeit zu genießen. Indessen, darauf, den Franzosen eine besondere Freude zn machen, dürste es dem Kaiser Nikolaus nicht allein an gekommen sein. Er ist trotz seiner Jugend ein viel zu ernster, bedächtiger Mann, als daß er mit seinen Freundschafts versicherungen so um sich würfe, ohne einen besonderen Zweck zu verfolgen. Die Betonung der engen Beziehungen zwischen Rußland und Frankreich sollte offenbar an gewisser Seite beachtet werden und eine Mahnung gegen eine gewisse Macht bedeuten. Daß Deutschland diese Macht nicht ist, geht, abgesehen davon, daß die Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland gegenwärtig besser sind, als seit Jahren, mit Deutlichkeit aus dem Handschreiben de- Kaiser- an den Grafen Schuwalow hervor, in dem er, Wohl anch nicht ohne Absicht, besonders die Verdienste des Grafen um die Aufrechterhaltung der alten freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Kaiserreichen hervorhebt. Wohl aber kann die überaus franzosensreundliche Kund gebung des russischen Kaisers als eine Mahnung an Eng lands Adresse angesehen werden, als eine Ankündigung, daß diese Macht demnächst in wichtigen Fragen Rußland und Frankreich noch entschiedener al« bisher auf gegnerischer Seite finden wird. Wenn man in England Vie Folgen eines einigen Vorgehens der beiden Mächte bitter empfinden wird, dann wird man es wohl bereuen, daß man nicht von langer Hand ber mit der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit einer russisch- sranzösischen Allianz gerechnet hat wie eS Deutschland gethan bat. Mit der prophetischen Gabe des Genies hat Fürst Bismarck schon vor vierzig Jahren ein russisch-französisches Bündniß vorausgesehen. Damals schrieb er: „ES sind diese Beiden Diejenigen unter den Großmächten, welche die wenigsten Elemente der Gegnerschaft in sich tragen." Er hat dann die russisch-französischen Beziehungen sorgfältig über wacht und zu der Zeit, in der er das deutsche Einigungs werk vorbereitete, in der also eine Allianz zwischen den öst lichen und westlichen Nachbarn Deutschlands alle seine Pläne hätte über den Haufen stürzen können, dafür Sorge getragen, Rußland gegenüber als ein zuverlässigerer Freund zu erscheinen, als eS daS damalige Frankreich war. Wir erinnern nur an Bismarcks aufrichtig entgegenkommendes Verhalten gegen Rußland während der polnischen Insurrection im Jahre 1863. Als dann im Jahre 1878 die Beziehungen Rußlands zu Deutschland weniger herzlich wurden und damit die Möglich keit einer engeren Verbindung zwischen Rußland und Frank reich uäher rückte, spielte Bismarck dieser Entente gegenüber das Prävenire, indem er den Dreibund schuf. Zehn Jahre vor den Tagen von Kronstadt war das Bollwerk des Friedens geschaffen, und die neuen Verbündeten mochten sich wohl bedenken, sich an diesem Bollwerk, da- von fünf Millionen Bajonetten vertheidigt wird, die Köpfe einzurennen. Einer aber ist außerhalb deS Bcfestigungswerkes ge blieben: England. ES ist nach dem Grundsätze verfahren, den BiSmarck ebenfalls vor 40 Jahren scharf und sicher skizzirt hat: „Die insulare Sicherheit macht eS England leicht, einen continentalen Bundesgenossen, je nach dem Bedürfniß der britischen Politik, zu halten oder sitzen zu lassen." Da aber diese hinterhältige unzuverlässige englische Politik auf die Dauer auch den geduldigsten Bundesgenossen verstimmen muß, hat sich England glücklich in eine vollkommen isolirte Lage und dadurch in eine sehr ungünstige Position gegenüber dem ihm an Seestreitkräften ebenbürtigen, al- Landmacht aber ungezählte Mal überlegenen Zweibund gebracht. Statt sich nun in dieser schwierigen Situation wenigsten- rnhig zu verhalten, hat England sich im letzten Jahre die Dreibund mächte noch mehr entfremdet, die Zweibundmächte aber geradezu herauSgefordert. Es hat eS beinahe darauf an gelegt, zu zeigen, daß eS mit Rußland im Orient, am persischen Golf und in Ostasien collidirt und daß eS sich an Frankreich im Mittelmeer und in Centraiafrika reibt. So lange die russische Kaiserkrönunq noch nicht voll zogen war, har der Zweibund seinen Antagonismus gegen England nur durch diplomatische Actionen zum AuSdriw gebracht. Jetzt aber, wo die Krönung vollzogen ist, Wo der Herrscher deS ungeheuren russischen Reiches in den Auaen seiner hundert Millionen Untertbanen durch da- heilige Oe! einen neuen NimbuS von unbeschränkter Macht und Kraft gewonnen hat, wird Rußland mit größerer Entschiedenheit .eine Pläne verfolgen, bei denen «S immer wiede» ans Eng land als Gegner stößt. Es wird England nicht den Gefallen thun, sich am Bosporus festzurennen, wo eS schließlich öster reichische Interessen viel mehr verletzen würde, al- englisch«, sondern eS wird daran geben, seine bi-herigen Errungen schaften in Asien zu einem vollen Erfolg« zu gestalten, indem eS nach Einfluß, Macht und Landbesitz am indischen Meer und am stillen Ocean strebt. Und wenn dann Frankreich sich Rußland gegenüber als treuer Gefährte bei Rußland asiatischen Bestrebungen gezeigt hat, wird Rußland die fran zösischen Aspirationen in Afrika fördern, und auch hier wiedrr wird England der leidende Theil fein. ES hat jahrhundertelanger Kämpf« und Ungerechtigkeiten bedurft, ehe England« Weltmacht begründet war. Lange, lange Zeit hat sich diese Weltmacht durch dir Feindschaft der natürlichen Gegner England-, Rußland- und Frankreich«, gegen einander aufrecht erhalten lassen. Die KrönungStage von Moskau, wo eine Welt sich zusammensand, um den russischen Herrscher zu huldigen, mögen wohl der Beginn «i»rr Aera sein, in der gegen di« Wrlttyrannei England« Anzeigerr-Prei- die 6 gespalten« Petit-eil« LO Pstz. Reelnme» unter da» Petz«time-ftkich (4ge- spalten» bO^Z, vor den Familiennachrichten skgejpalten) 40^. Größere Schristen laut unserem Preis- verzeichn iß. Tabellarische» UNtz Ziffrrnjatz nach höhere« AaRf. ripsiger TaMalt Anzeiger. Amtsvtatt des Löniglichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes «nd N-tizei-Amtes der Lindt Leipzig.
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