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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.06.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960610019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896061001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896061001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-10
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Amtsblatt -es Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Nalizei-Amtes -er Lta-l Leipzigs Mittwoch den 10. Juni 1896. SlnzeigenPreiS die 6 gespaltene Petitzeile 80 Psg. Reclame» unter dem Redactionsstrich (4 ge spalten) öO^L, vor den Fainilieuuachrichten (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem PrriS- vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Sptra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Auzeizen: Abend-Ausgabe: Bormittag» 10 UhL Morgr n - AuSgabe. Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an dir VrpeditMn zu richten. Druck und Verlag von S. Pol» in Leipzig 90. Jahrgang. Duell und Lürgerliches Gesetzbuch. Don vr. zur. Alfred Oppenheimer. Das Duell, seine moralische Berechtigung und seine cri- minalistische Ahndung ist in neuerer Zeit vielfach Gegenstand des öffentlichen Interesses und literarischer Erörterung ge wesen. Dagegen ist die Frage nach den civilrechtlichcn Folgen deS Zweikampfes bisher vollständig übersehen worden. Wenn wir nach dem Grunde dieser auffallenden Erschei nung forschen, so finden wir de» RäthselS Lösung in einer doppelten Ursache: einmal in dem Umstande, daß der Zwei kampf lediglich eine Gepflogenheit der „besseren" und zugleich vermögenden Volksschichten bildet, bei denen im Falle der Verletzung oder Tödtung eines Duellanten nur selten das Bcdürfniß nach pecuniärer Entschädigung vorhanden ist; sodann aber hauptsächlich in der Thatsache, daß nach dem bisher geltenden bürgerlichen Rechte die Verfolgung eines solchen SchadenSersatzanspruches ausgeschlossen war. Denn nach gemeinem Rechte — dem sich hierin Wohl sämmtliche Codificationen mehr oder minder anschließen — wird jeder Anspruch auf Entschädigung durch die Einrede der compensatio cuixae entkräftet, wenn den Verletzten bei Erleidung deS Schadens selbst ein Verschulden trifft. Da nun der Zweikampf eine gesetzwidrige Handlung involvirt, so macht durch seine Eingehung jeder Duellant einer culpa sich schuldig und verwirkt hierdurch von vorn herein jedes Recht auf Entschädigung. Dieser Rcchtszustand wird sich aber durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches ändern. Der Entwurf in der Fassung der dem Reichstag gemachten Vorlage bestimmt in seinem 8 807: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit . . . eines Anderen widerrechtlich verletzt, ist dem Anderen zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet." Dieser Anspruch auf Schadensersatz geht im Falle der Tödtung gemäß tz 828 Abs. II. auf Diejenigen über, gegen über welchen der Getödiete unterhaltungspflichtig war oder unterhaltungspflichtig werden konnte. Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß der Duellant, der seinen Gegner verletzt oder tödtet, rechtswidrig und vor sätzlich oder doch mindestens fahrlässig im Sinne des Gesetzes handelt. Aber trotzdem entspringt aus seiner Tbat nicht unbedingt eine Verpflichtung zum Schadensersatz, indem auch der Entwurf den oben erörterten Grundsatz der culpas compensatio — freilich in viel beschränkterem Maße als das gemeine Recht — aufstellt. Der tz 248 bestimmt nämlich: „Hat bei der Entstehung deS Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersätze.... von den Umständen insbesondere davon ab, in wieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Theile verursacht worden ist." Bereits an früherer Stelle ist auSgeführt, daß bei dem Zweikampf auf Seiten beider Duellanten ein Verschulden vorhanden ist, weil das Duell eine gesetzwidrige Handlung bildet. Daher sind bei jedem Schadensersatzanspruch auf Grund einer Verletzung im Zweikampf die Prä misse des Z 248 gegeben. Der Richter wird infolge dessen einen solchen Anspruch nur dann als berechtigt anerkennen können, wenn den Verletzer ein „überwiegendes Verschulden" trifft. Eine solche maior cvlpa wird principiell immer auf Seiten des Herausforderers anzunehmcn sein, doch lassen sich auch noch andere Umstände denken, welche vas erforderliche überwiegende Verschulden erkennen lassen. So z. B. in dem Falle, daß der Verletzte absichtlich in die Lust geschossen oder alles seinerseits — durch Abbitte rc. — gethan hat, den Gegner zu versöhnen. Die Bestimmung des tz 248 greift nachausvrücklicher Gesetzes vorschrift gemäß K 830 auch dann Platz, wenn eine Tödtung stattgefundcn hat. Die in diesem Falle anfprnchsberechtiglenPer sonen erhalten demgemäß nur daun eine Entschädigung, wenn auf Seite deS Gelödteten ein geringeres Verschulden vorhanden ist. Der Umfang der Schadensersatzpflichl ist im Gesetze genau detaillirt. Er erstreckt sich auf die Nachtheile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Ver letzten herbeiführt; wird seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist eine Geldrente zu entrichten, statt welcher aus wichtigen Gründen eine Abfindung in Capital verlangt werden kann. Im Falle der Tödtung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung zu ersetzen und den anspruchsberechligten Hinterbliebenen eine Geldrente zu zahlen. Außer dem Ersätze des VermögenSverlustes kann im Falle bloßer Verwundung der Verletzte auch noch ein sogenanntes Schmerzensgeld, d. h. eine Entschädigung für die ausge- standenen Qualen, beanspruchen. Dagegen haben die Hinter bliebenen eines Getödteten keinen Anspruch auf ein Trostgeld. Auf diese Weise hat das Bürgerliche Gesetzbuch einen wesentlichen Fortschritt zur Beseitigung der üblen Folgen eines unglücklichen Duclles auf vermögenSrcchtlichem Gebiete gebracht. Dagegen trifft eS keinerlei Bestimmungen zur Verhütung deS Zweikampfes» indem cS, ausgenommen den Fall des tz 831 Abs. II (Verletzung der Jungfrauenehre), keinen pecuniären Anspruch wegen Kränkung des Ehrgefühles gewährt. Der Gesetzgeber gebt eben hierbei von der richtigen Anschauung auS, daß die Schädigung eine» so idealen Gutes wie die Ehre durch Geldeswerth nicht zu ersetzen ist. Deutsches Reich. Q. Berlin, 9. Juni. Die „Kreuzztg." nimmt sich des Abg. v. Ploey an und erklärt bei der Gelegenheit, sie schätze an diesem Agitator seine Besonnenheit und Mäßigung. Wer sich an dir Red« erinnert, die Herr v. Ploetz, nachdem er vom Kaiser empfangen worden war, in einer General versammlung de» BundeSDeutscherLaodwirtbe gehalten hat, wird die Tragweite dieser Charakteristik zu ermessen verstehen. In der Hauptsache — diese ist sür Herrn v. Ploetz z. Z. seine spekula tive Vergangenheit — aiebt sich die „Kreuzzeitung" den Anschein, an die Versicherung der „Deutschen Tageüztg." zu glauben, ihr Leiter habe, als er — der „Wissenschaft halber" — an der Productenbörse gespielt, im Ein- verständniß „mit einigen ihm nahestehenden Parteigenossen gehandelt". „Gehandelt" ist ein Ausdruck, den ein Vertheidiger des Präsidenten des Bundes der Landwirthe auf die interessante Thätigkeit dieses Herrn nicht anwenden sollte. Jedenfalls hat er mit „Levy, Cohn nnd Manasse" gehandelt. WaS die Glaubwürdigkeit der „Deutschen Tages zeitung" anlangt, so hätte sie für die „Kreuzzeitung" genügend durch den Umstand gekennzeichnet sein müssen, daß das Organ des Herrn v. Ploetz behauptet, dieser sei, als am Sonnabend im Reichstage von seinen Speculationen an der Getreide börse die Rede war, durch eine andere Sitzung an der Tbeil- nahme an den Verhandlungen verhindert gewesen. In Wahr heit hielt er sich aber im Restaurant des Reickstages auf. Die „Kreuzzeitung" mag ihre Sache übrigens mit dem ja gleichfalls konservativen „Reichsboten" aussechten. Dieser schreibt nämlich: „Was man öffentlich als Unrecht und als volksverderblich bekämpft, das darf man nicht heimlich selbst treiben, auch nicht, wie Heer v. Ploetz, angeblich, um es kennen zu lernen, und noch weniger, wie Gtaf Schwerin, um an dem Spiel zu gewinnen. Diese Doppelrolle ist unter allen Um ständen verwerflich und ist dazu geeignet, auch die beste Sache zu discreditiren." Berlin, 9. Juni. Herr vr. Sigl sollte, wie gemeldet, aus österreichischem Boden wegen Beleidigung deS verstorbenen Erzherzogs Karl Ludwig und dessen Sohnes verhaftet werden, bat sick aber noch glücklich nach Bayern salvirt. Das Er- lebniß erinnert ihn wohl an eine andere Flucht, die er aber nicht so glücklich bewerkstelligen konnte. In den siebziger Jahren wegen schwerer, durch ihre Rohheit ausgezeichneter Beleidigung zu acht oder neun Monaten Gefängniß verurtbeilt, entwich er nach Salzburg, wurde aber dort verhaftet und an die deutsche Grenze ge bracht, so daß er die verhängte Strafe verbüßen mußte. Ueber ein Jahrzehnt lang gehörte deshalb der damalig« österreichische Iustizminister Glaser, der „Jud Glaser", zu den bestbefchimpften Persönlichkeiten, die im „Bayer. Vater land" sigurirten. Diesmal ist es kein „Jude", kein Liberaler, sondern eine stockultramontane österreichische Negierung, die wegen Beleidigung eine» Todten, der selbst an dem streng kirchlichen Wiener Hofe durch Bethätigung seines katholischen Glaubens auffiel, auf Herrn Sigl fahnden läßt. Interessant ist der fehlgeschlagene Versuch der österreichischen Behörden auch deshalb, weil der Ehrenmann, der „großdeutsch" zu denken und zu empfinden voraiebt und noch heute über das Nichtzustandekommen deö „70-Millionen- Reiches" und die Bildung eines „Großpreußen" gelegentlich einige KrokodilSthränen vergießt, sich beim Fürsten Bismarck dafür zu bedanken hat, daß er nicht sehr intime Bekanntschaft mit einem österreichischen Gefängniß zu machen braucht. Im 70-Millionen-Reich und im deutschen Bunde würbe Bayern Oesterreich Rechtshilfe zu leisten gehabt haben. * Berlin, 9. Juni. Die „Nationalliberale Corrcspvndenz" wundert sich mit Recht darüber, daß deutsche Blätter von dem Verhalten der Regierung in Posen gegen den Propst Szadzynski — es wurde ihm bekanntlich die Leitung des Religionsunterrichts an seinem frühere» und seinem jetzigen Wohnorte untersagt — sich befriedigt zeigen und in diesem Verhalten sogar ein Kennzeichen einer von deren früheren wobllhuend abweichenden Polenpolitik sehen. „Wir können" — fährt die „N.-L. C." fort — „mit diesem Unheil durchaus nicht übereinstimmen und würden so viel, wie hier geschehen ist — weiter nichts nämlich als die Versagung der Leitung des Religionsunterrichts — auch der Aera Caprivi zu getraut haben. Die Regierung hat wohl selbst die Empsin- düng, daß ihre Maßnahme beruhigend nicht wirken kann. Anderenfalls hätte sie sich wohl etwas mehr beeilt, die Oeffentlich- keit über Das, was sie gethan, aufzuklären. Vor Allem ist es befremdlich, daß die Regierungßvon dem Skandal, der sich am 4. Februar abgespielt hatte, am 12. noch keine Kenntniß besaß. Dieser Umstand beweist, daß die Beamten nicht da hin instruirt sind, von schwersten polnischen Ausschreitungen, auch wenn sie, wie in dem vorliegenden Falle, den Dienst direkt berühren, die Vorgesetzten in Kenntniß zu setzen. Um gekehrt drängt die Art, wie der Lehrer verfahren ist, zu der Annahme, daß die deutschen Beamten in ihrem Interesse zu bandeln glauben, wenn sie eS unterlassen, die Regierung mit Mittheilungen über dienstliche Conflicte mit polnisch-klerikalen Agitatoren, auch wenn der Deutsche dabei lediglich eine leidende Nolle gespielt hat, zu behelligen. Ein Beamter wirb, weil er einer Anregung seines Vorgesetzten — der Kreisschul- inspector hatte gewünscht, daß das Vaterunser in beiden Sprachen gesprochen werde — Folge gegeben, in seiner Amts führung behindert und schwer beleidigt. Er sieht sich da durch gezwungen, um die Uebertragung einer anderen Stelle zu bitten, aber er zieht eS vor, den Beweggrund seines Ge suches der Behörde zu verschweigen! Das redet Bände, wie sie sich in der vom „neuen CurS" hinterlassenen reichhaltigen Sammlung von Dokumenten staatlicher und nationaler Selbst verleugnung auch nicht voluminöser vorfinden dürften. Nun die „Remedur". Die Posener Regierung sagt in ihrer Er klärung, eine weitere di-ciplinarische Befuaniß gegen den Geist lichen (als die Entziehunader Leitung des Religionsunterricht-) sei ihr nicht beigelegt. DaS ist richtig. Aber Herr SzaVzynSki steht unter dem allgemeinen Strafgesetzbuch, welche» Beleidigungen verpönt und in Z 196 bestimmt, daß Be leidigungen, die gegen Beamte, während diese in Ausübung ihres Berufs begriffen sind, oder die in Beziehung auf den AmtSberuf verübt worden sind, auf Antrag der Vorgesetzten deS Beleidigten strafrechtlich verfolgt werden können. Wenn man einem Lehrer in Gegenwart der Schüler sagt,^er begehe die Todsünde, die ihm anvertrauten Seelen zur Sünde an zuleiten, so ist das eine Beleidigung, die um so strenger hätte geahndet werden müssen, als sic nicht nur eine außer- ordentlich schwere Ehrverletzung deS betreffenden Lehrers, sondern auch eine höchst verwerfliche und schädliche Störung des Schul dienstes in sich begreift. Dennoch hat die in solchen Dinaen sonst keineswegs duldsame Regierung in der Angelegenheit des Lehrers Wenzel den Staatsanwalt nicht bemühen zu sollen geglaubt. Da der einzelne Fall nicht ernstlich verfolgt worden ist, kann man sich nicht darüber wundern, daß er nicht zum Anlaß genereller Verfügungen, die gegen den polnischen Fanatismus einige Sicherung böten, genommen worden ist. Der Cullus Minister hat sich dem Vorfall gegenüber anscheinend ganz passiv verhalten, während er dock zum Mindesten die dem Erzbischof von Stablewski unterstehenden geistlichen Leiter des Religionsunterrichts vor einem Verhalten, wie das ihres AmtsbruderS, hätte warnen müssen. So aber muß es bei den Schulen in der Provinz Posen heißen: Den SzadzynSki sind sie los, die Szadzynski sind geblieben. Nicht einmal darüber läßt die Posener Regierung etwas verlauten, wie es jetzt mit dem deutschen Gebet in dem bisherigen Wirkungs kreise des Propstes gehalten wird, ob der Nachfolger des Herrn Wenzel dem Wunsch des vorgesetzten Kreisschul- inspectors entspricht» oder ob die dortigen Schulkinder und ihre Eltern durch das Verhalten der Regierung des deutschen Kaisers berechtigt, wo nicht gezwungen zu der Annahme sind, es sei Sünde, sich in deutscher Sprache an Gott zu wenden." V. Berlin, 9. Juni. (Telegramm.) Die Kaiserin er- theilte gestern Nachmittag im hiesigen Schlosse einige Audienzen, unter Anderen der Gemahlin des Staatssecretairs deö Innern, von Boctticher, und besuchte darauf die Kaiserin- Nugusla-Stiftung in Charlottenburg. Heute früh begab sich die Kaiserin mit dem fahrplanmäßigen Zuge um 8 Ukr 5 Minuten von Wildpark nach Berlin, um der Jahres versammlung der Frauenhilfe für die unter ihrem Protektorate stehenden Pflegestationen deS Evangelisch-Kirchlichen Hilfs vereins beizuwohnen, und begab sich sodann mit dem Zuge 10 Uhr 5 Min. nach Wildpark zurück. V. Berlin, 9. Juni. (Telegramm.) Der Kronprinz von Italien ist beute Mittag 1N/r Uhr hier eingetroffen, in der italienischen Botschaft abgestiegen und wird Abends im Neuen Palais bei den Majestäten speisen. D Berlin, 9. Juni. (Telegramm.) Nach amtlichen Berichten aus Peking erhielt der Nntcroffieier Krause in Rangking bei einem Angriffe alter Truppen auf neue eine nicht lebensgefährliche Stichwunde. Im Uebrigen sind nur Chinesen verwundet. Trotz der Proklamation deS Generalgouverneurs und der getroffenen Schutzmaßregeln kam es am 4. Juni zu einem neuen Zusammenstöße. Das Tsunguli-Aamen sicherte dem deutschen Gesandten um gehend die strenge Bestrafung der Schuldigen zu. Der Commandant deS „Prinzeß Wilhelm" wird die Schutzmaßregeln des Generalgouverneurs, wenn notbig, militairisch unterstützen. --- Berlin, 9. Juni. (Telegramm.) Die „Norddeutsche Allgem. Ztg." ist in der Lage, die Angabe des „Depeschen- Bureaus Herold" in der Angelegenheit des englischen Corres pondenten Bashforp, daß zur Ermittelung des Beamten, welcher die Angelegenheit der Presse übergab das Verfahren eingeleitet und Staatssecretair vr.Stephan in der Angelegenheit im Haupt - Telegraphen - Amt er schienen sei, für erfunden zu erklären. DaS Blatt fügt hinzu: In der bekannten Angelegenheit seien über haupt vielfach entstellte Nachrichten in die Oeffent. lichkeit gedrungen, von denen der wirkliche Sachverhalt erheblich abweiche. Die Richtigstellung derselben er folge demnächst. 8. Berlin» 9. Juni. (Privattelegramm.) Ueber den „erstaunlichen Zwischenfall", der sick in Moskau bei einem Feste der dortigen Deutschen zugetragen haben soll, wird weiter berichtet, Prinz Heinrich von Preußen und der deutsche Botsckafter,sammtdem Botschaftspersonal hätten das Fest verlassen, nachdem Prinz Lnvwig von Bayern in schroffer Weise gegen die taktlose Rede wendung des Vorsitzenden über die „im Gefolge" deS Prinzen Hemrick befindlichen Prinzen protestirt. Die „Nat.-Ztg."» der von ihrem Moskauer Berichterstatter nichts über diesen angeblichen Vorfall gemeldet worden ist, äußert sich über die Sache folgendermaßen: „Wir hoffen, daß die Wiener und Pariser Meldungen falsch sind, denn ein Auftreten, wie es Larin dem Prinzen Ludwig von Bayern zugeschrieben wird, müßte in Deutschland der allerschärssten Mißbilligung Verfallen, ohne jede Rücksicht darauf, daß man es mit einem Prinzen und künftigen deutschen Bundesfürsten zu thun hätte; kein Deutscher, wer es auch sei, darf im Auslande das Schauspiel eines politischen Streites zwischen Deutschen herbeiführen, dort den Eindruck Hervorrufen, daß das Ge präge des deutschen Reiches bereits wieder durch den Particularisinus gelockert sei; durch nichts aber könnte dieser Eindruck drastischer und in schädlicherer Weise bewirkt werden, als indem ein Mitglied einer deutschen Dynastie, vollends der Erbe der bayerischen Krone, in einer fremden Hauptstadt öffentlich polemische Erörterungen über das Maß der Unterordnung der Bundesfürsten unter die kaiserliche Gewalt anstellte. Es ist kaum nothwendig, darzulcgen, daß zu einer solchen Erörterung, die unter gar keinen Umständen in Moskau stattfinden durfte, am wenigsten ein Toast eines Pri vat- inanneS, wie es der Präsident der dortigen deutschen Colonie ist, An geben konnte. Unzweifelhaft hat dieser sich unpassend auSgrdructt, wenn er die anderen dort anwesenden deutschen Prinzen als das „Gefolge" des Prinzen Heinrich bezeichnete; aber Toaste sind bekanntlich diejenige Form öffentlicher Rede, in welcher die meisten unhaltbaren Gedanken und schiefen Ausdrücke vorkommen, man kümmert sich im Allgemeinen um der artige Entgleisungen eines Toaltredncr« überhaupt nicht. Wurde eine Berichtigung der ungehörigen Bezeichnung in Moskau aber aus irgend einem Grunde für nothwendig gehalten, so durfte sie nur auf eine Art erfolgen: indem Prinz Heinrich selbst in einer Erwiderung auf den Trinkspruch den anderen Prinzen einfach die richtige Bezeichnung gab, ohne weiter, Aufbauschung der Sache, ohne staatsrechtliche Erörterungen und ohne Polemik. Wer eine solche Richtigstellung für nothwendig hielt, der mochte sir bei dem Prinzen Heinrich anregen; falls es dazu eines Mittelsmannes bedurfte, so war der deutsche Bot schafter die hierzu berufene Persönlichkeit." U. Berlin, 9. Juni. (Privattelegramm.) Von einer Seite, die angeblich vollstes Vertrauen verdient, geht der „Berl. Börs.-Ztg." folgende Inforination zu: „Die Frage der Reform der Militair-Strafproeetz-Ordnung dürste noch zu lebhaften Auseinandersetzungen führen, denn es steht fest, daß die maßgebenden Persönlichkeiten einer Aenderung des gegenwärtigen Verfahrens im Sinne der ge forderten Oeffcnltickkeit heute genau so abhold sind, wie zur Zeit, da man noch nicht annebmen zu dürfen glaubte, liberale Anschauungen einzelner ministerieller Rathgeber des Kaisers würden für die erhoffte Reform eintreten. Wenn Nachrichten Verbreitung durch die Presse finden, als stände die Reform in naher Aussicht, so sei diesen gegenüber äußerste Reserve empfohlen, denn der Oberwind ist der Reform nicht günstig". Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist bekannt lich anderer Ansicht. ö. Berlin, 9. Juni. Die Lage in Ser Consection wird den Hauptgegenstand der Verhandlungen eines allgemeinen deutschen Schneider-und Schneiderinnen congresses bilden, der am 13. Juli d. I. in Eisenach Zusammentritt. Nach den bis jetzt vorliegenden Anmeldungen wird die Be theiligung, besonder« aus deu Confectionsortcn Deutschlands, eine recht zahlreiche sein; man erwartet auch Vertreter der österreichischen und englischen ConfectionSarbeiter. — Der als Commis - Voyageur der deutschen Social demokratie fungircnde NeichöiagS-Abgeordnete Wilhelm Liebknecht schweifwedelt vor seiner ausländischen Kundschaft, daß es nur so eine Art Hal. Je nach Zeit und Ort ist er französischer als die Franzosen oder englischer als die Eng läuder, immer aber bar jedes Funkens von deutschnationalem Ehrgefühl. Seiner socialdemokratischen „Zielbewußtheit" ist die Vorstellung offenbar unerträglich, daß eö im Auslande Leute geben könnte, die in Betreff auch nur irgend einer deutschen Institution von einer ge wissen Werthschätzung erfüllt wären. Flugs ist Herr Liebknecht bei der Hand, solche Vorurtbeile richtig zu stellen. U. A. hat sich bis jetzt in manchen AuSlandstrciseu ter Glaube erbalten, daß das deutsche Schulwesen seine nickt ganz gering zu veranschlagende Meriten habe. Nichts ist irriger als daö, sagt Herr Liebknecht. Er stellt im Gegen theil, wie er in einem vor der Londoner Fabiangesellschaft dieser Tage gehaltenen Vorträge über die Entwickelung des deutschen Socialismus sich vernehmen ließ, die englischen Schulen über die deutschen. Von seinem Standpunkte — bemerkt dazu die „Poft" — vielleicht mit Recht, da, wie Herr Liebknecht selber sagt, in den deutschen Schulen die Liebe zum angestammten Fürstenhause gepflegt wird; allerdings darüber, ob in den englischen Schulen nicht Aehnliches geschieht, ließ sich Redner nicht aus. Auf gleichem Niveau standen die sonstigen Ausführungen des chrenwerthen Proletariergreises, wie die: wenn das Frauenstimmrecht erst durchgesetzl wäre, so würden die Socialisten 100 statt 47 Mil glieder im Reichstage haben, und so lange der Capitalismus in Deutschland bestände, so lange würde der Militarismus bestehen, und das bedeute Krieg. Dem AuSlande das deutsche Reich als kriegerisch zu denunciren, ist echt — social demokratisch. — Der Justizminister bat unter dem 26. v. M. an alle Amtsgerichte eine Verfügung erlassen, die bestimmt ist, laut gewordenen Klagen von Bauhandwerkern ein Ende zu machen, soweit sie sich auf die ihnen bereitete Erschwerung der Einsicht in die Grundbücher der Bauunternehmer be ziehen, mit denen sie in geschäftliche Verbindung treten wollen. Der Minister gebt hier davon aus, daß der tz 19 der Grund buchordnung, der die Einsicht des Grundbuchs für den Nicht eigenthümer und nicht dinglich Berechtigten von der Erlaub nis; des Grundbuchrichters abhängig macht, nicht so streng gehandhabt werden dürfe, daß darunter der trotz alledem maß gebende Grundgedanke der O effent li ch keit deS Grundbuchs zu kurz komme. Er empfiehlt daher, allen den Bauhandwerkern, durch deren Leistungen das bebaute Grundstück ja erst seinen vollen Werth erhalle, die Einsicht des Grundbuchs zur Prü fung der Creditwürdigkeit des betreffenden Bauunternehmers zu gestatten, ohne sie, wie das bisher üblich war, erst von dessen Erlaubniß abhängig zu machen. Denn sonst werde der betreffende Bauhandwerker, der also mit der Vorsicht eines guten Geschäftsmannes handelt, schlechter gestellt als ein Wettbewerber, der eine solche Forderung an deu Unter nehmer nicht stelle. Die Vorschrift in H 19 der Grundbuch ordnung solle aber nur der Gefahr eines Mißbrauches vor beugen. Es wird also für den Baubandwerker nur noth- wcndig sein, dem Richter nachzuweisen, daß er zu dem Bau Arbeiten oder Material geliefert Hal oder vertragsmäßig liefern soll. Jedenfalls ist das Bekanntwerden dieser all gemeinen Verfügung geeignet, es den vorsichtigen Geschäfts leuten unter den Bauhandwerkern zu erleichtern, drohende Schädigungen abzuwenden. — Mehrere Blätter bringen die unwahrscheinliche Meldung, dem socialdcmokcatischen Reichstag»abgeordnelen Buck-Mülhausen j>i der Zutritt zu einer anläßlich der bevorstehenden Gemeinderatho- wahlen in Kolinar abgehaltenen öffentlichen Berjoiuintung der elsaß-lothringischen Bolkspartei polizeilich untersagt worden, da er in Kolmar nicht wahlberechtigt sei. * Potsdam, 9. Juni. (Telegramm.) Ter Kaiser kam heute früh zu Pferde vom Neuen Palais nach dem Born städter Felde und besichtigte dort das 1. und 3. Garde- Ulanen-Reginient. An der Spitze der Regimenter hatte sich eine Abordnung des russischen St. Petersburger Leib-Garde- NegimentS Friedrich Wilhelm III. aufgestellt, welche zur Be glückwünschung des Kaisers anläßlich deS heutigen 2k>. Jahres tages des Eintrittes Sr. Majestät in daö Regiment hier erschienen ist. Nack dem Parademarsch setzte sich der Kaiser ast die Spitze der Truppen, hielt hierauf unter Zuziehung des Garde-Jäger-BataillonS eine Gefechtsübung ab, führt« sodann nach dem Vorübermarsch da» 3. Gardr-Ulanen-Regiment nach Potsdam und nadm daS Frühstück bei dem Officirrcorp» deS 3. Garde-Ulanen-Regiment« rin. * Hamburg, 8. Juni. AuS der Feder eines angeblich „amtirenden evangelischen Pfarrers" brachte die
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