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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.06.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189606149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960614
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960614
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-14
- Monat1896-06
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.06.1896
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zisfernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postdesörderong ^l 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morg«n-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. P olz in Leipzig W. Jahrgang. Vertuschung. 2. Der peinliche Vorfall auf dem Moskauer Danket ist von der nationalen Presse theils eingehend erörtert, theils nur kurz berührt worden. Für das eine wie für das andere Verhalten ließen sich gewisse Gründe denken, jedenfalls scheint es jetzt angesessen, die schlimme Sache, wenn auch nicht zu vergessen, so doch zu begraben. Vorher empfiehlt e« sich aber, von einem Berichte Kenntniß zu nehmen, den ein Augen- und Ohrenzeuge des Vorfalles nach der Rückkehr von Moskau der „Tägl. Rundsch." erstattet. Der Verfasser, der v. Dl." unterzeichnet, wendet sich zunächst gegen diejenigen deutschen Blätter, die aus Rücksicht auf den Prinzen Ludwig nicht nur Herrn Caniesasca wegen seiner tactlosen Redewendung auf das Schärfste tadeln, sondern sogar geringschätzig über seine Persönlichkeit sich äußern. Ihnen erklärt er, daß sie „Gott auf den Knien danken könnten", wenn sie im Laufe ihres ganzen Lebens sich auch nur den zehnten Theil der Verdienste um das Vaterland erworben hätten, die der Vorsitzende des Moskauer Vereins um daS Deutschthum im Herzen Ruß lands sich erworben habe. Dann fährt er fort: „Die ganze Darstellung des Vorfalls ist in vielen wichtigen Puncten unvollständig, und ich halte es als Augenzeuge und auf Grund genauer Kenntniß der Einzelheiten jetzt für meine Pflicht, Verschiedenes dabei noch nachträglich klarzustcllen. Durch Vermitt lung des Consuls war hinsichtlich der zu haltenden osficiellen Trink sprüche vorher festgestellt worden, daß Prinz Heinrich von Preußen den ersten Trinkspruch aus den-russischen Kaiser, den zweiten ans den deutschen Kaiser ausbringen wolle; Herr Camesasca — der übrigens nicht Preuße, sondern Hessen-Darmstädter, also Süddeutscher ist — sollte dann einen Trinkspruch auf die deutsche« Fürsten halten. Ob nun bei diel-r Verabredung ein Mißver ständnis; untcrgelaufen ist, oder wie eS sich sonst verhalten hat, — genug, Prinz Heinrich forderte, nachdem er ein Hoch auf Kaiser Nicolaus ausgebracht hatte, den Präsidenten ans, nun die Rede auf unfern Kaiser zu holten. Es ist selbstverständlich, daß Herr Camesasca trotz der unerwarteten Anforderung nicht ängstlich zauderte, sondern als deutscher Mann mit kurzem Wort sich bereit erklärte. Bei der nun folgenden Rede entwischte ihm der unglückliche Ausdruck „Gefolge", der übrigens ganz ohne Beziehung auf den Prinzen Heinrich (soll wohl Ludwig heißen. D. Red. d. „L. T.") gebraucht wurde, vielmehr nur die Gesammtheit der zur Krönungs feier anwesenden Gäste bezeichnen sollte. Der Ausdruck fiel ja unS Inländern, die wir mit gewissen Empfindlichkeiten zu rechnen ge wohnt sind, auf, und er mochte auch wohl das Entsetzen einiger Leute erregen, denen die diplomatische Correctheit mehr gilt als ein schlichtes, aber vielleicht nicht glücklich gewähltes Wort aus gesinnungstüchtigem deutschen Herzen. Es ist jedoch eine Albernheit, unter den gegebenen Umständen einen angesehenen und tüchtigen Mann, der sich so vielfach schon als Sprecher und Vertreter seines Vereins bewährt hat, wegen eines einzigen schlecht gewählten Ausdrucks anzugreifen und persönlich herabznsetzen. Zeigte doch der weitere Verlaus der Dinge, daß noch ganz andere Herren, wenn sie unvorbereitet sprechen, ihrer Rede nicht immer durchaus mächtig sind. Gleich darauf ergriff Herr- Camesasca das Wort zu seiner vorbereiteten Rede auf die deutschen Fürsten; sie war durchaus correct und gab die beste Ge- legenheit, über das vorher gebrauchte unrichtige Wort vornehm hinwegzugehen. Es geschah das bekanntlich leider nicht. Erst jetzt nach dem Hoch auf die deutschen Fürsten — nicht, wie berichtet worden ist, unmittelbar nach dem unglücklichen Toast — sprach Prinz Ludwig von Bayern. Die Rücksicht auf den hohen Sprecher verbietet mir eine Kritik, aber sie zwingt mich nicht, über die Wirkung und den thatsächlichen Eindruck eine Unwahrheit zu berichten. Unvergeßlich wird mir auf den Gesichtern einiger rnss ischer Fcsttheilnehmer die Mischung von Spott und ver- ständnißlosem Erstaunen bleiben, mit der sie die Auseinandersetzung der staatsrechtlichen Verhältnisse Deutschlands anhörten. Wir deutschen Hörer aber hätten in die Erde sinken mögen vor Scham und Unwillen. Die Rede deS Prinzen endete mit der Mahnung an die Deutschen im Auslande, auch ihre engeren Vaterländer nicht zu vergessen. Diese Mahnung hätte an und fürsich gewiß freudigen Widerhall in den Herzen der Moskauer Deutschen gefunden, die stets mit Treue und freudigem Stolz an ihren heimischen Dynastien hängen und sie stets hochzuhalten wissen. In diesem Fall aber wurde die Wirkung beeinträchtigt durch die ersten Worte der Rede mit ihren verletzenden Schärfen. Die Lection, die der fürstliche Sprecher damit rrtheilen wollte, führte in der Stimmung der Hörer gerade die der beabsichtigten entgegengesetzte Wirkung herbei, so daß sich in den Unwillen über diese im Auslande und vor Ausländern geführte Rede schließlich nur die Genngthuung mischte, daß ein ganz unbeabsichtigte- und harmloses Wort dem hohen Herrn wenigsten- znm Bewußtsein brachte, daß für di« Deutschen im Ausland« nur ihr Deutschthum von wirklichem Werth ist und ihr Empfinden ausfüllt. Man kann daher leider nur seststellen, daß «S nicht nur einem deutschen Fürsten Vorbehalten war, in ein deutsche- Fest den ersten und einzigen Mißklang zu bringen, sondern daß er sogar die entgegen gesetzte Stimmung erzeugte, die von ihm beabsichtigt war. Prinz Heinrich von Preußen dankte übrigens bei seinem Weggehen Herrn LamesaSca herzlich für sein« Rede. ES ließe sich viel leicht noch Manche- über da- Fest bemerken, z. B. könnte man die Frage auswrrfen, warum der Grobherzog von Hrssen allein von allen fürstlichen Besuchern aus dem deutschen Fest in russischer Uniform erschien. Doch genug deS Unerquicklichen. Wir können nur wünschen, daß unter den Moskauer Deutschen stets das kern feste Deutschthum und da- Ansehen erhalten bleiben möge, da- die Herren d«S jetzigen Vorstandes zu pflegen verstanden haben." Mußte man schon aus den früheren Meldungen den Eindruck gewinnen, daß der Vorfall eine Vorgeschichte habe, aus der allein die schroffe AnSdrncksweise des bayerischen Thronerben sich erkläre, so wird dieser Eindruck durch den vor stehenden Bericht wesentlich verstärkt. Eben deshalb ist eS zweck mäßig, die Aufmerksamkeit auf eine Auseinandersetzung zu lenken, die, durch das Auftreten deS Prinzen Ludwig hcrvorgerufen, die Zulässigkeit der öffentlichen Besprechung delicater politischer Vorkommnisse im Allgemeinen zum Gegenstand hat. Die „National-Zeitung", die wegen entschiedener Mißbilligung der Aeußerungen des Prinzen von einem konservativen Blatte an gegriffen worden ist, berust sich auf den „Reichsboten", der ge schrieben hatte: „Einigt Blätter suchen (wegen deS Moskauer Zwischenfalle«) nach Möglichkeit zu beschwichtigen. ES wird ja heute vielfach Methode, Alles möglichst zuzudecken — man nennt das friedlich, versöhnlich —, obgleich dabei nichts herauskommt, als heimlicher Zündstoff." Dazu bemerkt die „National- Zeitung": „Das ist ein sehr treffendes Wort. Weil wir die Taktik des Vertuschens nachgerade für gefährlich halten, haben wir den Moskauer Vorgang ohne Rückhalt erörtert, und weder die wohlmeinende Leisetreterei, noch die jetzige demokratische und ultramontane Entrüstungsheuchelei wird uns in ähnlichen Fällen abhalten, wieder so zu verfahren." Auch wir schließen unS der allgemeinen Bemerkung des „Reichsboten" an; der besondern der „National-Zeitung" haben wir zunächst den Zweifel entgegenzuhalten, ob man den Moskauer Auftritt ohne Vertuschung erörtert, wenn man über eine Beurtheilung der Worte deS Prinzen Ludwig und der Rede des Herrn Eamcsasca nicht hinausgegangen ist. Wie dem sei, jedenfalls ist eS fraglich, ob die „National-Ztg." den Anlaß zur erstmaligen Bethätigung des Entschlusses, gewisse Dinge mit Freimuth zu behandeln, glücklich gewählt hat. Dem Moskauer Fall kann unter gewissen. Voraus setzungen eine tiefernste Bedeutung zukommen, ältere Vorfälle haben eine solche unbedingt besessen, ohne daß die Gefahr der „Taktik des Vertuschens" erkannt worden wäre. In aller jüngster Zeit und ebenfalls angesichts eines deutschen Erleb nisses in Moskau hat gerade auch die „National-Zeitung" „be schwichtigt", obwohl sie zum Mindesten hätte schweigen müssen. Wir glauben, wenn man in Berlin die offene Bezeichnung „der Dinge" für „nachgerade" unerläßlich in der deutschen Politik hält, man, um nicht Mißdeutungen ausgesetzt zu sein, mit Berliner Dingen beginnen müsse. Denn dort gestaltet sich Vieles für das Reich bedrohlich und nicht zum Wenigsten des halb, weil Vorkommnisse, wegen deren man sich nicht an die gewohnten Adressen halten kann, von „wohlmeinender Leise treterei" vertuscht werden. Unausgesetzte Gefährdungen der Stabilität der inneren wie der äußeren Politik, Repräsen tationsfehler, die unmittelbar klar zu Tage liegende schäd liche Folgen nach sich ziehen und Schlimmeres für die Zu kunft ahnen lassen, sollten zum Mindesten dieselbe rück haltlose Beurtheilung erfahren, wie eine noch so anfechtbare Kundgebung eines bayerischen Prinzen, die zudem auS einer Stimmung heraus erfolgt sein dürfte, an deren Entstebunc man in Berlin ebenfalls nicht unbetheiligt ist. Deutsches Reich. 0.8. Berlin, 13. Juni. Die anarchistischen Ver brechen auf dem Boulevard Haußmann in Paris und in Barcelona lenken immer wieder den Blick auf die anarchistische Bewegung in Deutschland. Man darf Wohl annehmen, daß die terroristische Gruppe sich zerstreut habe, im Uebrigen hält sich die anarchistische Bewegung in den selben Grenzen, wie in den früheren Wochen. Um die selbe noch mehr zu beleben, ist „Genosse" Ommerbom jetzt auf eine AgitationStour gegangen; er bereist Süddeutschland, hat aber wenig Erfolg. Auch „Genosse" Fritz Erl er aus München will in die Agitation eingreifen; au seiner Tonr von München nach Berlin soll er in einer Anzahl süddeutscher und norddeutscher Städte sein Licht leuchten lassen. „Genosse" Theodor Machner hat eine Anklage wegen HochverrathS erhalten, soll aber, wie die Anarchisten höhnend verkünden, eS vorgezogen haben, sich dieselbe von der Post nach der Schweiz schicken zu lassen. Die Zahl der anarchistischen Delegirten zum Londoner inter nationalen Congreß muß eingeschränkt werden, da eS zu sehr an „Munition" fehlt; „Genosse" Winkler, welcher den Fonds für die Inhastirten verwaltet, klagt in einen; Aufruf, daß er den Frauen der verurtheilten Genossen nicht so viel geben könne, als zum Stillen deS Hungers nothwendig sei. Ueber die Art der Demonstration am 10. Juli, an welchem die anarchistische Vorkämpferin AgneS Reinhold nach Verbüßung einer sechsjährigen Zuchthausstrafe der Freiheit wiedergegeben wird, sind sich die Anarchisten immer noch nicht einig; sie soll aber recht großartig werden und zeigen, wie die Anarchisten zusammen halten. DaS Ehrengeschenk für Agnes Reinhold wird woh nur einen geringen Werth repräsentiren, denn die eingelaufenen Gelder sind geradezu winzig klein. Die anarchistischen DiScussionSabenve im Englischen Garten, Alexanderstraße 27 e, sind nur mäßig besucht; e« tauchen jedoch immer wieder neue Gesichter auf. Der anarchistische Broschürenversandt geht gut; namentlich wird da- Flugblatt: „Was wollen die Anarchisten" in Tausenden von Exemplaren verbreitet. Gefährlich erscheint die anarchistische Bewegung in Deutsch land jetzt nicht, da, wie gesagt, die terroristische Gruppe sich zerstreut bat; aber wir brauchen nur an ReinSdorf zu erinnern, um zu zeigen, daß auch aus den Reihen der deutschen Anarchisten die fluchwürdigsten Verbrecher er stehen können. * Berlin, 13. Juni. Wie den „B. N. N." auS Abgeord netenkreisen mitgetheilt wird, besteht in der national- iberalen Fraction die bestimmte Absicht, wegen der Angelegenheit deS Propstes SzadzynSki in Witaschütz eine Interpellation einzubringen, für die man auch die reiconservatwe Fraction zu gewinnen hofft. Zu der Sache elbst erfährt das genannte Blatt noch, daß die Erklärung der Posener Regierung, Lehrer Wenzel sei auf feinen eigenen Wunsch nach Jaratschewo versetzt worden, ormell allerdings zntrifft, daß thatsächlich jedoch von dem KreiSschulinspector insofern auf ihn eine gewisse Ein wirkung geübt worden ist, als derselbe an den Lehrer wenige Tage nach dem Zusammenstoß mit dem Propste die zweifelnde Frage richtete, ob er unter solchen Umständen noch einer auf seiner Stelle bleiben wolle und nicht vorziehen würde, eine offene Stelle in Jaratschewo anzunehmen. Bejahendenfalls werde er, der KreiSschulinspector, den dicser- >alb von Wenzel zu gewärtigenden Antrag befürworten. Mag darin für den Lehrer immerhin ein Act deS Wohl wollens gelegen haben, zumal die neue Stellung besser besoldet ist, so gewinnt die Versetzung unter den besonderen Umständen, die sie veranlaßt haben, nicht nur in den Augen der Polen daS Aussehen eines unrühmlichen Zurück- weichens vor der polnischen Offensive. Dieser Eindruck muß im Interesse des staatlichen Ansehens unter allen Um- tänden beseitigt werden, waS nur durch eine energische Disciplinirung deS Propstes geschehen könnte. Es ist die höchste Zeit, daß diese für die Regierung wenig rühmliche An gelegenheit in geeigneter Weise aus der Welt geschafft wird. * Berlin, 13. Juni. Unter der Überschrift „Jllustrirte Postkarten" führt die „Magdeb. Ztg." das Folgende aus, da« allgemeine Zustimmung finden wird: „Es sei gestattet, einer an sich unbedeutenden Erscheinung zu erwähnen, die auf dem Gebiete des postalischen Verkehrs hervorgetreten und geeignet ist, größere Mißstimmung zu erregen, als sie wertk ist. Es liegt uns eine OurtoliuL postale, Uicorcko cki kompoi mit Abbildungen auS Pompeji und einer abgestempelten italienischen Postmarke über veutssimi ckieci vor; sie trägt die blaue „25" als Strafporto ausgeschrieben und einen angeklebten Zettel folgenden Inhalts: „Abbildungen auf der Vorderseite; deshalb unzulässig gegen die Postkartentaxe und mit Nachtaxe für einen ungenügend frankirten Brief belegt. Bahnpost 19." Wenn eS inter national verboten ist, auf der Vorderseite von Postkarten Abbildungen anzubringen — und man könnte sich das ja allenfalls denken — dann hätte die italienische Post- verwaltung die Karte nicht absenden und die deutsche Babnpost 19 (wie wir glauben, Frankfurt a. M.) sie nicht übernehmen dürfen. Daß aber die deutsche Reichspost deutsche Adressaten, die gegen gar keine giltigen Verfügungen gesündigt haben, mit 25 in Strafe nimmt und an ihnen das Versehen der italieni schen und deutschen Post straft, erscheint nicht billig. Wäre der bahnpostalische Zettel nicht lithographirt, würden wir die Sache kaum für der Erwähnung wertb ge halten haben; daraus aber geht hervor, daß eS oft vorkommt, und die Zeitungen berichten sogar, daß diese Praxis auch gegen die bayerische Postverwaltung geübt wird. Nun hat ja das Publicum der werthlosey Adressaten die Möglichkeit, solche Karten nicht anzunehmen und die Post darauf sitzen zu lassen. Aber daS lhut Nie mand gern, und besser wäre es gewiß, wenn auch die deutsche Reichspost das, was in Italien und Bayern als postmäßig angesehen oder wenigstens durchgelassen wird, nicht ferner bahnpostseitiger Nachtaxe unterwerfen lassen wollte. Es ist der Gebrauch illustrirter Postkarten doch eine sehr harmlose Mode, die einer ganzen Menge Menschen einen bescheidenen, aber redlichen Verdienst giebt, da« Kunstgewerbe fördert, der Post selbst aber sehr viel Geld einträgt! Warum also so schneidig? X. Berlin, 13. Juni. (Telegramm.) Die Kaiserin kam beute Nachmittag um 2>/« Uhr von Wildpark nach Berlin, um sich der Fahrt des Kaisers zur Schüler-Regatta nach Grünau anzuschließen. Voraussichtlich werden die Majestäten beute in Berlin übernachten. G Berlin, 13. Juni. (Telegramnsi) Die „Nordd. Allgem. Ztg." bekämpft die Fabel von der Ueberhaftung der Verathung des CivilgcseybncheS und führt aus, die Regie rung habe keinerlei Druck im Sinne der Annahme ausaeübt. Die baldige Verabschiedung des Gesetzbuches wäre der Regie rung allerdings erwünscht zwecks Förderung der weiteren hieran anschließenden großen Gesetzesarbeiten, deren Fertig stellung auf den Zeitpunct deS Inkraftrelens des ersteren von Einfluß sei. Nachdem das Gesetzbuch seit Jahres frist veröffentlicht sei und den Mittelpunkt der öffent lichen Diöcussion bilde, seit fünf Monaten im Reichstage und seit 4 Monaten in der Commission sich befinde, wäre es ein ArmutbSzeugniß, wenn daS Urtheil deS Reichstag« und daS der öffentlichen Meinung sich noch nicht gebildet hätte. Bis zur Herbsttagung würden beide kaum besser unterrichtet sein, und für die Wintertagung lägen große Vorlagen, der Etat, der Strasproceß, das Handelsgesetzbuch, das Grund buchrecht u. s. w. vor. Die Zeit des bedenklichen und arg wöhnischen deutschen Michels sei vorüber. 88 Berlin, 13. Juni. (Privattelegramm.) Auf die Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird in Regierungskreisen mit Sicherheit gerechnet. In parla mentarischen Kreisen will man ausgerechnet haben, daß bis jetzt bereits auf mindestens 240 Stimmen zu zählen sei. — Wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, dürfte für das von der freien Commission des Reichstags in Aussicht ge nommene „BerctnS-Rothgcsetz", betr. die Verbindung der politischen Vereine unter einander, von der Regierung die Zustimmung des BundeSraths zugesagt werden. --- Berlin, 13. Juni. (Telegramm.) Die Mitglieder der „Institution ok Xuval -Vrcsiitvcts" versammelten sich beute in dem prächtig geschmückten VortragSsaale der Berliner Gewerbe-AuSstellung. Unter den Anwesenden befanden fick Admiral Holl mann und der AuSstellungSauSsckuß. Der Präsident des Aeltesten-CollegiumS der Berliner Kaufmann schaft, Herz, bewillkommete die Institution im Namen de- Handel« und der Industrie und pries die hervor ¬ ragenden Fortschritte der Schiffsbaukunst. Die englische Wiederholung der Rede wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Der Präsident der Gesellschaft, Hopetown, dankte, hob hervor, daß die Schiffe Länder und Völker verbinden, und verlas unter anhaltenden Beifallsrufen die zwischen ihm und dem Kaiser gewechselten Depeschen. Nach Erledigung der Fachvorträge folgten die Mitglieder der Gesellschaft einer Einladung des Aeltesten-CollegiumS zum Frühstücke im Hanptrestaurant der Ausstellung und wohnten päter dem Marine-Schauspiele in der Ausstellung bei. 88 Berlin, 13. Juni. (Privattelegramm.) Das Ttantsmintsterium trat beute Nachmittag 2 Uhr unter dem Vorsitz des Fürsten Hohenlohe im Reichstagsgebäude zu einer Sitzung zusammen. — Der Landtag soll am Freitag, den 19. Juni, in gemeinsamer Sitzung beider Häuser im Saale des Abgeordnetenhauses durch den Vicepräsidenten des Staatsministeriums v. Boetticber geschlossen werden. Berlin, 13. Juni. (Telegramm.) In der vorgestrigen Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses hatte der konservative Abgeordnete Graf Limburg Ltirum in der Debatte über daS Richterbesoldungsgesetz die Abwesen heit des Ministerpräsidenten Fürsten Hohenlohe scharf ge tadelt und u. A. geäußert: „Während früher der preußische Ministerpräsident auch Reichskanzler war, scheint beute der Reichskanzler das preußische Ministerpräsidium nur im Nebenamte zu führen. Zn der heutigen Sitzung de« Abgeordnetenhauses wurde auf diese Aeußernng zurllckgegriffen; Fürst Hohenlohe erklärte: „Meine Herren! Herr Graf Limburg-Stirum hat seine neuliche Aeußerung insofern richtig gestellt, als ihm eine persönlich verletzende Absicht fern gelegen habe. Davon nehme ich Act. Er hat aber zu gleicher Zeit betont, daß er seine Erklärung wohl überlegt deshalb abgegeben habe, weil bei ihm und in weiten Kreisen die Ueber- zeugung herrsche, daß die preußischen Interessen den Reichsinteressen gegenüber zur Zeit nicht genügend gewahrt würden. Ter Herr Graf hat wohl kaum geahnt, weich' schweren Vorwurf er damit der preußischen Regierung gemacht hat. („Sehr wahr!" im Centrum und links.) Ich bin mir nicht bewußt, daß wir es an der Förderung ner speciell preußischen Interessen haben fehlen lassen." „Bravo!" im Centrum und links.) 6.11. Berlin, 13. Juni. (Privattelegramm.) Termin in der Revisionssache des Freiberrn v. Hammcrstcin ist auf den 26. Juni vor einem der Strafsenate des Reichs gerichts anberaumt. L. Berlin, 13. Juni. (Privattelegramm.) Herr Bashford, der hiesige Vertreter des „Daily Telegraph", über sendet der „National-Zeitung" eine längere Darstellung seines Streites auf dem Haupt-Telegraphenamt, der wir Folgendes entnehmen: Äm 10. Mat, Abends bald nach 7^ Uhr, händigte ich eine Depesche von über fünshundert Worten, deren Zahl nebst Betrag für die Depesche auf der Rückseite geschrieben war, auf dein Haupt-- Telegraphenamte ein. Ich bat den Beamten, wie gewöhnlich, die Depesche sofort zu befördern, indem ich hinzufügte, daß ich ihm eine Fortsetzung derselben in wenigen Minuten übergeben würde. Es isl am Berliner Haupt-Telegraphenamt gestattet, daß die Depeschen an gesehener Zeitungen, sowie von Bankiers und Kaufleuten an der Börse l osort und ohne jeglichen Verzug expcdirt werden, indem die Wortzahl entweder während oder nach der Beförderung berechnet wird. Ick genieße dieses Privilegium unbeanstandet während einer Reihe von zwölf Jahren. Es ist ferner ein stets beobachteter Brauch bei den Trlegraphen-Beamten, Zahlung für meine gesammten Depeschen erst nach dec Beförderung des Schlusses des Telegrammes zu ver langen, da auf Wunsch und Ersuchen der Postbehörden diejenigen von uns, welche lange Depeschen abzufchicken haben, dieselben in Absätzen einzuhandigen pflegen, wobei die Arbeit für Alle an beiden Enden des Drahts beträchtlich erleichtert wird. Der Beamte, welcher an dem fraglichen Abend Dienst hotte (Herr Kaiser) scheint mit diesen Gebräuchen nicht vertraut gewesen zu sein, denn während ich die Fortsetzung meiner ersten Depesche, welche Fortsetzung ick schon früher im Laufe des Tages geschrieben hatte, arrangiz-e und zählte, zählte er noch einmal die erste Depesche und legte dieselbe alsdann bei Seite auf sein Pult, anstatt dieselbe sofort abzusenden, weil, wie er nachher behauptete, ich den Betrag dafür noch nicht bezahlt hatte. In diesem Verhalten ist er von seinem Nachbar, dem Post-Assistenten Schott ermuthigt worden, weil ich mich einige Tage vorher um einhundert Worte verzählt und dadurch irrthüm- licher Weise 15 zu viel bezahlt hatte. Kurz nachher übergab ich meine erste Fortsetzung von ungefähr fünfzehnhundert Worten und kehrte aus meinen Platz zurück, um eine kurze Schluß-Depesche zu schreiben. Durch irgend etwas wurde ich veranlaßt, an den Schalter zurückzukommen, und hielt in einer Hand meine noch nicht fertig abgefaßte Depesche von ungefähr siebzig Worten; dort bemerkte ich, daß der Beamte meine zweite lange Depesche zählte. Ich machte demselben deswegen Vorstellungen, indem ich ihn ver- sicherte, daß dies Nachzählen überflüssig und gebrauchswidrig sei. Er nahm nicht die geringste Notiz von meinen Bemerkungen, während sein Nachbar sich einmischte und mich tadelte, weil ich mich vor einigen Tagen verzählt hatte. Dadurch wurde ich un geduldig und nun, alS ich meine erste Depesche, welche ich mindestens schon eine halbe Stunde vorher eingehändigt hatte, immer noch unbesördert auf dem Pulte liegen sah, wurde ich sehr auf- gebracht und machte dem Beamten ernste, aber keineswegs grobe Vorstellungen. Daraus entstand dann ein Wortstreit, welcher aus beiden Seiten heftig wurde. Herr Kaiser erklärte, er werde Strafantrag wegen Beamten - Beleidigung stellen. Herr Bashford gesiebt ein, daß er sich zu verletzenden Worten habe hinreißen lassen, während das Richtige gewesen wäre, sich über die beiden Beamten zu beschweren. Er fährt fort: Da ich nun bei reiflicher Ueberlegung cinsah, daß ich in einem Anfall von Zorn gerade einen unteren Beamten in seinem Ehr gefühl gekränkt und beleidigt hatte, versäumte ich nicht, zu ver suchen, das Unrecht wieder gut zu machen und um Entschuldigung zu bitten. Am nächsten Vormittag suchte ich den Herrn Chef des Haupt-TrlegraphenamteS auf, thrilte ihm den Verlauf des Vorfall-, wie ich denselben oben beschrieben habe, mit, erkannte daS von mir begangene Unrecht an, bat um Entschuldigung und fragte, ob die bedauerliche Angelegenheit nicht auf gütlichem Wege erledigt werden könnte. Mehrere Tage lang blieb der Beamte dabei, keine Entschuldigung entgegen nehmen zu wollen, indem er daraus bestand, daß ich vor dem Richter erscheinen sollt,. AlS ich dies erfuhr, machte ick Er. Excellenz dem Staatssecretair Herrn von Stephan meine Aufwartung, drückte mein Bedauern wegen meines unregelmäßigen Benehmen- aus, und erklärte ihm auch den vollen Verlaus des Vorfalls. Die Angelegenheit wurde noch einmal mit dem beleidigten Beamten besprochen, welcher schtteß-
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