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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960616011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896061601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896061601
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- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
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Vrößerr Schriften laut unserem Preis, vrrzeichniß. Tabellarischer und Zifsrrniatz nach höherem Taris. Ertra-VeNagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördc: i-z M.—, mit Postbesürderung 70. - Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Ubr. Morgrn-Ansgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leivsit 9«. Jahrgang. Rußland und England in Persien. 3-v. ES liegt im Wesen der despotischen Staaten Asiens, daß feder Thronwechsel dort von einer weitgehenden Verschiebung der Machtverhältnisse, sowie einer Umgestaltung des poli tischen GesammtbilveS begleitet zu werden pflegt. Auö diesem Grunde gewinnt der Thronwechsel in Persien an politischer Bedeutung, indem er zum AuSgangSpunct von Verwickelungen zwischen den zwei um die Hegemonie in Asien kämpfenden Staaten, zwischen England und Rußland, werden kann. Zu den zahlreichen begehrenSwerthen Puncten Asiens, welche die ActionSbasiS eines weiteren Vordringens in diesem Welttheile bilden dürften, gehört neben dem Suezcanal, den Dardanellen, der Halbinsel Korea rc. sicherlich auch der Persische Golf. Würde Rußland sich am Persischen Golf festsetzen, so könnte es seine maritime Macht von hier aus so sehr entfalten, daß der Indische Ocean und somit auch Indien selbst sich ernst bedroht fühlen müßten. Am Hofe zu Teheran wird daher seit jeher ein eifriger diplomatischer Wettkampf zwischen den Russen und Engländern geführt unv eS wiederholt sich dort somit dasselbe Schauspiel, welches in Kabul und in den anderen Hauptstädten der allmählich im Untergange begriffenen „Pufferstaaten" zwischen England und Rußland im Stillen aufgefübrt wird. In früheren Jahren hatte England in Persien das Ueber- gewicht, ja eS gab eine Zeit, wo England dort sowie im übrigen Mittelasien der einzige maßgebende Factor war. Ist doch das ganze Vordringen Rußlands in Centralasien nur eine Tbatsache der letzten Decennien. Noch zu Anfang des Jahres 1887 war Englands Einfluß in Persien maß gebend. Es gelang damals noch dem Lord Salisbury und dem englischen Gesandten in Teheran, Sir Drummond Wolff, die Freigabe des Kurunfluffes für den Schifffahrts verkehr durchzusetzen, während die Einsetzung eines russi schen ConsulS in Mesched hintertrieben wurde. Zn jener Zeit begann denn auch Rußland, nach der Stärkung seines Einflusses in Persien zu streben. Diese Bemühungen der russischen Diplomatie wurden auch von Erfolg gekrönt und als im Jahre 1889 der kürzlich ermordete Schah Nafsr-Eddin eine Reise durch Europa machte, da sprach man von einem Geheimvertrag zwisck)«n Rußland und Persien, wonach die Anlage einer Eisenbahn vom Caspischcn Meere nach dem Persischen Golf in Angriff genommen werden sollte. Der Schah befahl auch im Jahre 1889 den Bau, einer Heerstraße von Mesched nach der russischen Grenze und ertheilte einigen russischen Finanzmännern, unter anderen auch dem bekannten Lasar Poljakow, die Ermächtigung zur Gründung von Handelsbanken im Lande. In dem Wettkampf Rußlands gegen England kam ersterem noch der Umstand zu Gute, daß unter den Persern sich eine Gährung gegen das englische Tabakmonopol bemerkbar zu machen anfing, welche sich endlich so weit steigerte, daß der Schah die Genehmigung des Tabakmonopols zurucknebmen mußte. Dadurch wurde den Engländern in Persien ein harter Schlag versetzt, von welchem sie sich nicht mehr erholen konnten und der englische Einfluß ging immer mehr zurück, während die Russen in Teheran zu einer Macht wurden. Englands Haltung in Armenien, Egypten, Afghanistan u. s. w. schreckte auch die Perser vor dem englischen Einfluß zurück. Die Machtzunahme Rußlands in Persien gelangt haupt sächlich dadurch zum Ausdruck, daß es versteht, den englischen Eisenbahnbau in Persien zu Verbindern und dagegen sich selbst dazu anschickt, die persischen Eisenbahnen in Angriff zu nehmen. Im Jahre 1873 erhielt Baron Reuter in England vom Sckah die Concession für eine Bahnlinie von Bender - Busber am Persischen Golf über Ispahan, Teheran und Rescht nach Täbris, dem Knotenpuncte der Verkehrswege nach Trapezunt und TifliS. ES gelang aber den Russen, die Pläne Englands zu durchkreuzen, bis sie gegenwärtig selbst den Plan aufnahmen. Nach der gegenwärtigen Sachlage ist nicht mehr daran zu zweifeln, daß der erste Schienen weg im Gebiet von Iran unter der Aegide der russischen Regierung und mit russischem Geld ausgebaut werden wird. Die transkaspische Bahn vom östlichen Ufer des Kaspischen SeeS nach Samarkand eröffnete dem Zarenreich den Weg nach Afghanistan unv Hindostan, die sibirische Bahn soll der russischen Macht den Zugang nach China öffnen und die Eisen bahnlinie Rescht-Persifcher Golf, von welcher in Rußland seit Jahr und Tag die Rede ist, soll Rußlands Machtentfaltung auf dem Indischen Ocean einieiten. Durch die Einbuchtung zwischen Arabien, Mesopotamien und Persien, den Persischen Golf, näbert sich da« Indische Weltmeer dem Kaspischen Meere, dessen südliche Spitze von der Mündung deS Euphrat und Tigris etwa 120 Meilen entfernt ist. Die russischen Blätter führen denn auch seit längerer Zeit aus, daß Rußland nicht am Bosporus, sondern am Persischen Golf und an der Ormu«- straße die Pforte für seinen Welthandel suchen müsse. Durch die persischen Eisenbabnpläne Rußland« werden ersichtlich die Engländer in eine größere Unruhe versetzt, als die zunächst belheiligten Perser, deren Abneigung gegen das Dampfroß allerdings nicht leicht zu überwinden ist. Die vorderasiatischen Eisenbabnpläne Englands wurden von der russischen Diplo matie in Teheran und Konstantinopel stets durchkreuzt, in Anatolien bauen nicht die Engländer, sondern die Deutschen und in Cvrien die Franzosen Schienenwege. Nun suchen auch dir Russen die englischen Eisenbahnpläne in Persien selbst auSzufübren und sich somit zu einer Macht in Persien, noch mehr aber am Persischen Golf, wo England außer ordentlich empfindlich ist, zu entfalten. ES unterliegt keinem Zweilfel, daß England Alles aufbirten wird, um die neue Gestaltung in Persien für seine Zwecke auSzunutzen. Zwar bat der neue Herrscher bekundet, daß er die ruffenfreundliche Politik seines Vorgängers befolgen werde, indessen giebt e« im Perserreich Handhabe» genug, um dort politische Verwickelungen und Unruhen hervorzurufen. In Persien mangelt es nicht an unzufriedenen, wie auch nicht minder an ehrgeizigen Gouverneuren, welche gern jede Gelegenheit benutzen würden, um sich vom Schah unab hängig zu machen. Wenn der jetzige Schah Mufsaffer-Eddin auch von England anerkannt worden ist, so geschah eS nur au« dem Grunde, weil man hofft, ihn in- englisch« Lager hinüberzuziehen. Im Uebrigen unterhalten die Engländer einen andern Kronprätendenten in Persien, einen Bruder des jetzigen Sckab, Namen« Zella-Sultan, welcher Gouver neur von Ispahan ist und auf den persischen Thron Ansprüche macht. Auf Anratben Englands hat er schon mehrfach gegen seinen Bruder aufstehen wollen, aber der frühere Schah Nassr-Eddin verstand es, die Brüder im Zaume zu halten. So hat denn auch England in Persien Rußland gegenüber einen Hinterhalt, analog wie es mit Rußland in Afghanistan der Fall ist, wo von den Russen ein russophiler Kron prätendent unterhalten wird. Man sieht, der Interessen gegensatz zwischen England und Rußland in Persien ist ein derartiger, daß man dort aus Ueberrasckmngen gefaßt sein kann. Zu den zahlreichen Puncten des Erdballs, an denen sich mächtige Interessengegensätze zwischen den Culturvölkern herausgebildet haben, tritt nunmehr auch Persien hinzu. Deutsches Reich. K. Berlin, 15. Juni. Die „Voss. Ztg." bemerkt in einer Jereminade über das Börsengesetz: „Man kann das neue Gesetz doch nicht in eine Parallele mit dem letzten Börsen- teuergesetz bringen. Damals war es eine reine Geldfrage, bei der sich die Interessenten über einen Repartitionsmovus einigen mußten, jetzt aber handelt es sich um Neuerungen, die eine tiefeinschneidende Wirkung auf den ganzen Organismus der Börse haben. Das haben die Schöpfer des Entwurfes nicht begriffen; sie fürchteten, daß die Börse sie übertölpeln werde, und sie zogen den Bogen so straff wie möglich an, ohne Rücksicht darauf, ob die Maßnahmen einen Sinn batten oder nicht. Die Börse mag hieran lernen, wie unpolitisch eS seiner Zeit von ihr war, sich in den düstersten Prophe zeiungen über die Wirkungen der Börsensteuer zu ergeben. Prophezeiungen, deren Uebertriebenheil auf den ersten Blick einleuchten mußte. Unzählige Male ist der Börse in den Be- rathungen deS Reichstags der Widerspruch zwischen ihren da maligen Vorhersagungen und der tbatsächlichen Entwickelung vorgebalten. „Ihr habt uns damals blauen Dunst vorgemacht, wir glauben Euch auch diesmal nicht," das war der Refrain, mit welchem die Börsengegner ihren Spruch im Reichstage über daS Gesetz schloffen. Nun muß die Börse die Conse quenzen ihres Verhaltens von früher tragen, da ihre Wider sacher nicht die genügende UnterscheidungSgabe besitzen und ebensowenig Sachkenntniß, um allein zu beurtheilen, waS sie der Börse zumuthen können." Das stimmt insofern, als man der Berliner Börse keinen Glauben schenken durfte. Da die „Voss. Ztg." aber auch dabei war, als von der Erhöhung der Börsensteuer, wie früher von der Einführung derselben, der Untergang der Welt in sichere Aussicht gestellt wurde, konnte sie nicht verlangen, daß man beim Börsengeschäft ihrer Unglücksprophezeiung Beachtung schenkte. Die Börse thut es selbst nicht, verräth vielmehr eine Munterkeit, wie man sie in dieser Jahreszeit nicht besser erwartet. * Berlin, 15. Juni. Man schreibt der „Nat.-Lib. Corr.": „Tie Verminderung des Schreibwerks und der so genannten Curialien wird nach dem Vorgänge des preußischen Finanzministers und des Ministers des Innern jetzt auch von dem preußischen LandwirthschaftSminister den Beamten ans Herz gelegt. DaS ist gewiß recht lobenswerth, denn die der Zopfzeit entstammenden Redewendungen und Einrichtungen, wie daS „ganz gehorsamst", „Ew. Hoch wohlgeboren", „Ritter pp.", der mit Sorgfalt gezogene Devotionsstrich u. dergl. wurden längst als lästig empfunden. Die Hauptsache ist indessen für die Be völkerung und zwar nicht nur in Preußen, sondern in ganz Deutschland, daß das Schreibwerk bei denjenigen Be hörden wesentlich herabgemindert Werve, die mit dem Publicum im regsten Verkehr stehen: bei der Justizverwaltung. Bei keiner anderen Behörde wird soviel an Verfügungen, Benachrichtigungen, Zustellungen, Ausfertigungen von Ab schriften u. s. w. geleistet, wie bei der Justizverwaltung. Für die Justizbeamten selbst liegt der Hauptnachtheil darin, daß sich nicht nur die Actenstöße tagtäglich vor dem Richter in beängstigender Fülle zu Reproduktionen, Ver fügungen, Unterschriften u. s. w. anhäufen, sondern daß aucv die einzelnen Acten so anschwellen, daß die Uebersicht- lichkeit dadurch verloren geht. Das Publicum aber wird durch die nicht unwesentliche Erhöhung der Kosten geschädigt. Die Gebühren sind an sich schon hoch genug; wenn aber bei ganz bescheidenen Objecten und verhältnißmaßig einfachen Sachen noch einige Mark für Schreib-und ZustellungSgebühren hinzu treten, so wird dadurch gerade der kleine Mittelstand, der die geringfügigeren Processe zu führen hat, ungebührlich belastet. Und wie in den civilprocessualen Angelegenheiten, so ist auch bei den Acten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und im Straf- justizverfahren das Schreibwerk rin viel zu umfangreiches. Ob sich freilich eine umfassende Verminderung deS Schreibwerks auf dem Verwaltungswege allein herbeiführen läßt, erscheint unS sehr fraglich, un)ere« Erachtens würde eine Vereinfachung de» ProceßverfahrcnS und eine schärfere Durchführung des Priu- cipS der mündlichen Verhandlung die Vorbedingung für eine erhebliche Herabminderung de- Schreibwerks sein. Abgesehen aber von einer Verringerung des Schreibwerks, wäre auch eine Verbilligung der Schreibqrbübren für da» Publicum von hoher Bedeutung, gegenwärtig muß den Gerichten und den Anwälten für die Schreibseite rin Satz von 10 bezahlt werden. DaS ist sehr theuer, wenn man bedenkt, daß die Seiten halb gebrochen sind, die Zeilen weit von einander entfernt und möglichst weit geschrieben sind. Es ist zwar Vorschrift für die Canzleieo, daß die Seite eine bestimmte Mindrstzahl von Zeilen, jede Zeile eine bestimmte Mindestzahl von Buchstaben umfassen muß, aber diese Mindrstzahl ist eben wirklich eine Mindestzahl. Da durch kommt e«, daß z. B. eine ganz einfache Klage etwa vier Schreibseiten umfaßt, was, da für Kläger, Beklagten und Gericht je ein« Abschrift hergestellt wird, 12 Sritrn ausmacht, wofür also b«i dem jetzigen Ge bührensätze 1,20 an Gebühren zu zahlen sind. Wa« wir wünschen, ist eine Verminderung und Verbilligung de« Schreibwerks. Der durch die Verbilligung entstehende Aus fall an Einnahmen würde dadurch ausgewogen werden, daß durch eine Vereinfachung der processualen Formalien und die damit Hand in Hand gehende Verringerung deS Schreibwerks eine Verminderung der Zahl der Secretaire, Assistenten, Actuare und Kanzlisten sich herbeiführen ließe. V. Berlin, 15. Juni. (Telegramm.) Heute am Todes tage weiland Kaiser Friedrich's fuhren der Kaiser und die Kaiserin vom Neuen Palais nach dem Mausoleum der Friedenskirche in Potsdam und legten am Sarge des hoch seligen Kaisers einen kostbaren Kranz nieder. Ebenso wurde im Auftrage der Majestäten durch den Geheimen Regierungs rath Mießner in der Kirche zu Nikolskoe ein Kranz am Sarge weiland des Prinzen Friedrich Karl von Preußen niedergelegt. Im Uebrigen verlebten die Majestäten den heutigen Tag im Neuen Palais in stiller Zurückgezogenheit. — Morgen Mittag findet im Neuen Palais zu Ebren des außerordentlichen chinesischen Botschafters Li - Hung - Chang eine größere Tafel statt. ^Berlin, 15. Juni. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." erklärt die Angabe der „Freisinnigen Ztg", daß nicht der Justizminister, sondern ein Ministerial direktor sich über die Anstellung jüdischer Richter geäußert habe, ebenfalls für erfunden, die Angabe des gleichen Blattes über die Juden liste im Justizministerium, laut welcher nur 5 Procent der jüdischen Rechtsanwälte zum Notariat zugelassen würden, für unrichtig. Ueber die Justizbeamten, wie über alle anderen Beamten, werden Personallisten geführt, welche deren vollständiges Nationale, also auch die Angabe über die Religion enthalten. Berlin, 15. Juni. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." bestätigt beute, daß die Tagung de- prcutzischen Land tags voraussichtlich am Freitag in einer gemeinschaftlichen Sitzung der beiden Häuser im Abgeordnetenhause werde ge schlossen werden. L. Berlin, 15. Juni (Privattelegramm.) Der „Nat- Ztg." zufolge gilt es als sicher, daß die Anwesenheit des chinesischen VicekönigS Lt-Hung-Ehang mit der Ertheilung erhebli cher Aufträge an die deutsche Industrie für die chinesische Negierung im Zusammenhänge steht. — Wie im Jahre 1891, so soll auch in diesem Jabre eine statistische Aufnahme des gesummten niederen Schul wesens in Preußen im Anschluß an die Volkszählung vom 2. December 1895 stattfinden. Als Stichtag hierfür ist der „Schles. Ztg." zufolge der 27. d. M. festgesetzt worden. Als Erhebungsorgane functioniren die Ortsschulinspectoren. Tie ausgefüllten Zählpapiere sind der Regierung bis spätestens zum 15. August d. I. einzureichen. * Schwerin, 15. Juni. (Telegramm.) Der mecklen burgische Bevollmächtigte zum Bundesrath Geh. Legationsrath v. Oertzen in Berlin ist vom Großherzog zum Geheimen Rath mit dem Prädicat Epcellenz ernannt worden. * Stettin, 15. Juni. (Telegramm.) Die Mitglieder der „Institution of Naval Architects" sind heute Vor mittag gegen 11 Uhr, von Berlin kommend, mittels Sonder zuges hier eingetroffen und am Bahnhose von den Mitgliedern deS AussichtSrathes des „Vulcan" empfangen worden. Kurz nach 11 Uhr begaben sich die Mitglieder der „Institution of Naval ArchitectS" auf den Dampfer „Stettin", um die Werft deS „Vulcan" zu besichtigen. * Bromberg, 12. Juni. Die Stadtverordneten der Stadt Usch im Kreise Kolmar i. P. haben den Bureauvorsteber Beyer aus Wongrowitz, der trotz seines deutschen Namens ein Stockpole ist, zum Bürgermeister gewählt. Bener ist jetzt, wie die „Post" hört, Bureauvorsteher eines polnischen Rechtsanwalts in Rogasen und spricht nur gebrochen deutsch. Bei den bedenklichen Fortschritten, die unter der Verwaltung deS kürzlich verstorbenen Bürgermeisters Dalski, ebenfalls eines deutschen Ueberläufers mit dem ursprünglichen Namen Dahlke, und unter dem großen Einfluß des katholisch-polnischen Propstes daS Polenthum in Usch, daS mitten in einer deutschen Gegend liegt, gemacht bat, Kossen wir, daß die Regierung in Bromberg der Wahl Beyer's die Bestätigung versagen wird. Unter keinen Umständen sollte der Polonisirung in der Ostmark dadurch Vorschub geleistet werden, daß an die Spitze der städtischen Verwaltungen in deutschen Gebieten Männer gestellt werden, die nicht gewillt sind, daS Deutschthum zu vertreten. * Posen, 13. Juni. Der „Deutschen Zeitung" wird auS Kielpin geschrieben: DaS katholische Pfarramt zu Mroczeo, zu welchem die Filialkirche zu Kielpin (Westpreußen, Kreis Löbau, Regierungsbezirk Marienwerder) gehört, wird vom Pfarrer vr. Malieski verwaltet. Der genannte Geistliche hielt an einem der letzten Sonntage in Kielpin Gottesdienst ab und richtete von der Kanzel in polnischer Sprache folgende Ermahnung an die Kirchenbesucher: „Schickt Eure Kinder pünktlich zum Unterricht (zum Religionsunterricht), denn in den Schulen werden doch nur Dummheiten (glupstva) und Lächerlichkeiten (smiolikoirirlca) eingekeilt («bit«), denn Ihr wißt doch, heute heißt eS in den Schulen nur — „Deutsch", und daS nützt Euch nichts." V. Erfurt, 15. Juni. Das Gerücht, daß der frühere Reich-tazSabgeordnete Gutsbesitzer Wisser au« Windisch- holzbausen in seiner Gefängnißzelle sich erhängt babr, bestätigt sich. Wisser hat den Selbstmord, den er augen scheinlich schon in der Nacht zum Sonntag ausführte, mit großer Sorgfalt vorbereitet; alle die kleinen, noch in seinem Besitze befindlichen Effecten hatte er auf einen Haufen zusammenaelegt, die Ringe von den Fingern abgezogen und auf dem Tische geordnet. Auch etwas Schriftliches hinter ließ er, doch ist der Jnbalt diese« Schriftstückes nickt bekannt. WaS mag m der Brust diese- stolzen, herrschsüchtigen und trotz seiner 60 Jahre noch ungemein thatkräftigen und energischen ManneS vorgegangen sein, al« er, an seiner Rettung vor dem Zuchtbause verzweifelnd, sich die au« mehreren Taschentüchern zusammengedrehte Schlinge um den Hal« legte. Die Leiche wurde in dir Todtenkammer de« hiesigen Friedhöfe« gebracht. ö Pletz, 13. Juni. Durch Vollstreckung einer im Bereich de« letzten Gnadenerlasse« liegenden dreitägigen Haftstrafe hat sich nach Ansicht der Staatsanwaltschaft in Pleß der Amtsrichter Hufnagel in Nicolai der Freiheitsberaubung und ter Verletzung de« H 345 al. 2 des ReichSstrafgesetz- bucbes schuldig gemacht. Der Angeklagte, welcher sich baupl- sächlich niit Üeberlastung entschuldigte und noch mancherlei EntlastungSmomente vorbrachte, erreichte in der Strafkammer sitzung eine Vertagung. Der Staatsanwalt hatte 150 oder 15 Tage Festungshaft beantragt. m. Mainz, 15. Juni. (Privattelegramm.) In den hiesigen Festungswerken wurde ein Franzose, Louis Masile aus Nancy, wegen Spionage verhaftet. Masile behauptet, auf einer Vergnügungsreise begriffen zu sein und will sich auf einem Spaziergang in die Festungswerke verirrt haben * Kreuznach, 14. Juni. Der Kronprinz von Schweden ist heute Nachmittag hier eingetroffen; die Kronprinzessin war ibm bis Bingerbrück entgegengefahren. * Darmstadt, 12. Juni. Ter jetzt so viel genannte Präsi dent deS Deutschen Hilfsvereins in Moskau, Karl Ca mesas ta gekört, wie die „Köln. Ztg." berichtet, einer Familie an, von welcher verschiedene Mitglieder im hessischen Staatsdienst waren. Sein Vater, Peter CamesaSka, war hessischer Kreis- ratb, sein Onkel Domainenrath in Lampertheim, ein anderer Onkel Flügeladjulant des Großherzogs Ludwig III. Karl CamesaSka hat in Bensheim das Gymnasium besucht und ist schon in den 60er Jahren nach Moskau gegangen, wo er mit großem Erfolg ein Importgeschäft in Drognen und Farben betreibt. Er hat eS durch rastlosen Fleiß verstanden, sein Geschäft zu hoher Blüthe zu bringen, und ist unter den deutschen Landsleuten in Rußland ob seiner vaterländischen Gesinnung sehr angesehen. Großherzog Ludwig IV. bat ibn in Moskau mehrfach empfangen und ibm auch einen Orden verlieben. Wer CamesaSka kennt, weiß, daß in seiner Rede durchaus keine beabsichtigte Spitze liegen sollte, sondern erklärt sich das Wort „Gefolge" einfach damit, daß er unvorbereitet offenbar das Wort „in Begleitung" nicht sand. Und letzteres ist Denen sehr begreiflich, die wissen, daß während eines langen Aufenthalts im Auslände der deutsche Wortschatz sich mindert. * München, 15. Juni. (Telegramm.) Der Präsident der Kammer der Abgeordneten Oberlandesgerichtsrath v. Walter wurde zum Natb am Obersten Landesgericht befördert. Sein Mandat ist hierdurch erloschen. Oesterreich-Ungarn. * Wien, 15. Juni. (Telegramm.) TaS Abgeordneten haus beschloß in namentlicher Abstimmung mit 130 gegen 82 Stimmen in die Special-Debatte bezügl. des Zuckersteuer- Gesetzcs einzutrrten. * Pest, 1.5. Juni. (Telegramm.) Der Heeresansschuß der ungarischen Delegation genehmigte den Bericht des Bericht erstatter« Münnich. Vor der Tagesordnung beglückwünschte der Ausschuß den Kriegsminister für die glänzenden Erfolge der Heeres- ausstellung und sprach seinen Dank für die dem Ausschüsse ertheilten Ausklärungen aus. Frankreich. * Paris, 15. Juni. (Telegramm.) Ter Minister rath berieth beute über die in verschiedenen Landestheilen trotz der Verbote der Maires stattgefundenen Frobi leich- namS-Processionen und beschloß, hierüber eine Unter suckung anzustellen. — Der erste internationale Ver- leger-Congrcß wurde beute unter dem Vorsitze des Handels ministers Bouger eröffnet. Der Minister begrüßte die Er schienenen und machte aus die Bedeutsamkeit des CongresseS aufmerksam. Sodann wurde das Bureau gebildet. Massen wurde zum Präsidenten gewählt. Unter den Vicepräsidenten befindet sich auch Engelhorn aus Stuttgart. * Paris, 15. Juni. (Telegramm.) Die Socialisten der Kammer und des Pariser Stadtratbs boten vorgestern Liebknecht ein Festfrühstück, wobei Iaurös ausführte, daß der französische und deutsche Geist keine Feinde, sondern von jeher treue Mitarbeiter am Fortschritt der Menschheit seien. Jeder Bürger könne die Liebe zu seinem Vaterland im Herzen bewahren und darum doch den heißen Wunsch hegen, daß die vom Ehrgeiz der Regierungen unterhaltene geheime Feindschaft zwischen Frankreich und Deutschland verschwinde. Liebknecht erwiderte, er sei der Bruder der französischen Unterdrückten und der Feind der deutschen Unterdrücker, er wünscht die Ausbreitung der Republik und den allgemeinen Frieden und trinke auf den Weltsocialismus, der allein im Stande sei, die Menschheit zu befreien. Liebknecht sagte, daß er mit Vorliebe an die große sranzösische Revolution anknüpfe, daß seine Reden derartig von französischem Geiste durch drungen seien, daß seine College» ihn nur noch den „Franzosen" nennten. Einige Blätter haben den Sociali. .i wegen dieses Festes Vaterlandslosigkeit vorgeworfen. „Pelile Republ." antwortet, den Leuten, die nach Kiel gegangen seien, um Frankreichs Flagge vor Deutschland zu demüthigen, stehe eS nickt an, mit ikrer Vaterlandsliebe zu klappern. — In den Bergen bei Isola der französisch-italienischen Alpengrenze wurde der italienische Generalstabs h auptmann Ravel li unter der Anklage des Spionircns verhaftet und nach Nizza gebracht. Hauptmann Ravelli versichert, er habe einfach al« Ferienreisenker einen Gebirgs - Ausflug unternommen. — Finanzministcr Cochery hielt gestern in Chartres in der land wirth - schaftlichen Ausstellung eine Rede, in der er den Landleuten sagte, die Socialisten wollten ihnen die Erdscholle ihrer Väter wegnehmen; sie sprächen gegen den Großgrundbesitz, den eS übrigens in Frankreich kaum gebe, wollten aber einen noch größeren Grund besitz schaffen durch die Bereinigung des ganzen Bodens in der Hand de« namenlosen tyrannischen Besitzers Staat. Der Bauer sei die Grundlage de« Staates, die Hoffnung des Volke«; um die Erdscholle befestige sich die Familie, welche die Fabrik auflöse; die Rasse, die in der Großstadt zu Grunde gebe, gesunde in der Berührung der Muttererde und finde ibr geistiges Gleichgewicht wieder, da« ihr im künstlichen Stadtleben verloren gehe. — In Saint Mand- sprach Bourg eois und kündigte den Socia li st en feierlich Fehde an. Er verwerfe den CollectiviSmus, wenn er auck die Versöhnung von Capital und Arbeit anstreb«. (Voss. Ztg.)
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