Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.06.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960619019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896061901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896061901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-19
- Monat1896-06
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-PreiS ii der Heinptexpcditton oder den im Stadt« bezirk und den Bororten errichteten Au«, ^bestellen abgeholt: vierteljährlich ^l<LO, l<i zweimaliger täglicher Zustellung in« ^au- » b^O. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljäbrlich 6.—Direete tägliche Kreuzbandsendung tu- Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Au-gob« erscheint um '/,? Uhr. dir Abend-Ausgabe Wochentag- um 5 Uhr. Re-action «nß Lrpe-itio«: Johannes«aste 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geSffuet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: ctt« Klemm'» Eortim. (Alfred Hahn>. Universitätsstraße 3 (Paulinum), LouiS Lösche. statharwensir. 14, pari, und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. MpIM TilgMaü Anzeiger. Nmlsvlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der LIM Leipzig. Anzeigen'PreiS die S gespaltene Petitzetle SO Psg. Reklamen unter dem Redaction-strich (4ge- spalt«») 50^, «or den Aamtliminachrichten (Sgefpatwu) M-4- Größer» Schriften laut uujerem Preis- verzeichnitz. Tabellarischer und Ziffern!-» nach höherem Tarif. ffrtra-Beilage« (gefalzt), nur mit der Vtoraen-Ausgabe, ohne Postbef-rdeeuug SO —, mit Postdeförderung ^l 70.—. Än«ah»eschlnt fir Aryrißßnr Ubend.Vu-gabe: vormittag« LÜ Utz«. Morgen«« usgabe: Nachmittag« 4 Uh» Bet den Filialen und Annahmestellen je »ine halbe Stunde früher. A«z-i«e« sind stet« an di» Mtzetzitw» zu richten. > > am? - Druck und Verlag von <k- P »lz stt Leipzig ^- 307. Freitag den 19. Juni 1896. Sv. Jahrgang. Die Abbröckelung -es Jesnitengesehes. * Da» Centrum kann, wie wir bereits im gestrigen Abend blatt« ausführten, mit dem Erfolge seines am Borabend der Kyffbäuserfeier unternommenen neuen Borstoßes gegen das vlesuitengesetz zufrieden sein. Und wenn es von der Antwort auf seine Interpellation bezüglich der Stellung des Bundesraths zu dem Reichstagsbeschluß vom 20. Februar 1895 seine Stellung rum Bürgerlichen Gesetzbuche batte abhängig machen wollen, jo kann e«, ohne einen Vorwurf von seinen Wählern be fürchten zu müssen, nicht nur Mann für Mann für die Be schlüsse der GesetzbuchScommifsion stimmen, sondern auch noch einigen von der Regierung und den übrigen Mehrbeitsparteien geforderten Abänderungen seine Zustimmung ertheilen. Der Reichskanzler, der sich die Beantwortung der Inter pellation Vorbehalten batte, theilte nämlich zunächst mit, daß der BundeSrath bis jetzt von einer Stellungnahme zu dem letzten Reichstagsbeschluß über Aufhebung des Iesuiten- gesetzeS deshalb absehen zu dürfen geglaubt habe, weil er kurze Zeit vorher einmüthig zu der Ueberzeugung gelangt war, daß er einer Beseitigung des Gesetzes nicht zustimmen könne. Dieser leichten Verwundung des Centrums folgte aber sogleich die Einträufelung von Balsam mittelst der Erklärung, daß ein zweiter Grund der Verzögerung der Entschließung in dem Umstande zu finden sei, daß man in eine weitere, noch nicht zum Abschluß gelangte Prüfung darüber eingetreten sei, ob außer den Redemptoristen und den Priestern vom Heiligen Geist nicht noch andere Genossenschaften von den Wirkungen deS Gesetzes ausgeschlossen werden könnten. Das ist eine sehr aussichtsreiche und .für daS Ccntrum sehr erfreuliche Beschäftigung, der sich der BundeSrath da widmet. Wer herausgefunden hat, daß die Redemptoristen, deren Grundsätze und Regeln, gerade insoweit sie den Staat interessiren, mit denen der Jesuiten zusammenfallen, nicht jesuitenverwandt seien, der kann weitere Entdeckungen dieser Art mit Leichtigkeit machen und schließlich sogar zu der Auffassung gelangen, daß die Jesuiten selbst nicht unter daS Iesmtengesetz fallen. Jedenfalls wird man darauf gefaßt sein müssen, daß demnächst auch die beiden anderen Ordensgesell schaften, welche durch die bekannte Bundesratbsverordnung für verwandt mit den Jesuiten erklärt sind, das Recht der Nieder lassung in Deutschland wieder erhalten werden; es sind dies die Lazaristen und dir Schwestern vom H e r z en I e s u. Und jedenfalls ist dem Centrum damit die willkommenste Gelegenheit gegeben, dem Bundesrathe zu beweisen, daß die wieder zusselasfenen Ordensgesellschaften wirklich jesuitenver wandt seien und ihre Wiederzulassung die Wiederzulaffung auch der Jesuiten fordere. Aber es kam für die Interpellanten noch besser. AuS der Besprechung, die an die Interpellation sich knüpfte, ging hervor, daß auch die Gegner der Aufhebung des Gesetzes, die Conservativen und die National liberalen, bereit sind, Bestimmungen desselben, die sich als „unnöthig" und „unpraktisch" erwiesen haben, fallen zu lassen. Die Conservativen insbesondere erklärten sich für die Streichung des ganzen § 2, welcher besagt, daß aus ländische Jesuiten auSgewiesen werden können—womit allerdings ein ohnehin bestehendes Recht des Staates über flüssigerweise bestätigt wird — und daß inländischen Jesuiten Aufenthaltsbeschränkungen auferlegtwerden können. Von letzterer Besugniß wird bekanntlich kein Gebrauch gemacht, aber er giebt immerhin eine Handhabe, um inländische Jesuiten an der Entfaltung einer gefährlichen Thätigkeit zu bindern. Gerade daS aber scheint den conservativen Politikern mißfällig zu sein, die bereits eine „nützliche" Verwendung für „deutsche" Jesuiten haben. Heber diese Verwendung machen die „Berl. Polit. Nachr." in ihrer gestrigen, unmittelbar nach Schluß der Sitzung de« Reichstages auSgegebenen Nummer die folgende hochinteressante Angabe: „Man wird in der Annahme nicht fehlgehen, daß die Anregung, den auf Intern irung deutscher Jesuiten bezüglichen Theil de« Jesuitengesetzes aufzuheben, dasselbe aber im Uebrigen bestehen zu lassen, welche in der heutigen Reich-tag-sitzung von consrrvativer Leite gegeben worden ist, aus bestimmten thatsächlichea Wahr nehmungen beruht. In dieser Hinsicht kommt in Betracht, daß in den östlichen Grenzprovinzen u«u»rding» mit andere» Ordens brüdern in nationaler Beziehung nicht- weniger al« er freuliche Erfahrungen gemacht worden sind. Unter diesen, Franziskaner rc., welche dort neuerdings seelsorgerisch wirken, befinden sich zahlreiche nationalpolnische Elemente, welche selbst in Oberschlesien sehr eifrig im grobpolnischen Sinne wirken. In ihnen findet vielfach die grobpolnische Agitation ihre wirksamste Stütze. Diesem Uebelstande wird mit Sicherheit nur dadurch gesteuert werden können, dab andere seelsorgerische Kräfte verfügbar werden, welchen die seelsorgerische Thätigkeit jener Ordensbrüder übertragen werden kann. In dieser Hinsicht kommen in erster Linie eine Anzahl deutscher Jesuiten in Betracht,welche als vor der polnischen Propaganda gänzlich gefeit anzusehen sind und von denen im Gcgentheile eine kräftige Gegenwirkung gegen polonisirende Tendenzen des polnischen Clerus zu gewärtigen ist. Natürlich würde die Nutzbarmachung dieser Kräfte sehr erschwert, ja unmöglich gemacht werden, so lange das Damoklesschwert der Jnternirung über ihnen schwebt." Wer lacht da? Das „Damoklesschwert der Jnternirung" hat doch nur über solchen inländischen Jesuiten geschwebt, die eine staatsgefährliche Thätigkeit entfalteten; dieses Damokles schwert würde ihnen also auch in den östlichen preußischen Grenzprovinzen nicht gefährlich werden können, wenn sie eine solche Thätigkeit nicht entfalteten, sondern vielmehr als „vor der polnischen Propaganda gänzlich gefeit" sich erwiesen Soll trotzdem das Damoklesschwert der Jnternirung beseitigt werden, so kann dies nur in der Absicht geschehen, den Herren die specifisch jesuitische Thätigkeit zu gestatten und aus dieser Erlaubniß einen Grund für vie völlige Beseitigung des Iesuitengesetzes herzuleiten. Den nationalliberalen Rednern war augenscheinlich, als sie der Beseitigung des Jnternirungsparagraphen sich nicht abgeneigt zeigten, der köstliche Plan, den Teufel der polonisirendcn Franziskaner mit dem Beelzebub der „vor der polnischen Propaganda gänzlich gefeiten" Jesuiten auszutreiben unv damit zugleich ein Loch in den Rest des Iesuitengesetzes zu stoßen, unbekannt. Aber das ändert an der geschaffenen Sachlage nichts. Diese liegt so, daß der Bundesrath geneigt ist, von der Wirkung des Iesuitengesetzes noch mehr jesuitenverwandte Orgensgesellschaften auszunehmen, und daß ihm von den bis herigen Gegnern deS Gesetzes nahe gelegt worden ist, auch die Möglichkeit der Aufenthaltsbeschränkung inländischer Jesuiten zu beseitigen und dadurch dem polnischen Klerus die Heranziehung von jesuitischen Helfershelfern zu erleichtern. Nachdem der Reichskanzler dem Centrum so weitgehendes Entgegenkommen in Bezug auf die Frage der Jesuiten verwandtschaft gewisser Ordensgesellschaften bewiesen hat, kann man sich auch der Befürchtung nicht erwehren, daß er bezüglich des auf die Jnternirung der deutschen Jesuiten bezüglichen Theiles des Iesuitengesetzes sich entgegenkommend gegen die alten Gegner dieses Gesetzes erweisen wird. In diesem Falle aber wäre eS bei Weitem vorzuziehen, wenn das ganze Gesetz in die Rumpelkammer geworfen würde. Eine Abbröckelung, welche die Agitation für die völlige Beseiti gung geradezu herausfordert und förmlich herauSfordern zu wollen scheint, ist dem Ansehen des Staates nach theiliger, als ein resoluter Schnitt. Die Folgen eines solchen würden rasch genug bemerkbar werden, Tausende von Katholiken, die jetzt die Jesuiten nur vom Hörensagen kennen, mit dem Wirken der „frommen Väter" bekannt machen und einem neuen Iesuitengesetze den Weg bahnen. Die Ab bröckelung verhütet nur die rechte Erkenntniß der Thatsachen und den Glauben an daS Zielbewußtsein und die Gerechtigkeit der Gesetzgeber. Deutsches Reich. -g- Leipzig, 18. Juni. Montag, 22. Juni, tritt, wie wir vernehmen, der kaiserliche DiSciplinarhof zusammen, um gegen zwei Postverwalter, die sich verschiedener Vergehen im Amte schuldig gemacht haben, zu verhandeln. — Der Proceß gegen den Buchbinder Jacobi aus Freiburg i. B. wegen hochverrätherischer Handlungen findet dem Vernehmen nach am 1. Juli vor dem vereinigten zweiten und dritten Strafsenat des Reichsgerichts statt. -8- Leipzig, 18. Juni. Als Termin für die Verhandlung in Sachen des Gerichtsassessors Wehlau vor dem kaiserlichen DiSciplinarhofe ist der 6. Juli bestimmt worden. Den Vorsitz führt bei diesen Verhandlungen Herr Reichs- gerichtSpräsident vr. von Oehlschläger. Theilnehmcn werden an der Verhandlung die Herren Wirklicher Geheimer Rath R. Meinecke, Berlin, großkerzoglick hessischer Brvoll- mäcktigter zum Bundesrath von Neid Hardt, SenatS- präsideiit des Reichsgerichts Wirklicher Geheimer Rath I>r. Drechsler, ReickSgerichtsrätbe Förtsch und Or. Ols- Hausen. Außerdem sind Einladungen zur Theilnabme ergangen an den Vertreter des königlich preußischen Kriegs ministeriums und den Hamburger Bevollmächtigten zum Bundesrath. * Leipzig, 18. Juni. Von zuständiger Stelle wird uns zur Berichtigung des in Nr. 298 des „Leipz. Tagcbl." vom 14. d. M. enthaltenen, mit „Illustrirte Postkarten" überschriebenen Artikels aus der „Magdeburger Zeitung" Folgendes mitgetbeilt: „Nach den Bestimmungen sowohl der für Deutschland gütigen Postordnung, als auch der Vollzugs- Ordnung zum Weltpostvertrag ist die Vorderseite (Adreß- seite) der Postkarten für die Adresse des Empfängers, die post dienstlich en Angaben (Eingeschrieben, Rück schein u. s. w.) und die Frankirungs marken Vorbehalten; außerdem darf darauf der Absender nur noch seinen Na men, d ie Firm a nn d die Wohn ungangeben. Postkarten, welche den äußeren Anforderungen nicht entsprechen, sind als unfrankirte Briefe zu behandeln. Nach diesen Vorschriften müssen Karten mit Abbildungen auf der Vorderseite als den bestehenden Bestimmungen zuwiderlaufend im inner» Verkehr Deutschlands und im Verkehr der Länder des Weltpost vereins untereinander mit dem Porto für ungenügend srankirte Briefe austaxirt werden, sobald sie nur nach der Postkartentaxe frankirt sind. Das Verfahren der Bahnpost in dem bezeichneten Falle war also durchaus gerechtfertigt. Die Ansicht, die Postkarte hätte von der Bahn post zurück» gewiesen werden müssen, ist eine unzutreffende. Ein dieser Ansicht entsprechendes Verfahren würde übrigens auch den Absendern und Empfängern solcher Postkarten meist sehr unerwünscht sein und ihre Interessen, zumal wenn die Karten wichtige Nachrichten (Bestellungen u. s. w.) enthalten, ost schwer schädigen. Abbildungen auf der Rückseite der Post karten sind ohne Einschränkung gestattet." Lit. Berlin, 18. Juni. Wenn gelegentlich auf den aller dings sonderbaren Zustand hingewiessn wird, daß die ein schließlich einen Hospitanten ganze 24 — von 397 — Mit gliedern zählende „Fraktion" der Freisinnigen Volks partei im Reichstag den Platz des ersten Vicepräsi- dcnten besetzt hält, so wirst sich Herr Richter in die Brust und erklärt: Freisinnige Volkspartei, Freisinnige Vereinigung und Süddeutsche Volkspartei gehören politisch zusammen, „wir" bilden also eine Gruppe von 50 Mitgliedern und haben des halb Anspruch auf den Sitz im Präsidium. Wenn man sich die letzte Nummer der „Freis. Ztg." ansieht, so muß man sich über die behauptete innere Verwandtschaft und ZusammenAehörigkeit sonderbare Gedanken macken. Auf der ersten Seite zwei Spalten Krieg gegen die freisinnige Bereinigung, die schließ lich als eine reine Freihandelspartei im weiteren Sinne des Wortes abgethan wird, und auf der zweiten Krieg mit der süddeutschen VolkSpartei. Und man kann nicht einmal sagen, daß Herr Richter lediglich von Kampflust geleitet sei, er hat in der Thal allen Grund, nach beiden Seiten Front zu machen. Insbe sondere aber gegen die Demokraten. Nachdem die Freisinnigen in Ansbach-Schwabach soeben dem demokratischen Candidaten den Sieg, der ohne ihre Unterstützung ausgeschlossen war, verschafft, erklärt soeben auf der bayerischen Landesversammlung der (süddeutschen) Volkspartei Derr Quidde, es werde der Partei nicht einfallen, bei den nächsten Wahlen in Erlangen-Fürth auf einen Gegenkandidaten gegen den im Besitz deS Mandats befindlichen Freisinnigen zu verzichten. Das interessirt uns nur als Illustration der erwähnten weiteren Einheit der zwei Parteien; politisch wichtig ist aber die Begründung der Erklärung, vr. Quidde meinte, es komme gar nicht darauf an, ob die Aufstellung eines Candidaten der Demokratie schließlich den Wahlsieg der Partei herbeiführe, und die Versamm lung stimmte dieser Auffassung bei, nachdem noch ein Herr Kohnstamm, gleichfalls ohne Widerspruch zu finden, bemerkt hatte, die Socialdemokratie stehe der suddeutschen Volkspartei näher als der freisinnigen. Wenn dem so ist, so kann ja auch die socialdemokratische Fraktion dem demokratischen Gruppenverbande hinzutreten und Herr Schmidt hätte dann auf die Stelle des Präsidenten einen Anspruch, dessen Erfüllung die Trefflichkeit deS jetzigen Präsidialzustandes noch übertreffen würde. Rickert gegenüber bemerkt Herr Richter: „Das Verdienst, fortgesetzt seit 1861 die Forderung der zweijährigen Dienstzeit geltend gemacht zu haben, gebührt einzig und allein der deutschen Fortschrittspartei. Die Nationalliberalen und Herr Rickert insbesondere sind nie mals agitatorisch für diese zweijährige Dienstzeit ringetreten." Hierzu ist zu bemerken, daß die ouS der Fortschrittspartei in die freisinnige Partei übergetreteneu Politiker. HerrRichter an der Spitze, im Jahre 1893, als man die zweijährige Dienstzeit zum ersten Male haben konnte, gegen diese Ver besserung gestimmt haben, nachdem sich herau-gestellt hatte, daß sie nicht auf die im Schlaraffenland« übliche Art des Güterbezugs erhältlich war. Berlin, 18. Juni. Di» Blätter, für die die Börse sacrosaiikt ist, haben eine gute Eigenschaft. Sie sind in ihren täglichen Berichten über die Bösfenporgänge offenherzig Müssen es vielleicht sein; wenigsten« läßt eS sich gut denken, daß die an der Kenntniß des Marktyerlauss interessieren Leser gegen die Behauptung falscher und die Unterdrückung wahrer Thatsachen in diesen Geschäftsbericht,« empfindlicher sind, als gegen tendenziös optimistische Darstellungen des Börsenwesens im politischen Theile ihres Leidblattes. Welches aber auch die Gründe des verschiedenartigen Verfahrens sein mögen, jedenfalls bilden die eigent lichen Börsenberichte eine Fundgrube von Argumenten gegen die Betrachtungen über daS Börsengesetz. wie sie sich in den demokratischen, freisinnigen rc. Blättern finden. So heißt es z. B. in dem Bericht der „Voss. Ztg " über die Berliner Fondsbörse vom 16. Juni: „Dir Geschäfts losigkeit auf den spekulativen Märkten kam heute zu verschärftem Ausdruck. Trotzdem eröffneten die Course ziemlich fest, ermatteten aber später, von DiSconlo- anthcilen ausgehend, die in größeren Posten von einem Spekulanten, der in« Bad gebt, realisirt wurden." Das wirthschaftliche Moment der Badereisen von Speku lanten und gleichwerthige preisbildende „Faktoren" wirken auch auf das börsenmäßige Getreidetermingeschäft ein. Und eben weil wir nicht wollen, daß die Frucht deS Schweißes des Landmanns einerseits und der Preis deS BrodeS der armen Witrwe andererseits von den Passionen der Speku lanten abhängen, haben wir dem Verbot des Termingeschäftes zugestimmt. Der „Voss. Ztg." aber empfehlen wir, schleunigst einen Leitartikel zu schreiben, in dem haarscharf bewiesen wird, daß Borrath und Bedarf und nicht- al- dies« den Preis des Getreides an der Produktenbörse bestimmen. V. Berlin, 18. Juni. (Telegramm.) Tie Kaiserin begleitete heute früh den Kaiser bei seiner Abreise von der Wildparkstation nach dem Kyffbäuser. Mittag- empfing die hohe Frau den Besuch deS ErbgroßherzogS von Baden, der zur FrühslückStafel im Neuen Palais verblieb. Heute Abend beabsichtigt dir Kaiserin nach Kiel abzureisen. Berlin, 18. Juni. (Telegramm.) Der StaatS- secretair im Auswärtigen Amte, Freiherr von Marschall, und Gemahlin gaben beute zu Ehren des Bicekönigs Li- Hung-Tschang ein Frühstück, an dem außer den Mit gliedern der chinesischen Mission hohe Beamte des Auswärtigen Amte-, sowie der Kriegsminister General Bronsart von Schellendorff und der Staatssecretair im Marine-Amte, Admiral Hollman», theilnahmen. G Berlin, 18. Juni. (Telegramm.) Der Buiide-rath bat beute dem Börsen gesehen t Wurfe nach den Beschlüssen des Reichstags seine Zustimmung ertheilt. * Kiel, 17. Juni. Der Corvettencapitain Harm-, der Direktor der Torpedo-Werkstatt FriedrichSort, ist zur Dienst leistung beim Reichsmarineamt commandirt. * Lauenburg, 17. Juni. Eine energische Abfertigung ließ in der letzten SchöffengerichtSsibung Herr Amtsrichter I)r. I. einem polnischen Zeugen G. au« dem Karthauser Kreise zu Theil werden. E« kommt öfter vor, daß die Polen angeben, nicht Deutsch zu können, hinterher stellt sich dann aber heraus, daß sie diese Sprache sehr gut beherrschen. Dieser Zeuge nun sagte fließend in deutscher Sprache: „Ich versteh' nicht Deutsch, ick will „Dolmatsch" haben!" Darauf sagte der Vorsitzende: „Wir denken gar nicht daran, Ihrem ganz unmotivirten Wunsche Folge zu leisten, schließlich könnten wir hier dann für jeden Polen einen Dolmetsch stellen. Wir sind hier hei einem deutschen Gericht und hier wird deutsch verhandelt!" Schließlich verstand der Mann sehr gut Deutsch, sprach die Eidesformel fließend und mißverstand nicht eiu Wort. ForeiH-ton. Die Trompete. Humoreske von Don Rafael Camplllo. Au- dem Spanischen. «Nachdruck verboten.) I. Donna Agonia war die Besitzerin einer — bm, wie soll ich sagen — einer Pension, oder besser eines SpeisebauseS. „Ganze Verpflegung; Frühstück, MittagStisch und Abend brot», 6 Realen die Woche", konnte man über der HauS- Ibür lesen. Der Preis war verlockend gering, aber die Portionen waren es auch — das heißt — nicht etwa auch verlockend, nein, alles andere eher als daS, und wer hungrig hinkam, der konnte sicher sein, auch hungrig wieder fortzukommen, nur gerade, daß er nicht Hunger- starb. Im Uebrigen, wer kann denn auch für 6 Realen die Woche viel verlangen, zumal wenn die Wirthin, wie dies Donna Agonia that, etwa- für ihr Kind, ihr Mädel zurück legen wollte! Und diese« Mädel, Qüiniciella hieß e«, war geradezu der Augapfel Donna Agonia'«. Gegenwärtig war Quinicia bei den Ursulinerinnen, um dort alle« zu lernen, wa« für eine gute Hausfrau nötbig ist, namentlich Französisch und Elavirr. Eine Hausfrau sollte Quinicia nämlich werden und eine vornehme nock dazu. Denn dem nächsten besten Hergelaufenen wird Donna Agonia ihr Kind nicht geben, o nein! Wer den Schatz beben will, der muß ganz reich und vornehm sein, sonst wird nichts daraus, ganz und gar nichts, eher ... ja wahrhaftig, eher ließ Donna Agonia ihr Kind im Kloster bleiben und unseren Herrn zum Bräutigam nehmen. Unter den „Pensionären" Donna Agonia'S befanden sich auch zwei Studenten der Rechte, Cocolativo und Canete, zwei dicke Freunde, so bleich, verhungert und mager auch beide waren- dabei beide ganz allein stehend auf der Well, mit ihren Hoffnungen und ihrem Hunger. Beide brachten sich durch ihre Feder fort, schrieben Notizen zu drei Pfennige die Zeile, übersetzten Novellen und Feuilletons zu zwei Realen die Spalte, eines aber konnten sie nicht: das Problem lösen, wie man damit so viel verdienen könne, um davon auch wirklich zu leben, wa« man so mit Anstand „leben" nennen kann. Eines Abends besprachen unsere beiden Freunde allen Ernste- den Ernst der Situation. „So geht e« nicht weiter," sagte Cocolativo. „Donna Agonia laßt unS langsam verhungern, und wir dürfen nicht mucksen, weil wir noch für zwei Monate im Rück stände sind. Freilich, mit sechs Realen kann auch sie nicht Wunder wirken und darum . . . darum muß etwa« geschehen, e« muß . . . muß!" „Ja . . . aber wa«?" „Wa- weiß ich, wa-, wenn eS nur etwa- ist, und sei e« selbst ... die Trompete." „Die Trompete?" rief Eanete erstaunt au«. „Ich verstehe Dich nicht! WaS hat die Trompete mit unserem Hunger zu thuir und von welcher Trompete sprichst Du." „Von der Trompete von Wicherts." Canete sah seinen Freund mit einem Blicke an, al« fürchte er, daß bei dem oben plötzlich eine Schraube losgegangen sei. Der aber blieb dabei: „Ja, nur die Trompete kann uns retten und da« will ich Dir gleich erklären. Paß mal auf." Und nun erklärte er. „Eigentlich ist eS, wenn wir die Sache von der ernsten Seite erfassen, ein Betrug; von der lustigen Seite angesehen, ist c« jedoch nur ein Ulk, von unserem persönlichen Stand punkt aber ist es ein Ausweg, ein Ausweg aus dieser erbärm lichsten aller Lebenslagen, und darum bleibt uns nicht« übrig, al« ibn zu ergreifen." „Ergreifen wir." „Nun denn: Du kennst Don Zoilo Contracto? Gut. Der ist, wie Du weißt, ein Narr. Ein patenter Kerl sonst, aber ein completer Narr. Ein Instrumentennarr. All« Instrumente, deren er habhaft werden kann, kauft er zu sammen, er bat «in ganze- Museum von den Castagnetten an, bis hinauf zu den BanjoS, Harfen, Guitarren. Mando linen, Violinen, Trompeten, Posaunen, Elavieren, Leiern und Orgeln, nur eine« fehlt ihm, eine«: eine Trompete von Wichert«." „Wickert«?" fragte Canete mißtrauisch, „hab' ich mein Lebtag nicht gehört." „Da« thut nickt«. Er ist oder war der berühmteste Trompetenmacher de« 18. Iabrbundert«. Eine Trvinpete von ihm ist der Traum, ist da« Ideal Don Zoilo Contracto« und — dies« Trompet« müssen vir ihm verschaffen." „Wir!" „Ja. Wir werden ihm sagen, Donna Agonia sei im Br- sitze dieses Schatze«. Ihr Mann war ja doch Trompeter! Damit aber unsere List nicht aufkommt, werde» wir Don Contracto sagen, die Frau hüte die Trompete wie einen Schatz und er müsse erst sebr fest in ibrem Vertrauen sieben, eh« er überhaupt von der Trompete reden, aeschweige kenn sie zu sehen und zu besitzen verlangen dürfe. Gebt Dir da- ein?" „Allerdings. Aber Donna Agonia?" „Donna Agonia ist meine Sache. Ihr reden wir ein, Don Zoilo Contracto habe ihre Tochter bei den Ursuline rinnen gesehen, sei bi« über die Obren in die Kleine verliebt, sürcktr fick aber vor allem, WaS Schwiegermutter heißt. Er wolle daber Donna Agonia erst kenne» lerne», ohne daß diese von seiner Liebe zu Quiniciella etwa« ah»«, um zu sehen, ob er die Heirath wagen dürfe." „Und dann?" „Dann? Nun Don Zoilo wird, um sich da« Ver trauen Donna Agonia'« zu erringen, ihr Pensioniär, wir essen mit und . . ." „Und werden schließlich hinan-geworfen." „Ja", entgegnet« Cocolativo treuherzig, ,^»hrr da« passtrt un« so wie so, und besser später al« heute." II. Don Zoilo war ungeheuer reich, dabei jung, vornehm und hübsch, aber «in bischen — hm, wie soll man sagen —
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite