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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.06.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960622025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896062202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896062202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-22
- Monat1896-06
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Abend-Ausgabe I I! ! » — eipngtlTagcbialt Druck und Berlaa vnn E. Pol» in Leivjiz SV. Jahrgang Montag den 22. Juni 1896. r. königin Frnilletsn 11j ttcn eine atia hier ichen der Personen ätcr'schcn er» gc- rwis ch - im Alter schitza ist welchen e hat die men an- tg eines iultan in längere zwischen obersten cder der tung der rten, sie ist durch i Staats- fangencn gelangt, befänden, während men sehr Viele in saugencn. er neuen !am in e r die Ne- )iscnssion rllen Ab- e in acht mmissare en sie ist. elS eine? reuz des „Agenzia ereichisch- die auf en. Der eS christ- igcS von olschafter garischen > Kriegs- lassungö- taS, das Nillioiicn Millionen e Hanpr- ichten ist > auf die itag auf rndstraße i'gcr von flüchteten leblieben, m einer hanplatzc -e Stadt, n Uebcr- mangclt. igen der Ile«, tn« Joch der e Blätter Preß bürg, reisen die igSmacher das Volk Handels- :inr große .'onfession, he Nation Entgelt en, diesen n Neben- Kenutniß zung das die volle selben — Berufung ng ihrer en Maß- alcomilä i, einem über die anträgen angenommen worden, darunter der Antrag Wallbrecht, der einen neuen Weg zur Sicherung der Bauhandwerker gegen betrügerische Ausbeutung zeigt, Resolutionen über den Ladenschluß und die Verordnung für den Betrieb von Bäckereien und der an das Lichtenberg'sche Messer erinnernde Beschluß über die Besteuerung von Waarenhäusern, Bazars und dergleichen. Die greifbaren Früchte der Session, die sich über fünf Monate hinzog, sind also sehr spärlich. Um so üppiger ist der Strauß von Redeblumen, der in den 84 Plenarsitzungen gewunden worden ist. Irgend welche Merkmale politischer Entwickelung hinterläßt die Session nicht. Auch die schroffen Angriffe, die noch zuletzt ein conservativer Führer gegen den Ministerpräsidenten gerichtet hat, bean spruchen keine sonderliche Beachtung. Man ist an solche Zwischenfälle gewöhnt und auch daran, daß sie die Negierungs politik nicht beeinflussen. Die Meldung des Landeshauptmannes von Tüdwostafrika, des Majors Leutwein, Laß der Krieg mit den Eingebore nen, der am 5. April bei Gobabis begann, durch die Gefangennahme des Kahimema und des ganzen Khauas- StammeS am 20. Mai beendet worden ist, bestätigt in erfreulicher Weise das, was man nach den vorher cinge- troffenen Meldungen erwarten konnte. Ein besonderer GlückSumstand ist es, daß auch der Häuptling Kahimema gefangen worden ist und nicht wie 1803 Hendrik Wittbooi entwichen konnte. Der so schnell beendete Krieg lenkt aber die Aufmerksamkeit nach einer anderen Richtung hin. Wegen der Gefahr einer allgemeinen Erhebung aller Herero ist bekanntlich am 3l. Mai eine Ergänzung der Schutz truppe von über 400 Mann abgegaugen, die von jetzt ab erst in etwa 14 Tagen an der Küste eintreffen wird; und man hat schon vielfach die Frage auswerfen hören: Was soll nun Liese Verstärkung machen? Wir hätten sie wobl gar nicht gebraucht! Dem gegenüber weift der „Hamb. Corr." darauf hin, daß ältere Beamte aus Südwestasrika, die Land und Leute genau kennen, auch jetzt noch bestimmt erklären: die große Ver- stärknng der Schutztruppe ist weder zu groß für das ausgedehnte Schutzgebiet, noch überflüssig. Schon der Aufstand der an Zahl äußerst geringen KhauaS-Hottentotten hat es bewiesen, wie wenig die Eingeborenen noch die Thatsache der deutsche» Landeshoheit beachten oder überhaupt begriffen, haben. Viele Stämme im Norden wie im Osten und Süden haben noch weniger Berührung mit der deutschen Herrschaft gehabt, und ungeheuer viel ist noch zu thun, um allent halben eine Ordnung herzustcllen, welche Dauer ver spricht. Vor Allem ist es nothwendig, einen starken Druck auf die grollenden Häuptlinge der Herero aus zuüben; auf die hat der fälschlich als Oberhäuptling bezeichnete Samuel Mabarero fast gar keinen Einfluß. Die Herero erkennen ihn, der Christ ist, nicht als solchen an. Wie wenig man sich auf sie verlassen kann, geht auch daraus hervor, daß der Landeshauptmann dem Major Müller gestattet hat, den alten Riärna in Okahandya, einen nahen Verwandten des Samuel, gegebenen Falls zu verhaften. Zu allen diesen Dingen braucht man reichliche Mannschaften und der Landeshauptmann wird erst mit der Verstärkung, welche die eigentliche Schutz truppe auf nahezu 1000 Mann erhöht, eine solche Wirkung hervorbringen können, daß unsere Herrschaft über das Schutzgebiet zum ersten Male wirklich hergestellt wird. Major Leutwein ist von nun an auch im Stande, zugleich im Norden, wie im Süden mit so starken Abtheilungen auf zutreten, daß er alle Unbotmäßigkeiten unterdrücken kann. Schon die Anwesenheit einer so großen bewaffneten Macht im Lande wird auf die gesammte Bevölkerung des Schutz en von Hamburg Anzeigeu-Prel- di« 6 gespaltene Petitzeik 20 Pfg. lsteclantkn unket deck NedaellonSstrich läge» spalten) 50 »j, vor den Famlliennachrichlen (6 gespalten) 40-4 VrShere Schriften laut unserem Preis- verzetchniß. Tabellarischer unk Lisstrchatz nach höherem Tarif. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Marge «»Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anreigen sind stets au die vrtzkvition , »u richten. Re-action und Expedition: JohanneSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. »tcr'schcn uptmauu sernt am ,n Wadh ,iro uno it sic zu. 2 tötllich Havas") von der Türken sten nach :ta abgc- ere» Lage Filialen: ktto Ulemm'S Sortim. (Alfred Hahn). Uviversitätsstraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche, kkathartnenstr. 14, pari, und Köm'gsplatz 7. Judas. Roman von Claus Zehren. Nachdruck verboten. Ich glaube, mir thut Ruhe noth, ich fühle mich sehr abgespannt." „Thue das, liebes Kind, Bettruhe ist daS Beste", nickt ihr Frau Mohlen lächelnd zu. An der Thür bleibt Eva noch einmal stehen. Sie hat das Gefühl, als stiege ihr ein unsagbarer Ekel in den Hals hinauf, aber sie bringt es doch fertig, zu fragen: „Und — der Mensch lebt wirklich mit —" weiter bringt sie kein Wort heraus. „Ach, Du denkst noch immer daran, Kind? Um des Himmels willen fasse die Sache nicht so tragisch auf; vielleicht ist es auch nur ein Gerücht, obgleich ich immer gefunden habe, daß solche Gerüchte meist noch hinter der Wahrheit zurück bleiben. Bitte, theile Deinem Vater nichts von unserer Unterredung mit, ich sprach nur durch Dein Drängen veranlaßt. Gute Nacht, liebes Kind!" Eva schlich hinaus, ohne Gedanken, ohne zu wissen wohin. Schon legte sie die Hand auf den Drücker jener Thür zu dem einstmaligen Krankenzimmer der Mutter, aber im letzten Moment zuckte die Hand zurück. Dort hatte sie ihn ja zuerst gesehen! Am anderen Morgen früh theilte dem Präsidenten seine Tochter kurz mit, daß ihr jede Stunde zur Abreise recht sei. Je früher, desto besser. „Schön", sagte er, besorgt in ihr schlaffes, todtblricheS Gesicht blickend und die tiefen dunklen Schatten unter den Augen gewahrend. „Es ist wirklich die höchste Zeit für Dich, wie ich sehe, Du arme« Kind. Gewiß, wir können morgen schon reisen." Hansen batte den Freund seit der Beerdigung nicht wieder gesehen. Er konnte eS einfach nicht. Jener hatte ibn, gar nicht« gethan, aber e« war ihm, dem Assessor, doch bin und wieder der Gedanke gekommen, ob Eva für den Doctor nicht etwa« mehr als ein Gefühl der Freund schaft hegte. Die beiden Menschen hatten traurige, ernste Stunden zusammen verlebt, und dann hatte er auch bemerkt, wie innig Politische Tagesschau. * Leipzig, 22. Juni. Daß ein so streitbarer Mann, wie (Sraf Mirbach, der in der Sitzung des Reichstags vom 18. ds. seine Kampfes- fröhlickkeit durch eine Herausforderun g des Abgeordneten vr. Barth beweisen zu müssen glaubte, auf die Beurtheilung nicht schweigen werde, die dieses sein Verhalten in der Presse gefunden hat, hat wobl alle Welt geglaubt. Wirk lich veröffentlicht der Herr Graf in der „Kreuzzeitung" eine ellenlange Erklärung, deren Eingangsworte darauf vorbereiten, daß er über den Vorgang in jener Sitzung sich verbreiten und sich zu rechtfertigen versuchen werde. Aber diese Erwartung wird durch den weiteren Inhalt der Er klärung enttäuscht. Nur insofern bleibt der Herr Graf bei seinem Thema, als er hervorhebt, daß der ihm gegenüber gebrauchte Ausdruck „nicht goutlemaulilco" vom Präsidenten nicht gerügt worden ist. Das ist allerdings eine Unterlassung, die befremden muß, im Uebrigen aber ist es ein zu durchsichtiges Manöver, wenn Graf Mirbach, der sich zu ver- theidigen hat, die Rolle des Anklägers usurpirt. Es hat mit jenem unangemessenen, herausfordernden Austreten nicht das Mindeste zu thun, daß nach demselben in gewissen Zeitungen von seinem Cbampagnergenuß, seinen Hypothekengeschästen, seinem Wegbleiben von den Kieler Festen die Rede war. Daß die Presse deS agrarischen Schutzverbandes nicht an ständig zu diScntiren versteht, ist bekannt und braucht von Niemandem mehr bewiesen zu werden. Auch zu erfahren, wie viel Champagner der Graf Mirbach beute noch vertragen kann, ist nicht von allgemeinem Interesse. Warum hält er sich nicht an seine Affaire und an die Beurtheilung, die sie in Organen wie die „Nationallib. Corr." und die „Köln. Volksztg." gefunden hat? Die kostbare Idee, wenigstens denjenigen Mitgliedern des Reichstags, die zugleich Mitglieder des preußischen Abgeordnetenhauses sind, die Sommerarbeit am Bürger lichen Gesctzbuche durch ^Diätengenuß zu versüßen und zu diesem Zwecke die Tagung des prenstischcu Landtags künstlich noch mehr in die Länge zu ziehen, ist fallen gelassen und die Session am Sonnabend in seier- licher Weise geschlossen worden. Das hätte schon geschehen können, als der Landtag in die Pfingstserien ging; die Verlängerung der Session über Pfingsten hinaus war nichts als ein kostspieliger LuxuS, denn daS End resultat stellt sich um nichts besser, als das Resultat bei Beginn der Pfingstserien. Das RichterbesoldungS- gesetz, daS schon damals für gefallen galt, ist inzwischen definitiv gescheitert, nachdem das Herrenhaus einen Assessoren paragraphen, der noch weniger annehmbar als der der Re gierungsvorlage war, eingefügt hatte. Es wird, wie das Lehrerbesoldungsgesetz, in der für November in Aus sicht genonunenen Tagung wiederkehren; ob auch eine Handelskammervorlage an Stelle der zurück gewiesenen und sodann zurückgezogenen in näherer Zukunft wieder eingebracht werden soll, darüber verlautet nichts Be stimmtes. Den drei negativen Ergebnissen stehen, wie in Erinnerung gebracht werden mag, die perfect ge wordenen Gesetze über Einführung des Anerbenrechts bei Renten- und Ansiedel ungSgütern, über den Bau von Secundär- und Kleinbahnen, sowie von Getreidelagerhäusern und über die Er höhung des Capitals der Centralgenossenschaftscasse gegenüber. Es sind außerdem eine Reihe von Jnitiativ- Der zweideutige Charakter der englischen Lüö afriknpolittk bat in Pretoria, wie eS scheint, jetzt den Ent schluß zur Reife gebracht, au« eigener Initiative eine Klärung der durch NbodeS' und Jaineson's bochverrätberiscke Um triebe muthwillig heraufbeschworenen Lage herbeiznsühren, nach dem die englische Regierung ihre» Dank für die gegen die Rädelsführer des Johannesburger Complots geübte beispiellose Milde in einer weiteren Verschleppung der gegen die Char teret) - Company in Aussicht gestellten parlamentarischen Untersuchung bezeigt nnd das Verfahren gegen Jamcson sich von Tag zu Tag mehr als Far?e entpuppt hat. Staats- secretair vr. Leyd'S hat durch seine via Capstadt nach London gerichteten telegraphischen Reclamationen dem eng lischen Colonialminister Chamberlain einen nickt miß zuverstehenden Wink ertheilt. Es wäre schon längst Pflicht der englischen Regierung gewesen, die innerhalb ihrer Disciplinar- und Justizgewalt befindlichen Anstifter des Complots gegen die Südafrikanische Republik zur verdienten Rechenschaft zu ziehen. Sie that es nicht, und muß sich nun gefallen lassen, von Pretoria aus mit deutlichen Worten an die Erfüllung einer Pflicht deS völkerrechtlichen Anstandes ge wahrt zu werden. Der insulare Hochmuth der Engländer schäumt natürlich gegen diese „diktatorischen Manieren" der Boeren und kann sich dieselben nicht anders erklären, als daß Deut sch land als Hetzer hinter dem Präsidenten Krüger steckt und demselben den Nacken steift. DaS gilt nun einmal in England als aus gemacht und die hauptstädtische Presse spricht davon als von einer nicht mehr des Beweises bedürfenden Thatsache. Habest sidi! Die Gelegenheit, unsere Rechnung mit England zu begleichen, wird sich schon finden. Vorläufig handelt eS sich darum, ob die englische Negierung gewillt ist, dem Verlangen des Staatssecretairs vr. Leyd'S gerecht zu werden und mit den Boeren wieder auf guten Fuß zu kommen. Wir zweifeln sehr stark daran. Oder wir müßten uns in der Annahme tauschen, daß der fast gleichzeitig mit der Bekanntgabe der Leyd'scken Depeschen gemeldete Wiederansbruch des Matabeleanf standes und die Concentrirung beträchtlicher Truppenmassen an der Nordgrenze Transvaals insofern mit einander in Conner Die Mcgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Anzeiger. Amtsblatt des Königliche» Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes nnd Nolizei-Ämles der Ltadt Leipzig. Fragen — daß der zitternde Wunsch hindurchklingt, irgend etwas von jenem zn hören. „Ich glaube gut, gnädiges Fräulein", sagt er, nun selbst verwirrt. Eva erhebt sich langsam, beide Hände auf die Tischplatte stützend. „Entschuldigen Sie mich, bitte, Herr Hansen, aber Sie werden es gewiß nicht übel nehmen, ich habe noch sehr viel zu thun und zu denken." „Bitte sehr, natürlich! Verzeihen Sie mir; ein Jung geselle denkt nie an diese Dinge. Leben Sie recht, recht wohl und Gott gebe Ihnen die Ruhe der Seele wieder, welche Sie suchen." Langsam läßt er ihre Hand los. Da, er ist schon an der Thür und nun tönt hinter ihm ganz schwach nur sein Name: „Herr Assessor Hansen!" Rasch sich wendend, steht er wieder neben ihr, welche ihm seltsam scharf in die Augen blickt. „Sie sind der beste Freund des Doctors Raßmus, Sie sind auch — meines VaterS, nein, wie soll ich sagen — unser aller Freund und werden mir die Wahrheit sagen. — Lebt Ihr Freund mit Fran — Frau Christensen zusammen?" Es ist todtenstill eine Weile. — DaS ist mehr als eine Frage der Neugier. Sonnenklar sieht er durch alle« hindurch und doch, wie finster wird es in ihni, so finster, daß er sich selbst nicht findet. „Sie zögern — ?" preßt sie hervor. Seine Gedanken klammern sich plötzlich daran fest. WaS ist denn — ? Harald liebt sie ja nicht! Ist es nicht edler, die hoffnungslose Liebe in ihr zu zerstören, diese Liebe, welche nie erwidert werden kann? — Plötzlich rasselt es im Uhr gehäuse. Erschreckt fahren die beiden zusammen. „DaS kann ich nicht leugnen." Bim, bim! — langsam zwölfmal hinter einander schlägt der Klöppel an die silberne Glocke der Uhr. „Schon 12 Uhr", sagt Eva und winkt mit der Hand. In entsetzlicher GemütbSverfassung eilt Hansen auS dem Hause, hinein in den Thiergarten, vorbei an den Menschen bis cs stille wird rings umher, bis er auf eine einsame Bank sinkt und den schmerzenden Kopf in beide Hände vergräbt. — Bim — bim! Zwölf Mal! Ein zerlumpter, zweifelhafter Geselle setzt sich neben ihn, dicht heran „Auch kein Geld mehr?" fragte der frech« Kerl, seinen Knotenstock auf den Kietz stoßend Der kam ibin gerade reckt Stztra-Beilage» (gesalzt), NU« mit der Morgen - Ausgabe, ohne Pviibesördekung »0.—, mit PostbrsörderMig ^ll 70.—. in diesem Augenblick. „Was wollen Sie, unverschämter! — Halten Sie den Mund oder —", und er reißt blitzschnell dem Vagabunden den Stock aus den Händen, spannt denselen über das Knie und bricht ihn krachend entzwei, um die Stücke dem Besitzer vor die Füße zu werfen. Die Energie, welche in seinen finster zusammengezozenen Augenbrauen, in dieser brüsken Handlungsweise liegt, imponirt jenem Kerl. Scheu drückt er sich um daS nächste Bosket herum, während Kurt davongeht, ohne einen Blick rückwärts zu wenden. Zu derselben Zeit steht Harald in seinem Zimmer vor dem Tisch und packt sorgsam ein kleines Packet zusammen. Er hatte sich lange den in solchen Dingen ungeschickten Kops zerbrochen, womit er wohl Eva eine kleine Freude bereiten könnte. Heimlich verschaffte er sich eine sehr gute Photo graphie ihrer verstorbenen Mutter, ließ dazu einen knnst vollen Rahmen machen, auf welche ein geschickter Zeichner allerliebste kleine Skizzen von der Insel Wight angebracht hatte. Vor einer Stunde war das kleine Kunstwerk angekomm- n und Harald wickelte eS nun wieder zusammen, um es in der Tasche seines Sommerüberziehers verschwinden zu lassen. Nun wollte er zu ihr gehen. Während der beiden Wochen seit der Beerdigung war der Gedanke an Eva nickt von ihm gewichen. Einige Male schon fest entschlossen, ein offenes, männliches Wort mit Hansen zn sprechen, schreckte er doch immer wieder vor einer solchen Auseinandersetzung zurück. Gerade solche Männer wie er pflegen wenig Ver trauen zu sich zu haben, sobald e« sich um daS Verkältniß zu einer Frau bandelt. WaS wußte er denn? — Nun ja, Eva war so nnd so gewesen, gewiß, — sie hatte damals am Todtenbettc ihrer Mutter, wie selbstverständlich sich an ihn gelehnt in ihrem maßlosen Schmerz und dann — nun, auf der Reise saßen stets noch andere im Coupö, der Vater und Fremde, so daß Harald sich den grötzten Theil der Zeit in ein Nauckcoupt- zurückzog, schon um Vater und Tochter allein zu lasse». Zwar den Blick aus ihren Angen bei der Leichenfeier ver gaß er nie wieder, aber der Zweifel kam: war denn das mit jenem Blick gemeint, -WaS er wie eine unendlich ferne und dock so beiß genährte Hoffnung in sich trug? War das denn nicht vielleicht Alles nur für den gewesen, der die schweren Stunden mit erlebte? — Wa« wollte er denn eigentlich Hansen sagen? Aber der Gedanke plagte ibn un säglich, rubeloS, die Erinnerung an jene- vertrauensvolle Be» gebiete« einen beruhigenden Einfluß anSüben. Durch das Telegramm vom 18. dieses Monats wird übrigens eine schon früher beleuchtete Thatsache von Neuem bewiesen; das von Capstadt am 18. Juni abgegangene Telegramm ist nämlich vom Major Leutwein am 20. Mai abgesandt worden, doch es hat fast einen ganzen Monat gebraucht, ehe es vom Sitze deS Landeshauptmannes nach Capstadt gelangte. Damit wird die mangelhafte Verbindung des Innern mit der Küste wie des Schutzgebietes mit der Außenwelt deutlich dar- getban. Zu verwundern ist nur, daß Major Leutwein nicht von selbst, als er Pie Verstärkung verlangte, auch die Zu sendung eines Feldtelegrapben als nothwendig hingestellt hat. Man hätte ihm diesen nicht wohl verweigern können. In der Verwaltung LinnoaS ist im Herbste 1893 nach den Bestimmungen der Berliner Samoa-Acte von 1889 eine Aenderung insofern eingetreten, als ein neuer Oberrichter und ein neuer Präsident der Municipalität von Apia ernannt wurden. In dem ersteren Amte erfolgte auch noch dahin ein Wechsel, daß ein Nordamerikaner auf den nichtigsten Posten berufen wurde. An die Spitze des Bezirks von Apia kam wiederum ein Deutscher, der bisherige Viceconsul Schmidt. Seine Amtsperiode wird im Herbste 1896 ablaufen; er gedenkt, wie bereits gemeldet wurde, von Samoa wegzugeben und wieder in den Consulats- dienst des Reiches einzutreten. Als seinen Nachfolger be zeichnet man auf Samoa selbst den Hauptmann a. D. Brandeis, der gegenwärtig in der Colonial-Abtheilung zu Berlin beschäftigt wird. Hauptmann Brandeis war Jahre lang erster Berather und Instrukteur des Häuptlings Tamasese, der bekanntlich in den achtziger Jahren als Gegenkönig gegen Malietoa aufgestellt und von Deutschland als solcher anerkannt wurde. Die Vermuthung liegt aller dings nabe, daß die bisher rebellischen Atualeute, die den jungen Tamasese zu ihrem Führer machen wollten, sich von dem ihnen schon bekannten neuen Municipalitäts- Präsidenten Brandeis leichter leiten lassen würden. Andererseits kann man sich mit dem „Hamb. Corr." nicht verhehlen, daß die Ernennung des ehemaligen Beratbers von Tamasese nach anderer Richtung hin Aufregung und Auflehnung Hervorrufen könnte. Nach dem Tode des Königs Tamasese wurde Brandeis zum Secretair beim Rcichscommissariate der Marschall-Insel er nannt, Ende 1893 als Richter nach dem Bismarck-Archipel berufen und von da im vorigen Jahre zur Dienstleistung in die Colonial-Abtbeilunz ausgenommen. — Nicht so leicht, wie beim Municipalitäts-Präsidenten wird den Vertrags mächten die Wiederbesetzung der Stelle des Oberrichters werden. Die Hoffnungen,welche man z.B. an die Ernennung eines Nordamerikaners knüpfte, haben sich nicht erfüllt, der jetzige Oberrichter Ide hat nicht znr Beruhigung bei getragen, vielmehr in echter Nankeemanier sich um Recht und Gesetz wenig gekümmert. Obwohl seit etwa vier Jahren ein Strafgesetzbuch für Samoa eingesührt ist, hat er gegen dessen Bestimmungen Strafen willkürlich abgeändert und dazu bei getragen, daß manche Vergehen sehr zugenommen haben. Es wird sich nun fragen, ob die drei Vertragsmächte sich wieder über einen Nordamerikaner verständigen oder es nicht vorzieben, einen Richter anderer Nationalität zu wählen. Zwischen Frankreich und Italien soll, wie von verschie denen Seiten gemeldet wurde, eine Annäherung in Aussicht stehen. Besonders wird betont, daß die Ablösung des früheren Cabinets durch das Ministerium Rudini und die höfliche Haltung des jetzigen italienischen Minister ¬ präsidenten gegen Frankreich geeignet seien, nicht blos eine Detente in den Beziehungen der beiden Staaten, die ja schon eingetreten sei, Herbrizuführen, sondern auch die Wiederherstellung eines freundlichen Ver hältnisses zwischen den beiden Ländern zu begünstigen. In der französischen Presse hat man bisher — vielleicht absicktlick — jedes nähere Eingehen auf diese Angelegenheit vermieden. Jetzt veröffentlicht indessen der der französischen Regierung nabe stehende Pariser „Temps" einen Artikel, in welchem er deutlich hindurchblicken läßt, daß thatsächlich Unterhand lungen zwischen Frankreich und Italien im Gange sind, welche auf die Anbahnung einer Verständigung auf com merziellem und politischem Gebiete abzielen. Abgesehen davon, daß eS fraglich geworden ist, ob der „Temps" noch als Regierungsorgan zu betrachten sei, können wir dem gegenüber nur wiederholen, worauf wir schon mehrfach hingewiesen haben, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen bei dem andauernden, durch die Berufung MölineS znm Ministerpräsidenten besonders an Gewickt ge winnenden Vorherrschen der schutzzöllnerischen Richtung in Frankreich von dem Abschlüsse eines Handelsvertrages keine Rede sein kann. Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, daß eine handelspolitische Verständigung in bescheidenerem Rahmen gelingen kann, wodurch freilich weder für Italien, noch für Frankreich viel gewonnen wäre. Bezugs-Preis B der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aos» oavesteklen ab geholt: vierteljährlich ^6.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins AauS ü.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ./t 6.—. Directe tägliche Kreuzbandsendung iu« Ausland: monatlich 7.S0. die trauernde Tochter bei dem Begräbniß zu Harald einige Male hinüberschaute. Daß derselbe noch nicht wieder im Hause des Präsidenten erschienen war, batte Kurt zwar be ruhigt, demnach dachte also RaßmuS an nichts. Er war ein so guter, lieber Kerl, der seine ausgesprochene Zuneigung für die verstorbene Präsidentin auch gewissermaßen auf deren Angehörige übertrug. Er war ja stets bereit zu helfen, wo Hilfe nöthig war. Nun meldet dem Assessor der Diener beim Oeffnen der HauSthür, daß die Herrschaften morgen abreisen würden und Kurt läßt sich, da der Präsident nicht zu Hause ist, bei Eva melden. Wie schrecklich bleich und krank sie anSsah! Sie mußte innerlich unsagbar leiden. Die freundlichen Worte, welche er ihr sagte, drängten stch ihm aus dem Herzen heraus, wärmer als er sonst ge wagt hätte, sich zu äußern. Nun saß er neben ihr unter der großen geschnitzten Uhr im Salon, weil alle andern Räume schon in Unordnung waren. „Ob er auf seiner Urlaubsreise vielleicht einmal persönlich sich nach ihrem Befinden erkundigen dürfe?" Sie lächelte müde, aber freundlich. „Gewiß, der Vater wird sich sehr freuen, und ich auch, gewiD!" Hansen beugt sich über ihre Hand, ohne daß sie es zu bemerken scheint. „Sie könnten meinem Vater einen großen Gefallen thun, Herr Assessor, wenn Sie den Herrn Doctor Raßmus bitten, möglichst heute noch seine Liquidation für seine ärztlichen und anderen Bemühungen zu schicken. Der Vater möchte die Sache gern erledigen vor unserer Reise." „Sehr gern, gnädiges Fräulein, obgleich ich kaum glaube, daß mein Freund sich rasch dazu entschließen wird. Das Rechnungswesen führt seine Haushälterin, Frau Christensen, ohne deren Beihilfe er wahrscheinlich nie bei seiner Gleich giltigkeit für derartige Sachen ein Honorar bekäme. Ich werde mich also am Besten sofort an diese Autorität wenden." / Unwillkürlich rückt Eva etwas zur Seite. Jhrte Hände schlingen sich ineinander mit fast qualvollen Beweastngen. „Gut, wie gesagt — mein Vater würde sehtz dankbar sein. — Wie geht es Ihrem Freunde?" , Kurt blickt sie erstaunt an. Es ist etwas in di/s«r Stimme, in dem tiefen Herabsinken des blpnden Kopfes^ in der Be wegung der Hände, waS ihn zuerst überrascht. Und dann — plötzlich weiß er eS, daß dies mehr ist als /n gleickgiltigeS
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