Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.01.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990131015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899013101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899013101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-01
- Tag1899-01-31
- Monat1899-01
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Tie Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr. dir Nbrnd-Ansgobe Wochentags um 5 Uhr. Vezugs'PreV I» der Heoptix-edition oder d« im GteckS- bezirk *vd d« Vororte« «reicht,te» «»«- aarestrllen abgeholt: vierteljährlich ^!4ck0, «ei zweimaliger täglicher Znstrllung in« «,«»-^5^0. Durch die Post bezogen für Deutschland n»d Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbanhjendimg in« Ausland: monatlich 7.50. Ne-aclion und Erveditton: 8«haune«gaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- unnnterbroche» geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filiale»: klemm'» Sortim. (Alfred Hahn), iiniversitätSstraße 3 (Paulmuf), Louis Lösche. Katbarinenstr. 14, vart. und KSrigSpkatz 7. Morgen-Ausgabe. MpMcr TaMaü Anzeiger. Amlsvlatt des LönigNchen Land- und Amtsgerichtes Leipzigs -es Rathes und Nolizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. fflnzeiaen.Pker- die 6 gespaltene Petitzeile LO Pfq- Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 spalten) 50-^, vor den Jamiliennochkich»» (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- »»Tzeichuiß. Tabellarischer und Ziffernjaz nach höherem Tarif. dertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der borgen»Ausgabe, ohne Postbesördcruag ^l 60.—, mit Postbesürderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. V«i den Filialen und Annahmestellen je eins halb« Stunde frnher. Anzeigen sind stets an df« Expedition zu richten. e» - Druck und Lerlao von E. Bolz in LeivsiL 55. Dienstag den 31. Januar 1899. 93. Jahrgang. Plagwitz Herr b. Krüt/mann, Zschochersche Straße 7 a, Reudnitz Herr k'nKwLUN, Marschallstraße 1, - Herr 0. 8v1lmidt, Kohlgarteustraße 67, - Herr Leink. Ketzer, Mützengeschäft. Leipziger Straße N, Thonberg Herr 11. LUnt86ti, Reitzenhainer Straße 58, Volkmarsdorf Herr Oeoi'K Alemann, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Ranftsche Gasse 6 Herr Lrledr. LIseLer, Coloniaüvaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LnKelmrmn, Colonialwaarenhandlung, Schützenftrahe 5 Herr dul. 86Uüiili<d»en, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr U. LIM Loli, Cigarrenhandlung, Aorkstrahe 32 (Ecke Berliner Straße) Herr L. Livt/, Colonialwaarenhatldlung, Zeitzer Straße 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Für und ZkLi»« kann das Leipziger Tageblatt durch alle Postanstalten des deutschen Reiches und Oesterreick-Ungarns zum Preise von 4 bezogen werden. In Leipzig abonnirt man für 3 mit Bringerlohn 3 75 und nehmen Bestellungen entgegen sümmtliche Zeitungsspeditenre, die Hauptexpedition: Johannesgasse 8, die Filialen: Kathariuenstratze 14, Königsplatz V und Universttiitsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraße 35 Herr L. 0. LIttoI, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraße L Herr Meod. Leier, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 0. L. Heluibvrt's Xaekkotxer, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straße (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr Otto Lraur, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraße 15 Herr Lduard Letrer, Colonialwaarenhandlung, Nafchmarkt 3 Herr L. 6. 8eLuI/e, Nürnberger Straße 45 Herr LI. L. Aldreeüt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert Orelner, Zweinaundorfer Straße 18, - Connewitz Frau Llseüer, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Lodert ALuer, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert Htuer, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Herr Aldert Lindner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt 8edeit's Annoneen-Lxpeditivn, Eisenbalmstraße 1, LunLespolitische Streitfragen. 6 Selbst der gefälligste ReickSoptimist wird eS nicht normal finden, daß eine Gelegenheit wie der Geburtstag deS Kaisers gleich an zwei Regierungsstellen Anlaß zu Er örterungen gegeben hat, die bnndespolitrsche, um nicht zu sagen bundesrechtliche Streitfragen betreffen. Es handelt sich um Braunschweig und Lippe. Wa» zunächst Braunschweig angebt, so ist dort amtlich und halbamtlich sehr deutlich angedeutet worden, daß man die Vorgänge bei der hannöverschen Parade vom 24. d. M. vom braunschweigischen Standpuncte nicht für „antiwelsische" Kundgebungen ansieht. Die braunschweigischen Erklärungen knüpfen, wie bei ihrem antotoritativen Charakter sich von selbst versteht, nicht direct an den kaiserlichen Act an, dessen Schauplatz Hannover gewesen ist. Aber der Zusammenhang ist unverkennbar. Der Staatsminister Otto hat in seiner Festrede bei dem Mahle zu Ehren des Geburtstags des Kaisers sich wie folgt vernehmen lassen: „Tine neue Spaltung hat sich, entsprungen auS der Be wegung in der Nachbarproviuz, feit Jahren im Herzog, thum wirksam erwiesen, eine Spaltung, der die innere Berechtigung fehlt, wenn wir die thatsächlichen Verhältnisse, den gegebenen Rrchtsboden fest ins Ange fassen, wenn wir nicht aussichtslosen Wünschen Einfluß einräumen wollen, auf deren Erfüllung mindestens das Hrrzogthum keinen, nicht den geringsten Einfluß hat. Un» wirksam sollte vor Allem die Spaltung sein, wenn wir ausschauen zu Kaiser und Reich, wenn es sich um Angelegenheiten deS geeinten deutschen Reiches handelt, das uns Allen, so hoffe ich, fest ans Herz gewachfeu ist. Wie steht's mit unS, mit dem Herzogthume? Selbst in dieser FesteSstunde dürfen wir dir bedrückenden Thatsachen nicht vergessen, daß zwei der braunschweigischen Sitze im Reichstage den Parteien entrissen sind, die geeint, fest uud treu zu Kaiser und Reich stehen sollten. Darum auch heute wieder die Mahnung: Lasten Sie uns einig zu Kaiser und Reich stehen, meiden, was uns trennt, juchen, was uns verbindet! Es thut Noth. Deutschland hat genug der äußeren und inneren Feinde, Deutschland geht schweren Kämpfen entgegen, wenn die Einigkeit fehlt." Der Schwerpunkt dieser Auslassung ist derjenige, den der Minister selbst in der FesteSstunde nicht übergehen zu dürfen bedauert hat: die Erwähnung des Rückganges der nationalen Parteien bei der ReichStagSwahl. Cs ist bekannt, daß man ähnliche Verluste von der Bildung einer sogenannten konservativen Partei in der Provinz Hannover vorauSsirht. Dieses Unternehmen wurde — jeder Zweifel daran ist ausgeschlossen — von Negierungsorganen auf Berliner Anordnung hin in Angriff genommen. Die Con- servativen protestiren selbstverständlich nicht; wer aber ihre leitende Presse kennt, dem sagt der Mangel an Energie, mit der diese in die Action eingriff, genug. Der braunschweigische Minister Otto theilt wahrscheinlich dre ziemlich allgemeine Ueberzeugung, daß man sich in Berlin von der eitlen Hoffnung leiten läßt, die hannöver schen Welfen würden gute Preußen und Deutsche werben, wenn nur erst in Braunschweig ein Welfe regiere. Zeven- fall- befürchtet Minister Otto von amtlichen Parteien- zersetzungüversuchen nicht nur und nicht in erster Reihe socialbemokratische, sondern welfische Erfolge und der letzteren natürliche Rückwirkung auf Braunschweig. Die Annahme aber, daß er auch von der Beiorgniß erfüllt sei, von Berlin au» wolle man die Dinge in Braun schweig geflissentlich für die Thronbesteigung eines Welfen reif werden lassen, wird bestärkt durch sehr ernst« Auslassungen des Organ« der braunschweigischen Regierung, de« „Br. Tage blatte«". Auch die Zeitung knüpft nicht unmittelbar an di« hannöverschen Kundgebungen an, sie rückt aber in deren nächste Nahe, indem sie von Bemerkungen der „Köln. Ztg." ausgeht, zu denen sich da« rheinische Blatt durch die Ver schmelzung der hannoverschen HeereSüberlieferungen und die ihr vorauSgegangenen Gerüchte veranlaßt gesehen hatte. Zn der „Köln. Ztg." war zunächst die braunschweigischeRegierung dafür verantwortlich gemacht worden, daß man nack der Erledigung deS braunschweigischen Throne« „nickt kurzen Proceß gemacht und (anstatt eine Regentschaft, zu errichten) diesen Thron durch die Organe de« Reiche« und de« Bunde« neu besetzen ließ". Weiterhin wurde der Borwurf erhoben, „daß in Braun schweig die Zügel der Regierung stark am Boden schleiften, und daß die dortige, leider recht, pietistisch angehauchte Regierung e« an der erforderlichen Thatkraft hat fehlen lassen, den verstärkten welsischen Bestrebungen nachdrücklich entgegen-1 zutreten." Die braunschweigische Negierung dreht nun die I beiden ihr vorgehaltenen Spieße um, indem sie ihr Organ f schreiben läßt: „Die Gestaltung der Regierung des Herzogthnms nach dem Ableben des Herzogs Wilhelm stützt sich auf die Gesetzgebung, insbesondere die Verfassung des Landes und das zu dieser gehörende Regentschaftsgesetz und hat rückhaltlose Anerkennung in dem DundeSrathSbeschlusse vom 2. Juli 1885 gesunden. Die verfassungs mäßigen Organe des Herzogthnms, der Namens der verbündeten deutschen Regierungen sprechende Bundesrath, sind zunächst ver antwortlich für den gegenwärtigen Zustand. Rückhaltlose Anerkennung hat derselbe aber auch auf preußischer Seite gesunden. Nicht in einem Gegensätze zwischen dem Herzogthume und dem zur Nachfolge in der Regierung berufenen Agnaten des Hauses Braunschweig, sondern in den thatsächlichen Verhältnissen, welche zwischen Preußen und dem ehemaligen hannoverschen Königs hause obwalteten, ist der sachliche Grund der gegen wärtigen Gestaltung der Regierung des Herzogthums zu suchen. Daraus erklärt es sich, daß auch dem Leiter der preußischen Politik im Jahre 1884, als hier die Thronerledigung ringetrrten war, es zukam, ein gewichtiges Wort bei der Lösung der in der Sache liegenden Schwierigkeiten mitzureden. Die „Kölnische Zeitung" scheint die bestimmte Stellung nahme der Organe des braunschweigischen Staates gegenüber der welsischen Bewegung zu übersehen, wie sie sich bekundet hat in der 1897 erfolgten Herbeiführung des Aus tritts von Beamten, Kirchen- und Schuldienern aus welsischen Ber einigungen, in der mit höchster Genehmigung gegenüber Len Angriffen auf die eben erwähnte Maßregel in dem amtlichen Blatte des Herzog thums am 1. December 1897 veröffentlichten, den amtlichen Ursprung ausdrücklich hervorhebenden unzweideutigen Kundgebung bezüglich der Stellung der Landesregierung zu der sogenannten welsischen Frage, in dem Beschlüsse der Landesversamnilung vom 18. Mai 1898, in welchem die LanLeSvertretung einstimmig den Standpunkt der Regie gierung billigte, endlich in der Erklärung des Vorsitzenden des Staats ministeriums, welcher in derselben Sitzung der Landesversammlung die Stellung der Regierung gegenüber den welsischen Agitationen nochmals fest und bestimmt darlegte. Demgegenüber ist die Be hauptung der „Köln. Ztg.", daß bezüglich der welsischen Bewegung im Herzogthume Braunschweig die Zügel der Regierung recht stark am Boden schleiften, ebenso unhaltbar als sinnlos. Umgekehrt ist uns übrigens seit 1885 kein einziger Fall bekannt, in welchem im amtlichen Organ deS Reiches und des preußischen Staate« klar und bestimmt Stellung zu der braun schweigischen Frage genommen wäre, obgleich eS sich hier in erster Linie um eine preußische, aus dem Verhältnisse Preußen- zum ehemaligen hannoverschen Königshause entspringende Frage handelt. Die „Kölnische Zeitung" mag versuchen, uns einen einzigen Fall solcher Stellungnahme nachzuwcisen. Die ver- fassungsmäßigen Organe deS HerzogthumS werden, um dies zum Schluß zu betonen, wie wir keinen Augenblick zweifeln, auch ferner fest aus dem Boden der braunschweigischen Verfassung und des Bunde SralhS beschlusse» von 1885 beharren, von der Ueber zeugung getragen, daß sie damit, auf dem Rcchtsbodeu stehend, ebensowohl den Interessen deS Herzogthums dienen, al« die Pflichten gegen Kaiser und Reich erfüllen werden. Treu zu Kaiser und Reich zu stehen, ist, so lange das Reich besteht, im Herzog- thume stets als die erste politische Pflicht erkannt." Die Entschiedenheit dieser Sprache ist begreiflich. Es ist ein starke« Stück, von Preußen au« die Erregung welfischer Hoffnungen zu tadeln. Hier hat man außer den schon er wähnten, der neuesten Zeit angehörigen Versuchen, einen Keil in die reichStreue Bevölkerung Hannovers zu treiben, einmal eine Reibe von der Mißdeutung ausgesetzten welsen freundlichen Sentimentalitäten auf dem Gewissen, so z. B. die Begleitumstände der Beseitigung de« WelfenfondS und die an Apotheose streifende Verehrung des todten Windtborst. Sodann ist der Preußen von Braunschweig auS gemachte Vor halt der Unthätigkeit vollkommen begründet. Die national liberale „Braunschweigische Landeszeitung" bemerkt denn auch zu den Erklärungen ihrer Regierung: „Von ganz besonderer Bedeutung erscheint uns die sehr an gebrachte, «ine recht deutliche Mahnung enthaltende Feststellnng, daß di« preußisch« Regt«rung «S seit dem Jahr« 1885 mit einer fast auf Aengstlichkrit hinwrifrnden Absichtlichkeit vermieden hat, irgendwie ihre Stellung zu der braunschweigischen Thronsrage zu demaskiren. Das ist ein in schonende Form gekleideter Vor wurf, den wir nicht stark genug unterstreichen zu können meinen, weil diese Unterlassung im Lande unendlichen Schaden hervorgerufen und eine Verwirrung und Unsicherheit der Empfindung zur Folge gehabt hat, welche auch moralisch unheilvolle Wirkungen erzeugte. Dieser Unklarheit ein Ende zu machen, und zwar so schleunig als möglich, Härte die preußische Negierung unserer Ansicht »ach die un» abwrisliche Pflicht." Die nationalgesinnten Braunschweiger werden hierauf ver gebens warten und vorläufig sehr zufrieden sein dürfen, wenn statt eines Verzichtes auf die beklagte bisherige Unter lassung nicht Begehungen in dem den Wünschen der braun schweigischen Negierung und reichötreuen Bevölkerung ent gegengesetzten Sinne zu verzeichne» fein werden. Die „Nationalzeitung" schreibt zwar, sie folgere nicht etwa aus der hannoverschen Kundgebung am Geburstage Friebrich's des Großen, sondern sie habe „ausreichende Gründe zu der Ansicht, daß es an den hiesigen (also Berliner) entscheidenden Stellen als unabänderlicher Entschluß fest steht", daß „die Aussichten der welsischen Familie, in Braun schweig zur Regierung zu gelangen, endgiltig abgethan sind." Die „National-Ztg." ist ein vorsichtiges Blatt, aber was sie zu der braunschweigischen Kundgebung bemerkt, ge staltet die Bermuthung, daß sie ihrer „Gründe" doch nicht so recht sicher sei. Andere haben Gründe für die Bermuthung, daß daS HauS Hannover in Berlin seinen Wille» durchsetzen werde. Von den anderen Bundesregierungen einen ernstlichen Widerstand zu erwarten, erscheint nicht oder nicht mehr ge rechtfertigt. Einmal ist, wie die braunschweigische Regierung mit Recht darthun läßt, die definitive Regelung der braunschweigischen Regierungsangelegenheit in einem dem bestehenden RechtSzustand Deutschlands nicht abträglichen Sinne vor Allem wegen der Provinz Hannover eine preußische Sorge. Sodann — und das entgeht auch der „Nalionalztg." nicht — dürfte der lippische Handel den Eifer, Preußen in Bezug auf sein Verhältniß zu anderen Bundes staaten zu kräftigen, merklich abgekühlt haben. Auch die lippische Gelegenheit hat einen Schatten auf den Geburtstag des Kaisers geworfen. Wir haben bereits die vom Graf-Regenten von Lippe an diesem Tage gehaltene Rede veröffentlicht. Nach Allem, waS geschehen, ist vorauS- zusehen, daß die berlinisch-schanniburgische Presse über die Erwähnung der persönlichen Differenzen bei diesem Anlaß eine» großen Lärm erheben wird. Taktlosigkeit ist ja der Vorwurf gegen Lippe, mit dein jene Blätter in merk würdiger Unkenntniß ihrer selbst zuerst bei der Hand sind. Das deutsche Volk aber wird finden, daß Graf Ernst, indem er an seine bitteren persönlichen Er fahrungen nur erinnert, um zu betheuern, daß sie seine Treue zu Kaiser und Reich unberührt lassen, eine eines deutschen Bundesfürsten würdige Haltung angenommen habe. Die Betonung seines guten, von König Albert anerkannten und neuerdings noch durch ein einmüthigeS Gutachten der Leipziger Zuristen- facultät bekräftigten Rechtes war der Regent sich, seinen Söhnen und seinem Lande schuldig. Sollten sich seine schlimmen Erfahrungen mehren, so wird Niemand der Rede daran die Schuld zuschreiben. Von dem neuen Schlage, der dem Regenten und seiner Hauptstadt zugedacht sein soll, der Weg verlegung der Detmolder Garnison, war ja schon früher die Rede. Man darf neugierig sein, ob diese Maßregel kostenlos zu vollziehen sein wird, und wenn nicht, ob der Reichstag um die Bewilligung der Mittel angegangen werden wird. Deutsches Reich. (-) Verli», 30. Januar. (Hilfskreuzer für den Kriegsfall.) Um im Kriegsfall sofort bei der Mobil machung über eine möglichst große Zahl von Schiffen für den Recognoscirungsdienst, den Kaperdienst und den Transport von Truppen und Kriegsmaterial verfügen zu können, haben be kanntlich alle größeren Seemächte dir Einrichtung der so genannten Auxiliar-Kreuzer getroffen. Es sind dies für den ebengenannten Zweck besonders geeignete, große schnelllaufend« Kauffahrterdampfer, welche mit Einrichtungen ver ehen sind, die eine Armirung mit Geschützen kleineren und mittleren Kalibers gestatten und ein Kohlenfafsungsvermögen besitzen, daß sie große Strecken zurücklegen können, ohne einen Kohlenhafen anlaufen zu müssen, also ihren Reiseweg dem Feinde gegenüber geheim zu halten vermögen. Die Zahl und Beschaffenheit der Aupiliarkreuzer bei den verschiedenen Nationen richtet sich natür lich nach dem vorhandenen Material der Dampsergesellschaften. Obenan steht England mit 29 solcher Hilfskreuzer, von denen 8 der Cunard-Linie, 6 der White Star-Linie und 16 der Peninsular and Oriental Steamship Company angeboren: außerdem stehen der englischen Regierung noch 3 große Ocean dampfer der Canadian Pacific Railway Co. im Mobilmachungs falle zur Verfügung. An zweiter Stelle kommt Frankreich mit 27 solcher Schiffe, von denen 17 der Compagnie trans atlantique und 10 den Messageries maritimes angehören. An dritter Stelle steht Rußland mit seinen 17 Dampfern der sogenannten Freiwilligen Flotte und einer weiteren Anzahl von Schiffen der Dampfschiffs- und Handelsgesellschaft Odessa Italien besitzt 16 Auxiliarkreuzer, die contractlich von den beiden Gesellschaften La Beloce und Navigation- generale italiano im Kriegsfall zur Verfügung gestellt werden. Wae- Deut s ch l a n d anlangt, so sind die beiden schnellsten Schiffe der Welt im letzten Jahre in die Liste der deutschen Hilfskreuzer eingereiht worden, „Kaiser Wilhelm der Große" und „Kaiser Friedrich III.", welche 22 Seemeilen in der Stunde laufen können. Zu den deutschen Hilfskreuzern gehören ferner die Lloyddampfer „Spree", „Lahn", „Trave", „Saale" und „Aller", sowie die Dampfer der Hamburg-Amerika-Linie „Fürst Bismarck" und „Augusta Victoria". Die erforderliche Be waffnung der Schiffe liegt bereit; sie besteht aus 8 15-c-m. 4 12,5-em, 2 8,8-om, 2 6,7-eiu Schnellfeuerkanonen und 14 Maschinengewehren. Berlin, 30. Zanuar. (Polen und Tschechen.) Dem Gedanken einer Verbrüderung zwischen Polen und Tschechen redet der „Goniec WielkopolSti" in einen, „die Zvee eines katholischen Slawenthnms" überschriebenen Artikel das Wort. ES heißt darin: „Das westliche katholische Slawenthum strebt wie Polen nach Freiheit und Unabhängigkeit. Polen ist kein Neben- buhler, sondern ein natürlicher Bundesgenosse; treu seinem früheren Grundsätze: Freie mit Freien, Gleiche mit Gleichen, strebt es nicht nach Eroberungen, sondern nach Vereinigung, Verbrüderung, wie einst mit Lithauen. Im Bereich dieser irdischen Idee haben uns die Thatsachen überholt. Aehnlich wie Rußland für das schismatische Slawentum, so arbeiten die Tschechen für das katho- lische Slawenthum, indem sie die Jugend der Stammesbrüder be lehren und sie durch tausenderlei Bande der Gegenseitigkeit an sich ziehen. Und wenn sich Polen nicht beeilt, werden ihm die Tschechen sicherlich und unwiderruflich zuvorkommen." DaS ist doch wenigstens offenherzig: Polen strebt nach Unabhängigkeit. Und wenn daö deutsche Reich, und speciell Preußen, diesen polnischen Unabbängigkeitsbestrebungen nicht mit verschränkten Armen zusieht, so kommen Herr- Delbrück und Genossen und reden von Barbarei! * Berlin, 30. Zanuar. Die deutschen Katholiken in Rom haben sich auch in diesem Zahre wieder zu einer besonderen Feier deS Kaisergeburtstages zusammengesunkcn, aber zu„DemonstrationenkatholiscberGesinn u ng", zu denen in tactloser Weise im vorigen Zahre ohne Rücksicht auf die Anwesenheit des preußischen Gesandten beim Vatican — oder vielleicht gerade mit Nücksicht auf sie — auch diese Gelegenheit benutzt worden war, ist es nicht gekommen; Herr v. Rotenhan, der inzwischen an Stelle deS in den Ruhe stand getretenen Gesandten v. Bülow nach Rom gekommen ist, würde sich auch kaum von gleicher Passivität wie sein Vorgänger erwiesen haben. Die „Germania" läßt sich tele graphisch melden, daß der Gesandte an der Tafel das Hoch auf Kaiser und Papst ausgebracht habe und daß die Stimmung eine gehobene gewesen sei. Zu einer gemein samen Festfeier sämmtlicher Deutschen kann es bekanntlich in Rom noch immer nicht kommen, weil di« deutschen Katholiken eS nicht über sich bringen können, in ein Hock auf den König Humbert einzustimmen, in dessen Hauptstadt Gast freundschaft und den Schutz der Gesetze zu genießen, ihnen natürlich völlig unbedenklich erscheint. (7) Berlin, 30. Zanuar. (Telegramm.) Heute früh unternahm der Kaiser den gewohnten Spaziergang und hörte darauf im Schloß die Vorträge des Staatssekretärs Tirpib und deS CapitänS zur See von der Gröben, sowie darauf denjenigen de« Wirkl. Geh. Raths vr. von Luca nus. (-) Berlin, 30. Zanuar. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Seit einigen Wecken beschäftigt sich die Presse mit Gerüchten, wonach der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe seinen Rücktritt ins Auge^ gefaßt haben soll. Einige Blätter wissen sogar schon den Tag deS Rücktrittes I anzugeben. Wir sind zu erklären ermächtigt, daß auch
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite