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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.02.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990214010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899021401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899021401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-02
- Tag1899-02-14
- Monat1899-02
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Morgen-Ausgabe tt«o Druck und Berlaa voa E. Polz ia Lelpzr; «Ite> X 0. m. Jahrgang Dienstag den 14. Februar 1899. I. u ,»OII »»VII ttd» X X X I i IX I I> X V. 1.1). 1.IX X IX X IX Di« Morgrn-AuSgabe erscheint um '/,? llbe, dt« Abend-Ausgabe Wochentags uin 5 Uhr. es e V.87: vptra-vcilagcn (gesalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderurg SO.—, mit Posrbeforderung X 70.—. Nazeigen-Preis die -gespaltene Petilzeile SO Pf-. Reclamea unter dem Redactionsstrich (4g* spalten) LO^, vor den Familiennachrichu» (Sgespaltrn) 40^. Größere Schriften laut unserem Prei§- ve^zeichniß. Tabellarischer und ZiffernjaK nach höherem Tarif. Redaktion und Expedition: JohanncSgasse 8. Dtr Expedition ist Wochentag» ununterbrochen »»ff»'» von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Annahmeschtuß für Anzeigen: Elb end-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uh!c. vei den Filialen und Annahmestellen je eia» halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an d-« Eppebittrs zu richten. Filialri»: Dtt» Kicmm'S Tortim. (Alfred Hahn), Univrrsität-srraß« 3 (Paulinus), Lant» Lösche. Kattarinenstr. 14, part. und Körig-platz 7« i n i. IX X IX X IX XV. >.0 X l- D I. o. XV. I v t. IX XV XV. XV. I. IX XI» w.6p M.Op 27 I. IX I. IX I. IX iveztrgr-Prei^ R> de» hauptqpchM»» vd«r Leu km Ttadt- dqtrk nnd de» Vororten «rtchtrlen «,». »»bestellen abgeholt: vierteljährlich ^14.50, vei uoeimaliaer täglicher Zustellung ia« LauS ^l 5.b0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich . Direkte tägliche Nreuzbandsendung tu» Au-land: monatlich 7.50. Schmieder, Scharr, die vom Grahl'schen Nebaue gekommen waren, und Wobst, der au» seiner in der Nähe gelegenen Wohnung herbeigeeilt war, noch eine große Anzahl Arbeiter zu gesellt hatte, auf, den Platz zu verlassen. Sofort fielen nun die Berurtheilten über Klemm zuu. her, (1. Angriff), drängten ihn hinter dem ersten Ziegelhaufen herum nach der Laterne, in deren Nähe Klemm zu Falle kam und schlugen fortgesetzt mit Fäusten aus ihn ein. Da eilten Pollack, dessen Bruder Emil, die auf dem Klemm'schen Neubau beschäftigten Zimmerleute Wende und Petrich und Klemm seu. zu Hilfe. Klemm zun. kam in die Höhe uud lief sofort hinter da» Hau» in die dort befindliche Baubude. Dabei wurde er noch von einem Ziegelstück in» linke Auge getroffen. Während dessen wendeten sich die fremden Arbeiter gegen Klemm's Leute, die ihm zu Hilfe gekommen waren. Klemm zuu. kam inzwischen wieder hinter dem Hause vor bis in die Nähe des Sandhaufens und forderte von dort aus die fremden Arbeiter nochmals auf, den Platz zu verlassen. Da diese nicht sofort Folge leisteten, gab Klemm jun. aus einem mit der Mündung dem Boden zuzekehrten Revolver und gestrecktem rechten Arme zwei Schreckschüsse ab. Sofort stürzten nun die Nächststehenden auf Klemm jun. loS. Von der Straße her ertönte hierbei aus der stark angewachsenen Menge, die jedenfalls durch Zwahr's AuSruf: „ich bin geschossen", aufgestachelt worden war, der Ruf: „schlagt bc» Hunb tobt", und der Haufen auf dem Platze schrie: „Wart Luder, du mußt sterben!" und insbesondere Wobst brüllte: „schlagt den Hund ladt!" Sie schlugen auf ihn ein (2. Angriff) und warfen ihn in der Nähe des ersten Ziegelhaufens zu Boden. i : „Hund, ich er würbe nun mit Fäusten ge- und mit Ziegel- und Balken- arbeitrte sich Pollack von der durch, erhielt dabei mehrere und inS Genick, hob aber und führte ihn, der infolge Aufschrift: „Wahrheit und Schein in der Loeialdemokratic" folgende Bemerkungen: Der AuSgang deS Strafverfahrens in dem Löbtauer Fall; ist ein harter Schlag für die Leiter der Socialdemokratie. Welch ein Lärm wurde in ihre» Blättern erhoben, als wir unlängst ihre Schreckensherrschaft besprochen hatten! Und nun wird Alles, was man bisher von den Folgen der planmäßig betriebenen Hetze zum Clafsenhaß befürchtet hat,' überboten durch die thierische Wuth und Grausamkeit, die im Löbtauer Falle an daS Tageslicht gebracht worden sind. Wie ein Blitzschlag erhellt der Thatbestand dieses Falles den Abgrund der Zuchtlosigkeit und Verworfenheit, in welchen die bürgerliche Gesellschaft gestürzt werde» würde, wenn die Socialtemokratie zur Herrschaft käme. Ein heilsamer Schrecken muß auch den bethörten Genoffen in die Glieder schlagen, wenn sie erkennen, wohin die Hetzerei Derer fklbrt, die sich als Freunde der Arbeiter aufspielen. Dies verhehlen sich auch die Führer nicht; daher das Wuthgeschrei, daS sie ia allen ihren Blättern erschallen lassen. Aber schwerlich wird eS ihnen gelingen, die bisher ver trauensselig gewesene Gefolgschaft über die Gefahren hinweg- zutäuschen, in die sie von ihnen gestürzt worden ist. Auch dem blödesten Auge muß erkennbar werden, daß in diesen: Falle mit dem Vertuschen und Beschönigen nichts auszurichten ist. Vergebliche Mühe sind die hohlen Schlagworte, die fadenscheinigen Trugschlüsse, die dreisten Lügen, die nach allen Richtungen auSgesendet werden: Die nackten Tbatsachen reden eine unwiderlegliche Sprache. Vergebliche Mühe ist der Ton sittlicher Entrüstung und siegesgewissen MutheS, den die Führer anschlagen; die albernen, ja lächerlichen Aus flüchte, zu denen sie greifen, verrathen mit genügender Deut lichkeit die Angst, die sich dahinter verbergen möchte. Wer die oben gegebene Darstellung der Tbatsachen gelesen hat, wird einsehen müssen, daß die den Berurtheilten zu erkannten Strafen gerechte sind. Die Schuldigen haben von Glück zu sagen, daß das Opfer ihrer Mißhandlungen ihnen nicht unter den Händen gestorben ist; die bewußte Absicht des TodtschlagS ist laut und wiederholt ausgesprochen worden. Und hiermit vergleiche man den Aufsatz in Nr. 34 des „Vor wärts", der überschrieben ist: „Easernen- und Zuchthaus staat". Dort ist zu lesen: „Dreiundfünfzig Jahre Zuchthaus wegen einer Lappalie!" Versuchter Todtscblag, grausame Körperverletzung, Zusammenrottung zum Landfriedensbruch — eine Lappalie!! Was hätte wohl noch geschehen sollen, ehe die Fürsprecher jener ruchlosen Bande den Fall für einen ernsthaften angesehen hätten? Wie kindisch ist das Zusammenzählen aller einzelnen auf die Berurtheilten entfallenen Strafen! Es kann doch nur darauf ankonnnen, ob die einen: jeden Angeklagten zuerkannte Strase in richtigem Verhältnisse steht zu dem ihm zur Last fallenden Antheile an dem Verbrechen. Wenn die Umsturzpresse daS Zusammenzählen von Strafen, die gegen Genoffen erkannt worden sind, für angezeigt hält, so mag sie doch die sämmt- lichen Strafen aufrechnen, die infolge ihrer unaufhörlichen Hetzereien bisher überhaupt haben erkannt werden müssen. Daraus würde sich ein erschreckende» und erschütterndes Bilo deS Elends ergeben, da» über die verhetzten Genossen von den sogenannten „Freunden der Arbeiter" gebracht worden ist. Jetzt nehmen die erschrockenen Verführer die Maske der Menschenfreundlichkeit vor. In Nr. 32 de» „Vorwärts" ruft die socialdemokratische Fraktion des Reichstags zu Sammlungen für die Familien der Berurtheilten auf. Unter dem Auf rufe stehen lauter Namen, die uns aus der Presse und den Versammlungen dieser Partei zur Genüge bekannt sind. Wie siebt es denn mit der Arbeitersreundlickkeit? Wünschen sie wirklich, daß e» den Genossen gut gehe? Dann würden ja die Leute zufrieden werden. Zufriedene aber kann die Partei nicht brauchen, weil sie die Bewegung in» Stocken bringen; da« ist oft genug ausgesprochen worden. Und wie fängt man eS an, damit es nicht zur Zufriedenheit unter den Geooffen kommt? Erst bolt man die Arbeitergroschen herein, mit denen die Hetze in der Presse uud den Versammlungen betrieben wird; und wenn die Hetze gewirkt hat und das Elend hereingebrochen ist, geht man wieder betteln bei denselben Genoffen, die da» Geld zur Hetze schaffen mußten. Ja, wo bleibt denn die Partricasse, die, wie erst kürzlich zu lesen war, von opferwilligen Thoren mit Tausenden gespickt wird? Ist sie blos dazu da, um das Elend anzurichten, aber nicht, um den inS Elend Gestürzten aufzuhelsen? ES giebt recht Wohlhabende, Gutgestellte in der Partei: Villenbesitzer, im Großbetrieb reich Gewordene, Millionäre rc. Was wird denn von diesen für die notbleidenven Genosse» gethan? In jeder Versammlung und in allen Parteiblättcrn wird gepredigt von der „Solidarität" und von der völligen „Gleichheit" der Genoffen. „Alle für Einen" — beißt eS — und „Einer für Alle!" Ist denn das wahr? Wenn eine Hetze, ein Ausstand oder sonst ein Werk schlecht abläuft, sitzen jedes Mal die Anstifter im Trocknen und die Angeführten in der Tinte. Wird man nicht endlich einsehen, daß die unter den: Aushängeschild« der Freiheit und Gleichheit arbeitende Partei auS zwei streng geschiedenen Theilen besteht, von deue» der eine sich behaglich an der Parteikrippe nährt, der andere aber nur dazu dient, da» für die Krippe nöthige Futter zu be schaffen? Kommt man noch nicht dahinter, daß die Einen die gefährlichen Streiche nur angeben, indeß die Anderen diese Streiche auf eigene Gefabr au»führen und schließlich dafür büßen sollen? In unserem Staate bleibt keiner ohne Hilfe, der unver schuldet hilfsbedürftig wird. Die LandeSgesehe sorgen in ausgiebiger Weise für Arme und Nothleidende. Anw die Familien der Berurtheilten werden nickt der Hilfe enlbebren, wo sie nötbig wird. Die ganze Bettelei der socialvemokra- tischen Prefse ist nur ein neue» Mittel zur Aufreizung der Massen und zur Beschönigung de» namenlosen Elend«, da über die vorher erst zur Begehrlichkeit »nd Zuchtlosigkeit Aufgkstachtlten herriugebrochen ist. Schließlich noch «ine GewiffenSsrage: wa« soll die in Nr. 34 de» „Vorwärts" veröffentlichte Liste der zum Wahr spruche berufen gewesenen Geschworenen nack Namen, Stand und Wohnort bezwecke«? Der „Vorwärts" nennt den r «»rk Lissoo. i. o. i. ix. t. v. 0. v. o. o. x o X o x o - XlX x ix x ix x o x o Xlr«.» o x ix x IX XL—t-o. XL—tl) So beurtheilt die Socialdemvkratie die schlimmste Ver gewaltigung eine» Wehrlosen von seit en ihrer Genossen! ES läßt sich nun nicht verkennen, da ß der Ausschluß der Oeffentlichkeit bei den Verhandlungen die socialdemokraiische Hetze wesentlich erleichtert hat. Die socialdemokratische Fraction des Reichstage» hat im „Vorwärts" sogar erklärt, daß der Gerichtshof „nach ihrer Meinung" unter falscher und unzulässiger Anwendung der einschlagenden Bestimmungn deS GerichtsversaffungSgesetzeS über den Ausschluß der Oeftentlich- keit der Gerichtsverhandlungen, den Proceß hinter verschlossenen Thüren aesührt habe. Selbstverständlich kann von einer unzu lässigen Anwendung dieserBestimmungen gar nicht die Rede sem. Abgesehen davon, daß der Gerichtsbeschluß lautet: „Die Beamten der gerichtlichen uud Verwaltungs-Behörden, nicht auSgelooste Geschworene, Rechtsanwälte und Referendars bei Rechtsanwälten haben ungehindert Zutritt", kann höchsten« die Frage aufgeworfen werden, ob diese Maßregel auch nothwendig war. Diese Frage ist aber unbedingt zu bejahen. Denn leider macht sich heute der Terrorismus der Socialdemvkratie bis in den Gerichtssaal und vor die Augen des Richters bemerkbar. Die Genossen der Angeklagten und der Zeugen wissen sich diesen bemerkbar zu machen und ihre Angaben zu beeinflussen, so daß es dem Richter unmöglich ist, in der Hauptverhandlung ein klares Bild von den Vorgängen zu bekommen, wenn auch nach den Ergebnissen der Vorunter suchung bereits jeder Zweifel beseitigt erschien. Durch die Oeffentlichkeit wird in einem solchen Proceffe, wie dem vorliegenden, wo politische Momente die Triebfeder deS Handelns bildeten, der AuSgang vollkommen in Zweifel gestellt. Dabei muß in Erwägung gezogen werden, daß auch Ausschreitungen im Zuschaucrraume zu befürchten sind, welche die Würde des Gerichts beeinträchtigen und nur zu neuen, die Allgemeinheit beunruhigenden Strasverhand- lungen führen würden. Mit Rücksicht darauf, sowie auf die jetzige Zeit der Elaffenkämpse, wo planmäßig Haß nnd Zwie tracht zwischen Unternehmern und Arbeitern gesät wird, ist in der Oeffentlichkeit der Verhandlung in der That eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu erblicken. Der Beschluß auf Ausschließung der Oeffentlichkeit ist daher nur zu billigen, denn er wählte von zwei Nebeln da« geringere. Was schließlich die Höhe des Strafmaßes anlangt, so ist das Höchstmaß für den Totschlagsversuch 14 Jahre 11 Mo nate Zuchthaus, für schweren Landfriedensbruch 10 Jahre Zuchthaus und für einfachen Landfriedensbruch und gefähr liche Körperverletzung je 5 Jahre Gefängniß. ES ist daher in keinem Falle auf das Höchstmaß der Strafe, sondern vielmehr, abgesehen von den beiden Fällen des einfachen LandfriedenSbruchS, nur um etwas über die Hälfte der zulässigen Höhe binauSgegangen worden. Wenn man nun bei Abmessung der Strafen auch zu Gunsten der Berurtheilten berücksichtigt, daß sie sich — bis auf Wobst — in einer durch den Genuß geistiger Getränke, durch aufreizende Zurufe und später durch das Schießen deS Baugewerken Klemm sau. verursachten erregten Stimmung befanden, so muß dagegen zu ihren Ungunsten in Betracht kommen, daß eS sich nm eine sehr schwere Auflehnung und Störung de- öffentlichen Friedens bandelt, daß sich außer den Berurtheilten mit deren Wissen noch eine große Anzahl daran betheiligte, daß eine Mehrzahl von Personen in roher Weise grmißhandelt und der Baugewerke Klemm jun. geradezu gemartert wurde, daß die Angeklagten friedliche Arbeiter überfielen und daß sie — bis aus Wobst — vorher durch ihren Arbeitgeber, den Bauunternehmer Hempel, vor Ausschreitungen gewarnt worden waren. Zudem mußte er schwerend in Gew:cktfallen, daßZwahrwegenKörperverletzung, Pfeifer wegen groben Unsug«, Leiber wegen schweren Dieb stahl«, Bettelns, Widerstands gegen die Staatsgewalt und schweren Hausfriedensbruches vorbestraft sind, daß Zwahr, Schmieder, Moritz, Gedlich und Wobst sich bei den mit großer Gefühllosigkeit gegen den hilflosen Klemm juu. verübten Mißhandlungen besonder« hervorgethan haben, Zwahr mit einer starken Glasflasche, Schnneder mit einem schweren Holzklotz gegen den Kopf Klemm'« juu. geschlagen, Wobst ihn mit den Füßen gestoßen, daß Schmieder, Moritz, Wobst sich ihrer unmenschlichen Handlungsweise auch noch ge rühmt haben, endlich daß Zwabr und Moritz die Zusammen rottung zu Wege gebracht, die Menschenmenge angeleitet und angefeuert haben. Sämmtliche Verurtheilte haben sich alsbald nach der Hauptverhandlung vorsühren lassen und freiwillig die Erklärung abgegeben, daß sie sich dem Urtheile unterwerfen. An diesem Straffalle sieht man wieder die furchtbaren Frücht« der socialdemokratischen Jrrlebren. Verblendet von der eingeimpften unbedingten „Solidarität" der Arbeiter und beherrscht von der aostandSlosen, mit schroffstem Zwange durckzuführenden Unterordnung unter vie von den „Organi- sirten" ausgestellten Bedingungen griffen die Berurtheilten friedliche Arbeiter an, die von ihren: Selbstbestim mung-rechte Gebrauch machten und statt im Kampf, im Frieden mit ihrem Arbeitgeber leben wollten. Der von der Socialdemvkratie planmäßig geschürte Classen- haß, die socialdemokraiische Berachtung gegen Gesetz und Recht steigerte« diese Angriffe zu r:nem Ver brechen. Die einsichtigen Arbeiter werden aber au« diesem Falle erkennen, daß die socialdrmokratischen Lehren den Keim de« Verbrechens in sich tragen. Sie erfahren dadurch, wie leicht sie schwere« Unglück über sich und ihre Familie herauf- brschören können, wenn sie sich voa diesen Lehren bethören lassen. Sie werden «insehrn, daß e« ein dringende» Sr- forderniß zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Staate :st, daß dem Gesetz Achtung verschafft werde, da« Zusammenrottungen zum Zwecke der Störung Arbeitswilliger verknetet. Sie werden nun wissen, wo sie ihre schlimmsten baörn und in den Hetzartikeln über angeb- licke Clasieniust.z die durchsichtige Absicht der Socialdemo, kralle erkennen, die schwere Schuld an dem beklagen-werthen, aber verdienten Loose jener bethörtrn Arbeiter von den Verführern abzuweaden. An diese halbamtliche Darstellung de» Löbtauer Proceffe» knüpft di« Leitung de» sächsischen Regierungsblattes unter der Dort packten noch Moritz und Zwabr den Klemm zun. am Halse und würgten ihn mit den Worten: , "I würge Dich!" Klemm jun. schlagen, mit Füßen getreten stücken beworfen. Inzwischen Laterne her zu Klemm jun. Faustschläge auf den Kopf Klemm jun. doch endlich auf der Mißhandlungen Nur schwer gehen und kaum noch sprechen konnte, nach der hinter dem Hause gelegenen Bude nnd legte ihn dort auf eine Bank. Auf dem Wege hinter das Hau« flogen Ziegelsteine und Balkenstücke hinter Klemm ^uo. her. Bei dieser Gelegenheit hat Pfeifer geständigermaßen >/« Stück Ziegelstein nach Klemm juu. geworfen. Pollack verschloß die Baubude und begab sich nach der Straße zu, um die Bretterplanke, die umgefallen war, wieder aufzurichten, er wurde aber durch Reichelt mit den Worten daran ge hindert: „Das ist keine Sache. DaS darf nicht gelitten werden, daß hier länger gearbeitet wird. Es wird eben nicht zugemacht!" Da hörte er Klemm.jun. um Hilfe rufen. ES waren nämlich Zwahr mit den Worten, „er wolle nach gehen und »en Hnnb robtschlagcn" und Andere hinter Klemm zuu. her nach der Bude gegangen, Zwahr hatte die verschlossene Thüre erbrochen. Er betrat als Erster die Bude, erfaßte eine leere Selterswasserflasche am Halse und scklug mehrere Male mit ihr so stark auf Klemm's Hinterkopf, daß die Flasche in Stücke zersprang, obwohl Klemm vor Schmerzen wimmernd gebeten batte: „Schlagt mich doch nicht todt, ich habe doch auch Frau und Kinder". Während deS Schlagens rief Zwahr aus: „Jetzt haben wir Dich Hund. Jetzt schlagen wir Dich tobt. Tu hast es nicht anbers ver dient." Hieraus ergriff Schmieder ein Balkenstück und schlug mit diesem wiederholt auf Klemm'S Hinterkopf. Bei diesen scheußlichen Mißhandlungen hatte Klemm zuo. um Hilfe ge rufen uud war mit Ausbietung seiner letzten Kräfte noch bi« an die Hintere HauSecke gelaufen, dicht gefolgt von Zwabr; dort aber brach er zusammen. Pollack nahm sich nun seiner an und führte ihn stützend nach dem Eingänge zu. An der Bretterplanke riß aber Zwahr die Beiden nieder und schlug mit Fäusten auf sie loS. Dabei unterstützten ihn die fremden Arbeiter wieder, ermuntert durch den Zuruf auS der Menge und durch Wobst's Mund: „Schlagt bcn Hun» tobt!" (3. Angriff.) Als nun Klemm hilflos am Boden lag, kniete Zwahr auf ihm. (4. An griff.) Moritz versetzte ihm einen Fußtritt ins Gesäß, dessen er sich später auch noch gerühmt hat, endlich stieß ihn auch Wobst mit den Füßen und rief dabei: „Jetzt habe ich Dir »en htnabenstotz gegeben!" Während dessen hatte sich Pollack befreit und lief nach der Wilsdrufferstraße zu, um Polizei zu holen. Ihm begegnete der Stemmetz Schrader, den er bat, dies für ihn zu thun. Dann arbeitete er sich wieder zu Klemm znn. durch, wobei er wieder mehrere Faustschläge auf den Kopf erhielt. Er brachte Klemm jun. in die Höhe und schleifte ihn, da dieser nicht mehr gehen konnte, die Südstraße entlang nach der WilS- drufferstraße zu. Noch ehe er diese erreichte, hatten ihn eine Anzahl fremder Arbeiter, darunter Zwahr, Schmieder und Gedlich, ringeholt. Sie rissen Klemm juu. von Neuem nieder, 5 Angreifer würgten ibn am Halse mit dem Rufe: „Nun «nßt D>» sterben." Ja diesem Augenblicke kam Schrader herbei. Als dieser Klemm jun. aufhebea wollte, versetzte Schmieder dem Klemm mit dem Stiefel einen Tritt in« Gesicht, daß Klemm den Kopf wie leblos fallen ließ. Von da schafften dann Pollack und Schrader den Schwerverletzten nach der Wache. Die versammelte Menschenmenge wurde auf 3—400 Leute geschätzt. Klemm zun. hat infolge dieser Mißhandlungen starke Schwellungen und Blutergüsse um und in da« Auge, ausgedehnte Haut- und Muskelverletzungen über den ganzen Körper und einen Bruch der Schädeldecke davongetragen. Die Kleider hingen ia Feyen von ihm. Er hat mehrere Tage Blnt gespuckt und war einige Monate schwer krank. Noch gegenwärtig behauptet er, Schwindel und Kopfdruck zu empfinden. Sein Auftreten in der Verhandlung war da« eine« Menschen, der geistig wie körperlich sich von den erlittenen Mißhandlungen noch durch aus nicht völlig erholt hat. Angesicht« dieser Thatsachen schreibt nun die „Sächsische Arbeiter-Zeitung", daß den Berurtheilten jede- Schuldbewußt- sein gefehlt habe uud daß sie zunächst in durchaus unanfecht barer Weise ihre Interessen gewahrt und unter dem Eindrücke der berechtigten Nothwehr gegen den schießlustigen Bauunter nehmer gehandelt hätten. Der Nrocest gegen die Löbtauer LanSfriedensvrecher. Dem fast von allen Seiten ausgesprochenen Wunsche, daß der aufreizenden Agitation, die von der socialdemokratischen Presse mit dem von dem Dresdener Schwurgerichte über die Löbtauer Landfriedensbrecher gefällten Urtheile und noch mehr mit dem Gerichtsbeschlüsse betreffs geheimer Verhandlung ge trieben wird, durch nachträgliche Veröffentlichung der Gründe der Ausschließung der Oeffentlichkeit die Spitze abzubrechcn, kommt das „Dresdener Journal" in einem bereits telegraphisch angekündigten Artikel nach, der sich ersichtlich auf amtliches Material gründet und selbstverständlich ohne die Ge nehmigung der königl. sächs. Regierung nicht veröffentlicht werden würde. Er geht sogar noch weiter, indem er auch den Wortlaut ves Urtheils, das Wesentlichste des Thatbestandes und die Be gründung des Strafmaßes mittheilt und dadurch seinem Zweckt noch näher kommt. Er lautet: Bon den Angeklagten werden verurtheilt: 1) Ernst Paul Zwahr wegen versuchten TodtschlaaeS und schweren Land- friedenSbruche« zu zehn Jahren Zuchthaus, 2) Friedrich Hermann Otto Schmieder wegen versuchten TodtscklageS und schweren Landfriedensbruches zu neun Jahren Zuchthaus, 3) Karl Franz Moritz wegen schweren Landfriedensbruches zu acht Jahren Zuchthaus, 4) Johann Gotthold Gedlich wegen schweren Landfriedensbruches und gefährlicher Körperverletzung zu sieben Jahren Zuchthaus, 5) Karl August Wobst wegen schweren Landfriedensbruches und gefährlicher Körper verletzung zu sieben Jahren Zuchthaus, 6) Karl Max Robert Pfeifer wegen schweren Landfriedensbruches und gefäbrlicker Körperverletzung zu sechs Jahren Zuchthaus, 7) Friedrich Wilhelm Leiber wegen schweren Landfriedensbruches und ge fährlicher Körperverletzung zu sechs Jahren Zuchthaus, 8) Ernst Heinrich Geißler wegen einfachen LandfriedenS- brucheS zu vier Jahren Gefangmß, 9) Moritz Theodor Hecht wegen einfachen Landfriedensbruches zu vier Jahren Ge- fängniß, weiter Zwahr, Schmieder, Moritz, Gedlich, Wobst, Pfeifer, Leiber je zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte auf 10 Jahre, endlich haben sämmtliche vorgenannten An geklagten die Kosten des Verfahrens zu tragen. Auf obige Freiheitsstrafen wird ein Theil der Untersuchungsfrist an gerechnet, bei Zwahr, Schmieder, Moritz, Gedlick, Wobst, Pfeifer, Leiber mit je 3 Monaten Zuchthaus, bei Geißler und Hecht mit je 6 Wochen Gefängniß. Die Angeklagten Friedrich Wilhelm August Scharr und Emil Hermann Max Reichelt werden von der Anklage in vollem Umfange, Moritz von der Anklage deö Vergehens gegen tz 153 der Gewerbe ordnung freigesprochen. Die insoweit erwachsenen besonderen Kosten deS Verfahrens werden auf die StaatScaffe über nommen. Wie schon aus dem Wortlaut dieses Urtheils ersichtlich ist, haben sich die Angeklagten der schwersten Verbrechen schuldig gemacht, die unser Str.-G.-B. kennt. Dennoch bat sich die socialdemokratische Presse nicht gescheut, die Handlungsweise ihrer „Genossen" al« eine in der Hitze eines Richtfeste- ent standene, gewöhnliche Schlägerei darzustellen, welche diese fürchterlichen Folgen gezeitigt habe. Sie hat dieses Urtheil als Handhabe zur Aufreizung der Arbeiter benutzt, indem sie die Bestrafung der Berurtheilten dem „Elaffcnstaate" in die Schuhe schiebt. Die socialdemo kratische Fraction des Reichstages hat im „Vorwärts" einen Aufruf an die Arbeiter Deutschland» veröffentlicht, in dem sie die Arbeiterschaft, unter heftigen Angriffen diese» Urtheils, auffordert, den Familien der Berurtheilten die Ernährer zu ersetzen, und nur die Härte deS Urtheils hervorhebt, die Verschuldung der Arbeiter hingegen al» ganz harmlos und unbedeutend hinzustellen sucht. Auch ein Theil der bürger lichen Presse hat, durch die socialdrmokratischen Hetzartikel veranlaßt, zu dem Urtheile Stellung genommen. Die An griffe der Svcialdemokratie richten sich hauptsächlich gegen sie Höbe des Strafmaßes und dagegen, daß während deS Verfahrens die Oeffentlichkeit ausgeschlossen wurde. Die Hauptverhandlung, der 6 Vcrtheidiger — darunter ein bekannter socialdemokratcscher Reichstags-Abgeordneter und forensischer Redner auS Berlin — beiwohnten, nahm 3 Tage in Anspruch; sie ergab rin grauenhafte« Bild der Vergewaltigung der „Organisierten" gegen die „Nicht organisierten". Der Thatbestand ist im wesentlichen folgeuder: Am 6. Juli 1898 batte auf dem Grahl-Hempel'schen Baue im Löbtau von früh 9 Uhr ab und nach Schluß der Arbeit um 6 Uhr für die dort beschäftigten Maurer, Zimmerleute und Bauarbeiter, ungefähr 35 bis 40 Mann, Hebeschmaus stattgefunden, dabei waren fünf Faß Münchner und Lager bier, ca. 150 Liter im Ganzen, aufgelegt worden. Gegen 8 Uhr Abends rief jemand in die Baubude: „Die Zimmerleute alle rauSkommen„ bei Klemm arbeiten sie noch!" Sofort verließen Gedlich, Geißler, Hecht, Zwahr, Pfeifer, Leiber und an ihrer Spitze Moritz den Bauplatz und eilten in schnellem Schritte trotz Warnung ihre« Arbeit geber»: „Macht keine Dummheiten" nach dem Ecke Süd- und Herbertstraße gelegenen Neubau de» Bauunternehmer» Klemm, um die dort arbeitenden Zimmerleute von der Arbeit abzuhaltrn. In der Nähe de- Neubaue» lief Moritz voraus, betrat al» Erster den Platz, dessen Zugang äußerlich offeu, aber durch da» Placat: „Unbefugten ist der Eintritt verboten" gesperrt war, uud fragte, wie er selbst zugiebt, lediglich um einen Borwand zu haben und den Platz be- fugt betreten zu können, den Polier Pollack nach Arbeit. Al» Pollack ablehnend antwortete, wandte sich Moritz so fort an die dort noch arbeitenden sechs Zimmerleute mit den Worten: ,?/«8 arbeitet Ihr noch; pfui, schämt Ihr Euch denn nicht?" Gleichzeitia betraten die Anderen, die bisher vor dem Thore außerhalb de» Platzt» gestanden batten, den Bauplatz und machten den Arbeitern unter Schimpfwörter, Vorwürfe. Nun kam der Baugewerke Klemm jun., der mit seinem Vater vor dem Neubaue auf der Svdstraßr im Gespräch gestanden hakte, auf den Platz und forderte dir sämmtlichrn fremden Arbeiter, denen sich außer MiM TaMaü Anzeiger. Amtsvlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Aattjes nnd Nolizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig.
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