Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.02.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990215013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899021501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899021501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-02
- Tag1899-02-15
- Monat1899-02
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
6 r. 4. - 4. I. r. e. i. o i.n i. v i.o t.N i. v «. v j. v i. I» w Op.ks' w.L?- l. 8 i. v l. v r. ,.o Vi» Morgtu-LiZgab« «scheint «m V«? Uh^ -i» Nbeud-Au«gabe Wochentag» nm k Uh», Nr-actio« «n- Lne-itio«: Jahannesgaffe 8. Dte Lxveditio» ist Wochentag» namrterbroche» geöffnet tzan früh 3 ht» Abend» 7 Uh»> ^ilialküt . Vtt» Klemm'» Enrttm. (Alfred Ha-«)- Üniversitätssrraß« 3 (Paulinuss^, Laut» Lösche. Katbarinenstr. 14. part. and KSrig»platz 7. VezngS'Prei* Gl d« Hanptegpeditioa ob« de» i« Etabt« bqtrl »ad den Vororten errichteten Aus- «abrstellrn abgeholt: vierteljährlich ^14.50, »et zweimalig« täglich« Zustellung in» Lau» ^l KckO. Durch dt« Post bezogen für Dentschlond und Oesterreich: vierteliädrlich L.—. Direkte täglich« Krruzbandsradung tn» Auöland: monatlich 7ck0. Morgen-Ausgave. NpMcr.TWMM Anzeiger. AllttsVM -ss Äöttiglrchett Land- und ÄKkSgSkichW ÄeWg, -es Mathes und Nolizei-Ärntes -er Ltadt Leipzig. Mittwoch den 15. Februar 1899. oinreigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4ze> spalten) bO^j, vor den gamiliennachrichte» (6 gespalten) Größere Schriften laut unserem Preis- ve-zeichniß. Tabellarischer und Ziffernja, nach höherem Tarif. Khtra-Veilage« (gefalzt), nur mit d« Morgen. Luegabe. ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Avnahmeschluß für Änzeigen: Ab«ud-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag» 4 U lsc. Lei de» Filialen und Annahmestellen je ei« halb» Stunde srüher. Anzeigen sind stets an di« Sr-edtttsü zu richten. Druck »ud Verlag von <k. Polz la Leipzig 93. Jahrgang. Kapitalisten die Jndustrieritter, den Abhub der europäischen Großstädte in unser Land. Manche Boeren sind damals zu reichen Leuten geworden, indem sie ihre Farmen zu hohen Preisen an di« Goldspeculanten verkauften. Die große Masse blieb arm, wie zuvor und txm Staat erwuchsen aus dem Aufblühen der neuen Industrie neue Feinde von außen und innen. Freilich flössen in Folge der raschen Entwickelung der neuen Industrie reiche Einnahmen in die Cassen des Landes; aber auch die Ausgaben stiegen rapide, der Zuwachs der Bevölkerung durch das Hinzuströmen bedenklichster Elemente machte «ine kost spielige Verwaltung nothwendig und heut«, nachdem wir das neue Rückgrat seit etwa einem Vierteljahrhundert in unserem Staatskörper haben, erzählt uns die Presse der Goldindustrie, daß wir Schulden machen Müssen, wenn wir den Staat aufrecht erhalten wollen, fügt aber höhnisch hinzu, daß wir noch nicht einmal lumpige zwei Millionen geborgt bekommen würden, weil unsere Großindustriellen, die ihr« Dividenden freilich in Europa verzehren, nicht mit uns zufrieden sind. Ein schönes Rückgrat, diese Goldindustrie; eS muß jedem Staatswesen 'bange werden bei solch einem Rückgrat. Das wahre Rückgrat unseres Staate» soll und muß, wenn überhaupt unser Staatswesen von Bestand sein soll, wieder die ländlicheBeschäftigung der Boeren werden. Mit dem rapiden Aufschwung, den die Gold industrie nahm, hat dieselbe nicht Schritt halten können. Denn während der Industrie Millionen europäischen Capitals zu strömten, während die best geschulten Kräfte der Welt ihr zur Verfügung standen — arbeitete die Landwirtschaft mit den kärglichen Mitteln und in der veralteten Weise der Emigranten- großväter weiter; und während der Industrie nach jedem der unausbleiblichen Mißerfolge sofort wieder durch neu hinzu strömten, während di« bestgeschulten Kräfte der Welt ihr zur Gunsten der Staat «in fast barbarisches Strafensystem gegen Golddieb« und solche Menschen , welche die Kaffern durch Schnapsverkauf arbeitsunfähig machen, aufrecht erhält, muß sich die Landwirthschaft durch jahrelange, mühselige Arbeit von dem unverschuldeten Unglück der Rinderpest erholen und findet nur mäßige, von den Großindustriellen scheel genug angesehene Pro tection deS Staates. Zum Dank dafür ficht die landwirthschaftliche Bevölkerung die Schlachten des Landes, während die Industrie immer lauter ihre aufrührerische Stimme erhebt, um mit Hilfe englischer Waffen das Land ganz und gar unter die Botmäßigkeit der geld gewaltigen Compagnien zu bringen. Demgegenüber ist cS Weisheit und Pflicht, der Landwirth schaft beizustehen. Der Boden ist reich genug; er bedarf nur eines in der Anlage freilich kostspieligen Bewässerungssystems, um ein« starke länd liche, der Regierung treu ergebene Bevölkerung zu ernähren. Und diese Bevölkerung wieder bedarf der Schulung; einmal durch das Beispiel einer durch vortheilhafte» Landangebot angelockten Einwanderung tüchtiger Bauern, sodann durch Errichtung von Ackerbauschulen. Auf diesem Gebiete liegen die großen Aufgaben unserer Re gierung; hier hat sie zu wirken, wenn unser Staatswesen sich auf gesunder Grundlage entwickeln soll. Die Vorsehung hat unserem Staate in der von einem reichen Boden und herrlichen Klima begünstigten Landwirthschaft ein gesundes Rückgrat ge geben; es wäre ein Verbrechen, dafür das nervöse, von den europäischen Spekulanten abhängige Gebilde der Goldindustrie einzutauschen. Von GotteS Gnaden besteht die Republik; sie soll nicht abhängig werden von der Gnade der Börse. Neue Feftungsbauten in Deutschland. In Capitel 12 Titel 4 der einmaligen Ausgaben deS Etat» für die Verwaltung de» Reich-Heere» auf da» Rechnungs jahr 1899 werden al» siebente Rate zur „Vervoll ständigung der wichtigeren F est u n g - a n l a g e n * 10 000 000 gefordert. Au» den gedruckten Erläuterungen de» Etat» ist zu ersehen, daß der Gesammtbedarf der in diesem Titel geforderten Summen ursprünglich auf 33 540 000 berechnet gewesen ist, wovon in den EtatSjahren 1893/94 bi» 1898 im Ganzen 29 000 000 bewilligt worden sind und im neuen Etat unter der Forderung von 10 000 000 noch 4 540 000 gefordert werden; mit der weiter gehenden Neuforderung wird nunmehr eine neue Reihe von Forderungen für die Vervollständigung der wichtigeren Festungsanlagen eröffnet, deren Gesammtbetrag auf 50 000 000 -4! veranschlagt ist. Während über die unter den 10 000 000 steckende letzte Rate der ursprünglichen Forderung nicht» zu bemerken war, hat der Kriegsminister von Go hier, wie schon kurz berichtet worden, für die Neu forderung von 50 000 000 ^r, von welchen die erste Rate in diesem Etat erscheint, in der Budgetcommission de» Reichs- tageS eine nähere Begründung gegeben, über welche dem jetzt gedruckt vorliegenden Bericht der Commission Folgendes zu entnehmen ist: D«r Krieg»mlnister von Göhler führte au»: Die Heere». Verwaltung vermag sich den Erweiterung-bestrebungen der Festung», städte, wie sie, dem Zuge der Zelt folgend, immer unabweiSlicher in di, Erscheinung treten, nicht mehr zu verschließen. Bor Allem drängt die Lösung der Frage auf «ine baldig» Entscheidung an den Stell«», an welch«» auch die militärischen Interest«» unter brdenki lichen Anhäufung»» der Bevölkerung auf zu rngem Raum im Frieden wie im Kriege gefährdet erichrinen. E» sollen deshalb bei einzelnen uns«« Festungen die Stadtumwallungen auf» gelassen und durch Neubauten ersetzt werden. Letztere werden in der Hauptsache aus vorgeschobenen Werken be stehen, die nunmehr tn erste Linie gerückt, in jeder Beziehung von vornherein den neuesten Anforderungen in Bezug auf Bauart und Ausrüstung entsprechen müssen. Diese nothwendige Neugestaltung der alten Festungen legt den Gedanke» na!:e, gleichzeitig hiermit die längst schon wünschenswerthe A bänder »ui de» ganzen LandeSvertheidigungssystems auf die ein fachste und natürlichste Weise einzuleiten. Gewisse Landstriche von hervorragender strategischer und politischer Bedeutung oder be sonder» hoher kultureller Entwickelung können einem feindlichen Einbruch nicht ohne Weiteres preisgegeben werden. Um die Bor- räth» solch« Landstriche der Benutzung durch den Gegner zu ent ziehen, den Aufmarsch und die Bewegungen unserer Armeen vor überraschenden Störungen zu sichern, sowie schwächeren Heere», abtheilungrn etwaigen überlegenen feindlichen Kräften gegenüber einen Rückhalt zu gewähren, sind an geeigneten Stellen Befestigungen «forderlich, deren wichtigste Bestandtheile schon im Frieden anzulegen bezw. planmäßig vorzubereiten sind. Derartige Befestigungen werden unter voller Erfüllung der genannten Zwecke an vielen Puncten auch gleichzeitig einen Ersatz d« gefallenen Stadtumwallungen bilden und deren bisherigen Aus gaben genügen können. Schließlich muß noch hervorgehvben werden, daß die artilleristische Ausrüstung unserer jetzigen Befestigungsanlagen nach Wirkung und Schutzmitteln nickt mehr durchgehends de» zeitgemäßen Anforderungen entspricht. Die Fortschritte der Technik, die bei den Nachbarstaaten bereits Ver- besserungen auf militärischem Gebiete zur Folge hatten, dürfen auch bei un» nicht unberücksichtigt bleiben. Weittragende, moderne Schurllfeuergeschütze unter Panzerschutz und mit starker Munition ausgerüstet, sind für eine aussichtsvolle Abwehr feindlicher Angriffe unerläßlich. Die vom Krieg-Minister bezüglich einzelner Festungen gemachten Mittheilungen können als vertraulich tu diesem Berichte nicht wiedergegeben werden. Hinsichtlich der Behandlung der Nruforderung im Etat äußerte der Krieg-Minister: Ein» Scheidung d« einzelne» Beträge in solche für Neubauten und solche für Abänderungen bestehender Festungs- bauten lasse sich bet dem künftigen System der Befestigung von ganzen Landstrichen al» Ersatz für bestehende FestungSanlagen nicht durchführen. Ebensowenig fei eS angängig, die Gesammtforderung von 50 000000 in Abschnitte zu trennen; gerade die üblen Er fahrungen mit dem Festungsbaugesetz von 1873, in dem die umzu- gestaltenden Festungen namentlich aufgezählt und in einer Beilage sogar dir bei den einzelnen Festungen für erforderlich erachteten > -6 tie»i»vu l.v. i. l> i. v i.v. i. 0 i. N i. 0. tionvu b- 8 6. O. L. 8 ». ». 8 8. 8. v. 8 8. 8. 8. 8. 8. 8 U. 8 t. 8.k. 6. 8. 8. 8 6. 6. 6. 8. L»r.v.87: U02.LS8 6. 8 8. 8. 6. 8 8. 8. 8. 8. 8. 8 8 6 6 6 8 6. 6. 8. 8. 8. 8. 8. S. 8. 8. 8. 8. 8. 8. 8. 8 S i l. 0 l. v ZS- 1. » 0. mt i « « «. ! kt«t v. «. v i. 1) >kr-inr> i.«e»t 0. ielk Ilerk leie Llarli -it.8IS7S8. 0 V V I) 0 0 t. 0 t.v I. 0 0 0 O 0 v 0 Das Rückgrat der südafrikanischen kepublick. Seit Jahr und Tag, schreibt Fritz van Straaten-Johannes- burg in ver von ihm herausgegebenen „Südafr. Corr.", vom boerischen Standpunkt aus, ist es zu einem beliebten Stichwort der englischen Presse geworden, daß die Bergwerks industrie das Rückgrat des Staates sei; und weil man vieses goldene Glied des Staatslörpers, dieses noli ms lanxers unserer Wohlfahrt, Sicherheit, Unabhängigkeit und unseres Fortschrittes nicht mit der genügenden Aufmerksamkeit behandele, deshalb mache der Staat nur langsame Fortschritte, deshalb sei Johannesburg in kaum 15 Jahren aus einem Sandhaufen nur zu einer eleganten Stadt von etwa 100 000 Einwohnern an gewachsen, während es bei gehöriger Rücksichtnahme auf das „Rückgrat" jetzt schon «in kleines London, eine Millionenstadt, sein würde. In dieser Weise ist so lange unwidersprochen argumentirt worden, daß es fast wie ein Frevel, wie der Bruch eine» Glaubenssatzes erscheint, wenn wir an dieser Lehre vom Trans- vaalschen Rückgrat zu rütteln wagen; wir können indeß von dem in den Augen unserer Staatshaushaltsweisen geradezu ketzerischen Unterfangen nicht abstehen, da wir sehen, daß aus der falschen Prämisse immer von Neuem falsche Folgerungen gezogen und — was noch schlimmer ist, in die Praxis übertragen werden und so wollen wir es denn gleich hier offen aussprechen: Die Goldindustrieist nicht das Rückgrat unseres Staates, - sondern eine gute Beigabe Gottes zu unserem Wohlstand, die aber von den Feinden unserer Republik in ein Danaergeschenk, in eine Gefahr für das Fortbestehen unseres Staates verwandelt worden ist; ein Segen deS Himmels, den die Menschen zum Fluch um- gcstaltet haben. Unter dem Rückgrat eines Staates versteht man nach der Analogie vom menschlichen Körper diejenigen Elemente, welche zur Aufrechterhaltung der staatlichen Einrichtungen, des Wohl standes und des Friedens im Innern, der Freiheit nach außen hin dienen. Dazu gehört leider die Goldindustrie nicht. Als die Boerenemigranten die weiten Flächen Südafrikas diesseits des Vaalflusses in Besitz nahmen, waren sie ein aus schließlich von Jagd, Viehzucht und etwas Ackerbau lebendes Volk mit patriarchalischen Einrichtungen, das auf der äußersten Grenz« der Cultur in unablässigen Kriegen gegen die Kaffern stahlhart gefestigt wurde und dessen siegreiche Heldenkämpfe gegen die Engländer die Bewunderung und Sympathie der Welt er regten. Damals erkannte man als das Rückgrat des Staates den Muth und die Freiheitsliebe-der Bürger und den Segen ihrer ländlichen Beschäftigungen an. Dann wurden die Goldadern am Rande gefunden und rin wildes Goldfieber schüttelte neben den Ingenieuren europäischer Fenilleton. Die Albanesen. Von A. Kutschbach. Nachdruck »erboten. Die in Ipek letzthin abgehaltene Versammlung albanesischer Häuptlinge, welche den Abschluß eines Bündnisses einzelner Stämme unter Betonung der Treue gegen den Sultan bezweckte und wahrscheinlich auf eine Anregung aus Konstantinopel hin er folgte, um ein Gegengewicht zu schaffen gegen die sich vor bereitende Erhebung in dem angrenzenden Makedonien, lenkt die Aufmerksamkeit des die Zeitereignisse verfolgenden Lesers wieder einmal nach Albanien. Von Zeit zu Zeit macht dieses Land von sich reden, aber freilich ist Das, was von dortigen Vorkommnissen gemeldet wird, nur selten, erfreulicher Art. Meist hört man von Blutfehden, von Ausruhr, von Massacres und Kämpfen einzelner Stämme unter einander. In der That existirt in Europa kein zweites Land, in welchem so wie in diesem sich die Bewohner einer zügellosen Freiheit erfreuen und das deshalb, weib^eben diese Freiheit für den das Land betretenden Fremden manch« Ge fahren zeitigt, so wenig durchforscht wäre, wie Albanien. Man unterscheidet Süd-, Mittel- und Nord-(Ober-) Albanien. Süd-Albanien umfaßt daS Mlajet Janina mit den Sandschaks Janina, Preveza, Argyrokastron und Berat. Von dem nördlich fließenden Flusse Schlump bi» zu dem Flusse Mail erstreckt sich Mittel-Albanien mit den Städten Kavaja, Kraja, Tirana, Durazzo, Pekjr'a, Elbassan, Ober, und Unter-Dibra. Zu Nord-Albanien gehören Scutari am gleichnamigen See, Les, Prisren, Djakova, Ipek, Gusirrje und Plawa. Da» gesummte Albanien begreift also einen, Landstrich der Balkanhalbinsel, welcher im Norden von Montenegro, im Osten von dem Schar« Dagh und dem PindoS-Gebirge, im Süden von Griechenland und im Westen vom Adriatischen Meere begrenzt wird. JnSgesammt umfaßt dieses Gebiet rund 50 000 Quadratkilometer und wird von 1K Millionen Albanesen bewohnt, zu denen noch etwa 100 000 kommen, die in den angrenzenden Distrikten, in Pristina, UeSküb, sowie in den Sandschak» Novibazar und Momrstir wohnen. von dem Gebiete der nordalbanesischen Alpen abgesehen, ist da» Land ungemein fruchtbar und e» könnt« reiche Ernten liefern, wenn man sich der abendländischen Cultur anbequemen und rationell arbeiten wollte. Aber daran eben hapert e». Auch hat Albanien noch zahlreich« prächtig« Waldungen aufzuweisen. Die Albanesen zerfallen zunächst in zwei Hauptstämme, in die Ghegen, welch« den nördlichen Lheil und in die ToSken, welch« den südlichen Theil deS Landes bewohnen. Unter ihnen befinden sich di« Letzteren auf »in« höheren Culturstuse, während die Ghegen, wenn man von den Bewohnern Scutari» absehen will, vielfach noch Haibbarbaren sind. Nächstdem ab« gliedern sich diese beiden Hauptstämme in eine größere Anzahl kleinerer Stämme. Go haben wir in Nordakbanirn die Stämme Hotti, Klementi, Kocaj, Trjepsi, Gruda, Skreli, Kastrat!, Rioli, Kopliki, Busahujt, Po»ripa, Pulati, Salla, Tost, Marturi, Taci, Nikas Gralnikt und Gast, welche sich unter dem Sammel namen der Maljsoren (Vergbewohner) bezeichnen lassen. Ihnen schließen sich di» Bewohner d« Ebene an, '»wie die Stämme der Miredtten und der Matija. Im Silben haben wir di« Stämme Suma und Dibra. Einige weitere Stämme der Tosken führen wir nicht an, weil dieselben sich Griechenland angegliedert haben und überzeugte Hellenen geworden sind. Der Religion nach zerfallen die Albanesen in Muhamedaner, Griechisch-Orthodoxe und Katholiken. Dem Islam dürsten etwas mehr als die Hälfte sämmtlicher Albanesen angehören. Dem griechisch-orthodoxen Glaubensbekenntnisse huldigen etwa 350 000 Albanesen (vornehmlich im Süden) und ungefähr ebenso viele der römisch-katholischen Kirche. In Nordalbanien unterhält Oesterreich den katholischen Klerus und es übt dadurch einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die Bevölkerung aus. Auch Italien läßt es sich Geld kosten, unter den im Küstengebiet Italienisch sprechenden Einwohnern italienische Sympathien zu erwecken, indem es mehrere Schulen errichtet hat und dieselben unterhält. Religiösen Fanatismus kennen die Albanesen nicht, wenngleich kleine Neckereien häufig Vorkommen. So stehlen die muhamedanischen Albanesen wohl einmal das Kreuz von dem Dache einer Kirche, worauf sich die Bestohlenen dadurch rächen, daß sie die Wände einer Moschee mit Schweineblut beschmieren, wodurch dieselbe unter den Strenggläubigen als entheiligt gilt. Die Albanesen sind im Allgemeinen mehr als mittelgroß, von starkem Knochenbau und mehr sehnig als muSculöS. So schöne, männliche Erscheinungen wie unter den benachbarten Montenegrinern findet man freilich nur selten bei ihnen. Wie die Montenegriner sind aber auch sie ausgezeichnet« Fußgänger und ertragen ebenso gut die rauhe Kälte ihrer FelSgebirge, als die Hitze der Küstenebenen. Sie sind gute Schützen, machen ober oft von ihren Waffen, die sie fast nie oblegen, einen ver brecherischen Gebrauch. Gar locker sitzt die Kugel im Gewehr laufe, d« Dolch in der Scheid«! Aüf einer meiner ersten Reisen durch Albanien bewohnte ich in einem Hause in Scutari im ersten Stock ein Zimmer, unter dem sich der Verkaufsladen eines Albanesen befand. Eine? Mittags, eben Pflegte ich einer kleinen Siesta, hörte ich.unter mir in dem Laden plötzlich ein lauter Wortgefecht, tn dessen kurzem Verlause sich Revolverschllsse mengten, so daß der bläuliche Pulyerrauch durch die fingerbreiten Spalten der Diele, die mein Gemach von dem unteren Raume trennte, zu wir heraufstieg. Einige Augenblick« spstter hörte ich Jemanden aus dem Laden auf di« Straße eilen, gefolgt von dem Ladeninhaber, der draußen, unbekümmert.um die 'Passanten, noch einig« Schüsse aus den Fliehenden abfeuerk. Ich sprang die kurze Stiege hinab, um zu sehen, was es gebe und kam gerade zurecht, um den Besucher de» Laden» al» Sterbenden dorbeitragen zu sehen: eine der letzten Kugeln des Ladeninhaber» hatte ihn noch aus der Straße zu Tode getroffen. Und wa» war der Grund zu diesem tragischen Ereigniß? Der Getödtete hatte Wolle an den Lodeninhaber verkauft, die dieser nicht für gut befand, und als der Verkäufer kam, um da» Geld einziicafsiren, überhäuft« ihn der Käufer mit Vorwürfen, die der Verkäufer mit Revolver, schlissen beantwortete, wa» zur Folg« hatte, daß sich der Käufer ungesäumt derselben Waffe bediente. Ich ergänze diese kleine Remini»k«Nz dahin, daß da» Gencht den Ladeninhaber un. geschoren ließ, daß er aber durch drei Jahre hindurch mit der Blutrache der Familie de» Getödteten bedroht war, bi» ,» ihm gelang, 'sich durch ein Geldopfer mit derselben au»zusöhn«n. In der Mehrzahl sind die Albanesen, speciell di» Ghegen, Hirten und nur insoweit Ackerbauer, al» die» die Nothdurft de» Leben» erfordert. Nur die Bewohner der größeren Städte und des Küstenstriches wenden sich auch dem Handel, dem Handwerk und der Schifffahrt zu. In Prisren sah ich auch eine Zunft tüchtiger Büchsenmacher, Messerschmiede und Goldarbeitrr. Die Albanesen des nördlichen Theiles des Landes, speciell in den Bergen, sind gleichgiltig gegen Cultur und Gesetz, Ge sellschaft oder Staat, für sie gelten nur die Traditionen, das Herkommensrecht der Stämme, das Faustrecht des Einzelnen und die Blutrache. Schrecklich ist es, wie die letztere in Albanien noch verbreitet ist und wie viele Hunderte, ja Tausende von Menschen ihr jährlich zum Opfer fallen — trotz aller Be mühungen, an denen es die katholische Geistlichkeit nicht fehlen läßt, diese Unsitte zu unterdrücken. Oft entsteht die Blutrache infolge einer ganz geringfügigen Ursache. Wegen einer ver sprochenen, aber nicht ausgelieferten Patrone entstanden eines TageS «ine Reihe von Blutfehden, die im Laufe der Zeit mehr als hundert Menschen das Leben kosteten! In Radzit wurde mir der Friedhof mit dem Bemerken gezeigt, daß daselbst weit mehr durch die Blutrache um das Leben gekommene Personen begraben seien, als eines natürlichen Todes Gestorbene, und wer je in Albanien gewandert ist, wird bestätigen, daß an den, übrigens in einem schauderhaftem Zustande sich befindenden Wegen vielfach Gräber zu finden sind, in denen Erschlagene an Ort und Stelle begraben wurden. Welchen Umfang die Blut rache noch jetzt hat, mag di« Thatsache illustriren, daß, als im vorigen Gommer e» den Bemühungen der Franziskaner und de» Gouverneurs von Scutari gelang, unter den Bewohnern der Ebene von Scutari eine allgemeine Aussöhnung herbeizuführen, in diesem doch nicht allzu großen Distrikte nicht weniger als 500 Blutfehden beigelegt wurden. Die Autorität der Türken ist, namentlich in den Bergen, nur ein« scheinbare, denn in Wirklichkeit regiert sich jeder Stamm selbst. Mit dem Gouverneur oder Dali stehen blo» einige Stämme durch «in« Mittel»person, den Buljukbaschi, in Ver- bindung. Jeder Stamm bildet eine Nein«, gewissermaßen autonome Republik, deren Präsident Barjaktar (Fahnenträger) heißt und im Kriege auch der Befehlshaber deS Contingentes seine» Stamme» tff Die Barjaktar»«Würde ist erblick, ebenso wie jene der Dojwoden oder Gemeindevorstände, doch kann diese Würde auch durch besonder« Verdienste erworben werden. An- gelegenheiten, die da» Wohl de» ganzen Stamme» betreffen, nämlich Entscheidung über Krieg und Frieden, Erlaß oder Auf hebung eine» Gesetze», Aenberuirg alter Gebräucke und dergl. können nur von der Volksversammlung (Kuvent) entschieden werden, zu der jede Familie einen Vertreter entsendet. Der- letzungen de» Herkommen» werden mit Geldstrafen oder Bieh- confiScation bestraft. Von dem Erträgniß der Strafen werden die Fest« ab-rhalten. Privatstreitigkeiten schlichten gewählte Schiedsrichter. Diebstahl wir» nur geahndet, wenn er im Ge biete de» eigenen Stammes begangen wurde, jener außerhalb diese» Territoriums wird gebilligt, weil dadurch der National wohlstand «rhöht wird. Unabsichtliche Tödiung wird mit circa 200 Strafe belegt, vorsätzlicher Todtschlag zieht Blutrache nach sich; dergleichen Verleumdung, Entführung, Schändung und Ehebruch. In der Familie ist der Mann der alleinig« Herr, dem all« Famtlienglieder unterthan sind. Die Haulfrau theilt oft bi» männlich« Thätigkeit und zieht häufig mit ihrem Manne in den Kampf. Nur widerwillig ertragen die Albanesen di« Oberherrschaft der Türken, ja, in manchen Gegenden darf sich kein türkischer Soldat blicken lassen. In Ueiküb wohnte ich eine Zeit lang mit einem türkischen Gouverneur zusammen, dem alle Versuche, in seinen ihm angewiesenen Wirkungskreis Ipek zu gelangen, miß lungen waren, weil die widersetzlichen Jpeker ihn sammt seiner Begleitung beim Nahen stets mit einem Kugelhagel begrüßten. Ich habe deshalb auch immer nur mit Miß behagen die Ehre entgegengenommen, die mir die verschiedenen Gouverneure des Landes dadurch zu er weisen gedachten, daß sie mir «inen oder mehrere Zaptiehs auf meinen Reisen mitgaben, denn da dieselben im»türkisä>er Uniform «inherreiten, machen sie die Reise-Karawane den Le wohnern des Landes von vornherein unsyinpaihisch unv ver- dächtig. Ich half mir dann zumeist damifi daß ich eingeborene Leute zu meiner weiteren Begleitung «ngagirte uns diesen aus trug, jedesmal vorher um die „Bessa" (Gastfreundschaft) eines Albanesen nachzusuchen, in dessen Behausung wir zu übernachten gedachten. So lange man die Bessa genießt, steht man unter dem Schutz« des Wirthes. Er und sein ganzer Stamm würde es als eine ihnen selbst zugefügte Beleidigung empfinden und dementsprechend rächen, wenn dem Gast auch nur ein Haar ge krümmt würde. Freilich kann die Bessa auch gekündigt werden, wie es mir selbst einmal in Selce passirte, wo ich dieselbe mitten in der Nacht für den folgenden Morgen 6 Uhr gekündigt er hielt. Es war der Barjaktar selbst, dessen Gastfreundschaft ich genoß, der aber für seine Leute, die durch den Anblick des mit mir reisenden Zaptieh erreg: worden waren, nicht länger ein stehen zu können erklärte. Wehr, wenn ich die Kündigungszeit nicht «ingehalten hält« — wir wären vogelfr« gewesen! Diesem selben Zaptieh «hatte ich es übrigens auch zu ver danken, daß ich unmittelbar vor Gusinje wieder umkehren mußte. Der ungewohnt« Anblick eines türkischen Soldaten hatte ein« sich stetig vermehrende Anzahl Albanesen herbeigefühlt, die mich und meine Begleiter mit dem Tode bedrohten, wenn wir einen Schr : weiter gingen. Neuerdings haben sich jedoch die Gusinjoben wieder friedlicher gezeigt, indem sie es dem österreichischen Consul Jpp . vor einigen Monaten gestatteten, ihre Stadt zu betreten, dort) hatte auch Jppen türkische Begleitung abgelehni und war nur in Begleitung seiner Kawassen. Wenn nun die Albanesen in ihrer Versammlung zu Jpck «inendem Sultan günstigen Beschluß gefaßt haben, so ist zunächst festzustellen, daß sich nur muhamedanische Albanesen zu der Ver sammlung eingefunden, die christlichen Albanesen aber von der selben fern gehalten hatten. Die muhamedanischen Albanesen sind stets umschmeichelt von den hohen Herren am goldenen Horn, und die Leibwache des Sultans besteht in ihrem Kern aus den selben. Zu den höchsten Ehrenämtern um die Person des Sul tans werden gern muhamedanische Albanesen genommen. Was Wunder, daß sich da Einflüsse mit Erfolg haben geltend machen können, eine solche Versammlung zu Stande zu bringen? Eine wirklich große politische Bedeutung kann derselben aber nicht bei gelegt werden, da die Albanesen ihre Freiheit in den Bergen zu sehr lieben, als daß sie nun zu treu gehorsamen Unterthanen der türkischen Behörden werden könnten. Bei dem Zustande kommen der Versammlung wird ferner die Erwägung maßgebend gewesen sein, daß die Albanesen nur unter der so überaus lockeren Herrschaft deS Sultans ein so ungebundene» Leben führen kön nen, und daß dies sofort aufhören würde, wenn das Land in andere Hände überging«. Diese Gefahr würde nabe rücken, wenn «ine Erhebung Makedoniens von Erfolg begleitet wäre. Im Uebrigen aber werden wir noch obzuwarten haben, wie sich die christlichen Albanesen zu dem Beschlüsse ihrer muhamedanischen Landrleute stellen werden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite