Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990307024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899030702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899030702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-03
- Tag1899-03-07
- Monat1899-03
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis kn der Hauplexpcditwn oder den im Ltadt- bezirk und den Bororten errichteten Aus- gabcstellen abg« hvIr: vierteljährlich./Z4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins .vaus ./c. 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlicll 6.—. Direete tägliche Kreuzbcuidiendung ins Ausland: monatlich ./L 7.50. Die Morgen-Ausgabe erschciul um '/-7 Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Uedaclion und Expedition: Johannisgafse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Llto ktcuim's So-tim. (Alfred Halm», Universitätsstratze 3 (Paulinum'. Louis Lösche. Katharinenstr. 14z pari, und Königsplatz 7. Abend-Ausgabe. Mipziger TaMblatl Anzeiger. Änttsvtati des Königlichen Land- und Hintsgerichles Leipzig, des Nathes und Nokizei-Ämtes der Ätadt Leipzig. AnzeigeN'PreiS die 6 gespaltene Petitzelle 20 Psg. Reelamen unter demRedactionSstrich (4ge spalten- 50^, vor den Familiennachrichten l6gespalten- 40 Größere Lchriftcn laut unserem „Preis verzeichnis;. Tabellarischer und Zissernsap nach höherem Tarif. ^rtra-Beitaaeu (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbcförderung ./L 60.—, mit Poslbesürderung >4 70.—. —— Annalimeichluk fiir Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filiale» und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die strpcvinon zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. M. Dienstag den 7. Mär; 1899. 93. Jahrgang. Amtlicher Theil. 100 Mark Belohnung. Gestern Nachmittag in der 6. Stunde ist in dem südlich der Plagwitzer Straße gelegenen Theile des „Nitterwerder" der Leich- uam eines neugeborenen Kindes inäunlichen Geschlechtes mit durchschnittenem Halse aufgesundcn worden, der nach dem äußeren Befunde nur kurze Heil zuvor dorthin gelegt worden sei» kann. Ter Leichnam war cingewickelt in ein blutdurchtränkteS Stück weißer LeiuwanL, um die ein reines Stuck dunkelfarbigen wollenen Lenges, anscheinend von einem Frauenrock oder einer Frauenschürze Her richtens, geschlungen war. DaS Ganze war in einen großen Bogen braunen Packpapiere-:- eiugeschlagen. Das unterzeichnete Polizeiamt crsncht um unverzügliche Mit- theilung aller Wahrnehmungen, die zur Ermittelung der Mutter des ermordeten Kindes und des Thäters beizutrageu geeignet er scheinen, an die Eriminal-Abtheilung — Wächterstraße 5, part. l., Zimmer 65 --- oder an die nächste Polizeiwache, und seht auf die Ermittelung Les ThälerS bez. der Kindesmutter die obige Be lohnung ans. Leipzig, am 7. März 1899. Tas Poli;ciai»t Ser Stadt Leipzig. Bretschneider. Vr. Finckc. Politische Tagesschau. * Leipzig, 7. Münz. Der Reichstag hat gestern das Gesetz wegen Errichtung eines bayrischen Senats beini Reichs militär- geeicht in dritter Berathung angenommen, und zwar, Ivie zu erwarten war, gegen die Stimmen des Abg. Schaedler und seiner bayrischen Ccntrumsgefolgschaft. Die anscheinend auf con- servativer Seite gehegte Hoffnung, die Rcservatschmerzen dieser Herren würden durch die bei der zweiten Lesung abgegebene bündige Zusage des Reichskanzlers und die Erklärungen des bayrischen Bundesbeoollmächtigten beschwichtigt worden sein, wurde von Herrn Schaedler ausdrücklich als irrig bezeichnet. Der Werth der in dieser wichtigen Frage erzielten Verständigung wird indeß durch den Widerspruch der bayrischen Particularisten- gruppe ebensowenig vermindert, wie dadurch, das; mit diesen Herren auch die S o c i a l d e m o k r a t e n bei der Abstimmung sitzen blieben. Der dann zur Berathung stehende Rest des Militärei atS und der des allgemeinen Pen- sionsfonds wurden ohne wesentliche Debatte angenommen. Zu lebhaften Auseinandersetzungen kam es wieder beim Etat des R e i ch s - I n v a l i d e n f o n d L, diesem Schmerzens kindc der Militärverwaltung. Es macht einen traurigen Ein druck, daß alle Jahre im Reichstag erfolglos für die Invaliden und Veteranen des großen Krieges cingetreten wird. Auch heute waren sich, wie im Vorjahre, alle Parteien darin einig, daß für Invaliden nnd Veteranen nothwendig etwas geschehen müsse. E i n st i m m i g gelangte eine von der Budgetcommission gefaßte Resolution zur Annahme, die eine Beihlfe von 120 für alle nach dem Art. III des Gesetzes von 1895 als berechtigt anerkannten Veteranen verlangt und ferner die Vorlage eines Gesetzes fordert, das den berechtigten Wünschen der Militär invaliden, insbesondere in Bezug auf die Versorgung der Witt- wen und Waisen, die Entschädigung für Nichtbenuhung des Civilversorgungsscheines u. s. w. Rechnung trägt. Graf Oriola, der ersteRedner, hob jedenfalls mit Reckt heror, daß die Militärverwaltung diese Wünsche wohl gern erfüllen würde, daß das Hindernis; aber in der Schatzverwaliung, vor Allem beim preußischen Finanzminister zu suchen sei. Frhr. v. Thiel- mann gab dies indirect zu, indem er erklärte, die Regierung habe das Gesetz von 1895 nicht nur ausgeführt, sondern sei schon weiter gegangen, als seine Bestimmungen vorschrieben. Ein Eingehen auf den ersten Wunsch des Reichstages würde eine Mehrausgabe von 1800 000 c/Z verursachen. Ob die verbündeten Regierungen geneigt sein würden, ein neues Ausgabecapitel für die Veteranen in den Etat einzustellen, könne er nicht sagen. Bei der preußischen Regierung bestehe jedenfalls keine Ge neigtheit dazu. So wird voraussichtlich auch diesmal die Re solution ohne Erfolg bleiben, wenn nicht eine lebhafte Bewegung im Lande hervorgcrufen wird. Einer solchen widersteht auf die Dauer auch der Ehef der preußischen Finanzverwaltung nickt. „Waö geht bei Leu Rationattiberalcil vor?" Sofiagen in Folge der am Freitag im Reichstage von den Abgg. Prof. Paasche und GrafOriola gehaltenen Reden die „Münch. N. Rachr.", nach deren Behauptung diese Reden im Land: beson ders deshalb bedenklicyes Kopfsckütteln erregt hätten, weil die Schlußfolgerung des Cenirums, das; der Nationalliberalismus für ein Zedlitz'sches Schulgesetz reif wäre, nicht sofort die gebüh rende Zurückweisung erfahren bätte. Das aenanuie süddeuiscke Blatt sagt daun weiter: „Nach der vortrefflichen Prvgrammreüe des Abgeordnete» Bajjer- man» gelegentlich der allgemeinen Erörterung des Etats durfte inan von der nationalliberale» Partei einen entschlossenen Schritt weiter nach links erwarten, damit das „liberale" Element der Partei deutlich znni Ausdruck gelange. Die Abgeordneten Paasche und Oriola thaten diesen Schritt wieder nach rechts rückwärts. Geschah dies unter Billigung der Parteiführung? Wir glauben kaum; denn es machte sich während der Rede» Paasche's und Lriola's eine sichtliche Verlegenheit (?) in Le» Reihen der Nationalliberale» bemerkbar. Tas; die Ausführungen Paasche's und Oriola's das von Stöcker erhoffte zustimmende Echo in der nationallibcraleii Presse sindcii und dadurch das Ver langen der Uiiterwerfiing der Schule unter die Kirche zum Ausdruck kommen werde, sürchtcii wir nun zwar nicht, können uns aber der Besorgnis; nicht verschließen, einige Persönlich keiten von der iiationalliberalen Partei ab splittern zu sehen, wenn nicht eine energische Parteiführung diesem Abfall bei Zeiten vorbengt." Die „Münch. N. Nachr." irren sich gründlich. Wie der Äbg. Bassermann in seiner „Programmrcde" lediglich den Standpunct bezeichnete, den die nationalliberale Partei von jeher in social politischen Fragen eingenommen hat, so haben die Abgg. Paasche und Graf Oriola am Freitag lediglich dargelegt, wie sie und ihre politischen Freunde der atheistischen Richtung der Social- demotrane gegenüber stehen. Allerdings sind sie anscheinend bei ihren Ausführungen in dem Jrrthume befangen gewesen, das Eentrum, Ivie es neuerdings in einigen nationalen Fragen seine frühere schroffe Haltung abgelegt Hal, werde auch in kirchlichen und kirchenpolitischen Fragen minder schroff auftreten. Aber die beiden Redner wurden sofort eines Anderen belehrt und muß ten erkennen, daß die Centrumsfraction unter Pflege dec Religio sität nichts Anderes versteht, als früher, nämlich die Beseitigung aller Schranken, die der absoluten Freiheit der römischen Kirche im Reiche und in den Einzelstaaten gesteckt sind. Und eben, weil das am Freitag im Reichstage wieder einmal mit voller Deut lichkeit hervorgetreten ist, so geht in der naiionalliberalen Partei Igar nichts vor, was die Hoffnung der „Münch. N. Nachr." I auf eine Reclificirung der beiden Redner oder auf ihre Absplitte- I rung von der Partei zu erfüllen verspräche. Nach weniger geht etwas vor, was die Wünsche des ultramontanen „Wests. Merk." ihrer Erfüllung näher zu führen verhieße: „Mit den Nationalliberale» geschehen Zeichen und Wunder. Jetzt treten sie im Reichstage für den Glauben an Gott nnd die allein selig machende Kirche mit einem Eifer am, der das Haus nicht wenig überraschte. Ter Abgeordnete Paasche selbst nahm schließlich sogar das Papstthiim gegen die Svrialdemokraten in Schutz, und das war das Aller überraschendste. Das ist um so erfreulicher, je weniger man an iiationalliberale Reden für Gott und Kirche gewohnt ist. Die im Cullnrkamvfe von Nationalliberale» bethätigte Gesinnung sah, Ivie Abg. Gröber ihnen ins Gedächtnis; zurückricf, ganz anders aus. Indeß ist im Himmel ja mehr Freude über einen Sünder, der Buße thut, als über 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen. Wir wollen nur wünschen, das; die Nationalliberalen nun auch praktisch üben, was sie mit dem Mnndc bekennen. Abg. Grüber hat sie auf daS Schulgesetz hingewiesen." Die Nationalliberalen wissen — abgesehen oon allen anoercn Gründen, die wider jede weitere Nachgiebigkeit gegen die kleri kalen Ansprüche sprechen — zu gut, daß nichts den „Zug nach links" so sehr begünstigen und nichts der Demokratie und der Socialdemokratie so wirksamen Agitationsstoff liefern würde, als eine Gesetzgebung, welche die Schule und die Gewissen unter das römische Joch beugt, und wenn Herr llr. v. M iquel sich etwa ähnlichen Hoffnungen hingeben sollte, wie der „Schwäb. Merk.", so braucht er sich nur an die Thatsache zu erinnern, daß er als nationalliberaler Führer die „Bekämpfung des ulrramon- tanen Princips" als eine der ersten Pflichten seiner Partei hinge stellt hat. Wenn er in dieser wie in mancher anderen Hinsicht eine Schwenkung vollzogen hat, so ist dies für seine früheren Parteigenossen kein Grund, auch ihrerseits zu schwenken. Zur „Los von Rom"-Bewegung in Tcntsch-Böymcu wird der „Tagt. Nundsch." von dort gemeldet: Die Ueber- triltsbcwegung nimmt von Tag zu Tag zu, trotzdem ihr die Behörden die denkbar möglichsten Schwierigkeiten entgegen setzen nnd Versammlungen und Vorträge, in denen zum Uebertritt anfgefordert werden soll, verbieten, wo cS nur an geht. So fand dieser Tage in Karlsbad eine Versammlung statt, an welcher 600 Personen, durchweg geladene Gaste, theilnahmen. Mitten während des Vortrages über „die neue deutschkirchliche Bewegung" erschien ein Negierungs- eommissar und lies; sich von ungefähr 100 Personen die Ein ladungskarten vorzeigen, nm sich zu überzeugen, ob Alle wirtlich im Besitze von solchen seien. Da kein Anstand vorlag, mußte er unverrichteter Dinge wieder abziehen. ZnKarbitz wurde eine Versammlung, in welcher Ur. Eisenkolb über ein ähnliches Thema sprechen wollte, verboten, trotzdem hier gerade in diesem One die Bewegung so zugenommeu, daß die evangelische Gemeinde in Teplitz beschlossen hat, in Karbitz einen evangelischen Pfarrvicar anzustelleu. Zn Dur, wo ebenfalls schon viele Personen übergetreten sind, soll von nun an jeden Sonntag ein evangelischer Gottesdienst statt finden. Zn Karlsbad sind bis jetzt über lOO Personen übcrgetretcn, doch werden in der nächsten Zeit noch mehrere Hundert folgen. Zu Pirkenhammer bei Karlsbad ist fast der ganze Ort entschlossen, übcrzutreten; die Firma Mieg L Go. will dort auch ein evangelisches BelbanS auf eigene Kosten errichten. Zn Eger sott die Zahl derer, die sich zum Uebertritte bereit erklärt haben, bis heute an 1200 betragen. — Auch in den Alpenländern mehrt sich die Zahl der Uebertritte; auch der aus dem Franziskanervrdeu aus getretene Priester !'. Ferk, welcher einer der Vorkämpfer des Christlichen Bauernbundes im Kampfe gegen die katho lische Vvlkspartei war, soll, wie Grazer Blätter melden, zum Alikatholicismus übcrgetreten sein. Die ungeahnte Ausbreitung der Bewegung jagt denn auch den Kleri kalen einen ordentlichen Schrecken ein und die römische Kirche sucht in der letzten Zeit den Wünschen der Deutschen nach Möglichkeit cntgegeiizukommcu. Sv ließ der Prälat des Pränionstralenser Klosters j» Gralowetz in Mähren dem Vorstand des Deutschen Vereins in Zglau, welcher gemeinsam mit der Sladtvertreinng die Abberufung des tschechischen Kaplans in Zglan gesorderl halte, mittheilcn, daß er den bctresscndcn Geistlicken innerhalb 1 l Tagen abberufen werde. Auch die Gemeinde Langenau bei Trau'tenau soll nunmehr einen deutschen Pfarrer erkalten, nachdem sie erklärt halte, wenn ihr Wunsch nicht erfüllt werde, zum Protestantismus übcrzutrelcn. Di: Erklärung, welche der sranzöfischc Minister deS Aeußern De leas so gestern in der Depulirtenkammer über die Maseat-Aiiizelegenlikit abgegeben hat, lautet ausführlicher wie folgt: „Vor etwa drei Wochen traf der englische Resident in Bender- Bnschin, welcher der indischen Regierung untersteht, aus einem Kriegsschiffe vor Mascat ein nnd forderte den Sultan auf, eine Eonceisioii rückgängig zu machen, die er uns ertheilt hatte, und welche das Zugeständnis; an Frankreich enthielt, ein Kohlen depot aii der Meeresküste an einer der zu Mascat ge hörigen Buchten anzulege». Unter dem Drucke der eng lischen Kanonen c:stickte uns der Sultan, ihm die Concessions- lirkinide wieder zurüciznüellen, wa-S wir natürlich verweigerten. Daraus erklärte der Sultan die Eoneession für aunullirt. Tas sind die Thatjachen. Die Regierung der Republik sand sich also einer devvelieu Frage gegenüber, einer thatiächlicheu und einer formellem Welchen Vorwurf konnte man schließlich gegen uns erheben? Durch dcu Vertrag von 1862 übernahmen England und Frankreich die gegenseitige Verpflichtung, die Unabhängig keit des Inneren von Maseat zn rejvcetircn. Frankreich hat ebenso wenig beute als in der Vergangenheit Lust, diese Unabhängigkeit im Gcriusieii anzntaslcn. Frankreich hat dies stets gesagt und er hebt keine Schwierigkeit, es wieder zn jagen; cs beabsichtigt zweifel los ebcnjvweiiig als England, sich ans Umwegen, durch Sonder verträge- in Ma.rai eine bevorrechtigte Lage zu schaffen nnd die Tragweite der Ucbcreinkunst von 1862 zn seinem Bortheil abzu schwächen. könnte die Bewilligung einer Kohlenniederlage die geringste Beunruhigung rechtfertigen'? England besitzt seit Langem eine Kohlcnniedcrlage in Mascat, und wie könnte der bloße Plan, seinerseits das zn thun, was England olme Schädigung der Ueber- einkunst von 1862 thnn konnte, eine Nichteinhaltung, eine Ver letzung eben dieser Evnvcntion durch Frankreich bedeuten? Tie Erörterung über diesen Pnnct konnte keine weitlüujige sei. Die eng- lijcheRegieliing bat auchnach erhaltenerAufklärungüberdieThatjachen und Misere Absichten nicht gezögert, aiiznerkenncn, daß die Rechte Frankreichs und Englands in Mascat identisch seien, wie auch ihre Pflichten dieselben seien. Frankreich kann sehr rechtmäßiger Weise dorr ieinericits eine kohlciiiiiederlagc genau zu den Bedin gungen bauen, unter wttcheu England dort die seinige errichtet hat. (Beifall.) Wir hatten also Recht i:i der Sache behalten; es blieb jetzt nur uvch die Frage des weiicre.i Vorgehens zu regeln. Auch hier konnte eine zusricdeust Uende Lösung nick» zweifelhaft sein. ES wäre auch wirklich nicht möglich, daß iin Augenblick, wo die beiden Feuilleton Wllng-lMH-Chö. Roman von Sylva Testa (L. Frfr. von Staill-Holslein). ülachtruck verbot«». Shö-ma-Kuang, ver mit den Seinigen bis jetzt im Garten häuschen geweilt hatte, schellte mit einer kleinen silbernen Tisch glocke, worauf Mei Diener einen Tragstuhl brachten, um die Mandarinin ins Haus zu bringen. Sic gingen langsam mit ihrer Last, denn Shö-ma-Kuang schritt, im Gespräch mit seiner Gattin, nebenher, Gao, die nur mühsam trippeln konnte, am Arme führend. Den Weg beleuchtete ein Knabe mit einer sebr Hellen Laterne; da kam ein prächtiger Falter aus dem Jasmin gebüsch und schwebte schaukelnd in den Lichtstrahl. „Wie schön er ist mit seinen blanschwarzen Sammet schwingen!" rief die kleine Gao jubelnd und wollte ihn erhaschen; aber beim ersten Schritt kam sie ins Schwanken und wäre ge fallen, hätte der gute Vater sic nicht schnell umfaßt. „So ungestüm zu sein, ziemt einer Mandarinentochter nicht", sagte er mit freundlichem Vorwurf. Sie barg das Gesicht an seiner Schulter uno schluchzte: „O, diese elenden Füße, warum thatet Ihr mir das an?!" „Schmähe Deine Füße nicht", bat die Mutter sanft, „sie sind von vollendeter Schönheit, eine Zierde Deines Ranges. — Goldene Lilien wird sie der Dichter heißen uns Dein Gatte wird Dich, nm ihretwillen, sein Kleinod nennen. Was bedarf es denn größerer", fuhr sie tröstend fort, als Gao noch immer weinte, „Haus und Garten ihres Gatten sind die Welt einer vornehmen Frau; laß Dich die kleinen Füße das lehren, sie sollen Dich nie über die Grenze Deines eigenen Reiches tragen, in dem Du all' Dein Glück finden wirst." Es waren nicht Gao's erste Thränen, die sie nm ihrer ver stümmelten Füße willen weinte. Auch der Vater suchte sie z» trösten, indem er vom Wege der Mitte redete, der den Pfad der Tugend darstelle, auf dem es leichter sei, mit so kleinen Füßen zu wandeln, die nicht fähig wären, in weitem Bogen abzuirren, nach rechts oder links, wie die ungehemmten eines Mädchens aus dem Volke. Gao aber wollte nicht auf „goldenen Lilien" den Pfad der Tugend humpeln, ihre jungen Glieder verlangten nach Be wegung. Sw wollte laufen und klettern, da draußen auf den bewaldeten Höhen, die sie täglich vor Augen sah; ihr junges, warmes Herz pochte in ungestümem Freiheitsdrang«, der nie, nie gestillt werden sollte in dieser grausamen Welt voll Zwang und Unnatur. An der Schwelle ihres Schlafgemaches angelangt, umfaßte sie den Bater zärtlich zur guten Nacht uns flüsterte ihm ins Ohr: „Ich bin zn früh geboren, ich Unglückliche muß ein jammervolles Geschöpf bleiben, auch wenn der Tag tommt, wo Chinas vornehme Frauen nicht mehr armselige Krüppel zn sein brauchen, sondern rasch und fest nnd froh einherschreiten werden, wie die geringsten Töchter ihres Volkes. Er bat gesagt, dieser große Tag käme bald." „Wer ist er?" fragte der Vater befremect. „Wang-hgan-Chö", rief sie triumphircnd, als läge -unzweifel haft die Zukunft in seinen Händen. Durch Thränen lächelnd verschwand sie hinter ihrem Vorhang. „Ja, auf Aller Lippen, selbst auf denen meines Kindes, schwebt sein Name. Er wird die Zukunft gestalten — aber wie?" — S e ch st e s C a p i t c l. Am cechien User oes Si-Hu-Sees, am Fuße oes Gebirges, zieht sich das Gräberthal, eine Stadt der Tobten, dahin. Die Sterne am sommerlichen Himmel erblicken bereits, als ein Mann, von hohem Wuchs und stolzer Haltung, die geweihte Stätte betrat, und langsam unter Eypressen und Trauerweiden, durch eine unabsehbare Reihe von 'Sarkophagen, Obelisken, Pyramiden, kleinen Thürmen, Pfeilern nnd Gedenksteinen, hin schritt. Der Einsame war Wang-Hgan Chö, der sich hier am Orte der ewigen Ruhe, nach durchwachter Nacht, eine kurze Rast zu gönnen gedachte. Er lies; sich ans einer halbmondförmigen Terrasse, auf der Schwelle eines Mandarinen-Mausoleums, nieder. In seinem weißen Gewände, das ihn vom Haupte bis zu den Füßen einhüllte, hätte man ihn für eine gespenstische Er scheinung halten können; aber es war ein Blick voll glühenden Lebens, den er hinaufsandte zu den Sternen, indem er leise sprach: „Ihr da droben seid ewig, und ihr seid wunschlos, daher euer heiteres Leuchten; wir aber, hinschwindenve Kinder der Zeit, verlernen das Lächeln im Kampf mit den Mächten, die in sinnlosem Launenspiel den Einen erhöhen und den Anderen zermalmen. Wer seid ihr, die ihr dem Menschen sein kurzes Erdcnglück mißgönnt? Du bist cs, Ungerechtigkeit", rief er mit dränend erhobener Hand, „und ich will Dein Sccptcr zerbrechen Thorheit heißt Deine Schwester, und ich will die Bande, mit denen sie mein Volk gefesselt hält, mit der Schwcrtessckärfe der Weisheit zerhauen. Und Du, Knechtschaft, dritte im Bunde, sollst nicht mehr sein, denn Weisheit und Gerechtigkeit macht frei." Flüsternd, Geisterstimmen gleich, ging der Nachtwind durch die Wipfel. Wang schaute um sich im Kreise der Gräber: „Haben die Todten mitzureden, wo sich die Lebenden durchringen wollen zu höherer, besserer Daseinsgestaliung? — Begrabene Vergangenheit, soll ich in all' meinem Thun Deinem gespenstischen Geiste begegnen.' — Sieh' mich nur an mit dem steinernen Antlitz, erhebe nur immer abwehrend Deinen starren Arm, ich fürchte Dich nicht; dem Lebensen gehört sie Welt." Die Sterne waren in den lichtgrauen Schleier der Frühe versunken. Wang-Ygan-Chö erhob sich und ging dem Ausgange zu, hier nnd da stehen bleibend, um auf einem Grabsteine die Tugenden des darunter Gebetteten zn lesen. Von Manchen wußte er, daß es erlogene waren, daß die Prunkhaften Monumenlc als Denkmäler von Grausamkeit und schlechten Titten hätten dastehen müssen. An grünen Hügeln schritt er vorüber, die dec Nachwelt nichts überlieferten und cs überkam ihn eine Ahnung, daß einem Reiche der Gleichheit, wie er es träumte, Alles sich zu widersetzen streben werde, selbst der Staub; allein, das reizte nur seinen Kampfesmuth. Männern und Frauen begegnete er, die -den Manen der Abgeschiedenen allerlei Nahrungsmittel: Geflügel, kleine Ferkel, Reis und Früchte auf die Gräber trugen. Sein ernstes Aittlitz erheiterte sich, er glaubte nicht an Geister, am allerwenigsten an hungrige. Bei einer an einem Grabe knieenven Frauengestalt verweilte ec beobachtend: es war eine junge Witlwe, die ihres Gatten Zustimmung zur Wiedervermählung erlangen wollte. Zu diesem Zwecke schüttelte sie in einem Holzbecher kleine Stäbchen durch einander und warf diese, allerlei Sprüche murmelnd, mit der rechten Hand über Sie linke Schulter, worauf sie mit angstvoller Miene auf den Knien hinrutschte, wo sie lagen. Waren die meisten der spitzen Enden gegen Morgen gekehrt, so durfte sie sich vermählen; die Antwort aber war diesmal eine verneinende und weinend wollte sie ihren Rückweg antreten, als Wang ihr zurief: „Wirf noch einmal, gewiß hat Deine Hand gezilten — dann gilt's nicht." Sie warf noch einmal und dieser Wurf fiel günstig aus. Jubelnd wie ein Kind, ist doch die Chinesin selten reifer als ein solches, eilte sie von dannen. So ist ein Jeder seines Schicksals Schmied, seine eigene, oder seines Bruders Vorsehung. Euch, unsichtbare Schicksalsmächte, können wir^cntbehren, dachte Wang, aus dem Portale schreitend wo seine Schüler ihn erwarteten. Alle in weißen Baumwoll mänteln, wie er einen trug, denn er gestattete den reichen Man- darincnsöhnen nicht, sich in der Tracht über ihr« unbemittelten Genossen zu erheben. Aller Blicke hingen voll begeisterter Ehrfurcht an ihm, wie er, sie hoch überragend, in ihrem Kreise stand, das schöne, braune Antlitz von weichem Vollbart umrahmt, dec ausgehenden Sonne zugewandt, in die seine goldbraunen Adleraugen ruhig blickten. Ein Sohn des südliche,i Gren;landes, war ihm der edle Typus dec Hinsura"': eigen, der feine Mutter entstammte. Schon seine äußere E.' iuung mußte ihn zum Heros der Jugend machen. Einer s.: Jünglinge, Lao-li, schien ebenfalls fremdem Stamme entsprossen, man hätte ihn für einen jüngeren Bruder des Wang yalien mögen, mit seinem vornehm schlanken Wuchs und den phaniasievollen, mitternächttgen Augen. Als müsse er, wie er ihm leiblich glich, ihm auch dem Herzen nach der nächste sein; so trat ec vertrauensvoll an seine Seite, als der Meister gütig winkend sagte: „Folg: mir, meine Kinder", und dicht umringt von den Jünglingen seiner Behausung zuschlitt; überall am Wege ehrerbietig, oft jubelnd, von der Menge begrüßt. Aas gab ihm, Ser noch kein hohes Amt verwaltet, keine blendende Tbar getban batte, eine solch« Macht über die Menschen? ES war die Kraft des Willens und der Ueberzeugung, dir eine Aelr aus den Angeln heben zu können vermeinte, welche sich in seiner imponircnden Erscheinung, in seinen geistdurchwehten Worten widerspiegelte. In einer Zeit des Ringens und Be gehrens Sehnsucht erfüllter Millionen, des Wankens und Schwankens alter Lebensformen, ragte Wang, gleich einem Felsen, mit seinem Glauben an ein goldenes Zeitalter, aus der wogenden Ungewißheit empor und zog die Geister magnetisch an sich. Siebentes Capitel. Am siebenten Tage des Monats, um die Mittagszeit, bewegte sich ein stattlicher Zug nach der Villa She-ma-Kuangs. In der ersten offenen Sänfte saß, festlich gekleidet, ein Mandarin, den Sonnenschirm in der einen, den Fächer in der anderen Hand; über ihm wölbte sich ein Silbcrvrahtdach, mit großem Gold knöpf gekrönt. Bier kräftige Träger hatten die Last an Bambus stäben auf ihren Schultern. Voran ging ein Trupp Diener, von denen einige ab und zu auf Messing Gongs schlugen, andere mit lauter Stimme die Tugenden ihres Gebieters ausposaunten und dem Pöbel zuschrien, Platz zu machen. Zwei riesige Burschen mit Mühen von Eisendraht und grauen Federn trugen Ketten, als Symbol seiner Macht; ander« folgten mit den Bambusstöcken und Ehrensonnenickirmcn; die beiden letzten hielten ein großes Brett, auf welchem der Titel des Besuchers in goldenen Lettern stand. Die dem Zuge begegnenden oder am Wege arbeitenden Leute ließen die Hände sinken und verharcien mit niedergeschlagenen Augen in demüthiger Stellung, bis dec grcße Mann vorbei«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite