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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.03.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990321016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899032101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899032101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-03
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Bezugs-Preis in der Hauptexpedition oder de» lin Stadt- tezirk und den Bororten errichteten Au)- qavrsrellen ab geholt: virrtetjädrlich^ls.öO, tri zweimaliger täglicher Zustellung ins HauS 5.50. Durch die Post bezogen für Teutschland und Oesterreich: vierteliüdrlich ./r 6.—. Directe tägliche jtreuzbandiendung iuS Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Nhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ne-action und Erpe-ition: IohanniSgafse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbroche» geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Ltta klemm's Sortim. (Alfred Hahn), Universitätssrraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Katharinenstr. 14, part. und Königsplatz 7. Anzeiger. Amtsblatt des Kömgkichen Land- und Ämtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nokizei-ÄNltes der Ltadl Leipzig. Auzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Rrclamen unter dem Redactionsstrich (4ge- fpalten) »Oijj, vor Len Fomiliennachrichken (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeickmiß. Tabellarischer und Ziffernwtz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Posibrsürderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. —— Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 145 Dienstag den 21. März 1899. Die englisch-italienische Intimität. Man schreibt uns: Schon als die ersten Nachrichten über die Absichten Italiens in Ostasien in die Oeffentlichteit gelangten, wurde von italie nischer Seite darauf hingewiesen, daß man sich der kräftigsten Unterstützung Englands erfreute. Diese Behauptung ist be stätigt worden durch die Auslassungen der leitenden Persönlich keiten in der englischen wie in der italienischen Kammer. Jin englischen Unterhause wurde von dem Regierungsorrtreter Ita lien als Freund und Bundesgenosse Englands bezeichnet, dem man bei seiner Action zum Mindesten diplomatisch zur Seite stehen müsse, in der italienischen Kammer betonte der Minister des Auswärtigen, daß man bei dem Vorgehen in Ehina behutsam verfahren müßte, um nicht etwa die Interessen Englands zu schädigen, „einer Macht, die unsere herzliche Freundin ist und sich als solche bezeigt". Gleichzeitig schreibt eines der bedeutendsten italienischen Blätter, oie „Tribuna", daß Italien sich auf die k r ä f t i g st e u nd e n ts ch i e d e n st e Unterstützung Englands verlassen könne. Am be zeichnendsten aber für die italienisch-englische Intimität ist wohl, daß, nachdem der italienische Gesandte in Peking wegen seines eigenmächtigen Verfahrens abberufen worden ist, der englische Gesandte mit der zeitweiligen Wahrung der italienischen diplomatischen Vertretung betraut worden ist. Für Deutschland ist die so scharf hervortretende In timität zwischen England und Italien vom Standpuncte der Festigkeit des Dreibundes aus nur erfreulich. Italien kann ge gebenen Falls nur dann seinen Verpflichtungen als Dreibunds macht nachkommen, wenn die englische Flotte die italienischen Küsten gegen Angriffe durch die französische Flotte schützt. Die italienische Marine ist zwar sehr beachtenswerth, aber sie steht doch nicht unbeträchtlich hinter den französischen Seestreitkräflen zurück, und sie reicht nicht aus, das ungeheure Küstengebiet Italiens gegen jeden Angriff eines überlegenen Gegners zu decken. In Folge dessen müßte Italien, wenn es sich nicht auf den Schutz der englischen Flotte verlassen könnte, im -Falle eines Krieges mit Frankreich einen erheblichen Theil seines Landheeres zurückbehalten, um vor einer französischen Invasion geschützt zu sein. Während also, ohne den Schutz Englands, Italien ledig lich auf die Defensive angewiesen wäre, und zwar auf eine Defensive, die nicht einmal einen großen Theil der französischen Landftreitkräfte festzuhalten brauchte, kann es, wofern es auf Englands Unterstützung rechnen kann, zur Offensive übergehen. Soweit wäre die Rechnung für den Dreibund sehr klar und schön, wenn nur nicht anzunehmen wäre, daß England eine Gegenrechnung präfentirt. Daß Vie etwas skeptische Auf fassung der folgenden Auslassungen auch in Italien getheilt wird, beweist nachfolgende Bemerkung des „Opinione" vom 15». März: „Größere Naivität hätte unsere Diplomatie in der kurzen Tätig keit in China nicht beweisen können. Höchst vorsichtig sollte unseres Erachtens das zärtliche In teresse ausgenommen werden, womit Eng land uns zur chinesischen Unternehmung ge drängt hat." Der Minister des Auswärtigen, Canevaro, hat in der Kammer dargelegt, daß man sich zunächst ins Einver nehmen mit England und Japan gesetzt habe, weil Italien seine Einflußsphäre zwischen der japanischen Einflußprcvinz und den dem englischen Einflüsse unterstehenden Tschusan- Jnseln einzunehmen gehabt habe. Nun ist England ohnehin schon nicht erbaut, wenn eine andere Macht sich in Ostasien fest setzt. Beweis: die unfreundlichen Bemerkungen der englischen Presse, als Deutschland seine chinesische Action begann und als RußlandPortArthur besetzte, noch weniger natürlich ist es erbaut, wenn eine fremde Macht sich in der Nähe des englischen Einfluß gebietes festsetzt. Man muß daran denken, daß England nicht immer seinem „Verbündeten", Italien, gegenüber sich so wohl wollend gezeigt hat wie jetzt. Als die Italiener die Krisis in der Erithräa durchzumachen hatten, machie England, weit entfernt davon, die Italiener wirksam zu unterstützen, noch Schwierig keiten wegen des gewünschten Durchzugs italienischer Truppen durch englisches Gebiet. Und dies geschah, obwohl England die moralische Verantwortung für das abessinische Abenteuer Ita liens zu tragen hatte. Wenn sich alsojetzt England in Ostasien so ganz anders benimmt, so muß man annehmen, daß es Italien an der ost- asiaiischen Küste fest legen will, um einen Verbündeten zu haben, wenn England selbst in Conflicte gerathen sollte. Und auch dies erinnert in gewisser Weise an die Förderung des afrikanischenilnternehmensJtaliens durch Englantd. Damals schickte England die Italiener nach Mafsaua und nach Kassala, um sowohl den Mahdisten gegenüber, als gegen etwaige Ausbreitungsgelüste Abessiniens einen Bundes genossen zu haben. Und als der Mohr seine Arbeit gethan hatte und England selbst wieder so weit war, um die Mahdisten unter werfen zu können und den Abessiniern durch die englische Macht zu imponiren, ließ man seelenruhig die Italiener von Meneli! besiegen und aus Kassala abziehen, um diese Festung selbst zu besetzen. Gerade als Freund Italiens muß man an diese Thatsachen erinnern. Es soll damit nichts gesagt werden, als daß die Italiener daran denken sollten, daß bei Abmachungen mit den Engländern Vorsicht geboten ist. Alte Canalprojette. Der jetzt geplante Rhein-Elbe-Canal bat eine längere Vorgeschichte. Schon im Jahre 1744 gedachte Friedrich der Große unter Benutzung der durch den Fürstbischof Clemens August von Münster begonnenen Anlage des sogenannten Max- Clemens-Canals eine Handelsstraße von Westfalen nach der Nordsee bei Emden zu bauen. Ein anderer unter französischer Herrschaft im Jahre 1811 ausgearbeiteter Plan ging dahin, vom Rhein aus einen Canal nach der Weser und Elbe zu führen, der die Seine mit dem Baltisctun Meere verbinden sollte. Jin Jahre 1817 beabsichtigte die preußisch« Regierung im Verein mit Hannover die Herstellung eines Canals von Westfalen nach der Nordsee zu dem Zwecke, die Industrie der westlichen Pro ¬ vinzen Preußens von Holland unabhängig zu machen. Zur Ausführung gelangte nur ein auf hannoverschem Gebiete liegen der Theil dieses Canals durch Erbauung des Ems-Seitencanals von Hanekenfähr bis Meppen, der allein für sich, ohne Anschluß an das westfälische Hinterland, keine Bedeutung erhalten konnte. Jedenfalls ist vemerlenswerth, daß schon bei diesen früheren Plänen der Gedanke hervortrat, den Rheinstrom mit der Weser und der Elbe zu verbinden. Der Anfang der neueren auf den Bau des Canals gerichteten Bestrebungen ist vom Jahre 1856 zu datiren, in welchem ein in Dortmund zusammengetretenes Canal-ComitS dem zu ständigen preußischen Minister eine Denkschrift überreichte. Diese Bestrebungen unterscheiden sich von den früheren, die haupt sächlich eine Verbindung nach der Nordsee suchten, darin, daß sie vorwiegend die Frage der Herstellung einer Canaloerbindung von dem Kohlenrevier einerseits nach dem Rhein, andererseits nach der mittleren Weser und Elbe untersuchten. Die genannte Denkschrift enthielt fast nur Erörterungen mehr theoretischer Natur, dagegen trat in den Jahren 1857 und 1858 ein in Essen gebildetes Comitö mit bestimmten auf örtliche Unter suchungen gestützten Vorschlägen hervor, welch« die Canalisirung der unteren Emscher zum Ziele hatten. Im Jahre 1863 wurde die Ausführung der technischen Vorarbeiten für einen Rhein- Elbecanal auf Staatskosten angeordnet. Die projectirte Linie fand jedoch lebhaften Widerspruch in zahlreichen Localcomitßs. Die Auseinandersetzungen kamen nicht zum Abschluß, weil das öffentliche Interesse durch die politischen Ereignisse des Jahres 1864 und der darauf folgenden Jahre nach anderen Gebieten abgelcnkt wurde. Nach Beendigung des deutsch-französischen Krieges ließ der allgemeine Aufschwung der Industrie und des Verkehrs den Plan des Rhein-Elbe-Canals wieder in den Vordergrund treten. Technische Vorarbeiten wurden im Jahre 1875 durch das Emscher CanalcomitL- veröffentlicht. Die bald -darauf eintretende Krisis auf allen Gebieten der Volkswirthsckaft hinderte die Verwirklichung auch dieses Gedankens. Dagegen nahm die Staatsregierung den Gesammtplan des Rhein-Elbe- Canals unter Zugrundelegung einer vereinfachten Linienführung wieder auf, indem sie im Jahre 1878 die zur Herstellung des Canals erforderlichen technischen und wirthschaftlichen Ünter- sucbungen anordnete. Hieraus entstand Anfang der achtziger Jahre der Plan, der im Wesentlichen die noch heute beibehaltene Gesammtanordnung des Rhein-Elbe-Canals festlegte. Es folgten dann die legislatorischen Versuche für den Dortmund- Ems-Canal, die im Jahre 1886 zu einem positiven Ergebniß führten. Die neueren Vorgänge auf diesem Gebiete sind bekannt. Deutsches Reich. * Leipzig, 20. März. Von einem inactiven Ossicier erhalten wir folgende interessante Zuschrift, die eine Bestätigung dafür bildet, daß Frankreich 1870 den Krieg um jeden Preis wollte und daß man im französischen Heere damals schon vor dem Auftauchen von Kriegsgerüchten, ja bereits vor der bohenzollernschen Candidatur von dieser Absicht in- formirt war und zum Kriege rüstete: In Ihrer Nr. 13S bringen Sie eine Notiz, wie der verstorbene Abg. Bamberger s. Z. frühzeitig — am 5. oder 6. Juli 1870 — orientirt war, daß die Franzosen zum Kriege trieben. — Ich möchte Ihnen eine kleine ReminiScenz mittheilen, auS der hervorgeht, daß die Franzosen schon vor der hobenzollernschen Can didatur direct zum Kriege sich vorbereiteten — eine Tbatsache, welche mich persönlich stets in der Anschauung erhalten hat, daß die ganze hohenzollerntche Kron- Candidatur in Spanien nichts Anderes war als ein einfacher Jesuiten-Kniff, einen Scheingrnnd zu haben, um den Krieg zu erzwingen und die vom JesuitiSmus als gefährliches Moment erkannte deutsche Volkskrafr — so lange eS anscheinend noch Zeit — zu Boden zu schlagen. Seit Jahren hatten wir Ossiciere in unserer Garnison an der französischen Grenze (Saarlouis mit 8. Rh. Inf- Ngt. Nr. 70 und zwei Escadrons 7. Ul.) nicht intimen, wobl aber freundschaftlichen Verkehr mit französischen Officieren. Sozusagen ununterbrochen waren demzusolge ein oder mehrere französische Herren in unserem Bereich. Sie nieldeten sich beim Commandanten und bei den Vorgesetzten auf Parole, wir luden sie zu Tische, und unsere Aufgabe, besonders die der jüngeren Ossiciere war eS, den fremden Kameraden den Aufenthalt an unserem Tische so angenehm und erinnernngsreich wie möglich zu gestalten. Zwischen den Caval- leristen und Sportliebhabern überhaupt entwickelten sich auf diese Weise auch sportliche Beziehungen. Ungefähr 3 Wochen, bevor die bohenzollernsche Candi datur von den Zeitungen gemeldet wurde, war das usuelle Frübjahrsrennen in Metz, und usuell rüstete Rittmeister v. W. in unserer Garnison einen großen Leiterwagen auS, auf dem eine ganze Anzahl von Officieren Platz fand, um jenes Rennen zu besuchen. Wahrend sonst der Ausslug drei Tage gedauert batte, waren die Herren diesmal schon am nächsten Tage zurück. Als Grund gab Rittmeister v. W. an: Die Ossiciere in Metz hätten die deutschen Gäste mit einer überraschenden, ganz außergewöhn lichen Kühle empfangen und hätten sie gefragt, ob sie nock nicht wüßten, daß eS zum Kriege mit uns käme; in Metz sei man schon seit einiger Zeit mit der „Armirung der Festungswerke" be schäftigt. Bei uuS wurden dieje Kriegsankündizunzen als aus der Luft gegriffen einfach belächelt. Schon waren sie ziemlichwiedervergessen —als der bezinnendeZeitnngSkriez und der Befehl, zu allen Hebungen außerhalb der Garnison scharfe Patronen mitzunebmen, uns die nächsten Binde glieder in der Kette der Ereignisse brachten. O. 8. FrriNleton. Zum dreihunderijährigen Geburtstag des Malers Hnton van Dyck. Geboren am 22. Mär; 15SS. Bon vr. F. Sauerhering. Nachtruck verbeten. I. -Heutzutage, wo wir aus Anlaß zehn-, fünfzig- und hun dertjähriger Jubelfeiern und dergleichen gern Gelegenheit nehmen, von hoher Warte nach einer ganz bestimmten Richtung die weiten Gebiete der Wissenstest, Literatur und Kunst rückwärts zu über schauen, tauchen vor dem geistigen Auge der dankbaren Epigonen lorbeergekiöme Gestalten auf, d.e seit ihrem Einzug in Walhalla in ihrer wahren Größe häufig nur einer kleinen Schaar in Er innerung geblieben 'sind. Auch Vie abgeschiedenen Koryphäen der Malerei, wenn nicht der modernen, so doch der classischen Zeit, haben gerade nicht immer ein großes Häuflein von Verehrern zu Füßen ihres Woltenlhrones versammelt. Wie viele Gebilden, ja Hochgebildete ziehen ihre Lebensstraße triste dahin, ohne sich nach den herr lichen Blumenstöcken und Fruchtbäumchrn umzuschauen, die gott begnadete Urahnen, Vorfahren oder Zeitgenossen zu Freude und Genuß im Eden der bildenden Kunst angrpflanzt und häufig genug unter unsäglichen Mühen zum Wachsen und Gedeihen gebracht haben. Wir wollen nicht Umfrage halten, wie wenige Blüihen nur so mancher Gebildete am strotzenden Aste der Malerei zu zählen vermag; wir wollen nicht aufachten, wenn man bei Namens nennung verschiedene Dutzend ruhmbedeckter Meister der Palette im Schooße der ^Vergessenheit friedlich schlummern läßt; wir wollen nicht hinhören, wenn man nur Raffael als den „Madon nenmaler", Rembrandt als den „Erzieher", Defregger als den „Salontiroler" zu chärakterifiren im Stande ist. Wir sind zu frieden, wenn bei Gelegenheit eines Künstlerjubiläums, wie das in Rede stehende des großen Bildnißmalers AntonvanDyck, kunstfreundliche Zeitungsleser mit Aufmerksamkeit einen Feuille ton-Artikel durchlesen und sich fest vornehmen, in Zukunft sich nicht mehr durch derartige Gelegenheitsaufsätze in ihrer Unbe- kanntschaft mit den hervorkenchtendsten Gestalten der Kunstge schichte ertappen zu lassen. , Gewiß wird Mancher den Namen Anton van Dyä's, eines der berühmten niederländischen Maler des 17. Jahrhunderts, ge hört, Mancher ein Original desselben in einer Gemäldegalerie *) *) Leider können wir dem freundlichen Leser nicht rathe», dem diesigen städtilchen Museum zwecks Inaugenscheinnahme eine» van Dyckhchrn Bilde« einen Besuch abzustatten, da selbige« inmitten de« reichen und werthvollrn Bestand»« kein einzige« Original aus- zuwrisen hat. besichtigt haben. Mancher auch eine Reproduktion eines seiner Meisterwerke an der Wand oder in oer Sammelmappe sein eigen nennen; und doch, die künstlerische Größe dieses Helden des Pinsels ganz begriffen zu haben, können — und das ist eben die betrübende Dhatsachc — nur wenige Auserwähltr von sich be- scheidentlich behaupten. Mögen die folgenden Zeilen, die wir zur 300jährigen Wiederkehr des Geburtstages Anton van Dyck's seinen Manen weihen, zum Verständnis seines künstlerischen Wirkens, damit zugleich zur Werthschähung der Blüthe-Epoche niederländischer Malerei und der gesummten Porträtmalern überhaupt das Ihrige beitragen. Rubens, van Dyck und Rembrandt, das sind die drei glän zendsten Gestirne ani niederländischen Kunsthimmel, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hell leuchtete über ganz Nord europa, und einen schimmernden Abglanz hinüberwarf auf die Gebiete jenseits der Alpen und der Pyrenäen. Alle drei großen Maler haben neben der Schilderung biblischer Scenen, die die Gläubigen zum Schmuck der Kirchen begehrten, auch der Porträt malerei sich zugewandt und je nach ihrer mehr persönlichen als künstlerischen Individualität Bedeutendes geleistet. Alle Drei ergänzen sich auf das Beste im Fache der Porträtmalerei: Rem brandt mit peinlicher Genauigkeit die marcantcn Einzelheiten der Gesichtszüge, sowie oer die Personen ausstaffirenvcn Raritäten und Kostbarkeiten berücksichtigend, Rubens das frohe, behagliche Dasein und eine fast überquellcnve Lebensfreudigteit in seinen Gestalten wiedergebend, und des Letzteren Schüler, 'van Dyck, die liebenswürdige Vornehmheit und das mitunter gespreizte, höfische Gebühren seiner hocharistotratischen Gönner oder seiner Zunftgenosscn darstellend. Bei solch hervorragenden Künstlergröhen ist es selbstverständ lich, daß sie die Farven auf ihrer Palette nicht blos mischten, um interessan t Persönl chkeiten hohen oder niev'ren Ranges-abzucon- terfeien. Von ollen Dreien dürste bekannt sein, daß sie insbeson dere auch dem Verlangen nach religiösen Malereien ihren Tribut in meisterhafter Weise entrichteten. Anton van Dyck beschäftigte sich auf diesem Gebiete^vornehm- lich mit den ernsten, tragischen Stoffen. In mannigfaltiger und ergreifender Weise schuf er eine Beweinung Christi, wie solche, für den Laien leicht unterscheidbar durch Vie Lage des tobten Heilandes, die Museen zu Antwerpen, München uno Berlin be wahren; oder den gekreuzigten Christus (von 1627, in der Kathe drale zu Mecheln); oder eine Madonna mit den drei bußfertigen Sündern (in Berlin und Paris), Susanna im Bade (Münchener Pinakothek), Simson, von den Philistern geblendet (Galerie Liechtenstein zu Wien) öder endlich die aus seiner späteren Zeit (um 1634) stammende, mehr lichtere Anmuth ausstrahknde „An betung der Hirten" in der Liebfraueniirche zu Dendermonde. !^ur wenige Vorwürfe entnahm unser Maler dem Bereiche der klassischen Mythologie, so z. B. Diana und Endymion (im Prado-Museum zu Madrid), und wenn er eine Danaö, den goldenen Regen empfangend (Dresdner Galerie), malt« — vor ausgesetzt, daß besagtes Bild nicht etwa einer späteren Zeit als derjenigen van Dyck'» angehört —, so mag vielleicht weniger die Absicht, eine classische Illustration zu dem heiklen Griechen- myihus zu bieten, ihm den Pinsel geführt haben, als vielmehr das Verlangen, eine aus sinnlichen Motiven allzu sehr nach Gold be gierige Dame aus bekanntem Kreise im Biloe bloßznstellcn. Daß übrigens der harmlos-liebenswürdige, von der Namr mit körper lichen Vorzügen ausgestattete Künstler thatsächlich nicht zurück stand, ernsten Themen einen, wenn nicht sinnlichen, so doch koket ten Inhalt zu geben, beweisen mehrere seiner Darstellungen mit dem Martyrium des heiligen Sebastian, unter denen besonders eins >v?7« den zwei Exemplaren in der Münchener Pinakothek her vorzuheben ist. Mögen aber auch van Dyck's religiöse Bilder mit hoher künst lerischer Begabung componirt, mit effectvoller, seelischer Durch dringung und kraftvoller, glänzender Farbengebung gemalt sein, seine Glanzleistungen müssen wir indessen auf dem Gebiete der Porträtmalerei suchen, und in der Erwägung, daß es dem Laien genügen Wird, des Künstlers Größe im Bilvnißfack^e erkannt zu haben, wollen wir auf diese seine ruhmvolle Thätigkeit im Folgenden des Näheren eingehen. An ton van Dyck, seiner gedenken wir heute als des Porträt malers par vxaollovoe! Zuvor seien einige biographisch: Angaben über des Künstlers kurzes, wenig ercignißreiches Dasein gestattet. Anton van Dyck wurde am 22. März 1599 zu Antwerpen geboren als Sohn des begüterten Kaufmanns Frans van Dyck und oer Maria Cuypers. Den ersten Unterricht in der Malkunst erhielt er seit 1609 von Hendrik van Baken, bei dem er bis 1615 blieb, um dann bei dem gefeiertsten Maler Antwerpens und oer Niederlande, bei Rubens, feine künstlerische Vollendung zu suchen. Sein eminentes Talent überhol, ihn allen Schwierig keiten des Atelierstudiums und als begabtester und ge wandtester unter allen Schülern durfte er dem vielbeschäftigten Meister vorzugsweise Mr Hand gehen, so daß man verschiedent lich geneigt ist, Werke des Rubens als <oan Dyck'sch« Arbeiten zu betrachten. Bereits mit neunzohn Jahren wurde er in die Sanct Lukas-gitde seiner Vaterstadt als Meister ausgenommen. Im November 1620 würbe er an den Hof König Jakod's 1. von England berufen; doch das Verlangen, unter der Sonne des Südens seine Kraft zu entfallen und seine Kunst zu steigern, hieß ihn das Land der ewigen Nebel nach kaum einem Jahre wieder verlassen und im Herbst 1621 Italien aufsuchen. In Rom, Bologna und Venedig, den hochberühmten Kunstcentren, war van Dyck studirend und schaffend äußerst rege thätig; auch nach Palermo führ!« ihn seine Kunstbahn, von dort vertrieb ihn aber eine Pest bald wieder. Am 4. Juli 1625 landete er in Marseille, besuchte auf der Heimreise Paris und nahm nunmehr seinen Wohnsitz in seiner Vaterstadt, wo er neben seinem Lehrer Rubens, sehr zu dessen Aergerniß, wie behauptet wird, als ge feierter Künstler vorerst sechs Jähre lang wirkte. Anlaß, nach wenigen Jahren wieder der Heimath den Rücken zu wenden, bot der ehrenvolle Ruf König Karl's I. von Eng land. Der König, so sagt man, soll von einem Bilde einer Per sönlichkeit seines Hofstaates, das van Dyck gemalt, so entzückt gewesen sein, daß er den hervorragenden Künstler durch dir glänzendsten Versprechungen an seinen Hof zu ziehen suchre. Anton van Dyck, seiner äußeren Anmuth uno unwiderstehlichen Liebenswürdigkeit sich bewußt, seiner vornehmen Natur nach inmitten hoffähiger Personen sich am behaglichsten fühlend, zögerre nicht, der königlichen Aufforderung nachzukommen und zum zweiten Nivle nach England überzusiedeln. Er traf zu Anfang itlpril 1li32 in London ein. König Karl bewilligte ihm die Mittel zu einer glänzenden Lebensweise, übergab ihm zur Benutzung im Winter eine Stadtwohnung in dem auf dem rechten Themseufer gelegenen Blackfriars uno für ven Sommer einen Landsitz zu Eltham in der Grafschaft Kent, schlug ihn am 5. Juli desselben Jahres zum Ritter, wobei er ihm eine goldene Kette mit seinem in Diamanten gefaßten Porträt überreichte. Im Frühjahr 1634 unternahm der Maler eine Urlaubsreise nach Brüssel, verweilte einige Zeit in Antwerpen und kehrte An fang des Jahres 1635 nach England zurück. In der nächsten Zeit wär er vornehmlich mit der Anfertigung von Bildnissen des Königs, seiner Familie und seines Hofstaates beschäftigt. Mit vierzig Jahren erst ging dann der galante „Hofmaler" ein Eyhbündniß ein; im Jahre 1639 vermählte er sich mit Maria Ruthoen, der anmuthigen Tockuer des Grafen Gowrie. Dec eifrige Wunsch van Dyck's, den Bankettsaal des Schlosse- Whitehall mit Wandgemälden aus der Geschichte des Hosenband ordens auSzuschmücken, mußte ihm von Seiten des Königs mir Rücksicht auf die fehlenden Geldmittel und die unsicheren poli tischen Verhältnisse versagt werden. Mißmuthig hierüber, viel leicht auch aus noch andern uns unbekannten Gründen, reiste er mit seiner jungen Frau bei Beginn des Herbstes 1634 nach seiner Heimath ab und begab sich von Antwerpen nach Paris, wo ec von Ludwig XIII. den Auftrag zur Ausmalung der Grande Galerie des Louvre zu erhalten hoffte, sich aber in seiner Hoff nung getäuscht sah, da ihm der große französisch« Meister Nicolas Poussin borgezogen wurde. Die rechte Schaffensfreude war nunmehr dahin, Krankheit kam hinzu, so daß er sich im No vcmder 1641 zur Rückreise nach England entschloß. Seine Gattin war kurz zuvor dort eingetroffen uno am 1. December eines Töchterchens genesen. Bereits acht Tage später wurde dieses einzige Kind der Ehe-vaterlos; denn am 9. December 1641 verschied Anton van Dyck, noch im besten Lebensalter, doch gerade früh genug, um nicht durch die politischen Wirren auf der Briten insel in seinem künstlerischen Schaffen beeinträchtigt zn weroen und um nicht noch das grauenvolle Ende seines königlichen Gönners mit erleben zu müssen, den er so stolz und imponirend im Bilde verewig: hatte. Bei der Leichligkeit, womit van Dyck die Arbeit von statten ging, hat er trotz einer in Folge frühen Hinscheivens nur etwa zwanzigjährigen Thätigkeit dennoch eine überreich« Menge von prächtigen Bildnissen hinterlassen, die sich in fast allen größeren Galerien finden. Van Dyck's Porirätschöpfungen lassen sich eintheilen in Königsbilder, Königs! nder, Kunstgcnoffen, sonstige männliche Personen, Damenporträrs uno seine Selbstbildnisse. Näheres über das Einzelne der Bildnißwcrke und seine Art zu malen, verspären wir un» für die nächste Nummrr. (Schluß folgt.)
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