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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990408011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899040801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899040801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-08
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Größere Schriften laut unserem Pr«iS- virzeichniß. Tabellarischer und Zifirrnsap nach höherem Tarif. Extra'Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderun^ 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.- Änuahmeschluß für Anzeigen: Abend-AoSgab«: Vormittag» 10 Uhr. Morgeu-Au»gabt: Nachmittag« 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stet» an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 178. Sonnabend den 8. April 1899. S3. Jahrgang. Die Frie-ensconferenz. In wenigen Wochen, am 18. Mai, tritt im Haag die Friedenskonferenz zusammen, zu der lm August v. I. der Zar Nikolaus von Rußland persönlich durch seinen Minister des Auswärtigen, Grafen Murawiew, die Anregung gegeben hat. Die Vertreter der zur Konferenz geladenen Mächte sind zumeist bereits ernannt. ES fehlt nur noch die Erfüllung der letzten Formalität, die Einladungen, die in Rücksicht auf den Ort der Konferenz von der holländischen Regierung auszugehen haben. Dieser Frage hat sich auch das öffentliche Interesse in den letzten Tagen zugewandt; namentlich haben die klerikalen Blätter sich angelegentlich darüber ausgelassen und des Langen und Breiten erörtert, ob auch der päpstliche Stuhl auf dieser Konferenz vertreten sein werde. Sie sind, wie es bei ihrer Auffassung der „römischen Frage" begreiflich ist, so weit ge gangen, die Theilnahmc des PapstthumS an der Haager Kon ferenz als unerläßlich zu behandeln. Deutschland steht dieser kontroverse kühl gegenüber. Die römische Frage existirt für das Reich nicht; Italien ist diejenige Macht, die darüber zu befinden hat, ob eS ein Zusammenwirken seiner Vertreter mit denen des Vatikans in Rücksicht auf die inneritalienischen Ver hältnisse hinnehmen kann. In der Sache selbst handelt «s sich auf der Konferenz lediglich um weltliche Geschäfte; eine weltliche Macht aber ist das Papstthum nicht, und so würde nothwendiger- weise eine besondere Einladung des Papstes als eine Zurück setzung anderer kirchlicher Einrichtungen angesehen werden. Mit demselben Rechte hätten die englisch« Hochkirche, der evangelische Oberkirchenrath oder der griechische Patriarch in Konstantinopel Anspruch auf Berücksichtigung. Sie werden nicht verstimmt sein, daß man nicht daran gedacht hat, sie hinzuzuziehen, um so weniger, wo sie oder freiwillige übereifrige Sachwalter nicht darauf gedrängt haben. Das Berathungsmaterial, über das im Haag berathen werden soll, wird erst nach dem Zusammentritte der Konferenz näher umschrieben werden. Die russische Regierung hat den Mächten rin provisorisches Programm vorgelegt, das in zwei Gruppen getheilt werden kann. Ersten» sollten sich die Mächte verpflichten, von einem bestimmten Zeitpunkte an für eine bestimmte Zeit auf jede Vermehrung ihrer Streitkräfte zu Wasser und zu Lande zu verzichten. Nach Ablauf dieser Frist soll eine Ver minderung der militärischen Rüstungen und Aufwendungen stattfinden. Weiter sollte die Einführung verbesserter Waffen und Geschosse verboten werden. Hieran wäre sinngemäß der Hauptvorschlag anzuschließen, daß in Streit geräthene Nationen sich an eine schiedsgerichtlich« Instanz zu wenden hätten. Die zweite Gruppe der Vorschläge zielt darauf ab, unvermeidliche kriegerische Auseinandersetzungen so human als nur irgend möglich zu gestalten. Zu diesem Zwecke schlug die russische Re gierung vor, internattonal den Gebrauch von Explosivstoffen einzuschränken. Insbesondere sollte der Gebrauch von Explosiv geschossen vom Luftballon aus und die Verwendung von Unter see- oder Tauchertorpedobooten untersagt werden. Weiter sollten in Zukunft keine Kriegsschiffe mehr mit Rammsporen gebaut werden. Weiter war vorgeschlagen, die Genfer Convention vom Jahre 1864 auf Seekriege auSzudehnen, und schließlich die auf der Brüsseler Konferenz von 1874 ausgearbeiteten, aber bisher nicht ratificirten Kriegsgebräuche der modernen Kriegs führung gemäß zu revidiren. Die Hoffnung, daß die Konferenz die Wünsche der so genannten „Friedensapostel" erfüllen werdc, ist durch die Tat sachen inzwischen bereits zurückgedrängt worden. Frankreich bleibt dabei, daß die „Revision" des Frankfurter Friedens das Ziel seiner Politik bleiben muß. Rußland hat inzwischen stark an der Vermehrung seiner Flotte und Landmacht gearbeitet; ebenso sind Frankreich und England in ihren Rüstungen fort geschritten, und das deutsche Reich hat nicht gesäumt, auch seinerseits mit seiner Wehrkraft zu Lande, allerdings in sehr bescheidenem Maße, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Am 6. September v. I. hat der Zar selbst eine starke „Schwarze- Meer-Flotte" für ein solides Friedensunterpfand erklärt, und Kaiser Wilhelm hat darauf mit der Erklärung nicht zurück gehalten, daß Deutschland ein starkes und schlagfertiges Heer als beste Gewähr des Friedens ansieht. Gleichviel aber, wenn auch die Hoffnungen den harten Thatsachen sich fügen müssen, immerhin bleibt der Konferenz so viel verdienstvolle humanitäre Arbeit, daß alle Regierungen, denen der Vorschlag des Zaren unterbreitet worden, wie aus der neuesten Cirkularnote deS Grafen Murawiew hervorgeht, gern sich zur Beschickung der Konferenz und zu gemeinsamer ernster Arbeit im Dienste des Friedensgedankcns bereit erklärt haben. Durch die Blätter ist, was diesen Punkt anlangt, vor einigen Tagen bereits di« Mittheilung gegangen von wichtigen Abänderungen, die der schweizerische Bundesrach zur Genfer Convention vorgeschlagen hat: daß in Zukunft die Verwundeten vollständig neutralisirt werden und die Thätigkeit des „Rothen Kreuzes" allgemein anerkannt werden soll, dessen Zulassung im letzten griechisch türkischen Kriege abgelehnt worden ist. Immerhin wird eine gründliche und fachmännische Er örterung auch der ersten Gruppe von Vorschlägen, bei denen die Interessen der einzelnen Völker einander hart gegenüber stehen, dem Friedensgcdanken nur förderlich sein. Dem entspricht auch die Zusammensetzung der deutschen Vertretung, der außer dem Pariser Botschafter Grafen Münster uttd den Staatsrechts- lehrern Prof. Frhr. v. Stengel in München und Prof. vr. Zorn in Königsberg je ein höherer Osficier des Landheeres und der Marine beigegeben werden soll, und die die gefammt- deutschen Interessen um so wirksamer repräsentiren wird, als der eine der Vertreter, Frhr. v. Stengel als Bayer an der Konferenz theilnimmt, dem Grundgedanken 'des Art. 8 der Verfassung gemäß, wonach im Ausschuß der Auswärtigen An gelegenheiten Bayern der Vorsitz zusteht. Deutsches Reich. * Berlin, 7. April. (Die Elektricität als „G eg e nst a nd" nach dem Bürg e r l iche n G e fr tz b u ch.) Bee der stetig wachsenden Bedeutung, welche die elektrische Kraft für das gesammte Berkehrsleben gewinnt, ist es von Interesse, in welcher Weise dieser neugeschaffene Werth nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch« zu behandeln sein wird. In einer s. Z. in der Tagespresse und in der wissenschaftlichen Literatur vielfach erörterten Entscheidung hat bekanntlich das Reichs gericht dahin erkannt (Entsch. in Strafsachen Band 29 S. 111), daß die widerrechtliche Aneignung des elektrischen Stromes als Diebstahl nicht bestraft werden könne, weil dieses Delict nach 8 242 des Reichs st rafgesetzbuches die Wegnahme einer beweglichen körperlichen Sache voraussetze, die Elektricität aber als solche nicht angesehen werden könne. — Was nun daS Bürgerliche Gesetzbuch anlangt, so macht dasselbe, wie in den „Hamb. Nachr." ausgesührt wird, im § 90 im Gegen satz zum Ausdruck „Gegenstand", worunter neben den Sachen auch die Rechte, und zwar sowohl Sachenrechte als auch Forderungen, also die ros inoorvorales, im römisch-rechtlichen Sinne verstanden werden, den Begriff der „S a ch e" von der Körperlichkeit des Gegenstandes abhängig. Diese Norm schafft zwingendes Recht und es wird nicht zulässig sein, dieselbe dadurch illusorisch zu machen, daß man Unkörperliches sich als Körper vorstellt. Darüber nun, was nach 8 90 als körperlicher Gegen stand zu gelten hat, wird nur der Inhalt der Verkehrs vorstellungen, nicht die Ausdrucksweise entscheidend sein. Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß nach dem heutigen Stande der Wissenschvft, insbesondere seit den berühmten Versuchen von Hertz das Licht als eine elektrische Erscheinung und die Elektri cität als eine besondere Art von Lustwellen aufzufassen ist und daß diese Erkenntniß zum Allgemeingut der Gebildeten ge worden ist. Die Möglichkeit einer „stofflich gedachten Elektrici tät" erscheint damit ausgeschlossen, der Begriff der Körperlich keit ist ihr nicht zuzusprechen und als ein Gegenstand des Sachenrechtes scheidet sie daher für das Bürgerliche Gesetzbuch und, da die allgemeinen Rechts begriffe desselben auch für das Handelsgesetzbuch maß gebend sind, ebenfalls für den Geltungsbereich des letzteren aus. Dagegen wird darüber kein Zweifel bestehen können, daß die Elektricität als „Gegenstand" von Privatrechten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch« Anerkennung und Schutz zu genießen hat. Die Rechtsform, unter welcher dies zu geschehen haben wird, «rgiebt sich, wenn man die Elektricität behandelt als eine Kraft, welch« nach Analogie der thirrischen Kraft, der Kraft von Flüssen und ebenso wie die menschliche Arbeit einen Verkehrs werth darstellt und deshalb unzweifelhaft den 'Gegenstand einer Leistung rechtswirksam bilden kann, insoweit ihr eine ausreichende Selbstständigkeit technisch gesichert ist. — Eine andere Frage ist die, ob das Recht auf eine solche Leistung, welches der eine Kon trahent gegen den anderen aus dem Vertrage — den man am zweckmäßigsten nach den Regeln deS Werkvertrages (§8 361 ff. des B. G.-B.) beurtheilrn wird — «rwirkt, auch gegen un berechtigte Eingriffe Dritter geschützt wird, m. a. W., ob derjenige, welchem die Lieferung elektrischen Stromes vertraglich zusteht, einen unmittelbaren Anspruch auf Ersatz des Schadens hat, welcher ihm dadurch erwächst, daß ein Dritter unbefugt den Strom ableitet. Für die Frage ist entscheidend der 8 823 deS B. G.-B. Derselbe bestimmt, daß, wer vorsätzlich oder fahr lässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigenthum oder rin sonstiges Recht eines Anderen widerrechtlich verletzt, dem Anderen zum Ersätze des daraus ent stehenden Schadens verpflichtet ist. Es liegt nahe, die im Druck hervvrgöhobenen Worte als eine Art 'von Generalclausel auf alle Rechte jeglicher Art zu beziehen. Allein die Entstehungsgeschichte des 8 823 ergiebt, daß diese Klausel rein redactionell in dem Sinne ausgenommen ist, daß di« persönlichen Rechte im weitesten Sinne geschützt werden sollen. Die Schadensersatz pflicht erstreckt sich auf jeden Eingriff in di« befeindete Rechts sphäre eines Individuums, mithin auf alle erworbenen civilrechtlich anerkannten Rrchtsgüter, wie Eigenthum, Forderungsrechte, Erbrecht, Recht am Namen u. s. w. Zu den befeindeten Gütern in diesem Sinne gehören aber nicht die nur obligatorisch verstrickten Leistungen. Verletzt ein Dritter den dem einen Kontrahenten vertraglich geschuldeten Gegenstand, so macht er sich lediglich dem anderen Kontrahenten gegenüber schadensersatzpflichtig und es kommen dann eventuell die Vorschriften der 88 323, W1 zur Anwendung, wonach der Vertragsgläubiger unter bestimmten Voraussetzungen die Ab tretung des SchadenSersatzanspruches öder die Herausgabe deS mit demselben erstrittenen Ersatzes verlangen kann. Einen unmittelbaren Anspruch auf Schadensersatz würde der Vertrags gläubiger gegen den Dritten nur dann hyben, wenn er Besitz an dem ihm zug-führten elektrischen Strom erlangte. DaS ist aber unmöglich, weil nach 8 854 des B. G.-B. der Besitz die thatsächliche Gewalt über eine Sache, d. h. (nach 8 90) über einen körperlichen Gegenstand voraussetzt. * Berlin, 7. April. Zudenkommandirungenvon Officieren des Landheeres zur kaiserlichen Marine und umgekehrt wird der „Voss. Z." noch geschrieben: Bei diesen Commandirungen muß man solche von jüngeren Officieren zum Frontdienst zur allgemeinen Information und solche von älteren zu den leitenden Behörden unterscheiden. Vorübergehende Commandirungen jüngerer Seeofficiere zu den königlichen Gc- wrhrfäbriken, zu Len Fußartillerieregimentern, denen vor Allem die Vertheidigung der Küsten zufällt (Swirrcmllnde, Neufahr wasser u. s. -w.) finden schon seit Jahren statt, während anderer seits in den letzten Jahren regelmäßig Schüler der Kriegsakademie während der Sommermonate zu den Matrosenartillerieabtheilun- gen oder an -Bord der Schiffe Les ersten Geschwaders commandirt wurden. Diese Commandirungen verfolgen den Zweck, jüngeren Officieren der Landarme« einen Begriff von dem Wesen unserer Kriegsmarine und den mit dieser im Zusammenhang stehenden Fragen geben zu 'können. Neu dagegen waren in den letzten Monaten die Commandirungen von älteren Officieren des Heeres zum Marineobercommando, oder Li« neuerdings erfolgte Com- mandirung eines Admiralstabsofficiers zum Generalstabe. Diese Commandirungen haben nicht nur einen informatorischen Cha rakter, sondern bei diesen handelt eS sich um Fragen der Landes- vertheidigung im Mobilmachungsfalle. Ein gemeinschaftliches Zusammenwirken der Landarmee und der Flotte im Kriege ist jetzt durch die Neuorganisation der oberen Marinebehörden um so mehr geboten, als der Kaiser jetzt auch den directen Oberbefehl über die Seestreitmacht übernommen hat, und im Ernstfall die Operationen zu Wasser und Lande von dem Hauptquartier aus geleitet werden. (-) Berlin, 7. April. (Telegramm.) Ter Kaiser em pfing nach der gestrigen Frühstückstafel den amerikanischen Botschafter Mr. White und verbrachte den Nest des Tages im Arbeitszimmer. Zur Abendtafel bei dem Kaiserpaar war geladen der General-Intendant der königlichen Schauspiele Graf Hoch berg. — Heute Morgen von 9 Uhr ab hörte der Kaiser den Vortrag des Staatssekretärs v. Bülow und empfing im weiteren Verlaufe deS Vormittags den Bau meister Renarv und den Rector Schmidt vom deutschen Hospiz in Jerusalem. (-) Berlin, 7. April. (Privattelegramm.) Die Kaiserin ertheilte am Mittwoch Nachmittag aus Anlaß des hier tagenden Chirurgen - CongrrsseS dem Vorsitzenden Geheimen SanitätSrath Professor Hahn mit mehreren her vorragenden Mitgliedern des Ausschusses ein« gemeinsame Audienz. — Die „Südd. NeichS-Corr." schreibt: Der Staats- secretar de« Innern, Graf v. PosadowSky, hat, wie uns berichtet wird, am 1. April im Gewerbe-Hygieinischen Museum, welches in einem Stadtbahnbogen am Zoologischen Garten in Berlin untergebracht ist, und demnächst im Reichs- versicherungsamt die Sammlung von Maschinen besichtigt, welche die verschiedenen Vorrichtungen im Interesse der Unfallverhütung darstellen. Wie erinnerlich, wurde im Reichstage von den verschiedensten Parteien angeregt, ein Museum zu errichten, welches namentlich alle Neuerungen auf dem Gebiete der Unfallverhütung zur Darstellung bringen soll. Unseres Erachtens würde sich praktisch mit einem solchen Museum eine wissenschaftliche Darstellung der Volksernährung und der WohnungShygieine verbinden lassen. Würde man in diesem Rahmen im Interesse der arbeitenden Classen und zur Förderung wichtiger social-politischer Zwecke ein Gesundheitsmuseum begründen, so würde allerdings nur das Reich die geeignete Stelle zur Ausführung eine« solchen Unternehmen« sein können. Wir glauben, daß hierdurch wichtige praktische Anregungen aegeben werden könnten, welche bleibend auf alle betheiligten Kreise einwirken würden. — Scharfe Kritik an den bekannten Bernstein'scheu Auslassung«» übte gestern ReichStag-abgeordneter Lieb knecht in einer Volksversammlung im ersten Berliner Wahlkreise. Bernstein habe bedauerlicher Weise in einer Weise sich geäußert, wie sie bisher nur von den Gegnern der Socialdemokratie beliebt sei. Um der Partei zu schaden, hätten die bürgerlichen Politiker die Bedeutung Bernstein s ganz gewaltig überschätzt, ihn als Theoretiker der Social demokratie, ja als zweiten Marx hingestellt. Bernstein sei keines von beiden; er sei ein ganz guter Socialdrmokrat gewesen, ehe man ihn au« Deutschland vertrieben, jetzt, nach zwanzigjährigem Aufenthalt in der Fremde, könne er die deutschen Verhältnisse nicht mehr beurtheilen. ES sei darum nicht verwunderlich, wenn er Dummheiten schreibe. Welche Thorbeit liege z. B. darin, zu sagen, die Partei sei nicht praktisch genug gewesen! ES möge Leute geben, die sich vor der Regierung ducken, wer aber eine solche Taktik unterstütze, gehöre nicht mehr zur Partei. Die Socialdemokratie habe den Kampf nicht begonnen, sondern er sei ihr aufgezwungen worden. Hätte die Partei jemals eine andere Politik befolgt, wo wäre sie heute! Die Social demokratie müsse b-i ihrer alten Taktik verharren: Auf jeden Schelmen anderthalbe, auf jeden Schlag, den man ihr gebe, zehn zurück. — Der Arbeitgeberverband für das Maurer- und Zimmerergewerbe von Berlin u^d den Vororten hat der Lvhncommission ein Schreiben zugesendet, worin er die Forderungen der Bauarbeitirehmer grundsätzlich ablehnt. Daraufhin beschloß eine allgemeine Dersammlunc der Putzer, ihre sämmtlichen Forderungen (Neunstundentag, Beginn der Arbeit am Montag um 8 Uhr, Arbeitsschluss am Sonnabend um 4 Uhr, Anerkennung des 1. Mai als Arbeitstag) aufrecht zu erhalten, und überall dort, wo dem Verlangen der Arbeiter nicht entsprochen wird, die Arbeit nieder- zule gen. Für den 1. Mai wurde Arbeitsruhe beschlossen. Gleichzeitig soll am 1. Mai die Forderung des Achteinhalb- FrniHetsir Aus der Vorgeschichte der amerikanischen Kriegsflotte. Von vr. Wilhelm Wintzer. Nachdruck verboten. Der Deutsche pflegt nur zu oft sein Heimathland und dessen Leistungsfähigkeit deswegen zu unterschätzen, weil er den Blick nicht über die Grenzen desselben in andere Länder richtete, die ihm die Vorzüge der Heimath sofort zum Bewußtsein dringen müssten. Derselbe Umstand, die Unkcnntnih ausländischer Ver hältnisse, verführt aber die Bewohner der meisten außerdeutschen Länder vielmehr zum Gegentheil, nämlich die eigenen Fähigkeiten und Leistungen zu über schätzen. DaS passirt auch heute wieder den Amerikanern, deren Geschichts- und Geographiekenntniss sich weit einseitiger auf den Rahmen deS eigenen Landes zu be schränken pflegt, al» selbst die eine» VokkSschiilers bei uns. Weil e» von anderen Seekriegen herzlich wenig weiss, glaubt daS amerikanisch« Püblicum seiner Presse, die ihm die «Äeschlachten von Cavite und Santiago als di« glorreichsten der Weltgeschichte darstellen möchte. Ein deutscher Geeofficier mag wohl recht haben, der mir in Kiel sagte: „Wenn die Spanier nur diese unsere vier großen Panzer „Kurfürst Friedrich Wilhelm", „Brandonbürg", „Wörth" und „Weißenburg" mit unserer Be mannung gehabt hätten, so wäre der spanisch-amerikanische Krieg wahrscheinlich ander« ausgefallen." Ebenso falsch wäre nun aber die Meinung, dir Amerikaner Hütten ihren Sieg nur ihrem großen Geldbeutel und ihrem großen Glück zu verdanken. Sie sind keine Neulinge auf dem Gebiet deS Seekrieges, und wer die kurze amerikanische Geschichte durchblättert, wundert sich, wie auch hierin die Amerikaner sich ihrer Stammeltern und Hauptlehrmeister, der Engländer, schon längst nicht unwürdig gezeigt haben. Die jetzt errungenen Erfolge treten bei solcher Betrachtung früheren, wenn auch weniger folgen schweren, an die Seite, und ermöglichen ein zutreffendes Ur- theil darüber, was die Amerikaner als Kriegsleutc auf dem Wasser, das nun einmal der Schauplatz der Entscheidung für die Geschick« der Weltmächte ist und bleiben wird, zu leisten im Stande sind. Der Unabhängigkeitskampf gegen England war wesentlich ein Landkrieg. Es half den Engländern wenig, daß ihr tüchtiger Admiral Richard Howe die kleine amerikanische Flotte auf dem Delaware, nicht weit von del damaligen Haupt stadt Philadelphia entfernt, vernichtete. Zu Lande trugen trotz allen Mißgeschicks die Standhaftigkeit Washington's, seine zu gleich kluge und kühne Strategie den Sieg davon. Aber bald schwand das Interesse für die LandeSvertheidigung in dem jungen demokratischer Staatswesen vollständig. Stolz sagte man sich: Au Lande würde man sich schon zu wehren wissen, „bei der ungeheuren Ausdehnung und Fruchtbarkeit des Landes", eine Flotte aber wurde für vollkommen überflüssiger Luxus ge halten. Besonders als die im Interesse einer starken Central gewalt und energischen Vertretung nach außen, also in „kon servativem" Sinne, regierenden Präsidenten Washington und John Adams durch die Demokraten, oder, wie sie -damals hießen, Republikaner, unter Jefferson ersetzt wurden, gab man nicht« auf energisches Auftreten nach außen. Jefferson empfing z. B., um den echten Demokraten zu markiren, den englischen Gesandter in schmutzigem Nock und Filzpantoffeln. Doch diese Be schränkung der MarineauSgaben war eine Saat, die bald böse Früchte tragen sollte. Als sich in Europa dar Gewitter über Napoleon I. zusammenzuziehen begann, wurde das sonst den grossen Ereignissen Europas völlig fernstehende Amerika wider Willen in den ersten auswärtigen Krieg verwickelt. Seit Er klärung der Unabhängigkeit hatte sich der 'amerikanische Handel und damit die Schifffahrt mächtig entwickelt. Aber England in seiner Allmacht zur iS<e bereicherte sich gerade damals auf Kosten Napoleon's und seiner unfreiwilligen Verbündeten in de: ganzen Welt mit glänzendem Erfolg. Natürlich verletzte es sein hohes Selbstgefühl, daß die Amerikaner unter ihrer neutralen Flagge weiter freiem Handel zwischen den Häfen der krieg führenden Nationen nachgingen. Es nahm das Durchsuchungs recht für sich in Anspruch. Dazu war es bei den Engländern Sitte geworden, sich die für ihre Marine stets nöthigen Matrosen unter den amerikanischen Seeleuten der Handelsmarine zu er pressen. Won 1803 bis 1813 hatten englische Kreuzer 900 ame rikanische Schiffe genommen und an 6000 Matrosen in ihre Dienste gezwungen. Als daS die Union nicht länger ertragen wollte, kam eS zu einem Kriege, der in gewisser Beziehung als ein Gegenstück zu dem des vergangenen Jahres betrachtet werden kann. Die Amerikaner hatten damals kein Geld, kein Heer.keineFlotte; ihre Flagge war unter demokratischem Regiment binnen zehn Jahren fast von den Meeren ver schwunden. Und was schlimmer: «in großer Theil des Landes war durchaus gegen den Krieg, und so fehlte alle Begeisterung. Daher wurde das Landheer bei seinen Operationen gegen Kanada wider Erwarten aufs Schmählichste besiegt. Schmackwoller aber noch war der 28. August 1814, an dem nur viertausend englisch: Soldaten die Hauptstadt Washington, die damals fast nur au- öffentlichen Gebäuden bestand, zu erobern, dai Capitol und die meisten öffentlichen Gebäude in Asche zu legen ver mochten. Während all diese» «rationalen Unglücks, das schließ lich einen baldigen Frieden herbeiführte, der wenigstens di: amerikanische Schifffahrt von der englischen Beeinträchtigung wieder frei machen sollte, war eS nun gerade allein die winzige Flotte der Amerikaner, von acht bis vierzehn Fregatten und zehn bis zwanzig Schaluppen, die in Einzrlgefechten die Ehre der Union zur See einigermaßen zu behaupten wußte. Denn ernst lich war gegen die 1060 Fahrzeuge der englischen Flotte, ihre großen Schlachtschiffe und 700 guten Kreuzer selbstverständlich in offener Seeschlacht nichts auSzurichten. Aber im Kleinen wußte z. B. die Fregatte „Constitution" durch glücklich« Manöver immer wieder der gejammten englischen Flotte auszuweichen, die sie vier Tage verfolgte, und schrch, nachdem sie den schützenden Hafen erreicht, >bald darauf das englische 63-Kanonenschiff „Guerriere" in einer halben Stunde zum Wrack, so daß die Engländer, wie wenigstens amerikanisch« Geschichtsschreiber rühmen, sogar 100 Tobte und Verwundete zu beklagen hatten und ihr Schiff in die Luft sprengen mussten. Aehnliche Bravour stückchen vollbrachten die Schiffe „Frolic" und „Essex". Auf dem Eriesee gewannen die Amerikaner aber «ine wirkliche folgen schwere Seeschlacht, dir ihnen die schon in Englands Händen befindlichen Ufer dieses Sees wieder zurückeroberten. Ebenso erfolgreich waren die kleinen amerikanischen Kreuzer, die allein in den ersten sieben Kriegsmonaten dreihundert englische Kauf fahrer mit viel Gelo mr Bord kaperten. Ms Kapitän Lawrence zu Tode verwundet den Untergang seines Schiffes „khesapeake" (tscbvsspittk) vor Augen sah, rief er: „Uebergebt das Schiff nicht!" was seitdem ein Stichwort der amerikanischen Flott geworden ist. Abgesehen von der Kühnheit und Ausdauer der amerikanischen Seeleute, war es schon Damals ihre Ruhr beim Zielen, ihr geübtes treffsicheres Schießen, und ihr geschickter An griff, was ihnen wie heute über die Spanier, so damals über die Engländer einen Erfolg verschaffte. So bewirkte der Seekrieg, daß der Friede günstiger auSfiel, al- ihn die Schmach von Washington vorauSsehe-r ließ. Be- merkenswerth an diesem Kriege war auch, daß die Amerikaner von allen Völkern hier zum ersten Male versuchten, mit See minen ihre Häfen zu schützen und Torpedos herzuftellen. Es berührt uns heute eigenthümlich, wenn wir hören, daß Vies« heute von allen Völkern angenommene KampfeSweise damals von den Engländern, weil sie selbst sie roch nicht hatten, mit Ent rüstung für dem Völkerrecht (da» sie ja bestimmen konnten) widersprechend erklärt wurde. Die lange Friedenizeit, die nun nicht nur in Amerika, sondern auf dem ganzen Erdenrund folgte, brachte durch Aus beutung der Dampfkraft und der Schiffsschraube für die Kriegs schiffe eine völlig« Umgestaltung der Seekrieg»vorberritung
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