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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.04.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990414021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899041402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899041402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-14
- Monat1899-04
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Die» schlossen wir schon aus den im Morgenblatte mitgetheilten Londoner Preßstimmen. Bon Salisbury sind, wie der „B. L.-A." au» guter Quelle meldet, dem ständigen UnterstaatSsekrtär deS aus wärtigen Amtes, Sanderson, Instructionen zugezangen, die im Wesentlichen auf eine Zustimmung zu den deutschen Vorschlägen hinauSlausen. Man glaube, daß damit die Haupthindernisse, die der Entsendung der Samoacommission cntgegenstanden, beseitigt sind. Möchten diese Annahmen sich bestätigen! Wie die Dinge liegen, sollte man meinen, auch der englischen Regierung mußte eS klar sein, wie begründet die deutsche Forderung ist, unter allen Umständen auf dem Boden der Samoa- Acte zu bleiben und demgemäß nur solche Maßregeln ein zuschlagen, die gemeinsam von allen drei Groß mächten beschlossen worden sind. Selbst nach dem schweren Fehler, den der Oberrichter CbamberS entgegen den Bestimmungen der Samoa-Acte gemacht hatte, als er den Wünschen der englischen Mission entsprechend den minder jährigen Häuptling Tanu den Samoanern zum König aufzu zwingen versuchte, obwohl die überwiegende Mehrheit der Samoaner von diesem König nichts wissen wollte, selbst da mals war eö ein Leichtes, eine Vereinbarung zwischen den Vertretern der drei Mächte zu erzielen, wie die gemeinsame Einsetzung einer provisorischen Regierung am 4. Januar be wiesen bat. Erst als seitdem der englische und der amerika nische Consul den Grundsatz der Einstimmigkeit auf gaben und sich auf den Boden des Mehrheitsbeschlusses Hellten, haben sich jene Wirren in einer Weise verschärft, die trotz der friedlichen Bestrebungen der drei Cadinette einen gemeingefährlichen Charakter anzunehmen beginnt. Sollte die von Berlin nach London gerichtete Note nicht von Erfolg sein, so steht heute schon fest, daß die deutsche.Regierung einen offenbaren Rechtsbruch sich nickt gefallen lassen wird. „Wenn Deutschland", so schreibt die „Köln. Ztg." am Schluß eines sehr bestimmt gehaltenen Artikels, „der ernsten Lage gegenüber bisher die denkbar größte Mäßigung beobachtet hat, so bedeutet das nicht, daß wir nicht auch eine sehr energische Politik be folgen können, wenn un« diese aufgezwungen wird." Immer dringender tritt inzwischen die Nothwendigkeit zu Tage, daß die beiden Großmächte ihre Ver- lretungen auf Samoa anweisen, die strengste neutrale Haltung zu bewahren, nachdem die Cabinetle selbst die Ausgleichung der Wirren auf diplomatischem Wege in die Hand genommen baden. Die in Aussicht genommene Entsendung besonderer Commissare nach Apia wird, so sehr sie auch beschleunigt werden mag, immerhin noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da vor allen Dingen völlige Einigkeit darüber herrschen muß, welche Aufgabe diese Commissare lösen und welche Befugnisse sie der samoanischen Regierung und den Vertretern der Großmächte auf Samoa gegen über auSüben sollen. Die Vereinbarung über diese wichtigste Voraussetzung wird, wie die „Köln. Ztg." zutreffend hervor hebt, selbstverständlich immer mehr erschwert und verzögert. Fenilletsn. Errungen. 4j Roman von M. Buchholtz. Nachdruck verdotm Sicher hatte Wilm nicht zu viel gesagt, wenn er Greta v. Tarden eine Sonne nannte, die alle anderen Stern« verdunkeln mußte. Entzückend, liebreizend war dieses Mädchen, das mit heiterer Ruche plaudernd Mischen ihnen ging, als wäre sie ge wohnt, alle Tage mit fremden Herren zu verkehren. Gehalten, maßvoll und dabei doch ungezwungen war jede ihrer Bewegungen und bezaubernd ihr melodisches Lachen. Der Landrath wußte selber nicht, war sie schöner, wenn dies herzgewinnende Lachen Uber ihr holdes Gesicht flog oder wenn die tiefen, blauen Augen so ernst wie eben jetzt blickten, als sie Leutnant Wilm auf seine Frage nach ihrer Mutter Befinden mittheilte, daß sich diese wieder sehr angegriffen fühle. „Aber, gnädige- Fräulein, ich möchte endlich meine Bitte qn- bringen", unterbrach der Landrath jetzt lächelnd das Geplauder der Beiden. „Sie scheinen auch nicht rin bischen neugierig zu sein." „O doch", lachte Greta, „ich kann mich durchaus von diesem alten Erbfehler unseres Geschlechts nicht freisprechen! Ich hatte nur im Augenblick Ihr geheimnihvolles Anliegen, was ich zu verzeihen bitte, vergessen, aber nun möchte ich es für mein Leben gern wissen, also bitte, Herr Lanbrath, was betrifft es?" „Wird mein« Bitte auch gewährt werden?" „Erst muß ich sie kennen." „Sie ist leicht zu erfüllen, «nd Sie werden sk erfüllen, nicht wahr?" lieber Greta'» Züge flog ein Lächeln. „Warum sind Sie mit Ihrer Bitte so zurückhaltend, Herr Landrath? Ehe ich Ihr An- liegen nicht kenne, kann ich Ihnen doch keine Zusage geben, ich verspreche niemals etwas, wa» ich später nicht halten könnte." „Ja, Fräulein Greta ist di« persontficirt« Gewissenhaftigkeit", warf Wilm «in. -Da» ist kein Vorzug. Ich find«, gewissenhaft im Handeln und Sprechen muß ein Jeder sein", entgegnete Greta. „Wenigsten» sollte es Jeder sein. Doch da ich sehe, mein gnädiges Fräulein, daß ich Ihnen kein voreilige» Versprechen be- treff» meiner Bitte abgewinnen kann, muß ich mit ihr hrrau». rücken, also —" und mit wenigen herrlichen Wartest setzte er da» wenn es nicht gelingt, aufs Schleunigste auf Samoa einen vollständigen Waffenstillstand zu erzielen. Da» sollte die wichtigste Sorge sein für jede Großmackt, der im Ernste daran liegt, daß auS diesen endlosen Wirren auf einer kleinen tropischen Insel nicht ernste Conflicte entstehen. Ueber die Betheiligung eines deutschen Plantagen- leiterS an den jüngsten Zwischenfällen ist an amtlicher Stelle in Berlin auch heute nichts bekannt. Von anderer Seite, die über die Verhältnisse auf Samoa direct und gut unterrichtet ist, erfahren wir, daß eine derartige Betheiligung des Planlagenleiters im höchsten Grade un wahrscheinlich ist. Denn die betreffende Plantage ist im Besitze einer Hamburger Firma, die sich jedem solidarischen Vorgehen der Deutschen auf Samoa bisher ferngebalten bat. Daß ein Angestellter dieser Firma gerade jetzt den Engländern und Amerikanern sich besonverS feindselig gezeigt haben sollte, erscheint durckaus unglaubwürdig. Der „Schlesischen Ztg." wird über diese deutsche Factorei noch geschrieben: Die Vailele-Pflanzung der deutschen Handels- und Plan tagengesellschaft der Südseeinseln zu Hamburg, wo die anglo amerikanischen Alliirten durch die Krieger Mataafa'S eine ernste Schlappe erlitten und nicht nur Soldaten, sondern auch Geschütze verloren haben, liegt etwa 6 km östlich von Apia. Die ungefähr 800 Hektar große, meist mit CocoS- palmen besetzte Pflanzung steht unter der Oberleitung des CapitänS Hufnagel, eine» allgemein geachteten und wegen seines rubigen und besonnenen Wesens geschätzten Deutschen, der für sein unerschrockenes, umsichtiges Ein schreiten bei dem unglücklichen Gefecht bei Vailele am 18. Tecember 1888 durch Verleihung deS preußischen Kronenordens 4. Classe mit Schwertern ausgezeichnet worden ist. Die Station Vailele, die Wohnhäuser des Verwalters und seiner deutschen Unterbeamten, sowie der schwarzen Arbeiter, die Copradarre und die Lagerräume liegen nabe an der Küste, etwa 10 m über derselben, an einer nach Süden einschneidenden Bucht. Nordöstlich von der Station Vailele befindet sich ein von jeher in den kriegerischen Unternehmungen der Samoaner beliebter strategischer Punct auf den Bergen vonLuatuanun, ein nach ver Küste vorspringender, nach drei Seiten steil abfallender Bergrücken, der nur von Süden aus gut zugänglich nnd leicht zu vertbeidigen ist. Dort haben allem Anschein nach auch jetzt wieder die Leute Mataafa'S die alten Befestigungen benutzt und sich festgesetzt; dort beginnt der östliche Atuabezirk, der eigentliche Sitz der Mataafa-Partei. Auf die große Aehnlichkeit, die zwischen den jüngsten Vorgängen auf Samoa und der schweren Niederlage besteht, wclche'eine deutsche Abtheilung vor 10 Jahren, am 18 December 1888, an derselben Stelle erlitt, wiesen wir schon einmal bin. Damals handelte es sich um einen Kampf zwischen dem von deutscher Seite anerkannten König Tamasese und dem von den Engländern und Amerikanern unterstützten Oberhäuptling Mataafa. Die Krieger deS Letzteren hatten derartige Ausschreitungen gegen reutsckes Eigenibum begangen, daß der damalige deutsche Consul Or. Knappe sich zu energischem Vorgehen und vor Allem zur Entwaffnung der Samoaner entschloß. Auf sein Ersuchen hin landete damals das deutsche Kriegsschiff „Olga" an der deutschen Pflanzung Vailele 140 Mann; sie wurden bei der Landung von einer Üeberzahl von Kriegern Mataafa'S, die von einem amerikanischen Zeitungsberichterstatter Klein geführt wurden, überfallen und verloren dabei die beiden Leutnants Sieger und Spengler, sowie 15 Mann, während Leutnant Burchard und 40 Mann verwundet wurden. Erst nach Verstärkung des Landungscorps gelang es, die Eingeborenen in die Flucht junge Mädchen von seinem Wunsche in Kenntniß, ihn so rin kleidend, als ob sie mit ihrer Zusage allen im Comitö befindlichen Damen eine besondere Freude bereiten würde. Greta hatte ruhig zugehört; jetzt, als der Landrath schwieg, blieb sie stehen, und ihre Hand leicht und zutraulich auf Wilm's Arm legend, sagte sie ernst: „Nicht wahr, Herr Leutnant, dazu tauge ich nicht, und unter so viele fremde Menschen Passe ich auch nicht." „Weil Sie tausend Mal zu gut sind, um sich der Mißgunst und der Kritik böser Jungen auszusehen", sagte Wilm treuherzig, „eine Heideblume soll man auf der Heide lassen." Greta wandte sich lächelnd dem Landrath wieder zu: „Haben Sie gehört, Herr Landrath? Herr Leutnant Wilm hat Recht, «ine Feldblume muß man nicht als Paradeblumc gebrauchen wollen, dann verliert sie entschieden jeden etwaigen Reiz." „Aber, Herr Leutnant! — Gnädiges Fräulein!" rief der Landrath in komischer Verzweiflung, „was sind das für Reden. Wenn Sie mein Anliegen derart unterstützen wollten, Herr Leut nant, dann hätte ich mich aehütet, Sie mitzunehmen. Nein, eine Heiderose, vielmehr eine Wasserrose", fügte er mit einem Blick nach dem Kranz weißer Rosen, den Greta noch immer trug, hinzu, „bleibt immer eine Rose, gnädiges Fräulein, wo und wann man sie auch sieht." MH, der Kranz", rief Greta lachend, ihn vom Haupte neh mend, „den hatte ich ganz vergessen. So, nun bin ich hoffentlich auch in Ihren Augen Das, was ich wirklich bin, ein einfaches Landmädel!" „Aber «in tüchtiges Landmädel", lachte eine tiefe Männer stimme plötzlich hinter ihnen, und aus einem Seitenwege trat Herr von Tarden, der mit großer Liebenswürdigkeit gleich darauf seine Gäste begrüßte. Leo von Tarden war ein Mann in der Mitte der fünfziger Jahre, von großem, gewaltigem Körperbau, dessen sonnenver brannte» Antlitz von «rgrauendem Bart- und Haupthaar «um geben war. Die einst schönen Züge waren jetzt zu sehr tn die Breite verschwommen, und die Augen hatten «inen unangenehmen Blick, wie er leicht gereizten Menschen eigen zu sein pflegt. Aber seine Art und Weise, sich zu bewegen und zu sprechen, verrieth den Mann von Bildung und guter Erziehung, wenn sein Lachen auch vielleicht zu geräuschvoll und seine AuSdruckSweise hier und da etwa» zu derb war. „Ein tüchtige« Landmädel!" wiederholte er jetzt nochmal», „weiß in der Mirthlckaft oft besser Bekckeid als ich, und da ich neulich meinen Inspektor Knall und Fall fortjagen mußte, ersetzt sie mir ihn jetzt, wenigsten» in der Hofwirthschaft, vollkommen." zu treiben und die deutsche Pflanzung völlig von ihnen zu säubern. Wie damals die Deutschen, so scheinen auch jetzt die Engländer die Widerstandskraft der Samoaner und die Schwierigkeiten deS Gelände- und deS tropischen WaldeS unterschätzt zu haben. Bei den letzten Kämpfen bat in den letzten Tagen auch das Kriegsschiff „Tauranga" eine Rolle gespielt, so daß also England jetzt drei Schiffe daselbst hat („Porpoise", „Royalist" und „Tauranga"). „Tauranza" gehört zu den Schiffen der Colonialregierungen und zwar zu derjenigen Australien». ES ist ein ziemlich großer Kreuzer III. Classe, hat 2575 T. Deplacement und 7500 indicirte Pferdekräfte. Er ist neuen Datums, erst 1889 vom Stapel gelaufen und bat eine Geschwindigkeit von 19 Knoten. Die Armirung ist auch eine ziemlick starke, so daß er also nächst dem amerikanischen Kreuzer „Philadelphia" die stärkste maritime Waffe vor Samoa darstellt. „Tauranga" hat eine Länge von 81 m, eine Breite von 12,5 w und einen Tief gang im Mittel von 4,7 m. Ob der deutsche Kreuzer „Cormoran" (1640 T. Deplacement) schon vor Samoa, wie erwartet wurde, angekommcn ist, ist noch nicht bekannt, die Sachlage kann selbstverständlich durch die Ankunft eines kleinen Kreuzers in nichts geändert werden. Ueber das Verhalten Englands in der Samoafrage schreibt die Wiener „Neue Freie Presse": „Samoa ist nicht die Welt, und in der Welt ist Deutschland eine Macht, mit der auch England zu rechnen hat. Deutschland» Prestige in der internationalen Politik ist gewiß nicht geringer als dasjenige Englands, und wenn man in London etwa vermeint, man könne in Samoa ein ähnliches Kraftstück ausführen, wie man eS wegen Faschoda» gelhan hat, so würde man voraus sichtlich einer starken Enttäuschung nicht entgehen. Dennoch ist es nicht ander- möglich, al» da» englische Ver- halten in dem Samoa - Conflicte auS der Wandlung zu erklären, welche sich seit dem Faschoda - Streite in der britischen Politik vollzogen hat. Man ist, seitdem man da» Uebergewicht über Frankreich erprobt hat, in Downingstreet ungeheuer selbst bewußt, man diplomatisirt nicht erst lange, wenn ein Streitfall sich crgiebt, snvdern legt die Feder nieder, erhebt sich vom grünen Tische und zeigt drohend auf Schiffe und Kanonen. Dieselbe englische Politik, die durch ein Jahrzehnt jeder ernsten Entscheidung ernsthaft auswich, ist so that bereit geworden, wie sie es seit Lord Palmerston's Zeiten nicht war; sie pocht auf ihre unzweifelhafte maritime Ueber- legenheit und auf die Rüstung, die sie im Stillen rastlos verstärkt hat. Ist r» ihr gelungen, Frankreich zu demüthigen, indem sie die Expedition des CapitänS Marchand aus Faschoda hinausdrängte und die Regierung der Republik zu einem empfind- lichen Verzicht nöthigte, so mag sie wohl in dem Bewußtsein, daß sie die Meere beherrscht, und in dem Verdrusse über die wachsende deutsche Concurrenz auf allen überseeischen Handelsgebieten auch Lavor nicht zurückschrecken, eine andere Großmacht auf der ent legenen Südsee-Jnsel ihre Ueberlegenheit fühlen zu lassen. Aber es ist doch «in sehr erheblicher Unterschied zwischen der Herausforderung, die sich Frank reich bieten ließ, und zwischen einer Beleidigung Deutschlands. Frankreich liegt unter den Kanonen der englischen Marine und ist auf Rußlands Zustimmung angewiesen; Deutsch land ist die einzige Großmacht, welche weder Englands bedarf, um gegenüber Rußland, noch Rußlands, um gegenüber England in den großen Fragen der internationalen Polikik eine gewichtige Stellung Greta erröthete tief: „Das ist sicher in den Augen der Herren gar kein Lob, und übrigens", wandte sie sich diesen zu, „ist meine Thätigkeit als Wirthschaftsbeamter bald wieder zu Ende, denn morgen kommt der neue Verwalter." „Ja, hoffentlich habe ich mit Dem eine gute Wahl getroffen", sagte Herr von Tarden zu Wilm gewandt; „er ist, gleich Ihnen, aus Mecklenburg, ein gewisser Ransau." „Heinz Ransau? Der Sohn des alten Oberamtmanns Ran sau auf F...? — Ja gewiß, den kenne ich sehr gut; er ist ein netter, liebenswürdiger Mensch. Den bringen Sie uns auch zum Bazar mit." „Zu was", fragte H«rr von Tarden, „soll ich den jungen Ransau mitbringen?" „Himmel! Da bin ich schön mit der Thür ins Haus gefallen. Ich vergaß total, daß Sie noch nichts von unserem Anliegen Wissen." „Zum Diplomaten sind Sie entschieden nicht geboren", ent gegnete der Landrath, „und wenn ich meine Bitte erfüllt sehe, dann habe ich es sicher Ihnen am wenigsten zu danken." Finster und finsterer wurden Herrn von Tarden's Züge, als der Landrath seine Bitte vortrug, und Greta's Augen hingen mit sichtlicher Spannung an ihres Vater» sich mehr und mehr um wölkender Stirn. „Wie ist man denn mit einem Male auf mein« Tochter ge kommen?" fragte der alte Herr höhnisch, als der Landrath schwieg, „hat man doch dis jetzt meisterhaft verstanden, so zu thun, al» ob Domnika und seine Bewohner nicht vorhanden wären. Wer steht an der Spitz« der ganzen Geschichte?" „Frau Gräfin Zittbera." „Die?" rief Herr v. Tarden gedehnt, „hätte nicht geglaubt, daß gerade Di« auf mein« Tochter verfallen würde! Ja, ja, dir Frauen sind ein curiose» Volk, das man nie autlernt! Aber ich glaube, ich durchschaue sie doch! Denkt, mein« Tochter ist «in dumme«, unerzogenes Gänseliesel, und da man nachgerade müd« geworden ist, mir am Zeuge zu flicken, wollen sie e» nun bei meinem Mädel versuchen. Aber gelt, Greta, Du wirst ihnen zeigen, wie ein Fräulein v. Tarden sich zu benehmen weiß, nicht wahr, Mädel, Du wirst'»?" „Ich möchte nicht hin, Papa", sagte Greta mit einer Zag haftigkeit, die sonderbar gegen ihr fröhliche» Geplauder zuvor abstach. „Ich kenn da Niemanden." „Ach was", rief Herr v. Tarden, während sein sonnen verbrannte« Gesicht ssch noch einen Ton dunkler färbte, „da» ist albern von Dir. Ein junge» Mädel wirb schnell bekannt, be- sonder» ein Halbweg niedliche»." einzunehmen. Deutschland hat immer dir Freiheit der Option zwischen England und Rußland; wenn e» fürRuß- land oplirt, so bekommt England es an allen seinen verwundbaren Stellen in der ganzen Welt, vom Suezcanal bi» nach Port Arthur und von Capstadt bis Neufundland zu verspüren. Eine solche Kraft probe um Samoas willen ist doch sehr bedenklich, und darum wird man in London schwerlich bi» zuletzt dir deutsche Geduld reizen. Lord SaliSbury ist zu klug, um sich zu verhehlen, daß England zwar auch in seiner Jsolirtheit mächtig sein mag, aber gewiß keinen Anlaß hat, die Zahl seiner mächtigen Gegner zu vermehren. An dem russischen Rivalen und dem französischen Feinde sollte man es sich in London genug sein lassen. Diese Auslassung entspricht vollkommen unserer Stellung nahme zu dem Streitfall. — Weitere Einzelbeiten zum Ueberfall bei Apia theilen wir an anderer Stelle mit. Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. April. Der Centrumsabgeordnete Gröber sprach letzthin im katho lischen Volksverein zu München über die Milttarvorlagc und sagte dabei u. A., daß das Centrum durchgesrtzt habe, daß 7000 Mann gestrichen wurden und dir bleiben gestrichen. Bekanntlich hat der Reichstag auf Anregung des Centrums eine Resolution angenommen, worin «r sich bereit erklärt, die gestrichenen 7000 Mann zu bewilligen, sobald von der Regierung der Nachweis der Nothwendigkeit, auch diese 7000 Mann einzustellen, erbracht würde; diese Resolution bildete die Brücke der Verständigung zwischen Reichstag und Regierung. In ocn wenigen Wochen, die seit dem Kampfe um die Militär vorlage vergangen sind, konnte natürlich ver Nachweis der Noth wendigkeit der Einstellung weiterer 7000 Mann nicht erbracht werden; ebensowenig aber konnte der Nachweis, daß die 7000 Mann bestimmt nicht nothwendig sein würden, erbracht werden. Herr Gröber ist einer der Führer der C«ntrumspartei. Siebt er di« Anschauungen der Führerschaft der regierenden Partei wieder, so hätte das Centrum bei Einbringung seiner Resolution den Hintergedanken gehabt, unter keinen Umständen späterhin den Nachweis der Nothwendigkeit der Mehreinstellung der 7000 Mann als erbracht anzusehen; «s hättealsodie Regie rung und die nationalen Parteien — denn auch diese ließen sich nur auf Grund der Resolution auf das Kompromiß «in — hin eingelegt. So tragisch aber braucht man die Aeußerung des Abgeordneten Gröber nicht zu nehmen. Den Schlüssel zu dieser Aeußerung findet man, wenn man daran denkt, daß Gröber in M L n ch e n, der Hauptstadt Bayerns, gesprochen hat. Die bayerischen Centrumsleute, sowohl die Abgeordneten als ihre Anhängerschaft, können in fanatischem Haß gegen den „Militarismus" getrost den Wettkampf mit der süddeutschen Demokratie und den Socialdemokraten aufnehmen; sie haben ja auch bei der Marinevorlage im vergangenen Jahre und bei der Heeresvorlagc in diesem Jahre diesem Hasse praktisch Ausdruck gegeben. Ihnen redete also der Abgeordnete Gröber zum Munde, wenn er erklärte, daß die 7000 Mann auf keinen Fall bewillig: werden würden. Hätte der Abgeordnete Gröber in Schlesien, der Heimath des Majors der Leibkürassiere, Grafen Ballestrem, der Herren von Huene, Graf Matuschka und anderer militär freundlicher katholischer Magnaten, «ine Rede gehalten, so hätte er voraussichtlich nicht darauf hingewiesen, was das Centrum gestrichen hat und was gestrichen bleiben soll, sondern darauf, was vom Centrum bewilligt worden ist. Greta preßte wie in angstvoller Verlegenheit ihre Hände in einander und sagte dann leise: Man braucht zu einem solchen Feste auch sicher eine sehr kostbare Toil«tte, und ich " „Ha — ha — ha —", rief ihr Vater lachend, „das ist der alte Refrain bei jedem Frauenzimmer! Wenn Ihr Euch putzen sollt, habt Ihr immer Eurer Meinung nach nichts Passendes oder Kostbares anzuziehen! Na, das wird sich schon finden, irgend ein Helles Fähnchen wird sicher auch unter Deinem Krimskram sein, dann ein paar frische Blumen; wenn man jung ist, was braucht's da weiter, nicht wahr, Herr Landrath?" „Ja sicher", fiel der Landrath schnell ein. „Eine besondere Toilette, gnädiges Fräulein, ist nicht nöthig. Zu reizend wäre es, wenn ich mir einen Vorschlag erlauben dürste, Sie kämen in einem einfachen weißen Kleide, im Haar einen Kranz von Wasser rosen, ähnlich dem kurz zuvor weggeworfenrn. Ich lasse Ihnen dann ein« Grotte bauen, in der Sie Lilien, Mummeln und Muscheln verkaufen. Sie sollen sehen, da» wird Ihnen Spaß machen." „Abgemacht, mein verehrter Herr Landrath, das ist eine famose Idee! Solch« Geschichten haben mir in meiner Jugend auch tausend Spaß gemacht; kann Ihnen versichern, war groß im Festearrangiren und bei jedem Jux der Fidelste! Freilich, manch' Windlein hat seitdem geweht und manch' Jährlein ist darüber hingezogen und hat manch« Enttäuschung mit sich gebracht! Doch wir sind am Ziel und wollen uns aus die Veranda sehen. Du, Greta, sorge für einen Imbiß, kleine Wassernixe, ha, ha, ha, das kann Dir schon gefallen. Und um zu sehen, wie Du Deine Sache machst, begleite ich Dich, obgleich ich unsere erste Gesellschaft hier, weiß Gott, über hab«. Aber wa- fehlt Ihnen, Wilm, Sie sind heute so wortkarg, denken wohl nur noch an Ihr Fräulein Braut und Ihre Hochzeit?" „Nrin, mir gingen weniger angenehme Gedanken durch den Sinn. Ich dacht«, daß Heiderosen von jedem Sturmwind leichter entblättert werden al» prunkende Eentifolien." „Himmel, Herrgott", lachte Herr v. Tarden dröhnend auf, „im Bräutigamtsstande wird doch Jeder sentimental; wie kommen Sie jetzt im Herbst mit einem Mal« auf solche gefühlvollen Rosenbetrachtungen?" Der Antwort wurde der junge Officier durch den Eintritt der Hcruifrau überhoben, die Vie Herren liebrn-wiirdia willkommen hieß, sich dann zu ihnen setzte und später auch Greta an ihre Seite winkte, au» deren Zügen jeder Frohsinn gewichen zu sein schien und die still dem Gespräch, da» sich um gleichailtig» Dinge bewegte, folgte. Der Landrath begann Reue zu fühlen, durch
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