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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.04.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990428029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899042802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899042802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-28
- Monat1899-04
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Die dritte Lesung, die heute stattfindet, wird lediglich Vas Krgebnih der gestern erledigten zweiten bestätigen, nachdem sich gezeigt hat, daß weitere AbändrruagSanträze feine Aus sicht auf Annahme haben, weil eine starke Mehrheit des Reichstag« entschlossen ist, an dem in der Commission nach langen Müden abgeschlossenen Compromifi festzuhaltrn und di« ganze Sache nicht abermals zu gefährden. Ohne An fechtung ging die Annahme der CommffsionSbeschlüsse gestern allerdings nicht ab. Einige Heißsporne, die eS nicht verwinden können, daß sie mit ihrem Verlange« nack völliger ober wenigstens partieller Verstaatlichung der ReichSbank nicht durchgedrungen sind, nahmen gestern den von der Commission abgelrhnteu Antrag wieder auf, den Befrag von 60 Millionen, um den da- Grundkapital der Bank erhöht werden soff, nicht dem Publicum zur Uebernahme anzubieten, sondern das Reich in Höhe dieses Betrage- an der Bank zu betheiligen. Der Abgeordnete vr. Arendt, dessen Namen dieser Antrag trug, gab sich aber vergebliche Mühe, daS Compromiß und damit die ganze Bankgesetznopelle zum Scheitern zu bringen. Namen» der Conservativen erklärte zwar der Abg. v. Staudy, daß sie grundsätzlich an der Idee der Verstaatlichung der ReichSbank festhielten, aber er fügte auch hinzu, daß sie für jetzt auf Heren Durch führung verzichteten und sich mit einigen andere» minder bedeutsamen Forderungen zu begnügen gedächten. Und genau auf denselben Standvunct stellte sich die eigene Fraktion des Antragstellers vr. Arendt, al- deren Hauptworlsiihrer der Abg. Gamp rückhaltlos die außerordentlichen Zugeständnisse anerkannte, welche die Gegner pex ursprünglichen Regierungs vorlage ohnehin durch daS Compromiß durchgesetzt hätten, nämlich Erhöhung deS Grundcapitals um 60 Millionen statt nur um 30 Millionen, Erhöhung ferner de» steuerfreien Noten- continaentS weit über die Vorschläge der Regierung hinau-, erhöhte Bethettigung deS Reiche- an den Banküberschüssen, und vierten wesentlich« Aenderungen der Vorlage zu Gunsten der Privat banken »n Bezug auf ihre Discontopolitik. Man sollte meinen, daß da- in der That Erfolge seien, welche auch Herrn vr. Arendt und Genossen hie Annahme deS Com- promisseS hätten leicht machen müssen. Zu allgemeiner Heiterkeit des Hauses erhoben sich denn auch für den Antrag Arendt nur vier Mann. Nicht ganz so klein war die Minorität sür einen konservativen Antrag, der von den 60 Millionen CapitalSerhöhung nicht nur die eine Hälfte, sondern gleich heu volleu Betrag schon bi- Ende 1901 znr Subskription gestellt wissen wollte. Auch eine Reihe weiterer AbänderuugSanträge, welche den Dividendenberug der Antheil- schein-Inhaber unter allen Umständen aus 5 Proc. im Maximum oder doch auf 6 Proc. begrenzt wissen wollten, wurden mit glänzender Mehrheit abgelehnt. Eine wider Er warten sehr ausgedehnte Erörterung entspann sich dann noch bei der von der Discontopolitik handelnden Serie von Bestimmungen im Artikel 5 der Vorlage. Ein von einem bayerischen Ceutrums- mitgliede gestellter Antrag bezweckt« weitere di-contopolitische Vergünstigungen für die Privatzettelbanken und sand über dies auch orn Beifall eine- bayerischen Vertreters am BundeS- rathstische. Außerdem wurde rou konservativer Seite lebhaft eine Vorschrift empfohlen, derzufolge es der Reichsbank grund sätzlich verboten sein sollte, unter ihrer officieüeu Baukrate zu di-contiren. Nach langer Debatte wurden indeß auch diese Forderungen abgelehnt und die Compromißvorschläg« der Commission in allen Punkten gutgeheißen. Ta di« Sitzung gut besucht war, so ist beute ein« Ueberraschung durch Verschiebung der Stärkeverhältniss« nicht zu besorgen; übrigens geht daraus, daß auf die Tagesordnung außer der dritten Lesung der Bankgesetznovelle noch die zweite der be kannten Iustizanträgr Rintelen gesetzt worden ist, deutlich her vor, daß da- Präsidium eine rasche Erledigung des erste» Gegenstandes mit Bestimmtheit erwartet. Man ist auf konservativer Seite stets empfindlich darüber, wenn auf die conservativen Annäherungsversuche an das Gentrum hingowiesen wird. Ebenso aber wie im preußischen Abgeordnetenhause bei der Altkatholiken-Fragc, haben in Baven bei der Ordensfrage die Conservativen sich dem Centrum „treu, hold und gewärtig" bewiesen. Sie haben einen vom Centrum freudig aufgenommenen Antrag eingebracht, die Regierung möge von der ihr zustehenden Wefugniß, Orden zuzulassen, Gebrauch machen. Dieser Antrag wurde auch angenommen und die badischen konservativen können sich in dem stolzen Bewußtsein sonnen, nicht nur mit Dem Centrum, sondern auch mit den Demo kraten und den Socialdemokraten Hand in Hand gegangen zu sein. Freilich muß ihnen diese Freude dadurch verbittert werden, daß die geleisteten Dienste vom Centrum wenig anerkannt werden. Aus das feurige Liedeswerben der conservativen „Badischen Landpost: „Die Katholiken brauchen nicht um CultuSfreiheit zu bitten, sie haben als Söhne der gemeinsamen Mutter Germania ein verbrieftes Recht aus Cultusfreiheit", erwidert die „Köln. Wokksiztg." höhnisch: „Schön gesagt. Allein die Con servativen haben gegenüber diesem verbrieften Rechte der katho lischen Volksgenossen in Baden gerade so schlecht gehandelt wie die Nationalliberalen." — Wann wird man im conservativen Lager endlich einsehen, daß die Klerikalen die ganze Hand verlangen, wenn man ihnen den kleinen Finger giebt? Trotz dieser Ab lehnung der conservativen Freundschaft aber darf man schon jetzt nicht daran zweifeln, baß bei der im Herbst bevorstehende« hälftigen Ernennung der zweiten badischen Kammer die Con- servativen dem Eentrum nach Kräften behilflich sein werden, die Möglichkeit einer Wiederherstellung der vor zwei Jahren zer störten nationalliberalen Mehrheit zu verhindern. Bei diesem Bemühen werden sie sich ebenso wie bei ihrem Ordensantrage Seite an Seite mit den Demokraten und den Socialdemokraten befinden. Für die Nationalliberalen aber kann aus diesem Grunde das Verhalten der Conservativen in der Ordensfrage ganz nützlich sein. Sie werden erkannt haben, daß sie nach wie vor auf sich allein angewiesen sind, und sie Verden deshalb recht zeitig ihre Kräfte sammeln, um den Wahlkampf gegenüber den vereinten Gegnern siegreich zu überstehen. Bei dem gesunden politischen Sinne der badischen Bevölkerung kann auch trotz der „heiligen Allianz" zwischen Conservativen, Centrum und Radikalismus der Sieg den Nationalliberalen nicht fehlen, wenn sie rechtzeitig mit der Vorbereitung für die Wahlen beginnen und sämmtlich ihre Schuldigkeit thun. Ein national liberaler Erfolg, insbesondere in den zu mehr als zwei Dritteln katholischen südlichen Wahlbezirken, würde auch darum freudig zu begrüßen sein, weil er überzeugend darthun würde, daßdie Zulassung der Orden nicht eine katholische, so.ndern eine klerikale Forderung ist. Mit Befriedigung muß es begrüßt werde», daß der neue ungarische Handelsmini st er Alexander Hegcdüs die Altersversorgung der Arbeiter ernstlich in die Hand ge nommen hat, indem «r Schritte gethan hat, um vor der Hand wenigstens für diejenigen Arbeiter der ungarischen Staats bahnen, welche in den Werkstätten, heim Station--, Magazin- und Bahnerhaltungsdienst beschäftigt sind, zu sorgen. Sämnst- liche Arbeiter dieser Kategorien — ihre Zahl beträgt mehr als 20 000 — sollen demnach pensionsberechtigt werden. Nach den bereits ausgearbeiteten und 'von den cmnpetrnlen Kreisen gut- gcheißenen Plänen beginnt die Berechtigung zur Altersversorgung nach einem zehn-jährigen ununterbrochenen Dienst. Das Ruhe gehalt beträgt in diesem Falle 35 v. H. des Jahreslohnes und wächst nach jedem Jahre um 2ß v. H., bis das Ruhegehalt dem jährlichen Arbeitslohn gleichkommt. Das voll« Rrchegchalt wird folglich dem Arbeiter um vier Jahre früher als den Staats beamten ausgefo0gt. Auch di« Arbciterwittwen sind pensions berechtigt uno die Waisen erhalten Erzichungsbditxäge, doch können letztere zusammen mit dem Ruhegehalt der Wittwen 90 v. H. des Ruhegehaltes des Verstorbenen nicht überschreiten. Falls ein Arbeiter vor Erlangung der Berechtigung zur Alters versorgung mit dem Tode ckbgcht, erhöbt die Wittwe aus dem Fonds sine Abfindung. Die Writwenpensivn soll nie weniger als 200 Kronen pro Jahr betragen. Den gegenwärtig im Dienste der Staatseisenbahnen befindlichen Arbeitern werden von ihrer Dienstzeit 40—60 Procent angerechnet, doch haben dieselben hierfür keinerlei Beiträge zu leisten. Die an das Pensions institut fließenden Beiträg« werden von der Staatsbahn und den Arbeitern zu gleichen Theilen <je 4 Procent des Tagelohnes) entrichtet. Bemerkenswerth ist, daß die Arbeiter eine höhere Quote angeboten haben, was aber von der Leitung nicht an genommen Wurde. -Das Altersverforguttgsinstitut verfügt be reits über einen Baarsonds von 120 000, welchen di« Skaats- bahnlcitung seit Jahren zu diesem Zwecke gesammelt hat. Das Pensionsirtstitut wird seine Wirksamkeit nach Beftättgung der Statuten aufnehmen. Hat jüngst der Diplomat de- „Figaro", Whist, die Samoa-Frage in einer sür Deutschland recht schmeichelhaften Weise beurtheilt, so äußert sich heute daS „Journal »e- TöbatS" über den Kall Eoghlan mit einer Sachlichkeit, die Beachtung verdient. Das genannte angesehene französische Blatt schreibt: „Alles berechtigt zu dem Glauben, daß trotz der heftigen Sprache eine« TheileS der deutschen (?) und der ameri- anischen Presse diese neue Affäre gütlich beigelegt werden wird, zur Genugthuung beider Parteien. Die Thatsache übrigen-, daß der Zwischenfall sich inter pooul» abgespielt hat, ist schon an sich beruhigend; in der That, welche Dosis von Reizbarkeit oder Frivolität man bei den Regiereoden auch böswilliger Weise voraussctzen mag: es ist unmöglich, anzunehmen, daß Tect- reden eines wenig diplomatischen Osficier« in einer Privatgesellschaft geeignet sein sollten, selbst einen vorübergehenden Conflict zwischen zwei civilisirten Nationen hervorzurufen. Das „Journal deS DöbatS" billigt schließlich die Schritte deS deutschen Botschafters in Washington und lobt daS un mittelbare Eingreifen der amerikanischen Regierung al- sehr correct. Wir können dieser Auffassung deS französischen Blattes ebenso beitreten, wie seiner Ansicht, daß derartige Zwischenfälle, wenn sie sich allzu häufig wiederholen sollten, am Ende den friedlichen Charakter der zwischen Deutsch land und der Union bestehenden Beziehungen beeinträch tigen würden. I» einem Punkte aber müssen wir die Ausführungen des „Journal deS DöbatS" richtig stellen. Es zieht nämlich aus der von u»S al- richtig an erkannten Ansicht folgenden Schluß: „Wenn man also in Berlin wie in Washington wünscht, daß die Beziehungen dieselben bleiben wie bisher, wird man weise handeln, wenn man die Wiederkehr ähnlicher Zwischenfälle möglichst ver meidet." Hierzu sei bemerkt, daß „Zwischenfälle" von deutscher Seite bisher nie herbei^eführt wurden, daß viel mehr deutsche „Provokationen", wie da- Admiral Dewey, Herrn Coghlan formell dementirend, soeben öffentlich anerkannt hat, immer nur in der Phantasie englisch-amerika- nischer Hetzblätter bestanden haben. Die Mahnung te- „Journal des DöbatS" wäre daher zweckmäßig allein an die amerikanische Adresse zn richten gewesen. Die „Time-" veröffentlichen den Wortlaut deS von uns im Volkswirthschaftlichen Theile schon erwähnten Geheim berichtes öe» russischen KiftftnznttntsterS Witte, der zwar schon ein Jahr alt ist, aber an aktuellem Interesse wieder dadurch gewinnt, daß er jetzt in den „Time-" aller Welt bekannt gegeben wird. Witte führt in demselben in Bezug auf dfe landwirthschaft- liche Production Rußlands qu», daß sich fast alle au-wär- tigen Märkte in Europa durch starke Zölle gegen die russische Einfuhr abschlössen, so daß es unmöglich sei, auf «in mehr oder weniger dauerhafte- Steigen dtp Preise -n rechnen. Nur ein Land huldige dem Freihandel — wenn auch au« Selbstiateresse: Engspnd. Der Werth der russischen Einfuhr von lynhwirthschastlichep Erzeug nissen nach England betrug 1887 zweitausend Millionen Rubel und der Antheil, den Rußland daran hat, ist noch verhältnißmäßig gering. Die Bedeutung Englands für die russischen Bodrnerzrugniss» ist daher, wie Witte eingehender durch statistische Aufstellungen nachweist, sehr groß. Aber auch als Markt für die Unterbringung russischer Anleihen ist England sehr wichtig, und pm so wichtiger, da Frankreich durch sein au-gesprochenes Hchntzzoll- system und den fast völligen Ausschluß russischer vodenerzeugpssse („während doch »rost« kommerzielle und industriell« Vrztehungen nur auf dem Boden der Gegenseitigkeit durchgefübrt werden können") Rußland schädige und sich auch gegen russische Anleihen zu verschließe» beginne. Deshalb hat der russische Finanz minister den Berhältnissen auf dem englischen Markt, der apch viel größer ist, als der sranzüsische, seine ganz besondere Aufm-rk- samkeit zugewands. Es sind verschiedene Maßregeln «»troffen worden, um handelspolitische Beziehung,» anzubphnen. Pobpi ist aber, sagt H»rr Witte, ein Umstand s«hr zu berücksichtigen: di« öffentliche Meinung in England, di, vielmehr durch politische, al- durch wirthschoftliche Erwägung»» beeinflußt wird. Wenn England z. B. einem Staat« günstig gesinnt ist, so wird es dessen Produkte begünstigen und sei» Geld in dessen Papieren anlege» und umgekehrt. Und dex Einfluß der öffentlich»» Meinung in England ist so stark, daß auch die Regierung nichts dagegen au-rjchten kann. Deshalb steht e- auch außer der Macht dex russischen Regierung, de« hop-els- verkehr mit England zu erweitern. Wir können Geld bewilligen, Haudelsageutea anstelle» u. s. w.; aber alle diese Maßregel, werden nur Palliativmittel bleiben, wenn die russisch«» Kauft,ut, »ich» mit den englischen tn direkte und persönlich« Beziehungen treten. Das wieder ist ober nur dann möglich, wenn wir Russen da- Ver trauen der Engländer auf di» Zuv«rlässigk,it Ruß land- gewinnen, wenn namentlich di» Stellung fremder Industrieller und Kaufleute in Rußland fest geregrlt ist. Die „Times" mein»» hj»rzu, sei ja Alle- schüft und gut, aber es fehle eben immer noch an Beweisen für den guten Willen Rußlands. Eher da- Gegrptheil sei der Kall. Venn Errungen. 1-s Roma» von M. Buch Holtz. Nachdruck »rrbeUn. Greta kniete am Bett der Mutter nieder und bat angstvoll: „Sprich nicht so, Mama, ach, sprich nicht so, als wenn Du von mir gehen wolltest. Bleibe bei mir, laß mich nicht allein!" Und ihrer Bewegung nicht mehr Herr, füllten sich ihre Augen aufs Neue mit Thränen und tropften heiß uckd langsam über ihre schmalen bleichen Wangen. „Bitte, mein Liebling", sagte die Kranke beunruhigt, „sei ein starkes, gutes Kind, das mir nicht allein stets eine gute Tochter, sondern auch schon als Heranwachsende- Mädchen ein« liebe, verständige Gefährtin gewesen ist, und der ich heute mein Inneres erschließen und ihr Alles erzählen möchte, waS mich glücklich und elend im Leben gemacht hat!" „Mama, rege Dich nicht auf", bat Greta, „sprich nicht so viel, schone Dich!" „Nein, laß mich Greta. Es ist nicht gut, von heute auf mor gen etwas zu verschieben; di« Zeit eilt und läßt sich nicht zurück rufen. Komm, Kind, laß mich Deine lieben Hände halten und unterbrich mich nicht. Es verlangt mich. Dir Alle« zu sagen, wenn es mir auch schmerzlich ist. Dir mein Andenken nicht unge trübt hinterlassen zu können!" Tiefer senkte Greta den Kopf. Sie brauchte fetzt nichts weiter zu hören; diese Worte der Mutter sagten ihr im Voraus, daß DaS, WaS ihr« Seele noch immer nicht hatte glauben wollen, Wahrheit war. Aber sie sagt« kein Wort, sondern berührte nur mit ihren Lippen die fieberheiß« Hand d«r Mutter so innig und treu, daß di«s« gewiß fein könnt«, der Tochter st«ts Das zu bleiben, wa- sie ihr bisher gewesen. Nach einer kleinen Weil« begann Frau von Tarden wieder: „Sieh, Greta, als Du damals da» Fest, dni Bazar, so früh zeitig verlaffen hattest, da kam mir der G«danke, daß Dir durch einen Zufall Das zu Ohren gekommen s«in könnt«, wa» Ich bisher scrgfiiltia vermieden habe, Dir zu erzählen, nämlich, daß auf Deiner Geburt ein Makel ruht, den Niemand von Dir nehmen kann." „Ich weiß e«, Mama", sagte Greta mit erstickter Stimme „ab«r — lasse das Vergangene ruhen. Keiner kann es ändern, und ich werde «s zu tragen wissen!" „Also Du wußtest es und konntest Dich doch so beherrschen, um mir nichts merken zu lassen! O, Greta, wie gut und willensstark bist Du!" Greta hatte den Kopf tief gesenkt und lauschte mit andäch tiger Aufmerksamkeit den leisen Worten der Mutter, di« ihr mit einfachen Worin von ihrer früh verwaisten Kindheit, ihrer Jugendschuld, ihrer Liebe zu dem Vater sprach, den sie trotz d«s besten Willens nicht glücklich zu machen verstanden habe. „O, Mama", unterbrach sie hier Greta tief erregt, „Papa allein nur ist schuld, wenn er mit Dir nicht glücklich wurde!" „Ohne Schuld ist kein Mensch. Aber, bedenke wohl, Greta, auch Papa hat sich sein Leben ander» geträumt, und nicht Jeder besitzt Willensstärke, um sich unter ein widriges Geschick mit frohem Herzen zu beugen. Ich habe ihn sehr geliebt und weiß, daß mein Scheiden auch ihm schmerzlich sein wird, Greta, Lieb ling, weine doch nicht so! Sieh', der Gedanke, daß Du bei Papa und Stanislaus bleibst, ist mir tröstend. Du bist klug und stark, hast ein gutes Herz und eine seltene Willensstärke! Versprich mir h«ute, daß Du stets treu, selbst wenn es Dir schwer werden wird, Dich des Vaters und Bruders in Allem, was sie treffen könnt«, annehmen wirst. Du bist nur ein Mädchen, und doch, ich weiß es, der Halt des Hauses. Stanislaus liebt Dich, Du hast großen Einfluß auf ihn, suche ihn Dir zu erhalten und begegne dem Vater stets mit Liebe, und siehe, ihm ein« wahre Stütze zu sein, wenn er deren bedarf. Ich verlange vielleicht Schweres von Dir, Greta, aber es würde mich ruhiger und getröstet hinüber schlummern lassen, wenn Du es mir versprechen wolltest." „Wie gern will ich Dir das versprechen, Mama! Aber warum jetzt darüber reden, Du wirst noch nicht von uns gehen. Du wirst mich doch nicht so grenzenlos einsam lassen." „Ich werd« bald von Dir scheiden müssen, ich fühl« es. Du warst mein größtes Glück, mein Sonnenschein, Greta, und mein Gebet ist eS, daß Dir der liebe Gott freundlich Deine Wege ebnen möchte. Trifft Dich aber Leid, verzage nie und biete ihm muthig di« Stirn. Sage nie: „Das kann ich nicht!" Vieles kannst Du, will's die Pflicht, Schweres kannst Du, will'» die Liebe. Darum Dich im Schwersten übe! Schweres fordern Lieb' und Pflicht, Sage nie: „Das kann ich nicht!" Feierlich hatten die bebenden Lippen der todtmüden Frau dies« Worte gesprochen, und Greta, die diese Lieblingsstrophe d«r Mutter kannte, hatte leise mitgeflüstert. „Küsse mich noch einmal, Greta", bat die Kranke, „und dann laß mich schlafen. DaS viele Sprechen hat mich angegriffen und müde gemacht; und nun ich endlich den Muth gefunden habe, Dir Alles zu gesuhen, werde ich gut ruhen. Auch Tu lege Dich nieder und hab' Dank für Dein« Liebe und Dein mir gegebenes Ver sprechen, es hat mich still und ruhig gemacht, denn ich weiß jetzt, daß Deine treuen Augen über Baler und Bruder wachen werden." Bald darauf war Frau von Tarden tingeschlafen, und Greta hatte sich in einen Lehnstuhl gesetzt, den sie sich an idas Bett der Mutter gerückt. Gegen Mitärnacht kam ihr Vater nach Hause und trat leist in das Krankenzimmer, um sich nach dem Ergehen der Mutter zu erkundigen. Al» er gegangen, wollte Greta sich nun auch moderigen, doch da fuhr plötzlich di« Kranke zusammen, und, sich im Bette ausrichtend, sagt« sie mit angstvoller Stimme: „Es wird so dunkel, so schrecklich dunkel! Bleibe bei mir, Greta!" „Ich bin bei Dir, Mama! Du hast schlecht geträumt, nicht wahr?" . „Ich habe ausgeträumt! O, Greta, Liebling, bleibe treu und halte Wort!" Müde sank ihr Haupt auf der Tochter Schulter, und ein tiefer, wie befreiender Athemzug hob ihre Brust. Noch einen letzten Blick unendlicher Li«be heftete bas brechende Mutterauge auf di« geliebten Züge der Tochter, und wie ein verhallender Seufzer zitert« eS über ihre Lippen: .Sage nie, das kann ich nicht." „Mama", ri«f Greta erschüttert, „Mama, stirb nicht! Ach, bleibe bei mir, laß mich nicht allein!" Aber die müde Frau hatte die verzweifelt hervorgestoßene Bitte der Tochter nicht mehr gehört. Leise flackerte das gedämpft« Licht, und di« kleine Flamme de» Lämpchens knisterte, al» w«nu ste verlöschen wollte, um daS im verzweifelnden Schmerz ani Todtenbett der Mutter knieende jung« Menschenkind nicht zu bescheinen. Leist tickt« der Holzwurm im Gebälk, leise summend schwebte «ine einsam« Mücke um da« verhängte Licht, sonst Alle» still, bis auf das Schluchzen des Mädchens. Weine nur, weine! Gott gab die Thränen, um damit wohlthättg den Schmerz de- Leben» zu mildern! Schluchze Dich müde, um Dich in Unfaßbares zu finden. Wie lange Greta geweint und ihrem fassungslosen Schmerz nachgeaeben, sie wußte es nicht. Endlich erhob sie sich müde und gebrochen, um noch einmal di« nun geschlossenen Augen der friedlich Daliegenden zu küssen und dann zum Vater zu gehen. — Der Mnt«r hatte zum «rsten Male in di«sem Jahr« die Erbe mit seinem weißen Todtrntuche zug.-deckt, und die Sonne schaute sich vom blauen Himmel di« über Nacht dorgegangen« Deränd.'- rung mit der lieben Frau Mutter Erde lachend an, als man die sterbliche Hülle der Frau von Tarden zur Ruhe geleitete. Der Sarg, der in der großen Hall« aufgebahrt stand, war mit einer verschwenderischen Vlumenpracht geschmückt. Es war, als ob man sich beeilt hätte, der Verstorbenen auf ihrem letzten Wege alle die Blumen zu streuen, di« man ihr im Leben vorenthalten, und statt deren man ihr so viele Dornen und Disteln, in Ge^ statt von bösen Nachrod«» und vielen Kränkung«», hatte zu Theil werden lassen. Nachbar«», Vie seit vielen Jahren nicht nirhr das Domnikaer Herrenhaus betreten hatten, waren heute gekommen, um der, von der si« im Leben nichts hatten wissen wollen, nun in a»scheinewver Trauer auf dem letzten Gang« das Geleit zu g.ben. Das verlangte schon die gute Sitte und das Beispiel des Fürsten, der es selbstverständlich zu finden schien, der Beisetzung brizu- wohnen. Oberst von Zittbrrg, und was noch wunderbarer war, auch feine Tochter waren zu dem Begräbmß erschienen. Hella hatte «s trotz des entschiedenen Widerstandes der Mutter durchzesetzt, den Vater zum Begräbniß noch Domnika zu begleiten, und der Beweggrund dazu waren bei ihr sehr verschieden« Gefühle. Erstens reizte es sie, Stanislaus wiederzuschen, und dann dem Fürsten, der feit einiger Zeit viel von echter Weiblichkeit und milder Frame »würde schwärmte, dadurch ein«» Beweis zu geben, wie gut und mitfühlend sie mit anderer Leute Schmerz sei. Ihre flüchtig« Bekanntschaft mit Greta erschien ihr Grund genug, um ihr Kommen zu rechtfertigen, und ihr Vater fand ihre Absicht, man könne "durch Mitgefühl jedem traurig«» Herzen nur wohl- thun, gut und lobenswerth und hatte erfreut gesagt: „Das finde ich nett von Dir, Wildfang, habe ich Dir gar nicht zu getraut, daß Du so ein wciches, mitfühlendes Herz hast!" Nun war sie da und hatte mit einer Art Neugierde da» Vater^ Haus von Stanislaus betreten. Sie hatte geglaubt, daß «r ihnen entgegenkommen würde, und hatte sich schon während der ganzen Fahrt auf sein überraschtes Gesicht gefreut; aber statt seiner empfing sie ein fremder, junger Monn, der sich als ein Herr Ransau vorstrllte, und si« bat, in di« große Halle einzutreten, in d«r der alte Heer von Tarden anwesend sei. Die trat mit dem Vater an den alten Herrn heran und sagt« ihm einige höfliche Geileid-worbe. zu d«n«n er nickte, aber ste dabei mit einem wenig freundlichen Blicke ansah. ES that ihr in diesem Augenblick leid, mitgefohren zu sein. Mein Gott, was bildete sich der alte Herr eigentlich ein? Statt erfreut zu sein und sich geehrt zu fühlen, sie so anzufehm, als wenn er sagen wollt«: „WaS willst Du hier?" Dazu fühlte sie, die noch nie in ihrem Leben einem solchen Be-
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