Bärbel Förster Musterstaat mit Alpenglühen Politische Emigration aus Sachsen in die Schweiz nach 1849 Friedrich Engels schrieb bei seinem Aufenthalt in Bern am 6. Dezember 1848: »Heute ist das konstitutionelle Belgien der offizielle Musterstaat; bei dem stürmischen Wetter, das wir haben, wer steht uns dafür, daß morgen nicht die republikanische Schweiz offizieller Musterstaat sein wird? Ohnehin kenne ich mehr als einen farouchen (wilden d. A.) Republika ner, der keine höheren Wünsche hat, als die schweizerischen politischen Zustände mit großen und kleinen Bundes-, National-, Stände- und sonstigen Räten über den Rhein zu tragen, aus Deutschland eine Schweiz im Großen zu machen und sodann als Herr Großrat oder Land ammann des Kantons Baden, Hessen oder Nassau ein geruhiges Leben zu führen in aller Gott seligkeit und Ehrbarkeit. Die Schweiz geht uns Deutsche also allerdings an, und was die Schwei zer denken, sagen, tun und treiben, kann uns in sehr kurzer Frist als Vorbild vorgehalten werden. Es kann daher keinesfalls schaden, wenn wir uns schon vorher einigermaßen damit bekannt machen, was die zweiundzwanzig Kantone der Eidgenossenschaft für Sitten und für Leute in ih rer Föderativrepublik erzeugt haben.« Die Auswanderungspolitik des sächsischen Staates Grundsätzlich war die Auswanderung im Mandat vom 6. Februar 1830 geregelt. Der nach der Einführung der Verfassung vom 4. September 1831 erstmals gewählte Landtag beschäftigte sich bereits 1833 mit der Frage der Auswanderung, ohne Änderungen in den Auswanderungsbestim mungen zu erwirken. Die Verhandlungen im außerordentlichen Landtag nach dem Märzum schwung 1848 führten zu positiveren Entscheidungen über das Auswanderungswesen, die schließ lich im Frühjahr 1849 nach der Annahme der Grundrechte des deutschen Volkes zu der Verordnung vom 20. April 1849 führten. Sie hatten die völlige Auswanderungsfreiheit aus Sach sen zur Folge. Eine Mithilfe oder aktive Mitwirkung des Staates zur Förderung der Auswande rung trat aber nicht ein. Vor allem wurde darauf gesehen, die Militärdienstpflichtigen nicht vor Ableistung ihrer Dienstzeit aus der sächsischen Staatsangehörigkeit zu entlassen. Nach der militärischen Niederschlagung des Maiaufstandes begann in Sachsen eine Zeit der Reaktion, die als Ära Beust in die sächsische Geschichte eingegangen ist. Reichlich drei Wochen dauerten die Verhaftungen, Vernehmungen und gerichtlichen Unter suchungen gegen etwa 6200 Personen. Todes-, Zuchthaus- und Gefängnisstrafen trafen die im Lande gebliebenen und verhafteten Demokraten. Die emigrierten Teilnehmer am Maiaufstand unterlagen ab Sommer 1849 einer Verfolgungs- und Überwachungskampagne in nahezu allen