3 2 Katja Fleischer Richard Wagner als Emigrant in Zürich und Luzern Flucht in die Schweiz Ein ewig Flüchtender - meist vor seinen Gläubigern, und seit den Dresdner Unruhen als steck brieflich gesuchter Aufständischer — so könnte man das Schicksal Richard Wagners beschreiben, von dessen Fesseln er sich erst seit der Luzerner Zeit im letzten Drittel seines Lebens befreien konnte. Bis dahin war der Weg beschwerlich, wechselhaft und oft genug auch inkonsequent im Hinblick auf seine Ideale. Doch sein Blick war auf das Entstehen einer neuen Kunst gerichtet, und davon sollte ihn nichts abbringen. Erst während der Luzerner Zeit hat sich Wagner als Re volutionär der Musiksprache des 19. Jahrhunderts durchsetzen können. Seine Reformbestrebun gen hingegen sind viel früher schon zum Ausdruck gekommen. Bis zur Dresdner Zeit können diese zurückverfolgt werden, danach — im Züricher Exil — sind sie theoretisch faßbar. Ein Abriß der Geschehnisse soll dies verdeutlichen. Der königlich-sächsische Hofkapellmeister war aktiv beteiligt an den bürgerlich-revolutionä ren Bewegungen von 1848/49 in Dresden. Seine Versuche, die Theaterwelt im Königreich Sach sen neu zu organisieren, schlugen fehl. So kam er nicht umhin, auch öffentlich Kritik an den po litischen Verhältnissen zu üben. Im Vaterlandsverein wurde die Frage »Monarchie oder Republik« immer wieder diskutiert. Als Mitglied des Vereins versuchte Richard Wagner, eine Kompromiß lösung vorzuschlagen. In einer öffentlichen Ansprache las er aus seiner Schrift» Wie verhalten sich republikanische Bestrebungen dem Königtum gegenüber?« und setzte sich für eine konstitutionelle Monarchie ein. 1 In seinem Dresdner Umfeld agierten viele revolutionär gesinnte Personen, unter anderem der Musikdirektor des Dresdner Hoftheaters August Röckel, der ihn mit dem Anarchisten Michail Alexandrowitsch Bakunin bekannt machte. Wagner war fasziniert von Bakunins Erscheinung, und doch schreckte er vor dessen Zerstörungstheorien zurück. 2 Nachdem Friedrich August II. die Annahme der Paulskirchen-Verfassung für das Königreich Sachsen ablehnte und das Parlament auflöste, kam es am 30. April 1849 zum bewaffneten Auf stand. Die königliche Regierung floh auf die Festung Königstein. Preußische Truppen besetzten auf Ersuchen des sächsischen Königs Dresden. Am 9. Mai wurden die Barrikadenkämpfe in Dresden zu Gunsten der preußisch-sächsischen Militärmacht entschieden. Es kam zu sofortigen Festnahmen, u. a. von Röckel. Der Versuch, sich in Chemnitz neu zu organisieren, scheiterte. Richard Wagner entkam nur zufällig seiner Inhaftierung, während Bakunin und Heubner in