Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.07.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960702012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896070201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896070201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-07
- Tag1896-07-02
- Monat1896-07
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Die Morgen-Au-gabe erscheint um '/,7 Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentag- um b Uhr. Redaktion und Expedition: Aotzanne-gaffe 8. Bi» Expedition ist Wochentag- ununterbrochen -r-isuet von früh 8 bi- Abends 7 Uhr. Filialen: Dtt» Klemm's Sortim. (Alfred Hahn). Universitätsstraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche. Kathartnenstr. 14. Part, und Königsvlatz^7. BezrrgS-PreiS hl d« Hauptexpedition oder den im Stadt- tenirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich ^l4L0, bei zweimaliger tägliche, Zustellung in» Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich S.—. Direkte tägliche Kreuzbandseuduug ipS Ausland: monatlich 7.öO. Morgen - Ausgabe. MpMcr TlMblalt Anzeiger. Ämtsbkatl des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Notizei-Amtes der Stadt Leipzig. Anzeigen.Prei- die 6 gespaltene Petitzeile >0 Pfg. Reclamr» unter dem RedactionSstrich (-ge spalten) 50-H, vor den Fainiliennachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Donnerstag den 2. Juli 1896. Sv. Jahrgang. Eine letzte Krastanstrengung. Bor Kurzem wurde bekannt, daß diespanische Regierung einen neuen, großangelegten Versuch unternehmen wolle, den Aufstand auf Cuba niederzuwerfen; 100 000 Mann sollten zu verschiedenen Fristen, sämmtlich jedoch noch in diesem Jahre, nach Cuba gebracht werden. Nach den neuesten Meldungen scheint jedoch schon jetzt festzusteben, daß Spanien eine solche Militairmacht nicht mehr entbehren kann, denn es sollen im August nur etwa 40 000 Mann Linientruppen, im December 20 000 Linientruppen nach Cuba abgehen; außer dem sollen im August 20 000 Freiwillige den regulären Truppen beigegeben werden. Die Verwendung einer verhältnißmäßig großen Zahl von „Freiwilligen" beweist, daß Spanien völlig am Ende seiner Kräfte angekommen ist, denn nach den Erfahrungen, die Spanien während der großen kubanischen Revolution von 1868—1878 mit den Voluntarios gemacht hat, dürften der Regierung den Entschluß, es nun wieder mit großen Massen dieser kaum den Namen Soldaten verdienenden Truppen zu versuchen, nicht leicht gemacht haben. Vollständige Zügel losigkeit, Mangel an Disciplin, Freude am Sengen und Brennen zeichneten damals die Voluntarios aus, uud daß der moralische Halt der Elemente, aus denen sich diese Truppen recrutiren, in den letzten 20 Jahren ein besserer geworden sei, wird kaum angenommen werden dürfen. WaS soll nun mit diesem letzten Aufgebote an Kräften erreicht werden! Man nimmt an, daß die spanische Re gierung entgegen früheren Dispositionen beabsichtigt, den Aufstand mit den aufgebotenen ungewöhnlich großen Militair- massen niederzuschlagen, ehe im nächsten Frühjahre M c. Kinley zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wird. Denn daß Mc. Kinley und die mit ihm ans Ruder gelangende republikanische Partei die kubanische Frage viel schärfer anfassen werden, als Cleveland, daran haben sie keinen Zweifel gelassen. Daß aber ein ernstliches Eingreifen der amerikanischen Union in die kubanische Frage das Ende der spanischen Herrschaft auf Cuba bedeutet, ist der spanischen Negierung selbst Wohl klar geworben, weshalb sie denn auch bemüht ist, einen ernstlichen Conflict mit den Vereinigten Staaten zu vermeiden. Man muß es allerdings als höchst unsicher bezeichnen, ob die Absicht, den Aufstand binnen wenigen Monaten zu Boden zu Wersen, sich wird durchführen lassen. General Weyler, der durchaus kein Pessimist ist, hat selbst für die Niederwerfung des Aufstandes zuerst einen Zeitraum von l'/s Jahren, dann sogar die Zeit von 2 Jahren für noth- wendig erklärt. Inzwischen sind wieder Monate vergangen, ohne daß die Spanier den geringsten Vortheil errungen haben. Inwiefern aber überhaupt durch eine Vermehrung der Truppen die Niederwerfung des Aufstandes beschleunigt wird, ist bei dem Charakter des Krieges auf Cuba noch eine Frage. Im Jahre 1869 standen den 25 000 Aufständischen mehr als viermal soviel Spanier gegenüber und trotzdem wurde der Aufstand erst nach zehn)ährigem Ringen unter drückt. Dazu kommt, daß die Insurgenten sehr Wohl wissen, warum die spanische Regierung den Kampf energischer aus- nebnien will, und derselbe Grund, der die spanische Regierung zu einer Beschleunigung veranlaßt, wird sie dazu bringen, den Kampf möglichst hinzuzieben, bis die amerikanischen Republi kaner in der Lage sind, in den Gang der Ereignisse einzu greifen. Vielleicht, ja sogar wahrscheinlich, verhehlen sich die leitenden Männer in Spanien nicht, daß ihr Versuch ein fast aussichtsloser ist. Sie müssen aber alles auf eine Karte setzen, weil das Spiel für die spanische Monarchie sonst auf jeden Fall ein verlorenes ist. So wie für Frankreich das Ende des „Krieges bi- aufs Messer" den Beginn eines blutigen Ausstandes bedeutete, so müßte auch für die spanische Monarchie ein unglücklicher Ausgang des Krieges auf Cuba den Beginn gefährlicher Unruhen im Lande bedeuten. In Frankreich konnte wenigstens das Heer zur Niederwerfung der Anarchie benutzt werden; wie wenig Verlaß aber auf die spanische Armee ist, das haben die zahllosen Militairrevolutionen dieses Jahrhunderts bewiesen. Ganz besonders aber würde für die revolutionairen Agitatoren der Boden in einem durch Niederlagen demoralisirten Heere vorbereitet sein, und des halb lassen die politischen Machthaber lieber die Truppen nach Cuba abgehen, als daß sie sie von dort zurückkehren lassen. So kann man den Kampf Spaniens um Cuba vielleicht, um ein berühmtes historisches Wort zu brauchen, eine „heroische Dummheit" nennen; aber man wird es begreifen, daß cS die spanische Regierung auf diese Dummheit ankommen läßt. Schade daß die grausame Logik der Weltgeschichte wenig Sinn für nutzlos verwendeten Heroismus hat, sondern daß sie für jahrhundertelange Mißwirtschaft, politischen Hader, Corruption und Verrottung aller Zustände eine strenge Sühne fordert. Deutsche- Reich. k Berlin, 1. Juli. Der „Vorwärts" glaubt die Statistik Uber die preußischen Zuchthäuser für das Jahr 1895 im Interesse der „Massen" zum Ausgangspunkt einer Polemik gegen die Klagen über die zunehmende Ver rohung des Volkes und — eines VerdictS über Die, welche nach ihm den Krieg zwischen Deutschland und Frankreich „gemacht haben", nehmen zu müssen. AuS dem Umstande, daß die Zahl der preußischen Zuchthausgefangenen im Jahre 1869 28 577 betrug, daß sie im Jahre 1881/82 auf 30 531 stieg und im Jahre 1894/95 auf 25 232 gesunken ist, schöpft das socialdemokratische Blatt völlig kritiklos folgendes Urtheil: „1871 singen die Wirkungen des Krieges an sich geltend zu machen — und die Zuchthäuser füllten sich. Und es wurde schlimmer und schlimmer zehn Jahre lang, bis es 1881/82 dem gesunden BolkSgeist ge lang, das Gift des „heiligen Kriege-" zu überwinden." Wir sind die Letzten, welche die historische Tbatsache leugnen möchten, daß große Kriege eine mehr oder minder demoralisirende Wirkung auf die brtheiligtrn Völker auszuüben pflegen. Aber spricht eS denn nicht für den gesunden sittlichen Kern des deutschen Volkes, daß das Jahrzehnt nach dem Kriege von 1870/71, soweit die mit Zuchthausstrafe belegten Delikte in Preußen in Betracht kommen, nur eine Zunahme der schweren Criminalität um etwa 7 Proc. aufweist'? Zickt man in Betracht, daß die im Jahre 1879 eingefübrte einheitliche deutsche Gcricktsorgani- sation durch die Vermehrung der Gerichte und der in der Untersuchung und Aburtbeilung strafbarer Handlungen be schäftigten Personen gerade in den nächstfolgenden Jahren nicht ohne Einwirkung auf die Criminalstatistik geblieben ist und daß das Gleiche für die in jener Zeit durchweg neu geordneten Polizei- und Verwaltungseinrichtungen gilt, so läßt die geringe Zunahme der schweren Criminalität im Allgemeinen bis zum Jahre 1882 die „giftigen" Wirkungen des Krieges gegen Frankreich erst recht gering erscheinen. Für die Frage, ob die „Verrohung" des Volkes im Zu nehmen begriffen sei, ist das aber von geringem Belang, und der „Vorwärts" würde, um diese Zunahme zu bestreiten, schon zu anderen Mitteln als einer ganz allgemeinen Ver gleichung der Zahlen betreffs der preußischen Zuchthaus gefangenen greisen müssen. Sehr lebrreich würde für ihn vielleicht das Studium der vom Statistischen Amt im vorigen Jahre veröffentlichten Bearbeitung der Criminalstatistik für das ganze Reich für den Zeitraum von 1882 bis 1892 sein. Sie lehrt, daß die Verbrechenöhäufigkeit in diesen elf Jahren im Verhältniß zur Volkszahl um nicht weniger als 15 Proc. gestiegen ist und daß die Sittlichkeitsdelicte und die Körperverletzungen dabei die Hauptrolle spielen. Die Körperverletzungen stiegen um nicht weniger als 62 Procent. Besonders bedenklich ist dabei die Zunahme der Zahl der jugend lichen Verurtheilten (im Alter von 12 bis 18 Jahren), von 9,3 Proc. der Gesammtzahl im Jahre 1882 auf 11 Proc. im Jahre 1892, und derjenigen der Verurtheilten im Alter von 18 bis 21 Jahren von 14,7 auf 16,1 Proc. Jener Bericht des Statistischen Amts enthält auf Grund dieser Be obachtung eben so kräftige wie treffende Bemerkungen über die „zunehmende Verrohung" des deutschen Volkes im All gemeinen und der deutschen Jugend im Besonderen. Mit dem vom „Vorwärts" den „moralisch und intellektuell ge hobenen Massen" geflochtenen Heiligenschein ist es darnach schlecht bestellt. r-2 Berlin, 1. Juli. Mit großem Interesse wird man auch in weiteren Kreisen die Bemühungen verfolgen, welche nunmehr von privater Seite zur Erschließung des Hinterlandes von Kamerun gemacht werden. Die bisherigen Expeditionen in dieser Richtung hatten fast aus schließlich einen politischen Charakter und galten der Siche rung eines möglichst weit reichenden Gebietes im Osten der Colonie vor den französischen Ansprüchen. Daß schon jetzt, nachdem die politische Frage durch den deutsch französischen Vertrag vom 15. März 1894 entschieden ist, die private Unternehmungslust an größere Aufgaben in Kamerun sich heranwagt, darf als ein Zeichen dafür angesehen werden, daß die Zuversicht auf die Zukunft dieser Colonie im Wachsen begriffen ist. Die „Kamerun-Hinterland-Gesellschaft", die sich die Erschließung des südlichen Hinterlandes der Colonie zum Ziele gesetzt hat, wird freilich von Anfang an damit zu rechnen haben, daß ihrem Unternehmen bedeutende Schwie rigkeiten sich entgegenstellen, die rum Theil aus der Be schaffenheit der Wasserstraße des Sanaga, zum Theil aus den am mittelbaren Laufe dieses Flusses und südlich davon seit Jahren im Gange befindlichen Bewegung der dortigen Volksstämme resultiren. Erst wenn es gelungen ist, die durch das Vordrängen der mohamedanischen Fulbe aus Tibati und Tikar gegen die Wüte und Bakoko entstandene Bewegung unter den Jaunde und den benachbarten Stämmen einzu dämmen, wird man an eine rechte Ausnutzung der wichtigen Sanaga-Straße denken können. lieber die Aussichten eines solchen Unternehmens hat sich der mit den dortigen Verhält nissen ausS Beste vertraute Forscher vr. Wohltmann sehr günstig ausgesprochen. V. Berlin, 1. Juli. (Telegramm.) Die Kaiserin trifft heute Abend um 11 Uhr 23 Min. aus Wilhelmshaven auf der Wildparkstation wieder ein und wird bis auf Weiteres im Neuen Palais residiren. — Die beiden ältesten Prinzen verlassen morgen Ploen auf längere Zeit, treffen in Berlin Nachmittags ein und reisen sofort weiter nach dem Neuen Palais. L. Berlin, 1. Juli. (Privattelegramm.) Die be kannte Londoner Zeitung „Truth" (Wahrheit) schreibt: „Der deutsche Kaiser wird doch schließlich zur Regatta-Woche am 1. August in CoweS eintreffen. Der Kaiser wird au Bord der „Hohenzollern" bleiben und es werden keinerlei Hosfest- lichkeiten während des Besuches in Osborne gegeben werden, da die Königin sich in Trauer befindet. Höchstens wird ein „Familiendiner" gegeben. Dazu bemerkt die „Berl. Börsen- Ztg": „Nach dem sophistischen Wort „die Wahrheit lügt" hat „Truth" ost gehandelt. Wir glauben, daß es auck dies mal zutreffen wird, denn nach allen bekannt gewordenen Reisedispositionen des Kaisers ist ein Aufenthalt in Cowes nicht vorgesehen. — Berlin, 1. Juli. (Telegramm.) Der Gouverneur von Ostafrika, Major von Wifsmann, begiebt sich heute Mittag mit Gemahlin zu längerem Aufenthalte nach Lauter berg am Harz und wird von dort nach Beendigung seines Urlaubes nach Ostafrika zurückkehren. — Der Münchener „Allgem. Zeitung" wird von hier telegraphisch gemeldet: „Die Berlepsch-KrisiS bestand seit sechs Wochen. Da dem Kaiser die Unterstützung der Socialpolitik LeS HandelöministerS durch daS Eentrum und die Socialdemokraten allein ohne Conservative und National liberale widerstrebte, fügte sich Frhr. v. Berlepsch ins Un vermeidliche, so schwer cs ihm auch nach seiner heutigen AbschiedSrede an die Beamten seines Ressorts wurde. Seme letzte Amtshandlung war ein Vortrag über die Handwerks organisation. Seine Ermächtigung zur Einbringung der Vorlage im Bundcsrath hat der Kaiser inzwischen ertheilt." — Es ist schon erwähnt worden, daß der neue Handels minister Brefelv seit 1895 StaatSsecretair de» StaatSratbe« gewesen ist und al- solcher an den Berathungen dieser Körper schaft über die landwirthschastliche Nothlage und die „großen Mittel", derselben zu steuern (Beseitigung der Goldwäkrung und Antrag Kanitz), theilgenommen hat. Ein Correspondent der „Wes.-Ztg." will kierüber Folgendes mittbeilen können: „Seine Stellung als Staatssecreiair des Staatsratbs brachte es mit sich, daß er diesen großen Fragen näber treten und auch Stellung zn ihnen nckmen mußte. Unsere Informationen, die aus bester Quelle kommen, besagen, daß diese Stellung nahme in durchaus liberalem oder antiagrarischem Sinne ausgefallen ist. Die Vorbereitung der Gegenstände, die in dieser Hinsicht den Beratbungen des Staatsraths zu Grunde lagen, war namentlich seine Sacke, und da diese Arbeit stets von seinen gediegenen Kenntnissen Zeugniß ablegte, wurde der Kaiser schon damals auf ihn aufmerksam. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, daß der Kaiser Lurch Breseld's Ernennung zum Handelsminister die Arbeiten und zugleich die Anschauungen des ehemaligen Staatssecretairs des Staatsratbs zu würdigen Willens gewesen ist." * Prcust.-Stargard, 30. Juni. Das eine der beiden Abgeordneten Mandate im Landtagswahlkreise Berent- Pr.-Stargard-Dirschau ist, wie schon telegraphisch gemeldet worden, an die Polen verloren gegangen. Bei den Hauptwahlen im Jahre 1893 wurden insgesammt 477 Wabl- mänuer gewählt; die Wahl von 46l Wahlmännern wurde sür giltig erklärt. Von diesen betheiligten sich 459 an der Wahl; 230 stimmten dabei für den nationallcberalen Abg. Hob recht und für den freiconservativen Geheimratb Engler-Berent. Auf die beiden polnischen Gegenkandidaten entfielen 226 Stimmen. Durch den Tod des Geheim raths Engler, welcher als Landratb des Kreises Berent im Wahlkreis viele Sympathien besaß, wurde die Ersatz wahl nöthig, für welche der freiconservative Guts besitzer Arndt in Gardschin ausgestellt wurde. Tie Polen stellten den Propst WolSzlegier (Mollschläger) auf. An der Wahl betheiligten sich diesmal 468 Wahlmänner, also neun mehr als im Jahre 1893. Da davon nur zwei dem deutschen Candidaten zu Gute kamen, blieb diesmal der Pole mit vier Stimmen in der Mehrheit. So wirb Lieser Wahl kreis bis 1898 von einem Deutschen und einem Polen ver treten sein. Der Ausgang ist eine deutliche Mahnung für die Deutschen in Schwetz, für ihre Stichwahl auf dem Posten zu sein. Zu einer Zeit, wo das Polenthum sich be sonders Herausfordernd geberdet, ist es besonders übel an gebracht, ihm durck Lässigkeit bei den Wahlen noch Unter stützung zu bringen. * Wilhelmshaven, 1.Juli. (Telegramm.) DerStapel- lauf des Panzers „Ersatz Preußen" hat heute Mittag in Gegenwart desKaisers und derKaiserin slaltgefunden und ist durchaus glücklich verlausen. Ter Kaijer taufte daS Schiff „Kaiser Friedrich III." Mittags fand im Marinecasino Frübstückstafel zu 100 Gedecken statt, an der der Kaiser und die Kaiserin, sowie die hier anwesenden Fürst lichkeiten tbeilnahmen. Sämmtliche Admirale und höheren Officiere, sowie die bauleitenden Beamten waren zu der Tafel geladen. * Breme», 1. Juli. (Telegramm.) Dem „Nord deutschen Lloyd" ging beute vom Kaiser aus Wilhelms haven folgendes Telegramm zu: „Als Zeichen meines besonderlichen kaiserlichen Wohlwollens habe ich den Führern deutscher Seehandels swisse, so lange sie Officiere des Beurlaubtenstandes sind, die Berechtigung verliehen, das Eiserne Kreuz auf der Deutschen Handelsflagge zu führen. Durch diese Auszeichnung möchte ich das Band fester knüpfen, welches meine Marine mit der Handelsschifffahrt verbindet, auf deren Unterstützung zu rechnen sie im Kriege angewiesen ist. Gleichzeitig sollen die Officiere des Beurlaubtenstandes darin meine Anerkennung und einen Ansporn erblicken, sich auch fernerhin durch Gewissenhaftigkeit in der Führung der ihnen anvertrauten Schiffe auszuzeichnen. Wilhelm I. R." Der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt- Aktiengesellschaft ist ein gleichlautendes Telegramm zu gegangen. * Gncscn, 30. Juni. Den „Berl. N. N." wird von hier geschrieben: „Der seiner polnischen Gesinnungen wegen be kannte Verein „Sokol" (Turnverein) feierte am Sonntag im benachbarten Waldkruge ein Fest, natürlich in National- costümen, um der ganzen Sache einen möglichst polnischen Anstrich zu geben. Wenn schon jeder gute Deutsche sich darüber ärgern muß, daß eS überhaupt gestattet wird, Laß Polen so demonstrativ in ihren Natianalcostümen den Staat durchziehen, sollte man es doch kaum für möglich halten, wenn man sieht, daß eine Capelle eines hiesigen Cavallerie-Regiments den Zug anführte. Den Truppen der Garnison wird durch Garnison befehl das Betreten des WaldkrugeS verboten, daS hinderte jedoch das hiesige Dragoner - Regiment nicht, zu gestatten, daß die Capelle durch die Stadt an der Spitze der Polen marschirt und das ganze Fest derselben verschönern hilft. Allerdings ist ja die Capelle des Dragoner-Regiments über haupt als sehr pvlenfreundlich bekannt, aber sollte höheren Orts nicht eine derartige Handhabung wenigstens eingeschränkt werden können?" — Wenn, so bemerkt hierzu LaS genannte Blatt, preußisches Militair sich dazu hergiebt, den Polen zur Erhöhung ihrer Festfreude beizutragen, so fördert es die mit diesen Veranstaltungen verbundenen politischen Zwecke und handelt damit dem Staatsinteresse direkt entgegen. * Halle a. 2 , 1. Juli. Nach amtlicher Feststellung er hielten bei der gestrigen ReichStagsersatzwahl im Wahlkreise Halle a. S.: Fritz Knnert in Schönberg bei Berlin (Social demokrat) 15 688, Werkzeughändler Kuehme in Halle (con- servativ) 4366, Geb. Bergrath vr. zur. Arndt in Halle (Ortnungspartei) 3725 und Schriftsteller Dr. Meyer cireie Vereinigung) 7187 Stimmen. Ku ner t ist somit gewählt. Nach dieser Feststellung haben sich inSgrsammt 30 966 Wähler an der Wahl betheiligt, fast 1500 weniger als bei der Haupt wahl im Jahre 1893, wo I)r. Meyer in der Stichwahl das Mandat hehauptete. Damals wurden für Socialdemokraten im ersten Wahlgang 12 991 Stimmen abgegeben; sie haben also in diesen drei Jahren einen Zuwachs von rund 2500 Stimmen zu verzeichnen. Die freisinnige Vereinigung erhielt damal» im ersten Wahlgang 10 222 Stimmen: sie hat rund 3100 davon verloren. Die Reichspartei batte 8735 Stimmen; ihr Verlust beläuft sich auf 5100 Stimmen. Ter Agrar Antisemitismus, der neu in die Wahlbewegung eintrat, hat diesen Parteien 4354 Anhänger abtrünnig gemackl, andere durch ibn verhetzte Wähler haben es offenbar vor gezogen, sofort für den Socialdemokraten zu stimmen, als eist in der Stichwahl die Consequenzen der hinter dem Namen „Mittelstand" fick verschanzenden und der Socialdemokratie vorarbeitenden Wühlarbeit zu ziehen. So stand der Ge schlossenheit der Sociakdemokratic eine beispiellose Zerfahren heit cm bürgerlichen Lager gegenüber; dies macht deu Aus gang der Wahl um so bedauerlicher und erklärt ihn. * Aus Württemberg, 30. Juni. Bei den Wahlen für die in Halle stattfindcnde Generalversammlung des Buchdruckerverbands sind die Freunde der neuen Tarif organisation in Württemberg siegreich geblieben. Die social demokratische „Schw. Tagw." begleitet dieses Resultat mit einigen sehr mißvergnügten Bemerkungen. Das ist begreiflich, denn der Ausfall der Walch bedeutet für die socialdemo- tratische Richtung ein starkes Fiasko. Es stimmt das Er- gebniß auch gar nickt mit dem immer wieder vorgetragcncn Dogma zusammen, daß gerade die gebildetsten und intelli gentesten Arbeiter unter allen Umständen auch Socialdemo kraten sein müssen. * München, 30. Juni. Die „M. N. N." berichten: „Nack zuverlässigster Meldung bat Graf Konrad Pre Hsing Len Prinzen Ludwig in Sarvar besucht und ihn auf seiner Reise nach Kiel bis Hamburg begleitet." Hiernach hat der Herr Graf reiche Gelegenheit gehabt, den „Dank" des Prinzen für die compromittirenden Demonstrationen der gräflichen Gesinnungsgenossen einznheimsen. Oesterreich.Ungarn. * Wien, 1. Juli. (Telegramm.) Kaiser Franz Josef hat sich heute zu mehrwöchigen! Aufenthalt nach Ischl begeben. — Der niederösterreichischc Landtag, welcher bekuss Abänderung der Landtagswahlordnung zu einer außerordentlichen Session einberufen ist, ist heule eröffnet worden. * Wie», 1. Juli. (Telegramm.) Der Fürst von Montenegro traf, auö Belgrad kommend, hier ein. * Wien, 1. Juli. (.Telegramm.) Ter Kaiser hat den Erzherzog Franz Ferdinand zum Protektor der böhmischen Kaiier-Franz-Josef-Akademie der Wissenschaften in Prag und zum Protectvr der Akademie der Wissenschaften in Krakau ernannt. — Nach Meldungen der Blätter bat der Kaiser den ersten Stell vertreter des Obersthofmeisters Prinzen Liechtenstein unter Belassung in seinen Functionen als Obersrstallmeister zum ersten Obersrhofmeister ernannt. — Dem Mitglied de» Herrenhauses Nicolaus Du mba ist die Würde eines Geheimen Rothes ver liehen worden. Frankreich. Frankreich und Spanien. * Paris, 1. Juli. (Telegramm.) Der „Jntrausigeanl" bespricht heute die spanischen Kundgebungen der Franzose nbegcisterung, die fast an Kronstadt erinnere, und warnt die Franzosen vor einer Ueberlistung; Spanien wolle zweifellos in Frankreich eine große Anleihe machen und die plötzliche Liebe habe nur den Zweck, die französischen Geldbeutel zu öffnen. Die Steuerreform. * Paris, 1. Juli. (Telegramm.) Die socialistische Gruppe beschloß, in zweiter Lesung die Steuerreform der Regierung zu verwerfen, um deren Sturz herbeizuführen; man glaubt, das Ministerium Meline werde in Folge der Rentensteuer stürzen. (Magdeb. Ztg.) Italien. Sermoneta » Politik. * Rom, 30. Juni. Deputirtenkammer. (Ausführlichere Meldung.) Bei der fortgesetzten Berathung des Budgets des Ministeriums des Aeußeren bekämpte Damiani die Politik des Cabinets; Dinicolü sprach zn Gunsten derselben; Barzilai wandte sich gegen den Dreibund. Hierauf ergriff der Minister des Aeußeren Herzog von Sermoneta das Wort zu der nachdrücklichen Erklärung, daß sich in der Richtung der Politik Italiens absolut nichts geändert habe. DaS Verharren beim Dreibünde sei erst jüngst vom Ministerpräsidenten bestätigt worden. Der Dreibund sei zur Bertheidigung des Friedens ge schlossen worden, aus welchen die Weisheit der Regierenden und der Wille der Völker unwandelbar gerichtet seien. An dieser Absicht könne Niemand zweifeln. Das Festhalten am Dreibund sei ein Act gegenseitiger Treue, welcher nicht ausschließe, ja sogar dazu verpflichte, daß jeder der Verbündeten gute und herzliche Beziehungen zu jeder anderen Macht unterhalte. Tie freundschaftlichen Beziehungen Italiens mit Rußland und daS Bestreben, gute Beziehungen mit Frankreich zu erhalten auf Grund der gegenseitigen Sympathien, welche der Raffenverwandt schaft und der Erinnerung an unvergeßliche Ereignisse entsprechen, könne keineswegs die Intimität und daS unbegrenzte Ver trauen der beiden Verbündeten, Oesterreich - Ungarn- und Deutschlands, verringern. Mit Bezug aus England habe die italienische Politik gleichfalls keine Aenderung erfahren. Die freundschaftlichen Beziehungen mit England feien die natürliche Ergänzung de» Dreibünde» und entsprechen den gemeinsamen Interessen und den gegenseitigen tradi tionelle Empfindungen. Die Veröffentlichung de» Grünbuche- habe diese Beziehungen nicht gestört, dieselben seien im Gegentheil intimer und herzlicher geworden durch die militairische Action, welche beide Mächte, obschon ohne gegenseitige Verpflichtung, gegen den gleichen Feind entfalteten. Die über die Stellung de- italienischen Bot schafter- in London geäußerten Zweifel feien au» unrichtiger Deutung der von einem englischen Minister gesprochenen Worte hervorgegangen, während di« richtige, vom „Foreign Office" der italienischen', Regierung mitgrthrilt» Interpretation dir Grnaui^
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite