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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960629010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896062901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896062901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-29
- Monat1896-06
- Jahr1896
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DK Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. dk Abend-Ausgabe Wochentag» um 5 Uhr. Ne-artion «nd Expedition: JohanneSgaffe 8. DieExpeoition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: Dtt« Nlemm'S Tortim. (Alfred Huhn). UoiversitätSstraße 3 (Paulinum), Lo»iS Lösche. Kathartnenstr. 14, Part, und Königsvlatz 7. Bezugs-Preis t» der Hauptexpedition oder den im Stadt- h«irk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich<.50, kei zweimaliger täglicher Zustellung in- HauS 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljäbrlich >li 6.—. Directe tägliche Kreuzbandsendung in» Ausland: monatlich 7.50. M orgen-Ausgabe. K'ciDMr TaMalt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Natljes und Nokizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reclamen unter dem RedactionSstrich s4 ge spalten) 50^, vor den Familirnnachrichten (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- Vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz uach höherem Tarif. Extra »veilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70 — Ännahmelchluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Pol, in Leipzig 325. Montag den 29. Juni 1896. Sv. Jahrgang. Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das III. Vierteljahr 1896 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen 5 50 ^s, durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 6 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sä mmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johmmesgaffe 8, die Filialen: Katharine,istratze 14, Königsplatz 7 und Univerfitätsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr L. 0. Litte!, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr ^Iieod. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Lonn. Zle88ke, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr Otto Irmix, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Liluru'd Hetzer, Colonialwaarenhandlung, Marschnerstraste O Herr LinL 8ebreiber, Drogengeschäft, Nürnberger Straste 45 Herr U. L. Albreellt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert Oreluer, Zweinaundorfer Straße 18, - Connewitz Frau Liseüer, Hermaunstraße 23, I. - Cutritzfch Herr Lodert Altner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert Altuer, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Llnüuer L (Rei8t, Wettiner Straße 51, Ecke Waldstraße, Buchbinderei, - Neustadt 8elieit'8 Annoneeu-Lxpedilion, Eisenbabustraße 1, Peterskirchhof 5 Herr iLrix Xlertli, Buchbinderei, Ranftfche Gaffe'O Herr Lrleür. Llseder, Colonialwaarenhandlung, Ranftädter Steinweg 1 Herr 0. LuAelmunn, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraste 5 Herr «lul. 8el»üin1edeu, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr L. Llttriod, Cigarrenhandlung, Porkstraste 32 (Ecke Berliner Straße) Herr 0. I)odu8, Colonialwaarenhandlung, Meitzer Straste 35 Herr V. Lüfter, Cigarrenhandluug, in Plagwitz Herr Al. tri üt/inann, Zschochersche Straße 7 a, - Reudnitz Herr Lu^iurluu, Marschallstraße 1, - - Herr üerud. Weder, Mützengeschäst, Leipziger Straße 6, - Thonberg Herr L. Lünl8ed, Reitzenhainer Straße 58, - Volkmarsdorf Herr 0. 4. Baumann, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Amtlicher Theil. Bckanntmachiliig. Wir beabsichtigen die im Kaufhause — Neubau aus dem Areale des alten Gewandhauses — befindlichen Localitäten, bestehend in einem Conversationsraum mit Buffet und darunter befindlicher Küche mit Vorrathsräumen auf 5 Jahre von und mit der Herbst- messe dieses Jahres ab zu verpachten. Der Betrieb in denselben ist beschränkt aus die Zeiten von je 8 Tagen vor und während der Ostervor- und Herbstmessen; außer dem würde dem Pächter auch die Haltung eines Buffets zu den in dem Concertsaale des Kaufhauses stattsindenden musikalischen Auf führungen und eventuell auch die Bewirthung bei etwaigen in diesem Saale stattfindenden Festessen gewährt werden können. Weitere Auskunft wird auf dem Rathhaus, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, ertheilt. Angebote sind ebendaselbst alsbald ver schlossen einzureichen. Leipzig, den 24. Juni 1896. Ter Rath der Stadt Leipzig. Nr. Georgi. Krumbiegel. Kommt zum Turnen! (Nachdruck erbeten.) Das Jahrhundert des Dampfes und der Elektricität neigt seinem Ende zu. Eine Unsumme von Geist und Gaben wirft es dem kommenden in den Schoß. Als der ge waltige Bezwinger ewig waltender Naturkräfte stellt es die letzte Staffel der neuzcitigcn Cultnr dar. Staat und Kirche, Wissenschaft und Kunst haben neue Entwickelungsbahnen beschritten und mehr denn je beherrscht die Gottheit im Menschen, der Geist — denselben. Unter dem Zeichen des Verkehrs ist der Erdball zu einem Handelsmarkt geworden, und unter dem Zeichen des Schwertes sichert sich die moderne Cultnr den Frieden. Ein unstätes, ruheloses Ringen vom Alten znm Neuen ist das Wesen unseres Zeitgeistes, und der Mensch, die Krone der Schöpfung, das Naturkind vom Garten Eden, läuft Gefahr, bei allem geistigen Fort schritt, leiblich zu verfallen. Das robe Naturkind ist viel fach ein verfeinertes Kind der Cultnr geworden. Wo die Ahnen einst bei Jagd und Fischfang das Dasein fristeten und den Urwald schrittweise erobern mußten, ergeht sich das heutige Geschleckt, zu riesigem Gemeinwesen vereint, in einem nervenzerrllttenden Lebenskampf. Wo viel Licht, da ist auch viel Schatten. Mögen wir uns heute noch so sehr des Erreichten rühmen, es ist doch vielfach nur blendender Schein! Dem Naturkinde auf dürrer Haide ist durchweg von Herzen Wohler als dem stolzen Stadtkinde mit all seinem Wissen und Können. Das Wesen der Natur ist an ewige Gesetze gebunden, auch der Menschennatur sind ewige Gefetze geschrieben zur Strafe und Sühne, wenn sie übertreten, zu Genuß und Freude, wenn sie innegebalten werden. Leib und Seele sind die Lebenselemente des Menschen. Die Gesundheit des einen bedingt die Gesundheit des andern und umgekehrt. Der hagere Bücherwurm, der ohne frische Luft und Licht zu genießen, seinen Kops voll Weisheit pfropft, kann nie jenes Wohlbehagen empfinden, welches nach körper licher Arbeit uns die erquickende Ruhe bringt. Es besteht eine schöne Harmonie zwischen Leib und Seele, zwischen Körper und Geist. Diese Harmonie erfordert das Eben maß beider Theile zu einander, daß der eine nicht vom Andern erdrückt werde. ,Men8 »uns in corporo sano" (in einem gesunden Körper kann nur ein gesunder Geist wohnen) lautet das Wort des Lateiners. Wir können nicht sagen, daß diese grundlegende Harmonie zwischen Körper und Geist sich in diesem Jahrhundert verbessert hat. Es ist zweifellos, daß das leibliche Element im Rückgänge begriffen ist. Das geistige Element entgegen ist über das Ebenmaß hinaus mächtiger geworden und alle die unzähligen Krankheiten des überreizten Nervensystems stellen sich ein. Die Krankheiten kosten dem Nationalvermögen alljährlich Milliarden. Her^ und Lunge können den rothen Lebenssaft, Blut genannt, nicht mehr genügend beherrschen und dem Leiden des Körpers folgt daS der Seele, insbesondere eine mächtige Unzufriedenheit mit sich selbst und allem Anderen. Der Riesrngeist, der seine LebenShülle, den Körper, vergißt, muß an sich selbst zu Schanden werden. Der Riesengeist, der unsere Zeit beherrscht, wird in sich selbst zerfallen wie ein kindisch werdender Alter, wenn er nicht dem schützenden Körper die ebenbürtige Pflege angedeiben läßt. Die Cultur also, die den Weg von der Natur abnahm, I muß diesen wieder suchen. Hat sie den Leib vernachlässigt, die Harmonie zwischen Körper und Geist noch mehr gestört, so muß sie entsprechend wieder ausgleichen. Der Naturmensch hat diese Harmonie meist festgelezt in seiner Lebensart, der Culturmensch muß sich sie zu erhalten suchen, er muß Körper und Geist gegenseitig beherrschen und erziehen lernen. So hat nun unser nervöses Jahrhundert aus dem Schutt mensch licher Lergangenheit einen Bürgen für diese Harmonie heraus gefunden in dem regelmäßigen Betrieb turnerischer Leibes übungen. Die deutsche Nation, -das Volk der Dichter und Denker, darf den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, hier der Balmbrecher, der rettende Arzt gewesen zu sein. Und wie alles nachhaltige Große, das die Zukunft beherrscht und zur Unsterblichkeit berufen ist, so bat auch diese Kraft ihre Quelle auf dem Boden des gesanimten Volkes. Ihre Wasser sprudeln allen Dürstenden, da wird keine Schicht bevorzugt, sie ist der Menschen Gefundheitstrank geworden, — unser deutsches Turnen, unser deutsches Spiel! Dem deutschen Turnen sind Rivalen entstanden. Der Kastengeist, der auch die Culturmenschen in unzählige Grade eintheill und unsere ganzen Einrichtungen zum Theil be herrscht, fand etwas Besseres, wie der moderne Ausdruck lautet, auf diesem Gebiet, etwas, was nicht jeder hatte, den Sport. Sport und Turnen ringen heute um die Gunst der Massen. Der Sport stellt die Einseitigkeit leiblicher Uebung dar, das Turnen die vielseitige, systematische, allen Körperteilen gerecht werdende. Radfahren, Rudern rc. bildet oder überbildet einzelne Körpertheiie, das Turnen hingegen sucht wiederum die Harmonie aller Bewegungsformen dar zustellen, darin liegt seine cultnrelle Bedeutung. Als vor hundert Jahren der gellende Ruf nach Freiheit erscholl und nachzitternd eine allgemeine Beklemmung die Geister erfaßte, erschien der Alerander der Neuzeit, Napoleon, und drückte der ganzen west- und mitteleuropäischen Welt seinen Stempel aus. Die Noth rief die Völker zur Besinnung. Auch in nnserm ohnmächtigen Vaterlande ging ein neuer Ge danke um. Erst die Einheit, dann die Freiheit! — lautete die Parole. „Die Einheit ist die Mutter der Freiheit, wer die Tochter haben will, der halte es mit der Mutter!" lautete das Wort eines hohen Vaterlandsfreundes, des Turnmeisters Friedrich Ludwig Jahn. — Die Einheit ist errungen. Zwei Mal hat deutsches Blut in der Campagne geflossen, dem Frühling von 1813 ist der Sommer von 1870 gefolgt. Germania hat sich selbst wieder gesunden und erkannt, daß es unwürdig ist, mit fremder Art zu buhlen. Nun soll die Freiheit werden. Freiheit ist einer der gefährlichsten Begriffe, die wir kennen. Freiheit er ringen, heißt sich freimachen von allen menschlichen Schwächen, den Weg der Natur erkennen in seiner Einfachheit und Größe und darnach handeln. Die wahre Freiheit wird also nur dem zu Theil werden können, der sich von einem „gesunden Menschenverstände" leiten läßt und verachtend auf die entnervende Culturüberwucherung herabblickt. Freiheit im wahren Sinne wird nur der »rlangen können, der die Harmonie von Körper und Geist erstrebt. Unser deutsches Vaterland entwickelt sich immer mehr zu einem Handels- und Jndustriestaate und nimmt bez. seines Umschlages nächst England schon die erste Stelle ein. Das Wefen der Industrie ist dem Körper feindlich, während es ven Geist immer mehr anspornt durch allerhand Erfindungen und praktische Einrichtungen. DaS Bestreben der Industrie ist gleichsam so viel wie möglich der Billigkeit halber die leibliche Arbeit ganz zu verdrängen und mittels des Erfinder geistes sich andere Kräfte dienstbar zu machen. Der Bauer, der früher im Schweiße seines Angesichts sein Brod aß, steht oder sitzt jetzt mit russigem, aber bleichen Gesicht in ewig gleicher Körperhaltung hinter Maschinen, Essen u. s. w.; seine Arbeit ist eine leichtere und lohnendere geworden, aber La ist doch so vieles nur eitler Schein. „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, und nähm Schaden an seiner Seele!" mahnt das Bibelwort. Was nützt eS Dir, wenn Du bei allem Gelbe aus der Tagesarbeit Deinen Leib vernachlässigst und dadurch Dein Lebe» ge fährdest! Und der Keim des Verfalles, den Du in Dich selber gepflanzt, er wuchert weiter und ruinirt Dein ganzes Ge schlecht, erwürgt Deine ganze Familie; er erscheint als sicherer Rächer der Natur schon in der frühesten Jugend Deiner Kinder und Enkel. Diesem Würgengel mußt Dn begegnen, Deinen Körper pflege» und abhärte» gegen alle drohenden I Gefahren industrieller Entwickelung, damit Du fähig bleibst, ! Deiner Pflicht al- Mensch und Bürger zu genügen. Diese Körperpflege bietet das deutsche Turnen in vollendeter Form, es ist somit ein Cullnrfactor ersten Ranges. „Doch das deutsche Turnen wirkt nicht allein direct auf Leib und Seele, es verkörpert in seinem volkstbümlichen Wesen auch ein hervorragendes sociales Erziehungselement. Gemeinsames Tbun versöhnt. Arbeit adelt, edelt, besonders die freiwillige. Der deutsche Turnbvden kennt keine trennen den Schranken zwischen Hoch und Niedrig, Arm und Reich, er ist somit der Ausdruck des socialen Gleichheitsprincips in edelster Form. Entgegen dein Trennenden im Erwerbsleben, dem Verhältniß zwischen Dienenden und Befehlenden, eröffnet es die Hallen allgemeiner Menschlichkeit und erfüllt damit den hehren Wahrspruch von der Bruder- und Nächstenliebe! Fürwahr! eine ideale Gründung, getragen vom Edelsten was Menschenbrust gefühlt und Menschengeist ersonnen, würdig des Volkes, das sie geboren, und ehrend die Zeit, die sie erstehen ließ zur Gesundung ihres Geschlechts. Darum geht der Ruf an Alle in Stadt und Land: Kommt zum Turnen! Haltet euren Leib frisch, macht ihn fähig, den Daseinskampf zu führen! Vergeßt nicht, daß Körper und Geist eine sich gegenseitig ergänzende Einheit bilden! Wollt ihr euch selbst, dem Vaterlande, der Menschheit dienen, so kommt zum Turnen! Der Geist der Trennung schleicht beute auf allen Wegen. Das bürgerliche Jahrhundert geht zur Neige, das sociale liegt in seinen Wehen. Ein ewiger Entwickelungsproceß beherrscht alles Sein. Dunkel liegt der Zukunft Bild, aber die Vergangenheit hält uns den Spiegel vor und läßt uns erkennen: Nur ein gesundes Geschlecht beherrscht seine Zeit, nur ein gesundes Geschlecht verbürgt ein großes Volk, nur ein gesundes Geschlecht kennt wahre Gesittung und genießt wahre Religion ini göttlichen Frieden! Kommt zum Turnen! >V. Die slawischen Ortsnamen in Sachsen. i. Es ist eine bekannte Thalsache, daß während der ersten Jahrhunderte des Mittelalters die Länderstreckcn östlich der Elbe und Saale von slawischen Stämmen besiedelt wurden, nachdem dieselben vorher von germanischen Völkerschaften, wie den Semnonen, Hermunduren, Sueven, Silinger :c., be wohnt gewesen waren. Da diese Völkerschaften' nach Norden und Westen auswanderten, so muß diese Besiedelung in aller Friedlichkeit vor sich gegangen sein, llebrigens waren die Slawen im Ganzen auch keine kriegerische Rasse. Sie waren vorzugsweise Ackerbauer, Viehzüchter und Fischer, welche die ruhige Ansässigkeit in Thälern und Ebenen, insbesondere die Flüsse entlang, liebten. Eine Ausnahme machten die Sorben (ein wendischer Stamm), die sich seit dem Beginn des 7. Jahrbunderts an der fränkisch-thüringischen Grenze festsetzten, das Land zwischen Elbe und Saale eroberten und Thüringen und Franken durch häufige Einfälle beun ruhigten. So unternahmen sie im Jahre 750 einen Raubzug in die Werrag qend bis nach Salzungen hinauf, auf den sie über drLihtg Kirchen zerstörten. DaS Christenthum war in diesen Geaei-oen seit Ende des 7. Jahrhunderts durch den heiligen K"llan und zu Anfang des 8. Jahrhunderts durch Bonifacius mit dem besten Erfolg gepredigt worden. Gegen sie errichtete dann auch Karl der Große um 804 die Thüringische Mark a» der Saale, ihre vollständige Unter werfung gelang aber erst später unter Ludwig dem Deutschen und Heinrich I. Tie dabei erfolgten Kämpfe waren deshalb so hartnäckig, weil sie gegen daS ihnen zugemuthete Christeii- thum einen so tiefen Haß an den Tag legten. Mittlerweile fand auch eine ausgedehnte systematische Besiedelung dieser Länder striche, insbesondere auch des heutigen Königreicks Sachsen, durch Deutsche statt. Im 12. Jahrhundert war die Unterwerfung und Christiaiiisirulig der Wenden beendet, und von dieser Zeit an wohnten Wenden und Deutsche mehr oder minder friedlich neben- und durcheinander, wobei aber das wendische Element immer mehr abnahm, so daß eS jetzt nur sporadisch im Alten- burgischen (etwa 20 000 Seelen), in der sächsischen Oberlausitz (57 OVO, im übrige« Sachsen 3500). in der preußischen Ober- und Niederlausitz (129 500) zu finden ist. Dieser BrvölkerungSproceß ist auch bei der Bildung der Ortsnamen von bestimmender Wirkung gewesen. Die wen dischen Namen wurden mit der Zeit germanisirt, so daß jetzt nur noch wenige rein wendische Formen bestehen. Sie wurden in der weit überwiegenden Mehrzahl theils deutschtbümlich (und dabei in der Regel volksthümlich, d. h. dialektisch, oder gar volksetymologisch) umgemodelt, theils ganz, tbeils halb übersetzt, so daß es, wie wir weiter unten sehen werden, eine ganze Menge von halb deutschen, halb wendischen Namen giebl. Hiernach ist es erklärlich, daß die Schwierigkeiten bei der Deutung der Ortsnamen, die schon in den unverfälscht deutschen Gebieten vorhanden sind (man vergleiche den Artikel über die deutschen Ortsnamen in Nr. 22 und 70, Jahrgang 1894, in diesem Blatte), in den ehemaligen slawischen Ge bieten sich außerordentlich häufen. Es ist stets nothwendig, auf den ursprünglichen wendischen oder wenigstens ans die urkundlichen Namen zurückzugehen. Wo diese nicht vorhanden sind, ist die Deutung nicht selten ungewiß, wenn nickt un möglich, besonders, wenn mehrere einander ähnliche Stämme zu Grunde gelegt werden können. Diese Stämme (oder Grundwörter) sind, in Ueberein- stimmung mit dem ansässigen Charakter und der landwirtb- schaftlichen Beschäftigung, bezw. Lebensweise des Volles, größtentheils dein Pflanzen- und Thierreich wie auch der physischen und landwirthschaftlichen Beschaffenheit des Bodens entlehnt. Landwirthschaftliche Gegenstände sind natürlich ebenfalls vertreten. Andere Grundwörter beziehen sich auf gesellschaftliche und politische Verbältnisse, auf Farben, ans Größen- und Höhenverhältnisse, auf die Art der Lage n.sw. Diese Einlheilung, bezw. Reibenfolge werden wir im Nach stehenden beibehalten. Wir stützen uns dabei auf das vor zügliche Werk des Gymnasialprofessors Or. Gnstav Heu in Döbeln über „Die slawischen Siedelungen im Königreich Sachsen mit Erklärung ihrer Namen". Das Pflanzenreich. Das Land war bei der wendischen Einwanderung noch größtentheils mit Urwald bedeckt, der bei ter Mannigfaltigkeit dcr Terrainverhältnissc, wie auch der Bodenbeschaffcnheit das verschiedenartigste Aenßere zeigte und daher auch ebenso viele verschiedene Benennungen erbiclt. Lor* ist die Bezeichnung für Nadelwald. Davon sind benannt: Bohra, Amts!).** Kamenz; Böhrigen, ArntSb. Döbeln (Diminutiv von Bohra); Boritz, Äinlsh. Meißen; Börlas, Amtsh. Dippoldiswalde; Borsdors, Amtsb. Grimma; Burk, Amtsb. Bautzen (ttorelc***, d. h. kleiner Nadelwald); Porsberg, Amtsb. Dresden; Porschdorf, Amts. Pirna; Porscknitz, Amtsb. Meißen; Porschütz, Amtsh. Großcnbain: Porsdorf, Amtöh. Dresden. — Altwendisch ckiazS«, Hai», Hag, davon die Residenzstadt Dresden (vrazckzanv und Drez.ckzsnv, schon im 13. Jahrh. Dresden neben Dresdene, Dreseden rc., 1543 Dressene, 1548 Tresen); Draschwitz, Amtsb. Döbeln; Drehsa, AmtSH. Bautzen; ckrv)orro (ckrmva) Gehölz, davon: Treben bei Lommatzsch, Amtsh. Meißen; Treben bei Wurzen, AmtSh. Grimma; Treuen, Amtsh. Auerbach; Sv In, Forst, auch Heide, davon: Golberode (tschech. drcko, Hügel, also Waldhügel), Amtsh. Dresden; Gohla, Amtsh. Meißen; Göltzscha, Amtsh. Meißen; Göltzschen, AmtSh. Leipzig; fin.j. Hain, davon: Hainitz, Amtsh. Bautzen; Heinitz, AnitSb, Meißen; llliiv8t, Gesträuch; davon: Crosta und Crostau, AnitSh. Bautzen; Crostewitz, Amtsh. Leipzig; Crostwitz, Anils'?. Kamenz; Kröstau, Amtsh. Plauen; 1os(8o), Busch, Gebüsch, davon: LeiSnig, Amtsh. Döbeln; Lösten, AnitSb. Meißen; Lößnig, Amtsh. Leipzig; Lößnitz, Amtsh. Freiberg; Lößnitz und Niederlößnitz, Rcceßherrschaft Schönberg; Niederlvßn tz, AmtSh. Dresden; tschech. 8v8ni, Föhrenwald, davon: Zasck Witz (Zcossencwitz), Amtsh. Grimma unk Oschatz; Zösscn, Groß- nndKIeinZ., Amtsh. Borna; vo8) k (tschech. o8ok , Holzschlag, Waldrodung; davon: Osek, alter Name von Großenhain; Oschatz (Oszechs), Amtsh. Oschatz; Ossig, Amtsb. Döbeln. Es folgen nun die Wald- und sonstigen Bäume: duz, Holunder; davon: Bosewitz, Amtsh. Pirna; llreza (dra8u), Birke, davon: Blösa (Brezow), Amlsb. Bautzen; Briefing, AmtSh. Bautzen; Brießnitz, Amlöb. Bautzen; Brießnitz, AmtSh. Dresden; Brösen, AnitSb. Grimma; Brösen, Amtsh. Dobeln; Brösen, Amtsh. Borna; Brößnitz, AnitSb. Großcnbain; Brösa und Brösang (Brezynka, Diminutiv Birkenwälbchen), AmtSh. Bautzen; Priesa und Priesen, Amtsh. Meißen; Prießnitz, AmtSh. Borna; bulc. Buche, davon: Bocka, Amtsh. Borna; Bocka, Amtsh. Kamenz; Bocka, AnitSb. Bautzen; Bockwa, AmtSh. Zwickau; Bcckwen, AmtSh. Meißen; Bockwitz, Amtsh. Grimma; cfiozza (kfiojrr) Kiefer, Fichte, davon: Koitzsch, Amtsh. Kamenz; Kühnitzsch, Amtsh. Grimma; Kynitzsch, AmtSh. Bautzen; cknd, Eiche, * Wo keine nähere Bezeichnung gegeben ist, ist da- Wort wendisch. ** Abkürzung für Amtshauptmannschaft. Die Angabe der Kreis» hauvtmannschast wird nicht erforderlich sein. *** Die in Klammern beigesetzten Namen in Antiquaschrift sind 1 wendische, die in Fracturschrist sonstige urkundliche.
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