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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960709018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896070901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896070901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-07
- Tag1896-07-09
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Anzeigen Preis die 6 gespaltene Petitzeile LV ipfg. öteclameu unter demRedaction-strich '4ge- spalten) bOrj, vor Len Hamillrnnachtichtrn iügejvallen) 40^. Grohere Schristen laut unserem Prel«. verzelchniß. Tabellarischer und Ztssernsas nach höherem Tarrs. Lptra-Beilagen sgesalzst. nut mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderung vO—, Mit Postbeförderung 70.—. < » Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend.Au-aak«: vormittag« 10 UHL PivrgeN-Nu-gabe: Nachmittag« 4llht. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets au dir Expedition zu richten. Druck nnd Derlaq voll E. Polz in Leivsiz W. Jahrgang Bestellungen auf Neisrabomiemtuts nimmt entgegen nnd führt für jede beliebige Zeitdauer aus <1iv LxpOÜition üou I^iztxlKer I Johannisgasse 8. Oer „Mene Orief" Lrünig Lhristiatt's VIII. völtt 8. Juli 1816. Ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit der „Offene Brief" dcS dänischen Königs Christian VIII. erschien. Dieser Bries ist für die schleswig-holsteinische Krage von einer so großen Bedeutung geworden, daß es Wohl wcrth erscheint» sich desselben kurz zu erinnern. Seit l460 waren die Herzogthümer Schleswig-Holstein mit Dänemark in reiner Personalunion verbunden. Für bas König reich Dänemark war kurz nach der 1600 eingesührten abso luten Monarchie durch das Königsgesetz vom 14. November 1665 die Thronfolge dabin geregelt worden, daß thron- solgcberechtigt war, wer in männlicher ober weiblicher Linie von dem ehemaligen Könige Friedrich III. abstammle. In den Herzogthümern dagegen war nur der Mannesslamm des Königs Christian I., des StaniinvaietS des in Dänemark und den Hdrzogtbiiniern regierenden Oldenburger Hauses, erbberechtigt. Jin Anfänge dieses Jahrhunderts stellte die Möglichkeit sich heraus, daß der Mannesstannn Friedrich's III. anSstcrbett könnte. Friedrich VI. hatte leine Söhne, fein Thronfolger Christian VIII. unr einen Sohn, den nackherigen Friedrich VII., der in unbeerbter Che lebte» Und Christian des Achten einziger Bruder, Prinz Ferdinand, war kjuderlpS. Beim Aussterbeu der Männlichen LiUie Friedrichs III. mußte Dänemark auf dessen weibliche Linie übergehen, während die Herzogthümer der nächstältesten Linie des MaunesslaMiucs Chnslian'S I., uäMlich deiil AUgustenburger Hause zusallen mußten. Diese Möglichkeit verursachte in Dänemark lebhafte Beunruhigung. Jin 17. Jahrhundert hatten die Dänen die Provinzen jeyseits des Sundes an Schweden verloren, 1814 an dasselbe Norwegen abtreteu müssen nnd nltn sollten sie auch noch die Herzogthümer aufgebcn. Dagegen bäumte sich der sich der früheren Machtstellung erinnernde dänische Stolz ans und man sann auf Mittel, diese Evenilialität zu ver hindern. Cinestheils begann die nationale eiberdänische Be wegung, welche Holstein als deutsches Laub fahren lassen und dagegen Schleswig, das im Mittelalter während einiger Jahr hunderte eine Provinz des dänischen Reiches gewesen war und im Norden noch dänischretende Bevölkerung hatte, von Holstein trennen und in Dänemark eiiiverleibeu Und die Eider zur Grenze des neuen Reiches habest wollte. Anderntheils machtest sich gesammtstaatliche Bestrebungen geltend, welche, ohne auf nationale Unterschiede Gewickt zu legest, das Königreich und die Herzogthümer zu einem Gesamtutstaate Mit der Grenze an der Elbe verschmelzen wollten. Diese Verschmelzung sollte vor sich geben ohne Berücksichtigung des in den Herzog thümern geltenden Thronfolgcrechts. Tie Herzogthümer waren von der nack den Freiheits kriegen in Deutschland erwachten nationalen Bewegung nicht unberührt geblieben und so begann man hier theilweisr der in Aussicht stehenden Trennung von Dänemark ruhig und nickt ungern enkgegenzusehe». Die dänischen Bestrebungen, welche beide das Recht der Herzogthümer verletzten, stießen dabei naturgemäß auf starken Widerspruch, der je stärker sich die dänische Agitation entfaltete, desto entschiedener wurde. Unter Friedrich VI. hielt sich die Regierung im Allgemeinen von der Theilnabme an den dänischen Bestrebungen frei; alsbald nach der Thronbesteigung des klugen und schlauen Christian VIII. begann aber die Thätig- keit der Regierung in dämfckem Sinne. Es wurde im nörd liche» Schleswig die dänische Gerichtssprache eingeführt, die Truppen der beiderseitigen Gebiete wurden zu einer Armee mit einer gemeinsamen Dahlie (dem Tanebrog) vereinigt und die schleswigschen Truppenlheile größtentheilS nach dem Königreich verlegt. Der König bestellte eine Coistmission zur Prüfung der Erbfolgesrage und erließ unterm 8. Juli 1846 den „Offenen Bries". In demselben spricht der König aus, daß er es wegen der bei manchen seiner Unterthanen herrschenden unklaren und irrigen Borstellungen über die Successionsverhältnisse in der Monarchie für seine „landeSväterliche Pflickt" erkannt habe, durch eine zu deist Eitde von ihm ernannte Coistmission alle diese Erbverbälttiisse betreffenden Acten und Documente, soweit dieselbe» hätten zu Wege gebbacht werten können, prüfen und zugleich eine gründliche Untersuchung aller daraus bezüglichen Verhältnisse vornehmen zu taffen. Er habe dadurch die Ueber- zeugung gewonnen, daß nn Herzogthum Lauenburg und nn Herzogthum Schleswig die Erbfolge des dänischen Königsgeietzes in voller Kraft und Giltigkeit bestehe, während mit Rücksicht auf einzelne Theile des HerzogthumS Holstein Verhältnisse obwalteten, welche ihst verhinderten. Mit gleicher Bestimmtheit sich über LaS Erbrecht feiner fämmilichcn königlichen Erbsuccefforeu in diesem Herzogthum auSzusprechen. — Daran schließt sich danst noch die „aller gnädigste Versicherung", daß die unablässigen Bestrebungen des Kölligs auch fernerhin daraus gerichtet sein würden, „eie voll ständige Anrbkinstung der Integrität des dänische». Gesainnil- staate« zü Wege zu bristgen'', sowie die Eröffnung, daß nicht beabsichtigt weide, durch diesen Offenen Brief „der Selbst ständigkeit deS HerzogtbnmS Schleswig, wie dieselbe bisher von Uns anerkannt würdest ist, in irgend einer Preise zu nahe zu treten, oder irgend eine Veräuderung in den son stigen Verhältnissen vorzunehnten, welche gegenwärtig dasselbe mit dem Herzogthum Holstein verbinden." Der Erlaß Halle um so größere Bedeutung, als er von sämmtlicken ordentlichen Mitgliedern des Geheimelt StaatS- ralhs gegengezeichnet und von dem Kronprinzen und dem Erbprinzen Ferdinanb Mitunterzeichner war. Er enthielt daher nickt lediglich eine persönliche Ansicht des Königs, sondern einen staatsrechtlichen Act zur Ordnung der Erb folgefrage. DaS Herzogthum Schleswig wurde mit einem Schlage dem dänischen Königsgesetz unterworfen erklärt, während über Holstein die Entscheidung noch aus gesetzt blieb. Es war begreiflich, daß der Erlaß bei der gegen die dänischen Bestrebungen vorhandenen Stimmung in den Herzogthümern große Aufregung hervorrief. Die Herzöge von Augustenburg und von Glücksburg und der Großherzog von Oldenburg legten NechtSverwahrungen ein; die holstei nischen Stände, an welcke, wie gleichzeitig an die Stände der dänischen Inseln, eine Eröffnung ergangen war, protestirten und an vielen Orten wurden Protestversanimlungen abgehallen. Auch der dem Schleswig-Holsteiner angeborene trockcste Humor kam bei diesem Anlaß zur Geltung, indem nämlich das Witzwort im Lande die Runde machte: „Cbrischan weer klöker wesen, wenn be sien apen Brees tolaaten har." Die Aufregung der sonst so ruhigen Bevölkerung der Herzogthümer war so groß ge worden, daß der König sich zu BeruhigungSertläruilgett ver anlaßt fand, die indessen wenig Wirkung hatten. Ter bereits rollende Stein hatte einen heftigen Stoß be kommen; nach kaum zwei Jahren war die Katastrophe da und der Krieg zwischen Dänemark und dett Herzogthümern um die Rechte der letzteren ausgebrockcn. Die scklcswig-holsteiniscke Frage ist längst in deutschem Sinne erledigt; die Nachklänge der dänischen Bestrebungen von ehemals dauern aber noch heute im nördlichen Schles wig fort. Deutsches Nelch. ex Berlin, 8. Juli. Tie Antisemiten im Reichstag haben bekanntlich bei der Berathung des Bürgerlichen Gesetz buches den Berus in sich verspürt und verschiedentlich auch zu bethätigen versucht, die Mehrheit der deutschen Volksvertretung wegen ihres Verhaltens zu schulmeistern. Sie baden dafür wiederholt derbe, aber verdiente Zurechtweisungen von ver schiedenen Seiten des Hauses erfahren. Den besten Beweis aber dafür, wie unberechtigt der Anspruch der Anti semiten ist, über parlamentarische und politische Moral zu Gericht zu sitzen, liefert das antisemitische Hauplorgan bei einer Besprechung der von der Haltung res Gros der in«- gcsaminl 13 Mann zählenden „Deutsch-socialen Resormparl<M abweichenden Stellungnahme des Abg. Lieber-Meißen zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Derselbe hat bei der Gesamml- abslimmung seine Stimme sür bas Gesetzbuch abgegeben, während die übrigen Antisemiten sich der Abstimmung enthielte» — mit Ausnahme der Abgg. Hirschcl und Binbewald, die sich weder zu einem runden Ja oder Nein, noch zu einer erklärten Stimmenthaltung durchzuringen vermochten und es — freilich in Gesellschaft von lo Abgeordneten anderer Parteien — vvrzogen, lrvtz ihrer Anwesenheit im Sitzungs saale beim Namensaufruf nicht zu antworten. Von Seilen LeS antisemitischen Hauplorganü wird deut Abg. Lieber für seine, die „Einigkeit der Fracüon" aufhebende Haltung nach drücklich der Text gelesen, nachdem es scholl in einer Frac- tionssitzung za Auseinandersetzungen gekommen war, die zu der Anslrilkserklärung des genannten Abgeordneten geführt haben. Kür den Maßstab» den daS Blatt an die Würde und Wahrhaftigkeit der Abgeordneten anlegt, ist die Bemerkung kennzeichnend, Herr Lieber hätte» wenn er sich nicht öffentlich der Abstimmung enthalten wollte, diese dadurch umgehen können, daß er „entschuldigt oder unent schuldigt" forlgeblieben wäre. Ob die Entschuldigung eine triftige, wahrheitsgemäße gewesen wäre oder nicht, scheint darnach daS Blatt wenig zu kümmern. Die Verkündigung dieser fadenscheinigen parlamentarischen Moral durch das anlisenulische Hauptorgan ist um so pikanter, als Vas letztere uitmittelbar vor der Abkanzelung des abtrünnigen Fractions- genossen sich den Mitgliedern anderer Parteien gegenüber, die den von ihm empfohlenen Weg bei der Abstimmung ein geschlagen haben, im Brustton sittlicher Entrüstung äußerle. * Ber litt, 8. Juli. Daß der kaiserliche DiSciplinar l> of in Leipzig das von der PotSvamer DiSciplinatkammer über den Assessor Wehlau gefällte Urtheil lediglich bestätigt Hai, befriedigt die öffentliche Meinung, soweit sie in der Presse zum Ausdruck kommt, nicht. Die meisten Blätter» die mit dem Volum des Reichsbisciplinarhofes sich beschäftigen» erkennen zwar an, daß dasselbe bei der Unznlänglichkeit der Anweisungen, die Wehlan bei seiner Sendung in das Colonialgebitt Und in diesem erhalten hatte, nicht tvohl anders ausfallell koniitc, betonen aber, daß es außer dem gerichtlichen Urtheil noch ein anderes gebe, bei denk Herr Wehlan welliger günstig wegkomme. Die „Voss. Ztg." meint, um ein solches Votum z» erzielen, hätte weder die Potsdamer Disciplinarkarnmer, noch der kaiserliche DiSciplinarhos in Bewegung gesetzt zu werden brauchen; eine solche Strafe hätte von den Vorgesetzten Weblan'S jeden Augenblick „iM Interesse deS DieitsttS" ver hängt werden können. Das ist richtig; da aber Herr Wehlan bei dem Urtheil der Potsdamer Disciplinarkamititr fick nicht beruhigte, so würde er auch gegen eilte dellt seiitkti Vor gesetzten „im Interesse des Dienste-" Uber ihn verhängte Disciplinarstrafe den Instanzenweg beschritleck habt«. Am objektivsten beurtheilt Vie „Nat.-Ztg." daß Vvttim des RUchs- disciplinarhose«, mit dem die juristische Behandlung des Falles am Ziele ist. ,»An der Beurthtilung der Pers ölt lichten des Verurtheilten vor der Oeffentlichkeit" — so sagt auch diese« Bialt — „wird die Verhandlung, obwohl i» verschiedenen Puuclen der Urlheilsbegründüng der NeichsgcrichrShöf zu einer milderen Aüffassung als das Potsdamer Unheil kam, nichts ändern. Daß außer der disciplinareü Behandlung des Falles eine weitere strafrechtliche leider nicht möglich ist, ist aüs den Aenßerungen de« Dirtclörs der Colonialab- lbeilung vor dem Reichstag am 13. März in Erickttciung; er führte aus, daß die Aüffassung de« Auswärtigen Amtes, wonach die Bestimmungen deS Strafgesetzbuchs über den Mißbrauch der Amtsgewalt auch auf eie Beamtet, der Schutzgebiete AnweUdung finden svlleck» gegenüber der juristischen Auffassung der Staalsanwaltschaft, der das Justizministerium beigelrelen war, »sicht durchdringen kvnckte." Niil Recht wendet sich dann die „Nat.-Ztg." gegen das Ver halten der coleniajfeiudlichen Blätter, für die natürlich nicht nur Wehlaü» sondern „die ganze Colonialpvlttik auf der Anklagebank gesessen hat". Wie die Ereignisse gezeigt haben, hat sich allerdings die Enlsettdttng Wehlän'S nach Kamerun als ein Mißgriff heräusgestelll. Es würde aber vergessen, daß Zeugnisse UNd Auskünfte über Wehlan günstig lauteten und daß, durch diese Vorkommnisse gewarnt» eie Aus wahl der Colonialbeamtcn hinfort mit erdenklichster Vor sicht erfolgt» ferner, daß durch kaiserlichen Erlaß und die Verfügungen des Reichskanzlers und der Gouverneure dem vsrgebeugt worden ist, was den Hauptbcstanb bet Ver gehungen des Assessor Wehlau ausmachle: der Herbeiführung von Zeugnissen Und Geständnissen vor Gericht durch Prügel- Fririllstoii. Die Rose im Lebe» der Völker. Bon Konrad Münch (Erfurt). ^Nachdruck verboten.) Keine Blume ist in dem Maße der Liebling aller Nationen geworden, wie die Königin der Blumen, die Blume der prangenden Sommerpracht, der Lebensfreude, der Schönheit und Liebeslust. Seit sich die Rose aus ihrer centralasiatischen Urheimat!) nach Osten und Westen, fast über den ganzen Erdkreis verbreitet hat, Hal sie im Leben der Völker eine ungemeine Bedeutung gewonnen. In ihre Geschickte und Sage, in ihre Bräncke und Religionen bat sie sich gedrängt. Sie leuchtet im Rabenhaare der Sevillanerin und schmückt die Bäder zu Täbris; sie duftete einst an der Bildsäule der Kybele und blüht beute als Opfer vor dem Marienstöckel. „WaS könnte überhaupt ohne Rosen gethan werden?" so fragt in einem seiner Gedichte Anakreon, und bezeichnet damit neffend die Rolle, die die Rose bei den Griechen spielte. Die schönbeitsoolle Phantasie der Hellenen ließ die Blume aus dem Blute der Aphrodite entstehen, die sich, als sie dem geliebten verwundeten Adonis zu Hilfe eilen will, den zarten Fuß verletzt: und der Liebesgöttin, blieb die Blume auch ge weiht. Ihre Feste waren Blumenseste, und mit der Myrthe vereint, prangte di« Rose in allen Kränzen, umwand alle Statuen, füllte alle Altäre. Doch auch zum CultuS des Eros, des Dionysos und der Demeter gehörte die heilige Blume, und ans rosengeschmückter Halle trat die rosensingerige Co.' hervor. So verband bereit- die hellenische Mythologie dw Rose mit der Liebe und mit den fröhlichen Genüssen der Tafel. Nie durste beim Gelage der Rosenkranz fehlen, der, wie Plntarch meinte, den Kopf küblte und der Trunkenheit wehrte, und rosenbekränzt trat der übermütbige Alcibiades -u jenem unsterblichen Gastmahle im Hause des Plato. Die Rose war die bevorzugte Gabe der Liebe, „du sprichst Rosen", sagte daS Sprickwort von Dem, dem die Gabe lieblicher Rerc gegeben war. Die Damen machten aus den gepreßten und getrockneten Blättern ein Pulver und streuten e« nach Nm Bade ans die Haut: später abgewaschen, hinterließ es cmcn lieblichen Duft. Die schöne Aspasia, die in ihrer Jugend durch ein Gewäch« am Kinn entstellt wurde, soll den Makel loSgeworden sein, als sie, einem Traume folgend, die welken Rosenkränze von der Statue der Aphrodite nahm und die zerriebenen Blätter aus die unschöne Stelle legte. Selbst im <ode wollten sich die Griechen von dieser aeliebteften aller Blumen nicht trennen: sie schmückt« die Gräber der Ver blichenen, und „Noseneffen" nannten die Römer eine Mahl zeit, die alljährlich am Tage der Bekränzung der Gräber abgebalten wurde. Die Römer tbeilten die innige Liebe der Griechen zur Rose. Ja, sie übertrieben sie mit der Zeit ins Maßlose. Der Ackerbau wurde in Italien vernachlässigt, damit die Gartencultur und die Nosenzucht Raum gewinne. Das Ge treide mußte für theures Geld aus der Fremde bezogen werden, aber von Rosen strotzten Pästums und DajäS Fluren. Es kam die Kaiserzeit und die Blumenkönigin wurde zum Symbol deS raffinirtesten Genusses herabgcwürdigt. Das HauS deS Reichen mußte im Winter voll von Rosen sein, die Kaiser traten auf Wege von Rosen, ganze Schiffs ladungen wurden rugefahren. Eine ungeheuere Verschwendung wurde mit der Blume getrieben: die Sitze wurden mit ihren Blättern gepolstert, die Säle ellenboch mit ihnen be streut, die Speisetafeln von ihnen erdrückt. Rosenblätter schwammen im Wein, Nosenblätter im Bade. Nero ver brauchte bei einem einzigen Gelage für 30 000 Tbaler Rosen, Heliogabal ließ Rosen auf seine Gäste regnen und regnen, bis sie in ibnen erstickten. Man aß Rosengerichte, man brauchte die Rose als Gewürz, man trank Rosenwein. Wo sich Nero zu Gaste lud, verlangte er, daß alle Fontänen von Noseuwasscr sprudeln sollten; ein anderer Imperator badete in Rosenwein nnd schenkte ihn dann dem Volke; bei den Luftfahrten in der Bucht von,Bajä schwamm das Meer voller Nosenblätter. Aus diesen Zuständen ist eS zn erkläre», daß daS frühe Cbristentbum gegen die Rose Abneigung zeigt. Sie ist ihm ein Symbol irdischer Sündenlust. Nur im Paradiese ist sie rein und voruenlos. Diese Vorstellung bat der Rose wokl den Charakter der Todesbvtin aufgcdrückt, und sie hat diese Bedeutung das ganze Mittelalter hindurch bewahrt. Kriem- bilden schwant Böses, weil sie im Traume auf der Haide Blumen rotb werden sah. Zu Breslau, zu Hildesheim und zu Lübeck fand der Domherr, dem der Tod bevorstand, drei Tage vor seinem Ende eine weiße Rose auf seinem Stuhl. In Lübeck legte einmal ein Domherr, Namens RabunduS, die Rose, die er auf seinem Stuhle fand, auf den seines Nachbars, dem er die Vorbedeutung lieber gönnte, und es entstand ein großer Streit, aber RabunduS mußte trotz dieser List sein junges Leben lassen. Doch gewann die Rose im christlichen Cult noch eine andere Bedeutung. War sie im Heibenthume vornehmlich den weiblichen Gottheiten heilig gewesen, so wurde sic jetzt die Blume der Maria. Sie selbst wird als die „schönste Rose unter den Frauen", als „Weltenrose" gegrüßt und gepriesen: im „Rosenhage" malte sie mil köstlich naiver Schönheit Martin Schongauer. Einen arnien Fuhrmann bittet sie um einen Trunk: der aber hak keinen Becker. Da läßt Maria eine Rose aus einem Dornstrauch bervorsprießen nnd trinkt daraus: den Rosenbecher aber schenkt sic dem Fuhrmann und er erwies sich als wunker- tbätig. So kommt die zuerst befeindete Rose in der christ lichen Legende allmählich wieder zur Geltung und eine ganze Reihe von blühenden und duftenden Rosenlegenden entsteht. Das Moosröschen, so erzählt die Sage, ist aus einem Bluts tropfen Christi entstanden, der unterm Kreuze auf daS Moos siel. Im Schnee fand Kaiser Ludwig der Fromme einen blühenden Rosenstrauch, über ihm ließ er eine Kircke bauen und der Ort wurde Hildesheim genannt, angeblich weil der Kaiser hier „Hilde (großen) Schnee" gesunden batte. Der Nosenstock aber steht noch heute am Dome zu Hildesheim, er ist ter älteste und größte, der unS bekannt ist, und bedeckt die Wand in einer Höbe von 8 Metern und einer Breite von 8—10 Metern. — Als der heilige Nicolaus von Toledo seinem Kloster Brod stabl, uin es den Armen zu übergeben, nnd sein Abt das Körbchen öffnete, fand er statt des BrodeS Rosen darin. Diese Legende spielte ums Jahr 300. Schleiden bat sie weiter verfolgt und um 600 von der heiligen Rade gunde, und Weiler in einer großen Reihe von Versionen gefunden, bis sie ibre populärste Fassung in der lieblichen Geschichte Elisabelh's von Thüringen (h 1230) erhalten hat. Aber nach Deutschland bat nickt erst das Christenthnm die Liebe zur Rose gebracht. Vielmehr ist sie die uralte Blume der germanischen Früblingsfeier, und die Stätten dieser FrüblingSscste hießen Rosengärten. Dieser Name bat sich auch erhalten, als der alte Brauch schon abgestorben war: die Rheininsel, auf der Kriemhild lebte, hieß so, und ankere Rosengärten kennen wir z. B. in Tirol, Konstanz, München, bei Osnabrück und Rostock. Im sogenannten großen Rosengarten bei Tambach in Thüringen wird bi« ans den heutigen Tag am 1. Mai daS Frühlingsfeft gefeiert. Es blieb aber die Rose die Blume des jungen Lebens und der Liebe. „Weß Herz vor Minne brennt, der soll einen Kranz von Rosen tragen", singt der Tannhäuser. Am Hochzeits tage trugen Braut und Bräutigam Rosenschapel, auf da- Grab von Liebenden wurden Rosen gepflanzt. Wer um Liebe warb, ter warf wohl dem Mädchen eine Rose zu und daö Gleiche tbat da« Mädchen, wenn sie die Werbung erbörte. Bei diesem Zusammenhänge ist e- nur natürlich, daß ein Minnesänger singt: So oft ich meine Frau ansehe, Ist mir, wie Alle- Rosen trage, nnd daß bei Tanz und Fest die Rose die liebste aller Blumen war. Ja, da- deutsche Mittelalter ist bei seinen Spielen und Festen ebne die Rose gar nicht zu denken. Rosen deckten im Palla« Boden und Wände, mit Rosenkränzen geschmückt, zogen di« ehrsamen Zünfte auf, mit ihnen zierten sich die preislichen Minnesänger, der Ritter trug sie, wenn er zum Turnire zog, er empfing sie als Lohn für den Sieg von der Herrin und setzte sie in sein Wappen. Unter dem Zeichen der rotben und der Weißen Rose ist in England einer der blutigsten Bürgerkriege des Mittelalters ausgefochten worden. Beim G'elage wurde vielfach eine Rose über der Tafel auf gehängt, al« Mahnung daran, daS, was hier,,sud rosa" in der Weinlaune geplaudert wurde, nicht weiter herumzu bringen. So ist diese Periode gewissermaßen durchwoben und durchduftet von der schönsten der Blumen und die naive Freude an ibr drückt sich in dem Glauben ans, daß der Teufel die Rose nicht leiden mag. Vom Teufe! Besessene vertragen den Rosengeruch nicht und auch Heren können keine Rosen brechen. Sie besitzt anch vielfach heilende Kraft; sie hilft gegen Triefäugigkeit und Liebestränke, gegen Entzündungen und Trunkenheit, gegen Kahlköpfigkeit nnd schlechten Teint. Der mannigfache Aberglaube, der mit der Rose von je verbunden wurde, bat sich bis in die Neuzeit hinein erhalten. Noch im Jahre 1892 stahlen drei junge Mädchen in Wien bei Nacht Rosen vom Friedbofe: denn, so sagt die Gebrauchs anweisung: „Rosen vom Grab pflücke Dir ab, dann leg' sie bei Nacht auf'S Herz Dir sacht, sie bringen Dir Glück und Frieden zurück". Aber die Neuzeit bat von der Vergangenheit auch die Liebe zur Rose ungeschmälert übernommen nnd be sonders in glanzender und rationeller Rosenzucht betbätigk. Zu Malmaison legte Kaiserin Josephine das herrliche Blumen parterre an, in dem die Buchstaben ihres Namen« von den seltensten Rosen dargestellt wurden. In Deutschland wurde die Nosenzucht des Gartens zu Kassel, die Rosenau bei Coburg, das Rosarium auf der Pfaueninsel bei Potsdam berühmt. Neue herrliche Sorten wurden gezüchtet, die Wissenschaft beschäftigte sich eifrig mit der Systematik der Rose, und die romantische Kunst und Dichtung hing mit einer fast brünstigen Verehrung an ihr. Mehr als je ist sie uns das Sinnbild aller zarten Empfindungen. Selbst der trockene Philosoph Kant, der Weiberfeind, überreichte einer Dame, die ihm beim Aufstehcn von einen, Falle behilflich war, eine Rose. Und beredter als Alles sagt unS, was die Rose unS bereutet, eine Anekdote von einem Schulmeister, der ein junge« Bauernmädchen liebte. Als sie starb (so er zählt Zimmermann), meißelte er mit ungeübter Hand eine Rose auf ihren Grabstein und setzte auf ihn die Worte: „So war sie".
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