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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.07.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960711012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896071101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896071101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-07
- Tag1896-07-11
- Monat1896-07
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DI» Morgenausgabe erscheint um V,? Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentags um S Uhr. Mactton SN- Erpe-Wo«: JahauneSsaffe 8. Dir Expedition ist Wochentags «nuuterbroche« geöffnet von früh 8 LiS Abends 7 Uhr. Bezugs-Preis U Ut Hauptexpedition oder den im Stabt- Utztrk und den Vororten errichteten SluS- -obesiellen ab geholt: vierteljährlich ^iL.SO, bei jweimaliger täglicher Zustellung in« Haus 5.50. Durch di« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteuäbrlich S.—. Direkte tägliche Kreuzbandsenduug tu» Ausland: monatlich 7.50. Filiale«; vtts KtsilljaH Sortim. (Alfred Hahn), UuivrrsitätSstraße 3 (Paulinum), LautS Lösche, lkatharluenstr. 14, hart, uud KönigSplatz 7. Morgen-Ausgabe. UchMer „ TagMM Anzeiger. Nnttsölatt -es Königlichen Land- und Dntsgerichtes Leipzig, -es Mathes nn- Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Tonnabenb den 11. Juli 1896. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. «rel»men unter dem RedartiouSstrich (4ge- spalten) 50^, vor den Familiennachrichlen (6 gespalten) 40^. Größere Schrift«» laut unferem Preis- vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziff«r»satz nach höher«« Tarif. Sri»«-Beilagen (gefalzt), uur mit der Morgen - Autgab«, oh», Postbefürderung SO.—, mit Poslbesprdirung 70.—. , -o-»o > Annahmkschlnß filr A«)ti-en: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen,Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei de» Filialen uud Anuahmesrelleu je eine halbe Etuudr früher. Antkigcn sind stets aa di« Expedition zu richten. Druck und B»rlng von E. Pal» i» Seivsig so. Jahrgang. Panzerschiffe im Gefecht. V. 8. Die Frage, über welche Schiffstypen die deutsche Marine in Zukunft verfügen muß, hat unausgesetzt die leitenden Kreise beschäftigt; im Frühjahr machte sich eine gewisse Strömung für die Bevorzugung der Kreuzer geltend, der freilich ganz hervorragende Marineofficicre mit dem Be merken entgegentraten, daß Kreuzer und Panzer sich ergänzen müssen. Jetzt nimmt zu der viel erörterten Frage auch der Eapitainlieutenant Weber, commandirt zum Oberkommando der Marine, das Wort; er kommt in seinem Artikel „Panzer schiffe im Gefecht", der in der vom Nachrichtenbureau des Obercommandos der Marine redigirten „Marine-Rundschau" enthalten ist, zu folgenden Schlußfolgerungen: 1) Seit dem Tage von Kinburn ist die Ausübung der Seeherrschaft von dem Besitze und der thatkräftigen Ver wendung von Panzerschiffen abhängig. Nur durch sie ist ein Staat im Stande, einem anderen, nicht an ihn an grenzenden Staate seinen Willen aufzuzwingen, falls jener Panzerschiffe besitzt. In einem Kriege mit einem angrenzenden Staate können sie durch die Möglichkeit, die Seeherrschaft zu gewinnen und das feindliche Land von seinen Hilfsquellen abzuschneiden, so wesentlich zur Verkürzung eines Krieges bei tragen, daß nur Länder wie Belgien und die Schweiz sie entbehren können. Mehr als in einem Landkriege gilt in einem Seekriege das Wort, daß die beste Verteidigung der Angriff sei. Man könnte nach den bisherigen Erfahrungen sogar sagen, er sei die einzige. Das vielgebrauchte Wort „Küste n- vertheidigung" ist ein hohles Schlagwort. Die einzige Art der Küstenvertheidigung, die eine feindliche Flotte wirklich abwehrt, besteht in der Bekämpfung der letzteren in offener Seeschlacht. Andere können Wohl Theilerfolge erzielen; die Brandschatzung der Küste, die Vernichtung des schwimmenden Nationalvermögens aber können sie nicht ver hindern. 2) Bei der Aussichtslosigkeit, in einer modernen See schlacht mit irgend welchen ungepanzerten Fahrzeugen etwas zu erreichen, das des Einsatzes werth wäre, ergiebt sich daher der Schluß, daß eine seefahrende Nation gut thut, die für ihre Verteidigung zur See zu erübrigenden Geld mittel in folgender Weise anzulegen: Der weitaus größte Betrag müßte zum Bau und regelmäßigen Ersatz erst klassiger Schlachtschiffe verwendet werden; der Rest entfällt auf drei weitere Typen, die Panzerkreuzer, Torpedoboote und die Stationskreuzer. Ueber den Werth der Panzerkreuzer gehen die Ansichten weit auseinander. So wie die Verhältnisse aber gegenwärtig liegen, dürften sie kaum zu entbehren sein. In die eigentliche Schlachtlinie können sie nicht eingestellt werden, weil sie durch ihre schlechtere Manövrirfähigkeit und größere Verwundbarkeit dieser häufig ein Hemmschuh sein würden. Aber da eine Flotte unmöglich dauernd in einem Zustande höchster Gefechtsbereit schaft fahren kann, ist Si cheru ngS- und Nachrich tend ienst erforderlich, dessen schwache Streitkräfte nur dann ihren Zweck erfüllen können, wenn sie gegen feindliche Panzerkreuzer einen sicheren Rückhalt besitzen — und den soll eben der eigene Panzerkreuzer bieten. Ein zweites Feld der Thätigkeit er öffnet sich dieser Schiffsclasse, wenn in kritischen Situationen die Autorität der Stationskreuzer nicht mehr ausreicht; dann ist der Panzerkreuzer, der heutzutage selbst in kleinen über seeischen Staaten seinesgleichen antrifft, die gegebene Schiffs classe, die rasch auf der Scene zu erscheinen und nachdrücklich zu handeln vermag. Und auch in der Entscheidungsschlacht in den heimischen Gewässern stellt dieser Typ keinen unnützen Ballast dar. Wenn er auch nicht in der eigentlichen Schlacht linie zu fechten bestimmt ist, so kann er doch zu besonderen Divisionen mit befonderen Aufgaben zusammengestellt werden, und da nach den bisherigen Erfahrungen die Widerstands fähigkeit des Panzers weit größer ist, als auf dem Schieß stande, so darf auch er hoffen, zur Entscheidung mit bei zutragen. Ebenso kann auf die Torpedoboote nicht verzichtet werden, da sic eines der vornehmsten Mittel sind, um die Nerven des Feindes zu ruiniren und ihn zu starkem Kohlenverbrauch zu zwingen, ganz abgesehen von den Aus sichten, welche ein Torpedobootsangriff während der See- fchlacht auch in dem Zeitalter der Schnellladegeschütze noch hat. Die letzte Schiffsclasse endlich bilden die Stations kreuzer, bei deren Abmessungen mau ja eine gewisse Rück sicht auf die Bedürfnisse der Auslandsstationen nicht außer Acht lasfen darf, die aber so gefechtstüchtig und dampfkrästig wie nur irgend möglich zu bauen sind. Denn der Reserve, die man für sie zur Ermöglichung von Ablösungen in der Heimath bereithalten muß, fällt der obenerwähnte Sicher heit^ und Nachrichtendienst im Kriege zu. Eine weitere Differentiirung der Typen ist vom Uebel. Reiche Nationen, wie England und Frankreich, können sich eine solche gestatten, wie der reiche Mann für jede Thätig keit und jeden Sport sein besonderes Costüm und Geräth besitzt; der Arme hingegen, und zu diesen müssen wir uns ja noch rechnen, muß sich mit dem Arbeitskittel und wenigen, aber vollwerthigen Werkzeugen begnügen. Deutsches Reich. ckr Berlin, 10. Juli. Nächstens wird man alle Grütz- ner'schen Mönchsbilder verbrennen und dem sündhaften Maler aufgeben, seine runden Köpfe und Bäuchlein hinfüro nur noch Weltlichen auf- respective anzusetzen. Hat nämlich die „Germania" ein Bildlein, so ein bayerischer Schreiber in Grützner'scher Weise entworfen und in den bayerischen Verkehrs blättern hat drücken lassen, ans ihren Index gesetzet und den Staatssecretair von Stephan fürchterlich bedräuet, weil so- thanes Geschrift durch die „Deutsche VerkehrSzeitung", all- welche das „officiöse Organ des Herrn Staatssecretairs" genennet wird, denen Neichspostbeamteen vor Augen geführt worden ist. Die armen thumbcn Knaben des frumben Zeitungsblattes nehmen fast groß Aergernnß, sintemalen sie schätzen, dem Priestersland wär Schimpf angethan, schreiben auch, es sei ein „politisch" Sach, will fagen, ein groß Ding, so das teutfche Reich und kaiserliche Majestät anging, ingleichen legen stark und mächtig Verwahrung ein im Namen der katholischen Christenheit, insonderlich aberst obbemeldeter Reichspostbeamten. Selbiges Geschrift ist aber betitult: Der Stellwagen, was die Völker weiter gen Mitternacht Omnibus benamsen, beschreibet, was allerhand for Passageer solchen Vehiknlums oder Fuhrwerks sich zu bedienen pflegen, wär auch schier ergetzlich zu lesen, so der Böse den Schreiber nit hält verführen wollen, sein fast ungewaschen Maul an hochwürdigster Geistlichkeit zu wetzen, item von einem frumben Discipul benebst Pfarrers köchinnen zu reden. Lauten aber die Sätz, so den heiligen Zorn der „Germania" erwecket, also: 8 .... In der Ecke lehnt ein geistlicher Herr; runde Wänglein, runder Bauch, Spuren von Schnupftabak und ein gelbes Brevier, das sind die Zeichen. Manchmal schließt er die Augen und nur die wulstigen Lippen gehen auf und nieder und verrathen, daß er betet, Dominus vobisoum — Amen — Amen. Endlich schweigt er ganz und die Seufzer seiner Andacht arten in ein grimmiges Schnarchen aus Tief bescheiden, fast verlegen, blickt der kleine Bauernstudent um sich, den die Gemeinde aus öffentlichen Mitteln zum Theologen züchtet. Engbrüstig und eingeklemmt, bleich und philiströs mit 16 Jahren sitzt der gepäcklose Jünger des Geistes zwischen den selten Kindern dieser Welt. Wer möchte glauben, daß er einst zum Umfang seines geweihten College» heran wachsen würde? Die alle Köchin, die neben ihm sitzt, weil sie zu ihrem neuen Dienstherrn fährt, schimpft über den Alten und blickt in den Pausen auf den Kleinen. Sie hat schon jetzt Respect vor ihm, denn das idealste Avancement, das einer Köchin werden kann, ist die Pfarrersköchin Sein zwar, Gott seis geklagt, alleweil noch nit so frumm wie die heiligenmäßige „Germania", müssen aber doch testjren, daß solch Sprüch arg lästerlich und strafbar sind. Möchten auch, daß bemeldetem Staatssecretair streng Buß auferleat würd. Wäre Wohl zu detiberiren, justament weil das Geschrei geht, er verstünd guten Wein wohl zu aestimiren, ob nit bis zum Sanct Michaels Tag lauter schlesischen zu trinken verhalten sein sollt, oder gar ras Geschriebene der „Germania" zu sich nehmen und auf dem Katholikentag, so anno 1807 gehalten wird, wörtlich hersagen müßt. Kunnt leicht geistlich und weltlich Ordnung zu Scheitern gehn, wo man über geistlich Fett, desgleichen Köchin reden dürft gleichwie über Dinge, so von dieser Welt seind. * Berlin, 10. Juli. Ein internationaler Congreß für Frauenwerke und Frauenbestrebungen findet in der Zeit vom 19.—26. September in Berlin statt. „Zum ersten Male," heißt es in dem das Programm begleitenden Anschreiben, „wird in Deutschland eine internationale Ver einigung von Frauen einberufen, um über die gesummten Gebiete der Frauenthätigkeit, der Frauenbewegung und Franenbestrebungen in den verschiedenen Ländern einen Mei nungsaustausch herbeizuführen und fördernde Vergleiche an zustellen." Das Unternehmen möchte alle Frauen vereinigen, „die sich für die Bewegung zu Gunsten ihres Geschlechtes interessiren, sowie Abgesandte von Frauenverbänden und Frauenvereinen und diejenigen Männer, welche an Frauen werken mitarbeiten". Die officiellen Sprachen des Congresses sind deutsch, englisch, französisch und italienisch. Der erste Tag des Congresses soll Vorträge über den gegen wärtigen Stand der Frauenbewegung bringen. Tags darauf dann Borträge über Kinderpflege und Jugenderziehung (Kinderschutzvereine, Krippen, Kinderbewahranstalten, Kinvergärten und Seminarien, Vereine für Familen- und Volkserziehung, Jugendhorte und öffentliche Spielplätze, Volksschule, höhere Mädchen- schule und Seminare für Lehrerinnen, Haus- und landwirthschaftliche Ausbildung der Mädchen in Koch- und Haushaltungs-, Obst- und Gartenbauschulen). Hieran schließt sich die Behandlung der höheren Bildung für die Frau (Mädchengymnasium, Studium ans Hochschulen und Universitäten). Der nächste Tag ist Len Vor trägen über die Frauenarbeit gewidmet (Arbeiterinnen- und Lohnfrage in Handel, Industrie und Gewerbe, Fach- und Gewerbe schulen. Tie Tienslbotensrage. Tie Organisation der Berufs vereine. Wohlfahrtseinrichtungen. Berichte aus allen Lander» . Tann kommen die Fragen der Gesundheitspflege und der öffentlichen Sittlichkeit (Vorträge über Krankenpflege und über häusliche und öffentliche Gesundheitspflege, Ernährung in: Hause und in Massenspeisungsanstalten. Mäßtgkeitsbestrebungcn. Genesungshäuser und Heilstätten. Die Krankenpflege in den Colonien. Wöchnerinnen-Asyle. Feriencolonien. Die Sittlichkeitsfrage. Berichte aus allen Ländern). Am 5. Tag« steht die Rechtsstellung der Frau und ihre Betheiligung am öffentlichen Leben zur Erörterung. (Vortrag über die Rechtsstellung der Frauen im Bügerlichen Gesetz,im Gemcinderecht, Handels-und Vereinsrecht. Berichte aus allen Ländern über die Rechtsstellung der Frau, Gruppen für sociale Hilfsarbeit, Theilnahme an der Waisen- und Armenpflege, am Schulrath, an der Vormundschaft.) Ten Beschluß sollen Vorträge machen über Betheiligung der Frauen an Kunst, Wissenschaft und Literatur, sowie an den Friedens-Gesellschaften. Die Hauptversammlungen LeS Congresses finden im Bürgersaal des Rathhauses, Königftraße, statt. In den freien Vor- und Nachmittagsstunden werden SectionSvorträge und Besprechungen veranstaltet. Gemeinschaftliche Besichtigung von Anstalten für Volkswohlfahrt und Sehenswürdigkeiten Berlins und seiner Umgebung sind geplant. Eine Abschieds feier in der Gewerbeausstellung bildet den Schluß des Congresses. V. Berlin, 10. Juli. (Telegramm.) Prinz und Prin zessin Heinrich von Preußen werden am 17. d. M. zum Besuch der Königin in England erwartet. Prinz Hein rich und Gemahlin sollen den Kaiser bei der Hochzeit der Prinzessin Maud von Wales uud des Prinzen Karl von Dänemark vertreten. G Berlin, io. Juli. (Telegramm.) Wie der „Reichs auzeiger" meldet, chat der Kaiser anläßlich des Abschlusses der Arbeiten der Commission für die zweite Lesung des Bnrgcrlichcn Gesetzbuches folgenden Mitgliedern dieser Commission Auszeichnungen verliehen: dem Oberforst meister Or. Danckelmann unter Belassung in seinem Amte als Director der Forstakademie zn Eberswalde den Titel Landesforstmeister mit dem Range der Räthe 2. Classe, dem bayerischen Kämmerer Freiherrn v. Gag er n den Notben Adlerorden 3. Cl., dem KammergerichtSratb Hoffmann nnd dem Generaldirector Goldschniidt in Berlin den Rothen Adlerorden 4. Cl., dem Landrath v. Helldorff in Bebra den Kronenorden 2. Cl. mit dem Stern, dem Professor- Conrad in Halle und dem Geschäftsinhaber der Disconto- Gesellschast in Berlin, Generalconsul Rüssel, den Kronen orden 2. Classe. D Berlin, 10. Juli. (Telegramm.) Nach einer Meldung des „Reichsanzeigers" ist der Geh. Regierungsratb im Neichsamte des Innern I>r. Richter zum Rcichs- commissar der Pariser Weltausstellung und der RezierungS- rath im Reichsamte des Innern Lewald zu dessen Stell vertreter ernannt worden. Die Geschäftsräume des Reichs- commissars befinden sich in Berlin, Wilhelmstraße 74, wohin sämmtliche Anfragen zu richten sind. Ein deutscher Luchhändler und sein Werk. Zum lOOjährigcn Bestehen der Verlagsbuchhandlung Friedrich Andreas Perthes in Gotha. Von Otto Berdrow. In einem Aufsatz aus dem Jahre 1834 nannte Friedrich Perthes es eine unumstößlich feststehende Thatsache, „daß deutscher Buchhandel bis dahin der Träger deutscher Wissen schaftlichkeit, Gründlichkeit und Gediegenheit gewesen und in seinen besseren Theilen noch jetzt sei, ihm selbst zu bleibender Ehre, dem deutschen Vaterland aber, und dem Gesammtgebiet wahrer Gelehrsamkeit und Bildung zu Förderung und Nutzen. Daß nun dieses Palladium", so fährt er fort, „dem deutschen Buchhandel nicht entrissen, daß der Unruhe und der un würdigen Buchmacherei gesteuert, der Buchhandel in allen seinen Theilen wiederum mehr in den Dienst der Wissenschaft und der wahren Volksbildung zurückgeführt werde, — dafür zu sorgen, ist eines jeden deutschen Buchhändlers, der Ehre höher achtet als Geldgewinn, heilige Verpflichtung." — Daß Friedrich Perthes nicht nur schöne Worte machte, sondern daß er zeitlebens diese Grundsätze befolgt hat, geht aus folgendem Worte hervor, da» Rist ibm einmal schrieb: „Mit Erstaunen sehe ich Ihre buchhändlerische Thätigkeit an; sie ist nicht nur eine materielle, sondern strebt, eine Idee wissen schaftlicher Förderung in sich auszubilden. Gewiß, Sie er werben sich durch die Anregung so gediegener Werke und durch die Durchführung so manches äußerlich gewagten Unter nehmens kein geringes Verdienst um unser Vaterland und setzen Ihrem Namen ein Denkmal, welches so leicht nicht ver gehen wird." ES ziemt sich wohl, diesem Manne, einem der be deutendsten Buchhändler aller Zeiten, groß als Vorkämpfer seines Standes, erfüllt von echt deutscher Gesinnung, edel nnd tüchtig als Mensch und Bürger, nach hundertjährigem Bestehen deS von ihm errichteten Werke« einen bescheidenen Denkstein zu errichten. Friedrich PertheS war rin Sohn Thüringens. Am 2l. April 1772 in Rudolstadt geboren, wurde er nach frühem Verlust seines Vaters von seinem Oheim Heubel, fürstlichem Stallmeister und Oberaufseher auf dem alten Schlöffe Schwarzburg, mit wahrhaft väterlicher Liebe erzogen. Früh mußte der Knabe an seine Berufswahl denken: da ein Bruder seines Vaters, IustuS Perthes, Verlagsbuchhändler in Gotha war, so entschloß er sich für denselben Beruf. Es war eine harte Lehrzeit, die der arme Junge von 1787 bis 1793 im Geschäft des Buchhändlers Böhme in Leipzig durchleben mußte. Namentlich in den ersten Jahren sah er böse Tage; im ersten Winter wurde er fortdauernd von einem Leipziger Buchhändler zum andern gehetzt, um Bücher, die auf dem Böhme'schen Lager nicht vorrätbig waren, heranzuschleppen; Abends mußte er dann mit nassen und durchfrorenen Füßen auf den steinernen Fließen des nie geheizten „Gewölbes" stehen, um zu collationiren. So ging es tagtäglich von sieben Uhr Morgens bis acht Uhr Abends. Dazu hatte er schwer zu leiden unter der maßlosen Heftigkeit seines Lehrherrn. In den späteren Jahren seiner Lehrzeit wurde fein Loos leichter. Seine Arbeit wurde interessanter und Böhme schenkte ihm Vertrauen. Eigentliche Handelskenntnisse und eine höhere Auffassung des Berufs lernte Perthes von Böhme nicht, da dieser fein Geschäft ganz handwerksmäßig betrieb; was der junge Mann an tieferen Kenntnissen über Buchhandel und Literatur erwarb, verdankte er lediglich seinem leb haften Geiste und Wissenstriebe. In seinen wenigen Mußestunden suchte er mit regem Fleiß die großen Lücken seines Wissens auszufüllen; mit tiefem Ernst arbeitete der Jüngling an seiner sittlichen Vervollkommnung. — So nahte sich die Lehrzeit ihrem Ende. Ostern 1793 trat PertheS in das Geschäft des Buchhändlers Hoffmann in Hamburg und damit in eine ganz neue Sphäre. Hier fand er im Hause seines neuen Principals Bildung und Herzens güte, eine zwar anstrengende Geschäftsthätigkeit, die ihm aber neue und wichtige Seiten des Buchhandels erschloß; hier fand er das anregende Leben einer bedeutenden Handelsstadt und vor Allem den Verkehr mit gebildeten, hochstehenden Menschen. „PertheS", schrieb damals einer seiner Freunde, „ist ein Mensch, der mich durch seinen zarten Sinn und durch sein ernstes Ringen nach Veredlung sehr an sich zieht." ES ist ein sicherer Beweis für die Tüchtigkeit des jungen PertheS^ daß ihm, dem Vierundzwanzigjährigen, der selbst keinen Thalrr besaß, das Vertrauen befreundeter Familien die große Summe verschaffte, deren er zur Gründung eines eigenen Geschäftes bedurfte. Bis dahin waren dir beiden Zweige deS Buchhandels, Verlag und Sortiment, fast nie getrennt von einander betrieben worden; regelmäßig war der Verleger zugleich SortimrntShändler, und umgekehrt. PertheS war der erste, der, begünstigt durch die allgemeine Lage des Buchhandels, rS wagte, den SortimentSbandel für sich allein zu unternehmen. Am 11. Juli 1 796 zeigte er im „Ham burger Correspondenten" mit folgenden Worten die Eröff nung seines Geschäftes an: „Ich mache hierdurch bekannt, daß ich hier eine neue Buchhandlung errichtet und nunmehr eröffnet habe. Auf meinem Lager befinden sich dir besten altern und neuern in Deutschland herauSgekommenen Bücher, und ich darf versprechen, jedes Buch, das überhaupt nock irgendwo zu bekommen ist, verschaffen zu können. Einen Theil meines Sortiments habe ich einbinden lassen, um so den Wünschen des lesenden Publicums noch geschwinder zu entsprechen, die Kenntniß von dem, was man kauft, zu er leichtern und den Bedürfnissen der hier durchreisenden Aus länder mehr entgegen zu kommen." — Auch Journale und Zeitungen versprach er auszulegen. Das Unternehmen schlug ein. Unterstützt von dem tüchtigen, sehr kenntnißreicben Besser, der 1798 als Theilnehmer in die Handlung rintrat, gelang es Perthes kraft seiner durchgreifenden Energie und seines frischen Muthes, große Schwierigkeiten zu überwinden und die Hand lung schnell in die Höhe zu bringen. Sein Laden war der eleganteste in Deutschland, sein Lager in solcher Ausgesucht heit und Vollständigkeit gewiß nicht zum zweiten Mal zn finden. Nicht der Erwerbung eines großen Vermögens galten in erster Linie seine Anstrengungen. Schon damals stand ihm die hohe Bedeutung des Buckbandels für Wissenschaft und Kunst, für das gesummte geistige Leben des Volkes, so klar, so vorherrschend vor der Seele, daß er weniger Gewicht auf den Erwerb, als auf die selbstlose Förderung der geistigen Cultur legte. Perthes schrieb dem Buchhändler einen wesent lichen Einfluß auf die Richtung zu, in welcher Leser und Käufer bei der Auswahl ihrer geistigen Nahrung zu Werke gehen, und so betrachtete er zeitlebens den Buchhandel und die Art seines Betriebes als eine tief in den Gang der Ge schichte eingreifende Macht. Tief empört war er über die jenigen seiner Collegen, die durch Erzeugung und Vertrieb unsittlicher Schriften den schlechten Instinkten deS Publicums entgegenkommen. „Deutschland ist mit elenden und scheuß lichen Bückern überschwemmt," schrieb er einmal, „und würde frei von dieser Plage sein, wenn dem Buchhändler die Ehre lieber wäre als das Geld." — Als 1827 ein schmutziges Werk von einem deutschen Buchhändler verlegt und ver breitet worden war, trat Perthes in einer von zwei hundert Mitgliedern besuchten Versammlung des Börsen vereins der deutschen Buchhändler in Leipzig auf, rügte mit edlem Zorn diese Handlung und forderte den Verein auf, die zur Stelle befindlichen Exemplare der Schmutzschrift am schwarzen Brete öffentlich zu zerreißen: wenn Gleiches in künftigen ähnlichen Fällen immer wieder geschehe, so werde niederträchtige Schamlosigkeit sich nicht mehr an den Tag wagen, die Ebre des deutschen Buchhandels aufrecht erhalten und großem Uebel vorgebeugt werden. Der angeschuldigte Verleger war selbst zugegen. Nach kurzem Bedenken stimmten die Anwesenden Perthes bei, und am folgenden Tage ver nichtete der Börsenvorstand wirklich in feierlicher Weise die vorhandenen Exemplare. Getragen durch seine eigene Besonnenheit nnd durch die helfende Treue seiner Freunde, konnte er nicht allein die all gemeine Handelskrisis, die 1799 über Hamburg hereinbrach, überstehen, sondern sogar noch die seiner Handlung gestellten Aufgaben zu erweitern. In Hamburg, Holstein, Mecklen burg und Hannover, wo überall schon gute Verbindungen angeknüpft waren, sollte seine Handlung die Grundlage ihres Geschäftsbetriebes finde», aber von dieser Grundlage aus eine Stellung gewinnen, durch welche sie zur Vermittlerin des literarischen Verkehrs aller europäischer Völker unter einander wurde, indem sie die Literatur eines jeden Volkes allen andern zugänglich machte. In der That bat er An sichtssendungen — er war der erste Buchhändler, der seinen Kunden die ihrer besondern Sinnesart, ihren Neigungen uud Verhältnissen angemessenen Bücher zur Durchsicht und Aus wahl vorlegte — bis in eine Entfernung von 30 und 40 Meilen, ja bis nach Dänemark, Schweden, Petersburg und England expedirt — bei den damaligen Ver kehrsverhältnissen gewiß eine anerkennenswerthe Leistung. Natürlich kostete das Alles unendliche Mühe und Arbeit. „Das, was man in der Welt Glück nennt, habe ich wirklich", schreibt er einmal. „Aber wahrlich! leicht wird mir dieses Glück nicht gemacht; und wenn ich die sorgen- und peinvollcu Stunden gegen die ruhigen und sorgenlosen halte, jo haben die ersteren ein übermäßiges Gewicht." Zn allen Kreisen, die sich ihm erschlossen, erwarb er sich sofort Vertrauen und hohe Achtung durch seine männliche Lebenstüchtigkeit, durch die herrliche Kraft, die ihn belebte. Hervorragende Gelehrte, Staatsmänner und Dichter wurden seine Freunde. Niebuhr, Johannes von Müller, Gras Reventlow, die fromme Fürstin Gallitzin, Boie, Stolberg, Voß und viele Andere traten dem schlichten, ungelebrten GelchäftSmannc herzlich nah. Sehr bedeutungsvoll wurde ihm die Bekanntschaft deS Dichters Claudius, die er im Herbst 1796 machte. Sehr bald fühlte er sich durcb Bande der Freundschaft und — Liebe sehr fest an das HauS des „WandSbecker Boten" gekettet. Claudius' älteste Tochter, die sinnige, fromme Caroline, batte eS ihm angethan. Schon im Frühling des nächsten IahreS bat er um ihre Hand. Es konnte Claudius nicht leicht werden, seine Zustimmung zu geben; doch auch hier siegte der gute Eindruck, den Pertbes' edle, tüchtige Persönlichkeit überall ausübte. Am 2. August 1797 durfte PertheS seine Caroline heimfübren. Der Besitz dieser herrlichen Frau ist ihm ein rechter Segen, ja ein Hall fürs Leben gewesen; durch die Liebe zu Caroline überwand er daS Schwanken, dir Unruhe seiner Seele; seine innere Entwickelung nahm einen herrlichen Aufschwung. Am 19. November 1806 wurde Hamburg von den Franzosen besetzt, nnd nun begann für den Freistaat eine siebenjährig« LeivenSzeit, in der PertbeS sich wie ein Held bewährt hat. Durch das Verbot des Verkehrs mit Englanv wurde der hamburgische Handel vernichtet; Perthes verlor alle-, waS er in zehn sorgen- und arbeitvollrn Iabren er worben hatte. Den Muth aber verlor er nicht; keck ein-
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