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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960804027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896080402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896080402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-04
- Monat1896-08
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Bezugs-Preis U der Hauptexpedition oder den km Gtadt. bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgebolt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung inS Daus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich /t 6.—. Directe tägliche Kreuzbandiendung inS Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-ArSgabe erscheint um '/,? Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Ukr. Nedaclion und Expedition: AohanneSgaffe 8. Dir Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Ott» Klemm's Sortim. (Alfred Hab»«). Uotversitütsstraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche, sscitbartnenstr. 14, part. und KönigSplah 7. Abend-Ausgabe. UtWWr TaMM Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petüzeile SO Psg. Meclamen unter dem RedactionSstrich (4ge- spalten) LO^j, vor den Familtennachrichte» (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernfatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderuag 60.—, mit Postbrsörderung ^l 70.—. Anzeiger. Nuttsvlatt -es königlichen Land- «n- Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Ännahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Au-gabr: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Au-gabr: Nachmittag» SUHL Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» aa die Expedition zu richten. "«'S—— Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Dienstag den 4. August 1896. so. Jahrgang. Die Organisation des Handwerks. Der Gesetzentwurf, betreffend die Organisation des Hand werks, ist gestern Abend, wie gemeldet, im „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht worden. Der Entwurf behandelt I. die Orga nisation des Handwerks (Zwangsinnungen, Handwerks ausschüsse, Handwerkskammern, gemeinsame Bestimmungen); II. die freien Innungen; III. die IunungSverbände; IV. die Lehrlingsverhältnisse; V. den Meistertitel. Die grundlegende Bestimmung lautet: „Zur Wahrnehmung der Interessen des Handwerks und zur Regelung des Lehr- lingSwesens im Handwerk sind Innungen, Handwerksausschüsse und Handwerkskammern zu errichten." Ueber die Zwangs-Innungen bestimmt der Entwurf Fol gendes: Für die in dem nachfolgenden Verzeichnis aufgeführten Otewerke sind Innungen zu errichten: Barbiere, Bäcker, Bandagisten, Böttcher, Brauer, Brunnen macher, Buchbinder, Buchdrucker, Bürsten- und Pinsel macher, Conditoren, Dachdecker, Drahtzieher, Drechsler, Farben-, Stein-, Zink-, Kupfer-, Stahldrucker, Färber, Feilenhauer, Frifeure und Perrückenmacher, Gas- und Wasserleitungs- Installateure, Gelb- und Rothgießer, Gerber, Zinn-, Zink-, Metall gießer, Glaser, Glockengießer, Gold- und Silberarbeiter, Graveure, Handschuhmacher, Hutmacher, Kammmacher, Klempner, Korbmacher, Kürschner, Kupferschmiede, Maler, Lackircr, Maurer, Metzger (Fleischer), Müller, Mühlenbauer, Musikinstrumentenmacher, Nadler, Nadelschmiede, Posamentirer, Sattler, Riemer, Täschner, Schiffbauer, Schleifer, Schlosser, Schmiede, Schneider, Schornstein feger, Schreiner (Tischler), Schuhmacher, Seifensieder, Sieb macher, Sporer, Büchsen- und Windenmacher, Sonnen- und Regen- schirmmacher, Spirlwaarenverfertiger, Steinmetze, Steinsetzer, Stricker, Stuckateure, Tapezierer, Töpfer, Tuchmacher, Uhrmacher, Vergolder, Verfertiger grober Holzwaaren, Wagner (Rade- und Stellmacher), Weber, Zimmerer. Dieses Verzeichniß kann durch Beschluß des BundeS- raths und mit seiner Zustimmung für das Gebiet eines Bundesstaats oder Theile eines solchen durch Anordnung der LandeS-Centralbehörde abgeändert werden. Die Innungen werden für örtliche Bezirke errichtet, welche der Regel nach so abzugrenzen sind, daß kein Mitglied durch die Entfernung feines Wohnorts vom Sitz der Innung be hindert wird, am Genossenschaftsleben tbeilzunehmen und die Innungseinrichtungen zu benutzen. Die Innungen werden der Regel nach für ein Gewerbe errichtet. Soweit in einem der Vor schrift des vorstehenden Absatzes entsprechenden Bezirk dieZahl der Angehörigen eines Gewerbes zur Bildung einer leistungs fähigen Innung nicht ausreicht, können verwandte Gewerbe zu einer Innung vereinigt werden. Für Gewerbetreibende, welche einer Innung unter Beachtung der vorstehenden Bestimmungen nicht zugewiesen werden können, unterbleibt die Errichtung von Innungen. Als Mitglieder gehören der Innung alle Diejenigen an, welche das Gewerbe, wofür die Innung errichtet ist, als stehendes Gewerbe selbstständig betreiben, mitAusnahmeDerjenigen,welche das Gewerbe fabrikmäßig betreiben. Das Gleiche gilt von Handwerkern, welche in landwirth- scbaftlichen oder gewerblichen Betrieben gegen Entgelt be schäftigt sind, sofern sie der Regel nach Gesellen oder Lehr linge halten. Gewerbetreibende, welche mehrere Gewerbe betreiben, gehören derjenigen Innung als Mitglieder an, welche für das hauptsächlich von ihnen betriebene Ge werbe errichtet ist. Die Mitgliedschaft beginnt für diejenigen, welche zur Zeit der Errichtung der Innung das Gewerbe betreiben, nut dem Zeitpunkt der Errichtung, für diejenigen, welche den Betrieb des Gewerbes später beginnen, mit dem Zeitpunkt der Eröffnung deS Betriebes. Berechtigt, der für ihr Gewerbe errichteten Innung für ihre Person beizutreten, sind: 1) diejenigen, welche daS Gewerbe fabrikmäßig betreiben; 2) diejenigen, welche in einem Betriebe des Gewerbes als Werk meister oder in ähnlicher Stellung thätig sind; 3) diejenigen, welche in dem Gewerbe als selbstständige Gewerbetreibende oder als Werk meister oder in ähnlicher Stellung thätig gewesen sind, diese Thätig- keit aber aufgegeben haben und eine andere gewerbliche Thäligkeit nicht ausüben; 4) die in landwirthschaftlichen oder gewerb lichen Betrieben gegen Entgelt beschäftigten Handwerker, wenn sie der Regel nach weder Gesellen noch Lehrlinge halten. Diesen Personen ist der Austritt aus der Innung jeder zeit gestattet, wenn daS Statut eine vorherige Anzeige dar über nicht verlangt. Die Anzeige kann frühestens 6 Monate vor dem Austritt verlangt werden. Die Errichtung der Innung erfolgt durch Ver fügung der höheren Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Innung ihren Sitz haben soll. Die Verfügung muß die Abgrenzung des Bezirks der Innung und die Bezeichnung derjenigen Gewerbe enthalten, für welche sie errichtet wer den soll. Aufgabe der Innung ist: 1) Die Pflege deS Ge meingeistes, sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre unter den Mitgliedern; 2) die Förderung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen (Gehilfen), sowie die Fürsorge für das Her bergswesen und den Arbeitsnachweis; 3) die Durch führung und Ueberwachung der Vorschriften über daS Lehrlingswesen. Soweit solche Vorfchriften nicht ander weit erlassen sind, hat die Innung dieselben zu erlassen; 4) die Entscheidung von Streitigkeiten der im 8 3 deS Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890 (Reichs-Gesetzbl. S. 141) und im Z 53u des Kranken- VersicherSungsgesetzes vom bezeichneten Art zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Lehrlingen; 5) die Bildung von Prüfungs-Ausschüssen zur Abnahme der Gesellenprüfung. In Betreff der Handwerksausschüsse wird bestimmt: Zur Wahrnehmung der gemeinsammen gewerblichen Interessen der Gewerbetreibenden eines Bezirks, welche eines der im Eingang bezeichneten Gewerbe als stehendes Gewerbe selbst ständig und nicht fabrikmäßig betreiben, oder zu den weiterhin bezeichneten, nicht selbstständigen Handwerkern gehören, ist ein Handwerksausschuß zu errichten. Ueber die Handwerkskammern wird bestimmt: Zur Vertretung der Interessen des Handwerks ihres Bezirks sind Handwerkskammern zu errichten. Die Errichtung erfolgt durch eine Verfügung der LandeS-Centralbehörde, in welcher der Bezirk der Handwerkskammer zu bestimmen ist. Durch Verfügung der LandeS-Centralbehörde kann der Bezirk der Handwerkskammer abgeändert werden. In diesem Falle hat eine VermbgensauSeinandersetzung nach Maßgabe des tz 88o zu erfolgen. Die Zahl der Mitglieder der Handwerkskammer und ihre Vcr- tbeilunq auf die Handwerksausjchüffe wird durch das Statut be stimmt. Für die Mitglieder sind Ersatzmänner zu wählen, welche für dieselben in Behinderungssällen und im Falle des Ausscheiden» für den Rest der Wahlzeit einzutreten haben. Die Mitglieder und Stellvertreter werden von den Handwerksausschüfsen ge wählt, welche ihren Sitz im Bezirk der Handwerkskammer haben. Wählbar sind nur solche Personen, welche 1) zum Amt eines Schöffen fähig sind (88 31, 32 deS Gerichts- verfassungsgesetzes); 2) das 30. Lebensjahr zurückgelegt haben; 3) im Bezirk der Handwerkskammer ein Handwerk mindestens seit drei Jahren selbstständig betreiben; 4) die Besugniß zur Anleitung von Lehrlingen besitzen; 5) in dem der Wahl vorangegangenen Jahre für sich oder ihre Familie Armenunterstützung aus öffent- ttchen Mitteln nicht empfangen oder die empfangene Armenunter stützung erstattet haben. Unter den gemeinsamen Bestimmungen heißt eS: Mehrere Bundesstaaten können sich zur Errichtung ge meinsamer Innungen, Handwerksausschüsse und Hand werkskammern vereinigen. In diesem Falle sind die den Behörden übertragenen Befugnisse von den Be hörden desjenigen Bundesstaates wahrzunehmen, in welchen die Innung, der Handwerksausschuß und die Handwerks- Die Innungen, Handwerksausschüsse und Handwerkskammern dürfen ihren Mitgliedern und Angehörigen die Verpflichtung zu Handlungen oder Unterlassungen, welche mit den Aufgaben der Innungen, Handwerksausschüsse und Handwerkskammern in keiner Verbindung stehen, nicht auferlezen. Die Innungen, Handwerksausschüsse und Handwerkskammern können unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden. Für ihre Verbind lichkeiten hastet den Gläubigern nur ihr Vermögen. Betreffs der freien Innungen wird bestimmt: Selbst ständige Gewerbetreibende, welche weder einer Zwangsinnung angeboren, noch dem Handwerksausschuß unterstehen, können zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen zu einer freien Innung zusammentreten. Die Innung ist befugt: ihre Wirksamkeit aus alle gemeinsamen gewerblichen Inter essen auszudehnen. Insbesondere steht ihr zu: 1) Fach schulen für Lehrlinge zu errichten und zu leiten; 2) zur Förderung der gewerblichen und technischen Ausbildung der Meister und Gehilfen geeignete Einrichtungen zu treffen; 3) Ge hilfen- und Meisterprüfungen zu veranstalten und über die Prüfungen Zeugnisse auszustellen; 4) zur Förderung des Ge werbebetriebs der Innungsmitglieder einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb einzurichten- 5) zur Unterstützung der Innungsmitglieder und ihrer Angehörigen in Fällen der Krank heit, deS Todes, der Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger Be dürftigkeit Classen einzurichten. Die hauptsächlichsten Bestimmungen über die LehrlingS- vtrhältuisse lauten: Bei Personen unter 17 Jahren, welche mit technischen Hilfeleistungen, nicht lediglich aus nahmsweise oder vorübergehend beschäftigt werden, gilt die Vermuthung, daß sie in einem Lchrverhältniß stehen. Die Besugniß zum Halten oder zur Anleitung von Lehrlingen steht Personen, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, nicht zu. Die Besugniß zum Halten und zur Anleitung von Lehrlingen kann solchen Personen ganz oder auf Zeit entzogen werben, welcke sich wiederholt grober Pflichtverletzungen gegen die ihnen anvertrauten Lehr linge schuldig gemacht haben, oder gegen welche Thatsachen vorliegen, die sie in sittlicher Beziehung zum Halten oder zur Anleitung von Lehrlingen ungeeignet erscheinen lassen. Die Besugniß zur Anleitung von Lehrlingen kann ferner solchen Personen entzogen werden, welche wegen geistigeroderkörper licher Gebrechen zur sachgemäßen Anleitung eines Lehrlings nicht geeignet sind. Die wichtigsten Bestimmungen über den Meistertitel lauten: Handwerker, welche Kraft Gesetzes einer Zwangs innung angehören oder einem Handwerksausschuß unterstehen, dürfen den Meistertitel nur führen, wenn sie in ihrem Gewerbe die Besugniß zur Anleitnug von Lehrlingen erworben und die Meisterprüfung be standen haben. Die Abnahme der Prüfung erfolgt durch Prüfungsco in Missionen, welche ans einem Vorsitzenden und vier Beisitzern bestehen. Die Errichtung der Prüfungscom missionen erfolgt nach Anhörung der Handwerkskammer durch Verfügung der höheren Verwaltungsbehörde, welche auch die Mitglieder ernennt; die Ernennung erfolgt auf drei Jahre. Die Prüfung darf nur den Nachweis d er Befähigung zur selbstständigen Ausführung der gewöhnlichenArbeiten deSGewerbes und der zu seinem selbstständigen Betriebe sonst nothwendigen Kenntnisse bezwecken. Das Verfahren vor der Prüfungs-Commission, der Gang der Prüfung und die Höhe der Prüfungsgebühren werden durch eine von der Handwerkskammer mit Genebmigung der Landes - Centralbehörde zu erlassende Prüfungsordnung geregelt. Die Kosten der Prüfungs-Commissionen fallen der Handwerkskammer zur Last, welcher die Prüfungsgebühren zufließen. Die Prüfungszeugnisse sind kosten- und stempelfrei. Die Begründung dieser Vorlage liegt noch nicht vor. Politische Tagesschau. * Leipzig, 4. August. Wir haben vor einigen Tagen auf Grund der Aus lassungen, die von autoritativer Seite vorlagen, gegen die Auffassung uns gewendet, daß der „JltiS" nickt mehr see tüchtig gewesen und daß hierauf die Katastrophe zurückzu führen sei. In einem ohne Zweifel inspirirten Artikel weist heute die „Köln. Ztg." diesen unsere Marineverwaltung schwer belastenden Vorwurf ebenfalls zurück und führt des Weiteren aus: „Dann giebt es noch Kritiker, die sich beson ders daran klammern, daß das Schiff zu klein gewesen sei, und die als Ersatz desselben einen größern Typus verlangen. Die Forderung in solcher Allgemeinheit ist zurückzuweisen. Die allgemeine Richtung geht ja in der Thal auf Vergröße rung der Schiffstypen, aber die Entscheidung, wie groß oder wie klein ein Schiff zu construiren, wird abhängig gemacht werden müssen von der beabsichtigten Art der Verwendung. Kanonenboote und kleine Kreuzer sind nicht nur dazu bestimmt, flache Küsten zu befahren, sondern auch möglichst weit in Flüsse einlaufen zu können, die nur geringen Tiefgang gestalten. Für eine solche Bestimmung sind große und größte Schiffe gradezu unbrauchbar, und cs ist durch aus erwünscht, daß ein Gesckwader wie unser chinesisches aus verschiedenen Typen zusammengesetzt sei, unter denen neben dem Hochseekreuzer mit stärkster Schutzvorrichtung, mächtigster Artillerie und größterGeschwindigkeit auch das kleine flachgehende Boot nicht fehle. Allgemein wird anerkannt, LaßSchiffe wie „Iltis" und „Wolf" die besten Dienste erwiesen haben. Soll man nun, weil das eine untergegangen, den ganzen Typus ohne Weiteres zum alten Eisen werfen? Wenn ein neuer „Iltis" auserstebt, so wird er sickerlich dem alten nickt in allen Stücken gleichen, denn wie die Kriegskunst, so ist auch die Schiffsbaukunsl ver änderlich. Ganz ausgeschlossen aber ist, daß man aus dem Ersatz eines Kanonenbootes eine Kreuzersregatte machen wird, denn so wie wir Kreuzersregatten brauchen, so brauchen wir auch Kanonenboote. Im Uebrigen wird man eS ruhig der Marineverwaltung überlassen dürfen, mit Forderungen an den Reichstag heranzutreten." Der „Vorwärts" sieht sich zu einer Warnung an die der Armee angehörenden Mitglieder der socialdemokratischen Partei veranlaßt. Er räth „jedem Angehörigen des Soldaten standes, während der Zeit, wo er unter dem Militairgesetz stebt, seine politische Gesinnung für sich zu bebalten". Der Nutzen, den ein Soldat der Partei durch Propaganda bei diesem oder jenem Kameraden etwa erweisen könnte, werde unter allen Umständen überwogen durch die Strafen, die Feuilleton. Lim Pinkerton und ich. Roman von R. L. Stevenson und Lloyd Osbourne. 82j Autorisirte Bearbeitung von B. Kätscher. Nachdruck verboten. Nach dem Speisen ging ich mit ihm in sein Atelier, daS nunmehr ganz anders auSsah als unter Mafson. An den Wänden hingen Tapisserien, einige gute Radirungen, sowie Oelgemälde von Rousseau, Corot, Whistler, Crome und Tizian. Außer bequemen englischen Ranchzimmerstühlen waren drei famose amerikanische Schaukeksessel da. In der Mitte stand ein großer, schöner Tisch und auf diesem allerlei geistige Ge tränke nebst mehreren Flaschen Sodawasser. In einem Winkel erspähte ich ein Feldbett und eine Badewanne. „Jetzt sind wir allein und ungestört. Bitte, setzen Sie sich und erzählen Sie mir Ihren Theil der Geschichte", sprach Carthew. Ich kam seinem Wunsche nach, begann mit der Lectüre der verhängnißvollen Stelle im „Daily Occidental" und schloß mit den Markendoubletten Denman's. Dadurch, daß Carthew im Fragen nach Einzelheiten unerschöpflich war, wurde die lange Erzählung noch länger, und es hatte bereits Mitter nacht geschlagen, als ich endete. „Nun komme ich an die Reihe", sagte dann mein Gegen über. „Mein Theil der Geschichte ist so unangenehm, daß ich ihn nur höchst ungern berichte und daß Sie sich wundern werden, wie ich schlafen kann. Einmal habe ich schon gebeichtet." „Ihrer Mutter Wohl?" „Ganz richtig I Und ich habe mir zugeschworen, nie wieder davon zu sprechen. Und ich sehe ein, daß Sie für das schwere Geld, welches Sie an dem Wrack verloren haben, auf die Erzählung ein Anrecht besitzen. Also los denn!" Als er fertig war, krähten bereits die Hähne, und die Holzfäller begannen ihr Tagewerk. Ich will mich bemühen, möglichst genau wiedrrzugeben, was ich aus seinem Munde erfuhr. Zweiundzwanzigstes Capitel. Singleton Carthew, der Vater NorriS', war vierschrötig gebaut empfindsam wie ein Musiker, langweilig wie ein Schaf und gewissenhaft wie ein Hund. Er nahm seine Stellung sehr ernst und gab sich recht pomphaft. Die langen Zimmer und die wortlose Dienerschaft dünkten ihm eine Art Religion, deren Gott er war. Er konnte, wie alle Dummen, Dummheit bei Anderen nicht leiden, und doch fürchtete er, wie alle Eiteln, daß Andere seine eigene Beschränktheit entdecken könnten. Er hielt feinen Sohn NorriS für einen Dummkopf und hatte ihn im Verdacht, er gebe ihm diese schmeichelhafte Meinung mit Zinsen zurück. Die Beiden kamen selten zusammen und dann gab's zwischen ihnen jedesmal Streit. Und was Lady Cartbew betrifft, so trat bei ihr, einer feurigen, schneidigen, praktischen Frau, die Enttäuschung über NorriS zu derjenigen über ihren Gatten und ihren älteren Sobn. Und doch konnte man dem jungen Menschen nichts Schlimmes vorwerfen. Er war schüchtern, ruhig, verträglich, unthätig, unstrebsam, ohne jeden Ehrgeiz. Das Leben kam ihm nicht sonderlich anziehend vor; er betrachtete eS, wie man eine seltsame, aber langweilige Ausstellung betrachtet: weder amüsirt noch zur Betheiligung veranlaßt. Verwundert sab er seine Eltern sich eifrig und gewichtig mit Kleinlichkeiten abgeben und seinen Bruder den Vergnügungen eines Bauern- tölpels nachjagen. Während sie sich allerlei unnütze Sorgen machten, kümmerte er sich um gar nichts. Die Lockungen, Beschäftigungen, Versprechungen und Auszeichnungen der Welt ließen ihn völlig kalt. Er liebte die freie Natur und den Umgang mit Genossen, einerlei mit welchen. Er fand an der Malerei Geschmack; diesen bildete er an dem kostbaren Inhalt der Schloß-Gemäldegalerie, die ihm einen unauslöschlichen Eindruck machte. Er war der erste Carthew, der den Pinsel führte, und er ver ¬ vollkommnete sich von selber im Malen, dabei die Kunst immer mehr liebgewinnend. Dennoch duldete er, daß sein Vater ihn dieser Vorliebe entriß und ihn nach Oxford auf die Universität schickte. Wohl sagte er seinem Vater, er se« zum Studiren zu wenig begabt und wolle lieber ein Maler werden; doch gab er sofort nach, al« er sah, daß der Alte unwillig wurde. „WaS lag mir daran, was ich unternahm? Und wozu den Vater ärgern?" sagte er. In Oxford ging er allerlei Liebhabereien nach und be handelte die Studien und die Professoren mit souverainer Gleichgiltigkeit. Seine mit seiner Schwermuth zusammen hängende leichtfertige Sorglosigkeit ging so weit, daß die Lehrkräfte ibn» obwohl er nicht einmal unhöflich sein wollte. für unverschämt hielten und inmitten deS zweiten Jahres plötzlich heimschickten. Eine Releairung war im Hause Carthew etwas Neues und NorriS' Vater schwieg keineswegs. Er batte sich längst daran gewöhnt, dem jüngeren Sohn ein böseS Ende vorber- zusagen; jetzt empfand er das geheime Vergnügen eines Propheten, dessen Weissagungen in Erfüllung zu geben be ginnen. Er betonte, daß er den schlimmen Zwischenfall er wartet babe, sprach von Galgen und Galeeren unv machte wegen der nicht sehr großen Oxforder Schulden ein Geschrei, als ob er zu ibrer Bezahlung seine Güter verkaufen müßte. „Du bist unbillig, Vater!" sagte NorriS. „Ich habe an der Universität meine Lebenshaltung genau nach Deinen Vorschriften eingerichtet. Ich bedaure wirklich sehr, relegirt worden zu sein, und Du hast vollkommen Reckt, wenn Du mich darob tadelst; aber diese Schulden darfst Du mir nicht vorwerfen." Der Alle wüthete nun so sehr, daß der Sobn schließlich sagte: „Ich sehe, daß wir in dieser Weise nicht fortkommen. Weißt Du was? Du solltest mich denn doch Maler werden lassen. Etwas Anderes interessirt mich nun einmal nicht und nur bei der Malerei würde ick ausdauern können." Carthew sen. nahm eS sehr übel, daß sein Sprößling auf diese „Leichtfertigkeit", wie er es nannte, zurückkam. Er schickte den jungen Mann ins Ausland behufs Erlernung fremder Sprachen. Diese erlernte er denn auch, aber e« kam etwa« theuer zu stehen. Bald mußten für ibn Schulden in beträchtlicher Höhe bezahlt werden, WaS den Vater zu neuen heftigen Vorwürfen veranlaßte, die zwar gerechtfertigt waren, jedoch auf NorriS keinen Eindruck machten. Seit dem Lärm wegen der mäßigen Studentenschulden batte er ausgehört, sich in seinen Ausgaben irgendwelche Beschränkungen aufzuerlegen. Er säete Zahlungsunfähigkeit und verständigte zu geeigneter Zeit Herrn Singleton von der Reife der Ernte. Er that dies mit so erbitternder Gleichgiltigkeit, daß sein Er nährer ibn in den diplomatischen Dienst steckte, ihm sein eigenes Privatvermögcn auShändigte und ihn sich selbst überließ. Als NorriS 25 Jahre alt war, hatte er sein ganze- Ver mögen angebracht, eine riesige Schuldenlast eingewirthschaftet und war ein Kartenspieler geworden. Ein ungarischer Oberst — derselbe, der sich einige Monate später in Monte Carlo erschoß — nahm ihm innerhalb 22 Stunden den Rest seiner Habe und noch recht viel mehr ab. Nochmal« rettete der Vater seine Ehre, diesmal um einen sehr hohen Betrag; dann schickte er ihn wieder in die Welt hinaus, aber weit, weit weg und unter strengen Bedingungen. Er mußte nach Neu- Südwalcs geben, durfte nickt nach Hanse schreiben und sollte bei einem Sydneyer Rechtsanwalt vierteljährlich 75 Pfund Sterling beheben. Wäre er auch nur an einem Onartalstag nicht in Sydney, so würde man ihn für todt halten und den Zuschuß einstellen. Ließe er sicks beifallen, nach Europa zurnckzukehren, so würde der Alte sich durch Anzeigen in allen großen Zeitungen öffentlich von ihm lossagen. NorriS war gewohnt, unter allen — selbst den widrigsten — Umständen ruhig zn bleiben. Er erwartete stets Unheil und ertrug es sorglos, wenn es kam. Auch diesmal be wahrte er seine Kaltblütigkeit und tbat, als ginge die Sache ihn gar nichts an. Er steckte die Vorwürfe und das Reise geld ein und gehorchte. In Sydney angelangt, ließ er sich die ersten 75 Pfund auSzahlen, aber er blieb unverbesserlich — am achtzehnten Tag hatte er daS letzte Silberstück aus gegeben. Jetzt verlegte er sich auf daS Stellensuche», wurde jedoch überall abgewiesen. Schließlich mußte er wegen MiethrückstandeS auch sein Zimmer verlassen und sich damit begnügen in seinem höchst eleganten Sommeranzug zusammen mit den Aermsten der Armen unter freiem Himmel im Grünen zu schlafen. In seiner Noth wendete er sich an den Rechtsanwalt, dem die Auszahlung deS väterlichen Zuschusses oblag. „Herr Carthew, meine Zeit ist kostbar", sagte derselbe. „Sie brauchen mir Ihre Lage nicht ausführlich zu schildern, denn ich kenne dieselbe ohnehin, da Sie durchaus nicht der erste „Rimessenmann" — wie wir hier zu Lande jüngere Söhne in ähnlichen Umständen nennen, weil sie von den Rimessen ihrer Angehörigen im Mutterland leben — in meiner Praxis sind. Ich will mit Ihnen verfahren, wie ich in allen solchen Fällen verfahre. Ich schenke Ihnen hiermit ein Pfund Stirling, und mein Bureauchcf wird Ihnen auf Ihre nächste QuartalSrimefse jeden Tag einen Shilling vorstrecken, Sonn abend zwei, weil am Sonntag! mein Bureau gesperrt ist. Ich stelle jedoch drei Bedingungen; erstens daß Sie meine eigene Zeit nickt in Anspruch nehmen» zweitens, daß Sie nie be trunken hierher kommen, drittens daß Sie sich täglich sofort nach Unterfertigung des Empfangsscheins entfernen. Und nun guten TaA, Herr Carthew!" Ungefähr drei Wochen lang fand NorriS sich jeden Morgen, Sonntags ausgenommen, punct 10 Uhr im Bureau des RecktSanwaltS ein um sein Hungergeld entgegen zu nebmen
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