Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960806011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896080601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896080601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-06
- Monat1896-08
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-PreiS U b« Hauptexpedttio» od«r b« i» Stadt. b«ztrk «nd den Vororte« errichtete« An»- e« abgedolt: vtertelj-chrltch^^L^ bei Wetmalwer »glich« »»stell««, b-S Ha«»^l»chO. D«rch die Host be»oa« Deutschland «nd Oesterreich: oierteüährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandseuduu, in» Ausland: monatlich ^ll 7lliü. Di« Morgen-AnSgab« erscheint »» '/,7 Uhr. di» Ab»bchbw«ab« Wochentag» um b Uhr. Le-artto« miL Lr-e-itto«: Ash«me»t«Ge 8. DleErpevttion ist wocheutags ««»»terbroche» ge^snet vo» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. /Male«: Vit» Klemm'» Sortim. (Alfred Hahn). UoiversitätSstraße S (Panlinnm), «out. Lösche, Kaibartnmflr. 74. Part. u»d König»vl«tz 7. 386. Morgen-Ausgabe. UchMcr.TagMM Anzeiger. Amlsvlatt -es Aömgkichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes «nd Notizei-Amtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklame« unter dem RedactivnSstrich (4ae- spalten) 50^, vor den Famlliennachrichtea (bgejpalten) 40^. Gröbere Schriften laut innerem Preis- verzrichnih. Tabellarischer und Mernsatz «ach höherem Taris. Extra-Beilagen (gefalzt), «ur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung >l SO.—, mit Postbrförderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anreige« sind stet» an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Donnerstag den 6. August 1896. 90. Jahrgang. Bestellungen auf Reiseabonnements nimmt entgegen und führt für jede beliebige Zeitdauer aus als LxpvüMon ass 1-vlprlxer iLKekIsttes, JohanniSgasie 8. Seitens der Ansiedelungs-Commission sind für die An siedler bisher 6 Kirchen, 3 Bethäuser, 8 Schulen mit Bet sälen, 58 andere Schulen, 7 Pfarreigehöfte, 1 Propstei, 29 Armenhäuser mit einem Gesammtauswand von 1 465 175 errichtet worden. Raifftisen'sche DarlehnScassen wurden 11, Postagenturen 21, landwirthschaftliche Vereine 9 in» Leben gerufen. Die statistischen Ueberstchten und die Karte ermöglichen natürlich keinen Einblick in die qualitativen Ergebnisse des Ansiedelungswerke». Wir wollen unS deshalb heute mit dieser allerding» wichtigsten Seite der Sache nicht befassen und nur auf Grund anderweit eingezogener Erkundigungen unsere Meinung dahin aussprechen, daß da- Werk der AnstedelungS-Commisston im Allgemeinen al» gelungen be zeichnet werden kann, daß der oft ausgesprochene Vorwurf der Langsamkeit de« Vorgehen» ein ungerechtfertigter ist, daß im Gegentheil die gründlichen und umsichtigen 'Vorarbeiten daS Gelingen des überaus schwierigen Werkes erst gewähr leistet haben. Die Langsamkeit der Arbeit ermöglicht e« auch, gemachte Erfahrungen, z. B. über den Umfang ver Ansiedler stellen, über die Größe deS zu gewährenden Credites später zu berücksichtigen. Dagegen ermöglicht die Veröffentlichung von LangbanS einen Einblick in den Umfang und in die geographische Vertheilung de- Ansiedelungswerkes. In beiden Be ziehungen ist der gewonnene Eindruck kein erfreulicher. Bi» jetzt reprasentireu die Erwerbungen nur 1,6 Proc. der Gesammtfläche der betreffenden Kreise und 3,2 Proc. der Gesammtfläche deS Großgrundbesitze- in den betreffenden Kreisen, sie sind auf 37 Kreise, die 4 Regierungsbezirke der beiden Provinzen Westpreußen und Posen verzettelt. Dabei ist der vorhandene Fonds von 100 Mill., der durch daS Gesetz vom 26. April 1886 zur Verfügung gestellt war, vermuthlich bald erschöpft. Nachweisungen hierüber fehlen allerdings, da nur die Kaufpreise der 176 Liegenschaften mit 53,8 Millionen Mark und die Ausgaben für öffentliche Bauten mit 1,4 Millionen Mark beziffert werden, sicht aber die Kosten der Verwaltung, der Melio rationen und der den Ansiedlern eingeräumten Eredite. Etwa» günstiger stellt sich freilich da« Berhältniß der Er werbungen der AnsirdelungScommission zu der Gesammtfläche, wenn man nur die überwiegend von Polen bewohnten Gebiete betrachtet. Es ist da in einzelnen Gegenden (Kreise Znin und Gnesen) doch schon kräftig Bresche gelegt in daS polnische Sprachgebiet, und man sieht hieraus, wieviel mit einer konsequenten Fortsetzung der begonnenen Arbeit für die nationale Sache geleistet werden kann. Aber im Großen und Ganzen hat doch noch nicht mehr geschaffen werden können alS einzelne Oasen in der aroßen polnischen Wüste. Soviel steht daher fest, daß der AnsiedelungS-Commission neu« Fond- im Betrage von mehreren hundert Millionen Mark pnd zwar recht bald zur Verfügung ge stellt werden müssen, wenn daS Ansiedelungswerk nur an nähernd feinen Zweck erfüllen soll, die „hohenzollernschen Colonisationen" deS Großen Kurfürsten und des Großen Königs fortzusetzen und einen nrnnenSwerthen Theil deS deutschen Ostens wirklich deutsch zu besiedeln. Hoffentlich entbindet man dabei die Commission von der Vorschrift, nur auS polnischer Hand zu kaufen. Vom nationalen Die Änstedelungscommisfion. ReichStaaSabgeordneter Prof. vr. Hasse schreibt unter dieser Ueberschrist in den „Alld. Blättern": „Der auf dem Gebiete nationaler und colonialer Karto graphie unermüdlich thätige Paul Langhaus hat seiner überaus lehrreiche« Darstellung der fremden Volksstamme im deutschen Reiche, verglichen mit der Vertheilung der christlichen Hauptbekenntnisse (1:1 500000). soeben eine karto graphische Darstellung (1: 500 000) der Thätigkeit der An- siedelungScommisston für die Provinzen Westpreußen und Posen 1886—1896 folgen lassen (IustuS PertheS in Gotha). Diese Karte, die ebenso wie dre oben genannte auf Gemeinde einheiten zurückgeht und im Uebrigen auf den amtlichen Angaben der AnsirdelungScommission beruht, deckt die über wiegend deutschbewohnteu Gebiete mit rother, die von der AnsirdelungScommission avgekauften Güter mit grüner, da- russtsche Staatsgebiet mit grauer Farbe und läßt somit die innerhalb deS deutschen Reiche- vorwiegend von Polen be wohnten Gebiete weiß, waS einen handschriftlichen Nach trag der weiteren Fortschritte der AnsirdelungScommission ermöglicht. Dabei sind die Namrn der bereit» ganz oder theilweise mit Deutschen besiedelten Güter und Bauern- wirthschafteu roth unterstrichen. Der Karte, deren Prri» 1 -F beträgt, ist eine Statistik der Thätigkeit der AnsirdelungScommission bi» Ende 1895 beigegebeu. Danach waren bis zum 31. December 1895 angekauft 141 Güter von zusammen 87 811 du, sowie 35 Baueruwirthschaften von 1393 du, zusammen 176 Liegen- schäften von 89 204 da für 53 876 587 Eine Tabelle zeigt da» Berhältniß ihre« Flächeninhaltes zur Gesammt fläche der betreffenden Kreise und de» in ihnen vorhandenen Großgrundbesitzes. Danach vertheilen sich die angekauften Liegenschaften auf 7 Kreise deS Regierungsbezirk» Brom berg mit zusammen 31 084 da, auf 18 Kreise (von den vor handenen 28) deS Regierungsbezirks Posen mit 33 378 da, auf die 3 Kreis« Berent, KarthapS und Pr. Stargard des Regierungsbezirks Danzig mit 2731 da, auf 9 Kreise deS Re gierungsbezirk» Marienwerder mit 22 011 da. Der Antheil der Erwerbungen an der Gesammtfläche de- Kreises ist am größten in den Kreisen Znin mit 13Proc. und Gnesen mit 12,4Proc. und sinkt herab bis auf 0,1 Proc. in de» Kreisen Grätz und Schlochau. Die bi» Ende 1895 «»gesetzten 1784 Ansiedlerfamilien stammte vorwiegend au« Posen (390), Westpreußen (320), . . , Brandenburg (227), Westfallen (197), Pommern (151), Standpunkte auS ist eS völlig gleichgiltig, oh der Groß- Schlesien (131), Württemberg (54), zum Theil waren es (83) I grundbesitzer ein Deutscher oder ein Pole ist, so lange auch russische Rückwanderer. Die meisten Siedelungen sind rein I der Deutsche polnische Arbeiter oder Dienstboten hält oder evangelisch besetzt worden, 4 aber auch katholisch. I zu halten gezwungen ist. Nicht der Besitz ist heutzutage da- Entscheidende, sondern die Arbeit. Wenn wir auS den Tabellen ersehen, daß an die Stelle einer Besitzerfamilie bi» zu 65 Ansiedlerfamilien treten können, so ist eS völlig gleichgiltig, ob jene eine Familie eine deutsche oder eine polnische war. Und eine Großgrundbrsitzung kann jeden Tag au» deutscher privater Hand in polnische Hand zurück fallen, während die Polonisirung geschlossener deutscher Bauerndörfer angesichts der Verkauf-beschränkungen, die den Ansiedlern von der AnsiedlungScommission auferlegt werden, und der systematischen Fürsorge für rin deutsches Kirchen- und Gemeindewesen al» ausgeschlossen gelten kann, zum mindesten bei dem evangelischen Hauptbestandtheile der An siedelungen. ES wird aber auch in geographischer Hinsicht für die Fortsetzung der Ansiedelungsthätigkeit ein Plan aufgestellt werden müssen. Nur wenn man mehrere Milliarden auf wenden kann und will, wird man in allen den 37 Kreisen die Arbeit mit Aussicht auf Erfolg fortsetzen können. Ob bei den bisherigen Erwerbungen überhaupt ein Plan vorhanden war, ist uns nicht bekannt. Jedenfalls läßt die Karte einen solchen nicht erkennen. Für einen solche» Plan könnten die verschiedensten Ge sichtspunkte maßgebend sein. Der nächstliegende Gedanke ist der einer Borschiebung deS geschlossenen deutschen Mehrbrits- aebietes nach dem Osten. Denn die Aufsaugung polnischer Inseln im geschlossenen deutschen Gebiete kann der natür lichen Entwickelung der Dinge überlassen bleiben. Von einem solchen Anschluß ist aber durchaus nichts zu merken, denn dann müßten die Siedelungsgüter vorwiegend auf dem west lichen Rande der weißen (polnischen) Flächen liegen. Da die Commission au» polnischer Hand kaufen soll, konnte sie hier auch wohl kaum kaufen. Denn je weiter nach Westen, umso mehr befindet sich der Großgrundbesitz in deutscher Hand. Man könnte andererseits die sogenannte AbschnürungS- theorie anwenden. Dann müßten die SiedelungSgüter vorwiegend an der russischen Grenze liegen, oder da, wo sich bereit» Einschnitte in da» geschloffene polnische Gebiet vorfinden, also z. B. in dem Kreise Kempen zum Zwecke der Isolirung der schlesischen von den posenschen Polen oder auf der Linie Schneidemühl, Bromberg Thorn zum Zwecke der räumlichen Trennung der posenschen von den westpreußischen Polen. Aber auch derartige Pläne lassen sich der Karte nicht entnehmen. Endlich würde e» in Betracht kommen und bei den Mehrheitsverhältnissen im Reichstag durchaus natürlich er scheinen, wenn di« Siedelungen dazu dienen sollten, bei den Wahlen zum Reichstag die Zahl der polnischen Ab geordneten zu mindern. Aber auch dieser Zweck scheint bisher nicht vorgeschwebt zu haben. Andernfalls müßten die Siedelungen geschlossener in gefährdeten deutschen Reichs tags-Wahlkreisen, wie in Schwetz — man denke an die neuliche Stichwahl — und in Wahlkreisen wie Rosenberg- Löbau (Marienwerder 2), Graudenz-Straßburg (Marien werder 3), Thorn-Kulm-Briesen (Marienwerder 4), Bromberg (Bromberg 3) Fraustadt-Lissa (Posen 6) liegen. In diesen fünf bisher durch Polen vertretenen Reichstagswahlkreisen würde eine kleine Vermehrung der deutsch - evangelischen Bevölkerung den Sieg deutscher Candidaten sehr wahrschein lich machen. Nebenbei bemerkt würden drei dieser Kreise voraussichtlich den Deutsckconservativen, zwei der deutschen ReichSpartei zufallen. Bei den 1893 vorgenommenen Wahlen lagen nämlich die Verhältnisse in diesen Kreisen wie folgt in Procenten der Bevölkerung nach den Confessionen und in Procenten der Stimmen: Bevölkerung SS fielen Stimmen evangel. talholifL auf Polen Hegner Rosenberg-Löbau . . . 51,4 47,0 52,3 47,7 K. Graudcnz-Straßbnrg. . 44,5 52,4 51,7 48,3 N. Thorn-ttulm-Briejen. . 44,0 53,6 54,6 45,4 R. Bromberg .... . 59,7 37,8 54,0 46,0 R. Fraustadt-Lissa. . . . 37,6 59,8 50,5 49,5 R. In allen übrigen zur Zeit durch Polen vertretenen Wahl kreisen bildet die evangelische (deutsche) Bevölkerung weniger als den dritten Theil der Gesammtbevölkerung, und dem gemäß entfielen auch nur weniger als 33 Proc. der ab gegebenen Stimmen auf die deutschen Gegner der gewählten Polen, während sich bei den Wahlen zum preußischen Landtag daS Berhältniß für die Deutschen günstiger stellt. Aber auch hier siebt offenbar da« unglückselige Princip bindernd ,m Wege, möglichst wenig von Deutschen zu kaufen In den genannten Wahlkreisen, besonders in den west preußischen, aiebt eS eben keinen polnischen Großgrundbesitz zu kaufen. Wenn man hier germanisiren will, muß man eSdurch Verwandlung deutschen Großgrundbesitzes in deutschen Kleingrundbesitz, d. h. durch Beseiti gung der polnischen, von ihren Caplänen geleiteten Arbeiter bevölkerung. Fast scheint eS demnach, als habe man den Stier bei den Hörnern packen, als habe man sich in das dichteste Polenthum hineinstürzen wollen und planlos überall da gekauft, wo polnischer Großgrundbesitz zu kaufen war. Das war zweifellos ein schwerer Fehler — eine Verzettelung der Kräfte, falls man nur mit der kleinen Summe von 100 Millionen (nicht Betriebs-, sondern) Umlausscapital zu rechnen hatte. Aber die Ansiedetungscommission sowohl, wir die SlaatSregierung, unter deren Aussicht sie arbeite., bat offenbar die 1886 be willigten 100 Millionen von vornherein nur als den ersten Schritt auf dem betretenen Wege betrachtet und damit ge rechnet, daß weitere erhebliche Bewilligungen die Abrundung der angefangenen Arbeit ermöglichen würden. Diese in ihrem jetzigen Stadium liegen zu lassen, hieße sich vor der Zukunft durch ein Bauwerk lächerlich machen, von dem nur einzelne einsame Säulen fertig geworden sind. In dieser Hinsicht mit ihren weiteren Plänen bervor- zutreten, wird die preußische Regierung nun nickt lange mehr vermeiden können, wenn sie sich nicht Mißdeutungen aussetzen und eine ruhige Weiterarbeit der Ansierelungs- commission unmöglich machen will. Aber auch unter diesem Gesichtspunkte wird es sich für letztere empfehlen, in Zukunft planmäßig eine ganz besondere Aufmerksamkeit folgenden Gebieten zuzuwenden und hier, einerlei ob aus deutscher oder polnischer Hand zu kaufen, WaS irgend preiSwerth zu erwerben und zur Be siedelung geeignet ist, dagegen von weiteren Ankäufen im Regierungsbezirk Danzig, sowie in den ganz polnischen Gebieten südlich der Stadt Posen vorläufig abzusehen: a. Reichstagswahlkreis Fraustadt-Lissa, der überhaupt nur 67130 Einwohner hat, in dem also eine geringe Vermehrung der deutsch - evangelischen Bevölkerung die nationalen und poliliscbcn Machtverhältnisse leicht verschieben läßt. Dieser Kreis hat übrigens Anschluß an da» geschlossene deutsche Sprachgebiet von Glogau, und die Ansiedelungscommission hat in ihm bereits durch Erwerbung von Lirgensch asten Fuß gefaßt (Lissa 3310 bu, Fraustadt 852 ba). d. Tas Gebiet der obengenannten 5 Reichstagswahlkreise Rosenberg- > Löbau, Graudenz- Straßburg, Thorn-Kulm-Briesen, Schwetz und FeniUeton. Die Frau im Spiegel -er Frau. Eulturbilder au» aller Herren Lauder. VII. Die ««»arische Krau. Bo« Ire«« Mallay (Pest). Rachdru« »«riott». Wer die ungarische Frau in ihrer ureigensten Domaine kennen lernen will, der muß sie in Hau» und Hof, in Küche und Keller, in der Milchkammer und im Geflügelhof be obachten. Die ungarische Frau ist Hausfrau pur sraoUovos. All' ihre vielleicht weniger schimmernden, aber um so solideren Vorzüge entwickelt die Ungarin für den beschränkten Krei» der Ihrigen. Kür da» leibliche Wohl de» Gatten und der Kinder zu sorgen, ihren Gästen die köstlichsten Erzeugnisse ihren Gärten, ihrer Felder, ihrer Küche und ihre» Keller» zu bieten, auf diesem Gebiete immer Neue» zu ersinnen und ihre Ri valinnen zu überflügeln, da» ist der höchste Ehrgeiz der echter ungarischen Hausfrau. Daß hierbei auch «in wenig Eitelkeit mitspielt — die un ausgesprochene Ambition, bei irgend einer der zahllosen hau»- und landwirthschaftlichen oder industriellen Ausstellungen eine Medaille für irgend ein ganz specielle» Melvnrnmu», einen neuartigen Hagebuttenkäse, ein herrliche» Hühnerfett oder ein selbstgewebte» spinnwehfeine- Linnen zu bekommen —, Du mein Gott! wer sich frei fühlt vom EitelkeitSteusel, der werfe den ersten Stein aus sie. Womit aber beileibe nicht gesagt sein soll, daß die ungarische Fra« auf da» virlbrlobte und virlgeschmäbte Herrscher attribut de» Kochlöffel» allein aaaewitsen ist! E» 'ft hlo» eine ihrer charakterffchsten Eigenschaften und sicher nicht die schlechteste, daß sie häuslich ist, wi« die Deutsch« — doch leider nicht so sparsam. Die Ungarin liebt in ibrem Hauswesen und an ihrem Tische Fülle und Ueberfluß; sie fühlt sich nur wohl, wenn fie au» dem Bolle« greift« and biete« kann; weise Eiatheiluug, Beschränkung de» Heute i« Erwartung de» Morgen ist ihr ein unbequemer Zwang. Da- un verkümmerte Genießen de» Heute, ohne an ein etwa morgen drohende» Entbehren zu denken, ist wohl zu» Theil «tue Eoufequenz de» gottaesegneten, ungarischen Boden», drinn Milch «nd Honig fließt: zu» Theil auch ist diese sorglose, last verschwenderisch« üppig« Füll«, m der die ungarische Krau fich gefällt und die sie nimmer kargend deu Ihren wie dem Gaste, der ihre Schwelle betritt, dem Diener, der in ihrem Solde steht, und dem Bettler, der an ihre Thür pocht, bietet, eine unwillkürliche Offenbarung ihrer gebefrohen HerzenSgüte, die gern frohe Mienen um sich sieht, da sie selber gern fröhlich ist. Ihr ganze» Naturell ist ja so sonnig «nd hrner, wenn auch von einem Grundton der Schwermuth durchzittert, der auch in den ungarischen Volksweisen nach klingt; in d«r Freude und im Glücke übersprudelnd lustig, in i«der Fiber Lebensfreude athmrnd, kennt sie im Unglück und in trübe» Tagen da» pa.sive lautlose Dulden nicht. Mit stählerner Energie schnellt st«, hundert Mal uiedergeschmettert, hundert Mal mit ungebrochenem KampftSmuth empor und ringt mit dem Mißgeschick, kämpft für ihr eigene» Ich, aber noch heldenmüthiger für da» Wohl ihres Hause», ihre» Gatten, ihrer Famili«. Di« Ungarin liebt inmaund leiden schaftlich, aber ihr Frauenstolz dämpft di« Flamme der Empfindung; sie hängt an ihre» Vaterland, aber in ruhiger, abgeklärter Pietät; sie liebt da» Ideale und Schön«, aber ohne überschwengliche, überspannte Schwärmerei; fie begeistert sich für die Freiheit, aber fie schwärmt nicht für «mancipatio«»- arlüste, für da» „Sich voll AuSlebea", für da» „Tiefinnerliche" Ibsen'scher Krauengestalten. Droht ihrer Liebe ein Hinderqiß oder eine Gefahr, dann bricht durch die Fülle der maßvolle« Ruhe die ungezügelte Macht der Leidenschaft, die Flamme der Eifersucht — denn die Ungarin ist eifersüchtig wie die Italienerin, nur nicht io rachsüchtig wi» diese —; sie kämpft für ihre Liebe, bi» sie siegt oder unterliegt, aber da» refianirte Entsagen kennt sie nicht. Wenn nun diesen leicht entzündlichen Brennstoff eine wirkliche ernste Gefahr in Brand steckt, wenn da» Vaterland wirkliche Thatev fordert, dann wird die ungarische Fra« zur todeSmuthigen Heldin, die nicht «ur ihre Juwelen, ihr Silber, ihre Schätze aus dem Altar de» Vaterlande» opfert, nicht nur mit selbstloser Hingebung alle Schrecken der Kriege und Revolutionen lindert, sondern begeistert zur Waffe greift und an der Seite de» Vater», de» Hatten, de» Bruder» mit Todesverachtung für ihr Land kämpft, wie jene unzähligen Heldinnen, die m de» blutartrjiakten Türkenschlachten auf den Zinnen der ungarische» Festungen die Anstürme der OSmanen abzuwehren geholfen, wie die rubmbekränzten Frauengestalten, di« in den ungarischen FreiheitSkämpfen gekämpft und gelitten haben. Denn die Ungarin ist Patriotin im edelste» Ginne de» Worte», wenn e» Thateu gilt und wenn da» Recht auf ihrer Seite ist. Empfindliche» Gerechtigkeitsgefühl ist eine ihrer bezeichnendsten Eigenschaften. Dais fich in diesen aus gesprochenen Grrrchtigkrit«stnn eia aut Theil Eigensinn und trotzig, Halsstarrigkeit mischt, ist wohl nicht zu leugnen; denn auch diese zwei Schwächen, oder zuweilen auch Stärken, gehören zum Charakterbild der Ungarin. Und vielleicht wurzelt auch in diesen Eigenschaften und nicht in der Vater landsliebe allein di« stark hervortretende Liebe zur Scholle, die Anhänglichkeit an daS Erbe. Eine rechte Ungarin darbt lieber auf ihrem Grund und Boden, als sich von demselben zu trennen; sie ist so innig mit ihrer Scholle verwachsen, daß sie sich an keinem anderen Hrte heimisch fühlt. Daher auch das verschwindend kleine Contiugent, welches die Ungarin zu der Zahl der wanderung-lustigen Touristinnen liefert. Und diesem Festhalten an der Scholle entspricht auch da» Festhalten an den Idealen. Die ungarische Frau ist konser vativ in ihren Ueberzrugungen und läßt sich nicht von krank basten modernen und vorübergehenden Strömungen in dem beirren, wa» sie als wahr und recht erkannt. Taucht jedoch eine neue Strömung auf, die ihren festgewurzelten Idealen entspricht, dann tritt sie activ al» Bahnbrecherin und Vor kämpferin für dieselbe ein, und darin liegt di« Bedeutung ihre» geistigen Wirken». Die Erziehung der ungarischen Frau ist ein« häusliche und wird von der Mutter oder Erzieherin geleitet. PensionS- «rziehuna beschränkt sich auf zwingende ÄuSnahmefälle. Fast jede» Mädchen wird zu einem Beruf — sei r» zu einem ge werblichen, kaufmännischen oder wiffeaschaftlichen — erzogen. Auf körperliche Entwickelung und Pflege wird großes Gewicht gelegt, der Sian für Kunst, specirll für Musik und Malerei, eifrig gepflegt. Ja jüngster Zeit wird auch den Sprache» und ernsten Wissenschaften große Aufmerksamkeit geschenkt. In socialer Hinsicht ist die Frau dem Manne vollständig gleichgestellt, steZenießt vor dem Gesetz« dieselben Rechte und hat dieselben Pflichten, und da die meisten Mädchen und Frauen sich riae selbstständige Existenz gründen «ad im praktischen Lebe» fast dieselbe Rolle spielen wi» der Mann, so ist ihre sociale Stellung in jeder Hinsicht ein, hervor ragende. Doch diese Freiheit im geschäftlichen und praktische, Verkehr wird durch den aesellschqftlichru Zwang beemtrachtigt, der Le» Mädchen und Frauen verbietet, sich allem oder ohne paffende BeschÜtzung au Lffeutlicheu LergnügungSortea, wie Theatern, Eoacrrten, Vorlesungen, Promenaden, zu zeigen, oder allein in Gesellschaft zu geben. Aber wenn sich auch jetzt die Pforten der Xlw» mater der ungarischen Frau in voller Gleichberechtigung mit dem Maui» öffnen, jo liegt e» nicht im Temperament der Uu- Larin, nach trockener Gründlichkeit ve» Willen» zu streben; ne wird »ur au» dem weitrn Reich« de» Wissen» da» auf saugen, wa» ihrem Denken und Kühlen verwandt ist, wird ihren Gesicht»krei» erweitern, neuen Stoff zur Begeisterung für ihre alten Ideale, unanfechtbare Gründe für ihre innersten Anschauungen suchen und finden. Gründlichkeit und pedan tische Genauigkeit in der Wissenschaft sind mit ihrem Naturell nicht vereinbar; aber ihr Geist ist lebhaft und wird durch todte Formeln zum lebendigen Denken und Schaffen an geregt. Darum werden auch die Universitätsstudien wenig weibliche Gelehrte, aber nm so mehr zielbewußte, selbst schaffende Denkerinnen zeitigen; wie denn auch die ungarische Frau auf jenen Gebieten, wo Phantasie, Geschmack, Geschick lichkeit und Liebe zur Sache die Hauptfactoren künstlerischer Schöpfungsfähigkeit sind, Bedeutendes zu leisten vermag. WaS die Chancen der Heirath betrifft, so sind dieselben verhältnißmäßig günstig, da nach statistischem Ausweis nur ein verschwindend geringer Procentsatz der Märchen nicht in den Stand der Ehe tritt. Wohl zeigt sich in neuester Zeit bei den Männern eine Scheu vor der Ehe, welche den modernen Ansprüchen entspringt, die unsere Generation an da- Leben stellt, aber der Umstand, daß die Mädchen auch thätig zugreifrn, um die materiellen Sorgen zu verringern, dürfte dem wieder abhelfen. Jedenfalls ist durch daS ver einte ernste Wirken der Frau und des Manne» die Stellung der Frau in der Ebe dem Manne gegenüber die e.nzig richtige, die mit gesteigertem Srlbstbewußtsein auch ein Auf gehen in seine Intereffen, ein Mitarbeiten im praktischen Sinne fordert, mithin natürlich vollstäudigr Gütergemeinschaft bedingt und natürlich je nach Individualität gänzliche Gleich berechtigung beider Theile mit sich bringt. Und nun noch eine Frage, die nicht zu den unwichtigsten Eigenthümlichkeiten der Frau gehört, ja sogar viele „Laien" am meisten interesfiren dürfte: Ist die ungarische Frau schön? . . . Ein prüfender Blick in den Spiegel giebt der Schreiberin Diese- die tröstliche Ueberzeugung, daß man fie unmöglich beschuldigen kann, ?ro äomo gesprochen-zu haben; nun denn, mit vollster Objectwität gestanden: ja, die Ungarinnen sind fast ^rchwrg schön, und eS zieht wenige Länder, wo man auf Schritt und Tritt so vielen blendende», bezaubernden, fast berückenden Schönheiten begeauet: gluthäugigen, dunkel- haariaen Gesichtern, mit leidenschaftlich geschwellten Lippen, mit schlanken, biegsamen, elastischen und doch schwellend ÜHpiaen Formen, mit musikalisch rhythmischen Bewegungen, mit heiß pulsirendrm Blute, da» Purpurwell» auf die matt weiß schimmernden Gesichter zaubert und Flammen in den Herzen weckt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite