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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960806029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896080602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896080602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-06
- Monat1896-08
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S7V2 besannt wurde, erklärten aber zwanzig deutsche Familien der Badedirection, sofort das Bad verlassen zu wollen, fall» nicht Herr Jacobsen eine klare Abbitte leiste oder aus dem lkurorte ««-gewiesen werde. Herrn Jacobsen ist nach einer gestern schleunigst abgehaltrneo Berathnng deS Berwaltungsrathes der Bade-Actlen-Gesellschast der Wink zugcgangen, daß er seine Gegenwart einem andern Orte schenken möge, nachdem er die ihn zur Abbitte aufsordernden Briefe frecherweije wieder zurückgesthickt hatte. Darauf ist denn Herr Jacobsen heute früh abgereist; außer seiner ziemlich zahlreichen Familie, die ihm wohl in den nächsten Tagen folgen wird, erinnern an das denkwürdige Walten des Kopen- Hagener Brauers nur einige Esel, die er zur Belustigung der Jugend vor einigen Tagen hat vom Festland« herüberkommen lassen." Nach dänischer Darstellung hat Jacobsen zwei deutsche Flaggen heruntergerisseu und ins Meer geworfen, weil in beiden Fällen eine „mächtige deutsch« über einer winzig kleinen dänischen Flagge angebracht gewesen sei, was er für eine absichtliche Verhöhnung (!) gehalten habe". Auf die Zahl der abgerissenen Flaggen kommt es aber auch gar nicht an. Wir freuen uns, daß die Badeverwaltung von Fanö schleunigst die nöthigen Maßnahmen gegen den dänischen Protzen angewendet hat. Manche deutsche Badeverwallungen können sich in Bezug auf die prompte Abweisung der Kränkung des DeutschthumS an Fanö ein Beispiel nehmen. Die Deutschen, die dort ihre Karben nachdrücklich vertheidigt haben, beanspruchen gewiß, da sie nur etwas Natürliches gethan haben, keine besondere Belobigung; aber sie dürfen gewiß sein, daß ihrer mit Genugthuung gedacht wird, zumal da mancher Deutscher im Auslande vor lauter Bescheidenheit und Rücksicht nicht zu einem kraftvollen Bekcnntniß seines DeutschthumS, zu einer Abwehr fremder Anmaßung gelangen kann. — UebrigenS scheint der Vorfall «och seine Kreise zu ziehen. Nach weiteren Meldungen haben 75 deutsche Cur- gäste und acht deutsche Familien die Insel Fanö verlassen. Ob das mit dem Beginn der Schulzeit zusammenhängt? Oder ob sich aus dem Vorfall mit Jacobsen neue unliebsame Vorkommnisse zwischen den deutschen und den dänischen Bade gästen entwickelt haben? Darüber wird Wohl noch Näheres gemeldet werden. * Berlin, 5. August. „Welche wirthschaftlichen Bortheile hat ein Landwirth, der als Mitglied de« Bunde- der Landwirthe zwei Mark jährlichen Beitrag zahlt?" So lautet der Titel eines Flugblattes des Bundes der Landwirthe, das zwar schon älteren Ursprungs ist, aber, wie der „Nat.-Ztg." aus Pommern gemeldet wird, dort noch neuerdings vertheilt worden ist. In zehn Abschnitten wird dem Landwirth vorgerechnet, daß er für sein« zwei Mark jährlichen Beitrag für nicht weniger als 871,35 „wirth schaftlichen VortbeilS" genießen kann. Unter dieser Summe sind, wie die „Corr. d«S Schutzverbandes gegen agrarische Uebergriffe" schreibt, folgende Posten gebucht: „Da er im Winter für seinen Hausbedarf drei Schweine schlachtet, wovon das eine trichinös befunden wird und verworfen werden muß, so erhält er das Schwein ersetzt mit 50 pro Pfund; eS wiegt ungeschlachtet 260 Pfund. 260x50 H ---- 130 Die Rechnung stimmt auf- Haar bis auf den natürlich nebensächlichen Umstand, daß nicht jeder Landwirth drei Schweine für seinen Hau-bedarf schlachtet, und wenn er sie schlachtet, «icht eines von ihnen trichinös zu sei» braucht. Es heißt al- Nr. 3: „Da seine alte Dreschmaschine und Göpel nicht mehr aus» besserungsfähig sind, so muß er sich eine neue Dreschmaschine mit Göpel kaufen. Er fragt daher zunächst beim Bureau deS Bundes an, was für Dreschmaschinen am empfrhlenswcrthcsten und von welchem Lieferanten deS Bundes er solche Maschinen be ziehen könne. Er wird an eine Firma gewiesen und kaust von der selben eine Dreschmaschine für 369 und einen Göpel für 175 Diese Sesammtrechnung über 535 sendet er, nachdem er sie nach dem Katalogpreise voll bezahlt hat, an das Bureau des Bundes und erhält auf Grund derselben einen Rabatt von 47,75 ^l" ES ist klar, daß jeder Landwirth, der Mitglied des Bundes ist, trotz der Rothlage, in der sich die Landwirthschaft im Allge- mewen nach der immer wiederholten Versicherung sämmtlicher Führer und Organe de» Bunde» befindet, alljährlich eine neue Dreschmaschine und eine» neue» Göpel braucht und deshalb niemals Bedenken trägt, die 535 aus dem kargen und noch dazu ! durch jüdische Händler und Börsianer geschmälerte» Ertrage seiner Airthschast auszuwende». Nur Nummer 6 mag noch hervorgehoben werdrn. Sie lautet: „Bauer A. kaust sich auf einem Markte eine Stute; nach längerer Zeit stellt sich bei ihr eine Augenentzündung ei», und der hinzugezogenr Thierarzt erklärt die Krankheit für eine periodische Augenentzündung und sagt u. A., da können Sir sich au deu Verkäufer halten, den» die periodische Augen- rntzündung ist eine Gewährskrankheit. Darauf geht A., da ein Rechtsanwalt ihm zu viel Geld kostet, zu einem Aiukeladvocaten, der ihn natürlich in seiner Absicht, den Vrr- Kktfer zu'verklagen, bestärkt. A. muß zunächst 20 bezahlen, da»n kommt der Termin und A. wird abgewiesen. Der Termin kostet ihm mit allen Unkosten, die so drnm und dran hängen, Hin- < und Rückreise nach dem Gerichte, die Forderungen des Winkel- advocaten «. s. w. 80 ^l, so daß er 100 ^l ausgegeben hatte, sein wankt» Pferd aber behalte» mußte. Hätte A. beim Bunde der Landwirthe angefragt, so würde ihm der RechtSbeistand desselben von diesem Proceß unbedingt abgerathe» haben, da die periodische Nugenentzüudung -war tu Hefsen-Homburg, wo der Bauer A. wohnt, zu den Gewährskrankheitrn zählt, nicht aber im Nassauischen, wo da» Pferd gekauft wurde. A. Hütte daher ruhig seine IM in der Tasche behalten." Würden Prospekte solcher Art von anderen Bereinigungen auSgehen, so würde» die Agrarier dieselben nicht mit Unrecht als verwerflichen Schwindel bezeichnen. — Der Kaiser hat von seiner Nordlandfahrt, wie die „Köln. Ztg." berichtet, den Entwurf eine» neuen Gemäldes äst vollendet mitgebracht. E» versinnbildlicht d«» Schutz >rr Künste uud der Industrie durch die Armee. Unter einem gordischen Thorbogen stehen die idealen Frauen gestalten, welche die Kunst« und Gewerbe personificiren, gegen ie heran zieht eine drohende Wolke, aus welcher unheimliche kindliche Gestalten austauchen. Ein germanischer Krieger ritt den Schreckbildern machtvoll entgegen. Professor Knack- nß zu Cassel ist mit der Ausarbeitung einiger Einzelheiten »eauftragt. Auch dies Werk soll der Oeffeutlichkeit über leben werden. — Wenn die ersten Meldungen über die Strandung de« Kanonenbootes „Illis" auch erst sechs volle Tage nach der traurigen Katastrophe in der Neichshauptstadt eintrafen, so ist seit dem Eintreffen dieser ersten Meldungen über den lnglücksfall heute schon wieder mehr al« eine Woche vergangen, ohne daß von zuständiger Seite eine Auf klärung über den Verlust des Kanonenbootes oder sonst Einzelheiten veröffentlicht worden wären. Sind auch die Namen der Umgekomnienen und der Geretteten bekannt gemacht, so liegt es doch nahe, daß all' die Familien, die einen Verlust zu beklagen haben, über die näheren Umstände des Unter- zangeS des „Iltis" aufgeklärt sein möchten. Das Ausbleiben ^eder weiteren genaueren Nachricht von amtlicher Seite muß, vie die „Vossische Zeitung" richtig hervorbebt, um so mehr befremden, als bereits am Sonnabend Morgen der ver gangenen Woche berichtet werden konnte, daß der Kreuzer 4. Classe „Cormoran" am 30. v. M. nach Tschifu mit der Nachricht zurückgekehrt sei, daß der Kreuzer 3. Classe „Arcona" den Sachverhalt der Strandung deS „Iltis" be- bcstätigt habe, ganz abgesehen davon, daß auch der Chef der Kreuzerdivision Contreadmiral Tirpitz unter dem 29. v. M. bereits dem Oberkommando der Marine von Tschifu aus direkt über die Strandung einen Drahtbericht erstattet hat. Man möge also möglichst bald volle Aufklärung über den das ganze deutsche Volk tief bewegenden Unfall geben! — Die „Post" schreibt: Die Annahme eines Morgen blattes, als ob ein Artikel der „Berliner Correspondenz" von gestern Abend über den Entwurf eines Gesetzes, bctr. die Abänderung der Gewerbeordnung, die Begründung der Vorlage darstelle, ist eine irrthümliche. Die wirkliche Begründung ist sehr umfangreich und wird ebenso wie der Gesetzentwurf selbst durch den „Reichs-Anzeiger" ver öffentlicht werden. — Zur Thorner Landesverrathsaffaire hort „Hirsch's Bureau", daß außer den beiden verhafteten Unter- osficieren noch ein Wallaufseher verhaftet worden ist. — Zu der Neugründung Stöcker's bemerkt beute das „Volk" u. A.: „Unsere Partei als solche bleibt ganzanßer- balb der Bestrebungen dieses neuen Congreffes. Der Congreß arbeitet r«in aus kirchlichem (?) Loden, wir vor Allem auf dem politischen. Wo die kirchliche Liebeslbätigkeit und kirchlich-sociale Arbeit aufhörcn, setzt unsere Thäligkeit ein. Weder von einem Gegensatz ist also die Rede, nocb von Beeinflussung oder Schwankung, sondern nur von gegenseitiger Ergänzung. Wie jede christliche Arbeit auf socialem Gebiet, können wir auch diese mit aufrichtiger Sympathie begleiten. Und wie eS der alte evangelisch-sociale Congreß gethan, wird hoffentlich auch der neue der christlich-socialen politischen Partei bei jeder Zusammenkunft Gelegenheit zur Besprechung und Fühlung mit Gesinnungsgenoffen bieten. Denn glücklicher weise wird wohl die akademische Scheidung der kirchlich socialen und der politisch-socialen Arbeit durch Personal union in den meisten Fällen wieder ausgeglichen werken. ES werden eben sehr oft dieselben Personen sein, die in beiden Richtungen thätig sind. Alles in Allem: das „kirchlich-sociale" Manifest ist durchaus kein Gegenstand der Beunruhigung für di« Christlich-Socialen." — Hier wird also den Herren Stöcker, von NathusiuS und Genoffen von engbefreundeter Seite uachgewiesen, daß die versprochene Scheidung der rein „seelsorgerischen", kirchlich-socialen Arbeit von der politisch socialen lediglich „akademisch", praktisch demnach undurch führbar ist. — Der Ausstand der Wollhutarbeiter hat weit tragende Folgen für viele Betheiligte gehabt. Etwa 400 Arbeiter und Arbeiterinnen sind brodlos geblieben und müssen nun unterstützt werden. Die Fabrikanten haben den größten Theil ihrer früheren Arbeiter wieder eingestellt, hatten aber für rund 400 keine Plätze mehr frei, deren Stellen bereits durch Kräfte, die während des Ausstandes angenommen, besetzt worden sind. Die nun arbeitslosen Arbeiter uud Arbeiterinnen fallen der Organisation der Hut arbeiter zur Last, die dadurch und weil die Arbeiterschaft sich nur sehr lau an der Unterstützung betheiligt, noch mehr geschwächt wird. — Eine gleichlautende Haus- und Geschäftsord nung für alle Confectionswerkstätten Hal die Ver einigung der Betriebswerkstätteninhaber der Damenkon fektion gestern einstimmig beschlossen. Die Arbeitszeit ist darin im Sommer von 7 bis 7 und im Winter von 8 bis 8 Uhr mit einer l'/rstündigen Mittagspause festgesetzt. Sonn abends kommt die Mittagspause in Fortfall, die Werkstätten werden dann um 5»/, Uhr Abends geschlossen. Jede Arbeiterin haftet für die ihr zur Bearbeitung übergebenen Mäntelthcile. Souoabrod Nachmittag wird der Lohn gezahlt. Wieder botte Unpünctlichkeit und grob« Verstöße gegen die einzelnen Bestimmungen rechtfertigen die Entlassung. Ueber die Kündigungsfristen ist nicht« bestimmt. Dieselben bleiben der besonderen Vereinbarung vorbehalten. Ein weiterer Punct der Verhandlungen war die Discussion über die Vorlage, betreffend die Organisation de« Handwerks. Die Ansichten über die Zweckmäßigkeit de« Entwurfes waren getheilt. Die Mehr heit der Redner sprach sich jedoch entschieden gegen die Zwangöinnungen au«. Man vertrat allgemein den Stand- punct, daß die in Frage kommenden Bestimmungen wobl kaum auf die Confection Anwendung finden könnten, uud Laß die Mehrheit der in der Branche tbätigen Arbeitgeber auf Grund des 8 82l> von der Beibringung an den Innungen ausgeschlossen sei, da ihre Betriebe als „fabrikmäßige" im Sinne des Gesetzes gelten würden. — Nachdem vor Kurzem die Jahresberichte der NegierungS- und Gewerberäthe Preußens auf das Jahr 1895 erschienen ind, wird im Reichsamte des Innern ein Auszug aus den Berichten sämmtlicher deutschen FabrikaufsichtS- beamten angefertigt, der später dem Bundesrath und dem Reichstag vorgelegt wird. — AuS Anlaß eines Specialsalles hat der preußische Cultusminister bestimmt, daß den Hinterbliebenen von Volksschullehrern von den staatlichen Dienstalters zulagen dieselben Gnadencompetenzen zustehen, wie von dem sonstigen vorbehaltlos gewährten Diensteinkommen. — Die Rhederri deS französischen Dampfers „GSnöral CHanzy" sandte, dem „B. L.-A." zufolge, an den Comman- danten deS deutschen Kreuzers „Gefion" 10000 Francs zur Verthcilung unter die Mannschaft; der Commandant der „Gefion" schickte jedoch das Geld wieder zurück. — Der kaiserliche Minister-Resident in Luxemburg, Legations rath Prinz von Thurn und Taxis hat einen Urlaub angetreten. Während stiner Abwesenheit fungirt der nach Luxemburg entsandte Atiachs Gras Brockdorsf-Rantzau als Geschäftsträger. — Der Vicepräsident deS Staatsministeriums Staatssecretair des Innern vr. v. Bortticher gedenkt seinen Sommerurlaub heute auznlreten. — Frhr. v. Stumm weilt, der „Boss. Ztg." zufolge, gegen wärtig als Gast der Kaiserin Friedrich aus Schloß Friedrichshof bei Cronberg. — Der chinesische Vicekönig Li-Hung-Tschang hat nach der „Post" den Professor Schweninger, dessen ärztlichen Rath er bereits während seines Aufenthaltes in Berlin in Anspruch ge nommen hatte, zu einer erneute» Consultation nach London berufen. — Der chinesische Gesandte Hsü-Ching-Cheng ist aus Kissingen wieder in Berlin eingetrosfen, um hier während der nächsten drei bis vier Wochen zu verbleiben. * Stettin, 4. August. Die 14. Wanderversammlung des Deutschen Tapezierer-BundeS hat den Bundesvorstand beauftragt, die geeigneten Schritte zu unternehmen, um die Ausdehnung der Unfallversicherung auf den ganzen Umfang de« Tapezierergewerbes zu veranlassen. * Sangerhmlsen, 5. August. In der Disciplinar- angelegenheit des Pastors Kötzschke in Sangerhausen hat der Vertreter der Anklage gegen das Urtheil des könig lichen Consistoriums auf Versetzung Berufung eingelegt, weil Absetzung erfolgen müsse. Gleichzeitig Hal der Angeklagte von dem Rechte der Berufung Gebrauch gemacht. (B. T.) * Halle, 6. August. Herr v. Nathnsius-Hundiöburg veröffentlicht in der „Hall. Ztg." eine Erklärung, in der eS heißt: „Die „Deutsche Tageszeitung" verlangt nach einer Er- klärung über meine Aussage, die Tonne Getreide letztes Wirth, schastsjahr um 21 besser verwerthet zu haben als das Jahr zuvor: ich gebe daher den Auszug meiner Bücher: Hafer baue ich fast nur zum eigenen Bedarf. Daß sich diese Zahlen nicht decken mit dem Durchschnitt der Notirungen an der Börse ist bekannt, die Erklärung liegt in der Hauptsache darin, daß die hiesige Gegend, wie ein großer Theil Deutschlands 1894 sehr ungünstiges Erntewetter hatte, daher für einen Theil des Getreides nur Preise unter Notiz zu erreichen waren. Z. B. notirten die Weizenpreise in Berlin während der Hauptverkaufsmouate October bi» incl. März 1895/96 durchschnittlich nur 15 ^1 höher als gleichzeitig im Vor jahre. Die „Deutsche Tageszeitung" hat meine Erklärung in Ihrer Zeitung mit derartigen Bemerkungen und Verdächtigungen gegen mich begleitet, daß ich mich nicht gemüßigt sehe, hierauf zu ant worten. Ist es denn ein Unrecht, über manche Puncte unseres landwirthschaftlichen Erwerbslebens abweichende Ansichten zu äußern von denjenigen der Leiter deS Bundes der Land- Wirth«? Ich kann mich nicht dazu verstehen, der Taktik deS Bundes beizupflichten, uns Landwirthe» in allen Ton arten vorzuhalten, daß die Regierung in der Lage ist, allen Mißständen, unter denen unser Gewerbe ja unzweifelhaft 1894/95 1895/96 mehr Weizen 119,20 142,80 23,60 Gerste 146,75 165,50 . 18,75 Roggen 118,30 126,— . 7,70. leidet, mit Erfolg entgegentrete« z» können, wa» ja selbst verständlich nicht ausschließt, daß ich mit vielen gesetzlichen Maßnahmen der letzten Jahrzehnte, wie ich bereits in meiner ersten Erklärung sagte, als Landwirth durchaus nicht zufrieden gewesen bin. Es häuft dieses ein solche» Maß von Unzufriedenheit auf dem Lande, daß ich fürchte, das Sprichwort wird sich noch bewahrheiten: „Wer Wind säet, wird Sturm ernten." Einige freisinnige Zeitungen haben meine Erklärung gemißbraucht in arger Art und Weisel Ich erkläre daher ausdrücklich, daß ich nicht Freihändler, daß ich nicht Manchestsrmann bin, daß ich mich politisch zur cousrrvativen Partei rechne und daß ich Nichts in dem Wort- laut meiner Erklärung finden kann, was diesen meiuen Ansichten widerspricht." * vreSlau, 5. August. Ueber einen Unglücks fall, der ich hier am Sonnabend in der Schwimmanstalt der Kürassiere ereignet hat, berichtet die „Morgen-Ztg": „Der Untrrosficirr Ulrich von der zweiten Schwadron hatte als Schwimmlehrer den Kürassier Walter an der sogenannten Angel und ließ denselben „Tempo machen". Walter that das eine Zeit lang, bis er Ulrich erklärte, er könne »icht mehr. Dabei hatte Walter Mühe, sich über Wasser zu halten, ging unter, kani wieder herauf, griff nach der Leine, suchte empor zu klettern rc. Die Situation machte aus die Augenzeugen schon jetzt einen äußerst beängstigenden Ein druck, auf Ulrich wohl auch, denn dieser übergab dir Angel mit dem daran hängenden, um sein Leben ringenden Kürassier einem Kameraden und meldete dem die Aussicht führenden Seconde- lieuteuant Freiherr» von Saurma-Jeltsch, daß Walter keine Tempi mehr machen wolle oder machen zu können vorgebe. Herr von Saurma begab sich nun zur Stelle und befahl Ulrich: „Lassen Sie Tempo machen." Dazu kam eS aber nicht mehr. Als die Angel nachgelassen wurde, ging Walter lautlos unter, und wie man die Angel wieder anzvg, hing ein lebloser Körper, dem bereits der Koth abgegangen war, an der Leine. Die Wirkung dieses Anblickes war zunächst, daß alle Civilistrn aus der Anstalt entfernt wurden. Diese Maßregel und ihre Durchführung erfolgte so rapide, daß ein Schwimmschülrr nicht einmal seine Schuhe gleich mitnehmen konnte. Erst als dir Luft rein war, wurde Walter aus dem Wasser ge zogen. Er war todt. Run sandte man nach dem Arzt und stellte Wiederbelebungsversuche an. Dieselben waren ohne Erfolg, und der gerufene Ober-Stabsarzt konnte auch nur den Tod des Kürassiers feststellen." Nach den Informationen der „Nordd. Allgem. Ztg." ist die vorstehende Darstellung im Allgemeinen richtig. Jedoch könne erst die einaeleitete Untersuchung Klarheit darüber schaffen, ob der Tod eingetreten ist, Wei! der Kürassier Walter vorschriftswidrig behandelt wurde, oder auS andere» Gründen. Es könne sehr wohl noch eine plötz liche Erkrankung vorliegen. Wenn das Breslauer Blatt angebe, der Unterofsicier Ulrich sei verhaftet, so sei davon an Berliner maßgebender Stelle nichts bekannt. Wie weiter die „Schles. Ztg" meldet, hat der Sectionsbefund ergeben, daß der Tod des KürafsierS Walter überhaupt nicht durch Ertrinken herbeigeführt worden sei, da sich bei der Section der Leiche in der Lunge des Verstorbenen auch nicht ein Tropfen Wasser vorgefunden habe. Als Todesursache wäre vielmehr ein Schlaganfall constatirt worden. — Jeden falls sollte der beklagenSwerthe Vorfall den Militairbehörden ein Anlaß sein, aufs Neue die sorgfältigste Beobachtung aller Vorsichtsmaßregeln in den Schwimmanstalten einzuschärsen. Daß eine etwaige vorschriftswidrige Behandlung deS Kürassiers Walter nachdrücklich geahndet werde, halten wir für selbst verständlich. * Wesel, 5. August. Mit der Einweihung der Willi- brordi-Kirche in Wesel ist der Präses der rheinischen ProvinzialsynoLc, Pfarrer Umbeck in Kreuznach, beauftragt. * Boni Rhein, 4. August. Der Regierungs präsident zu Düsseldorf hat mit Genebinigung des Bezirksausschusses eine Verordnung, betr. die Wohnungen der Ziegeleiarbeiter, erlassen. Nach ihr müssen, der „Magd. Ztg." zufolge, die Wohnungen, die mindestens für jede Person 10 Cubikmeter Luftraum zu enthalten haben, den Arbeitern «in gesundes, gegen Witterimgsunbill schützende« Unterkommen gewähren; die Schlafräume für weibliche Personen dürfen mit denen für Männer nicht in offener Verbindung stehen. Die Höhe der Wobnräume muß im Minimum zwei Meter betragen und die Fuß böden sollen gedielt oder mit Estrich, Plattenbclag rc. ver sehen fein. Des Ferneren sucht die Verordnung auch den Ordnungssinn und die Reinlichkeit der Arbeiter zu fördern. Sie schreibt vor, Laß daS Kochen, sowie das Reinigen und das Trocknen der Wäsche und das offene Auf bewahren von NahrungSvorräthen in den Schlafränmen nicht stattfinden darf. Ferner soll jede Person eine Lager stätte (nicht auS ungebobeltem Holz) haben, die Matratze oder Strohsack, Kopfkissen und hinreichend wärmende Decke enthält. Die Bettbezüge sind mindestens alle acht Woche», die Decken alle sechs Monate zu reinigen. — Wer das Elend und den Schmutz kennt, die stellenweise in den Wohnstätten der Ziegeleiarbeiter herrschen, wird von der Zweckdienlichkeit dieser Verordnung überzeugt sein. * Cassel, 5. August. Das Kaiserpaar reist Donnerstag Abend 10 Vr Uhr nach Wesel, wo die Ankunst Morgens 9»/« Uhr erfolgt. freundete Firma im Werth von zweitausend Pfund Sterling auf Borg geliefert hatte. Die Entbehrungen wurden in der Hoffnung auf gute Geschäfte wohlgemuth ertragen. Trotz deS Systems der Gleich stellung, da» auf dem „Schönen Teufel" im Schwang war, . fehlte «S nicht an Manneszucht. Da Wicks der einzige eigent liche Seemann an Bord war, vermochte Niemand seine Leistungen zu kritisireu; auch schon darum, weil er eia so ge- müthlicheS HauS war, würde man'» nicht über sich gebracht haben, seine Befehle »u mißachten. Carthew gab sich alle Mühe — theil« auS Lust zur Sache, theilS weil ihm der . Capitaia sehr gefiel. Amalu arbeitete wie ein Ackergaul, auch Hemstead und Haddeu erwiese» sich al« willfährig. Tommy'S Ressort war die Güterkammer. Dort beschäftigte er sich zuweilen fo eifrig, daß der Stutzer unkenntlich wurde. Dann kam er herauf, nahm ein Bad, »achte Toilette und studirte in der Hängematte die mitgenommenen Sydneyer Zeitungen und Witzblätter oder Buckle'« „Geschichte der Civilisation", dem für diese Reise gewählten „schweren" Werk. Kam letztere« zum Vorschein, so machte ein Lächeln die Runde, denn man wußte schon, daß das Quecksilber bei dieser Lektüre regelmäßig «inschlummere und nach dem Er wachen fast immer auf sein Lieblingsgetränk, rothen Sherry, Lust bekam. Darum sprach man an Bord auch scherzhaft ' von „einer Flasche Civilisation" und „einem GlaS Buckle". Hemstead'S Hauptgeschäft bestand in der Besorgung von Reparaturen. Und er hatte damit stets alle Hände voll zu thnn, da Alle» mehr oder minder schadhaft war. Die Lampen tröpfelten, die Verdecke leckten, die Thürklinken blieben Einen in der Hand, von den Paneelen löste sich die Bekleidung los, die Pumve versagte den Dienst und da» beschädigte Bade stübchen verursachte eine Ueberschwemmung, die beinahe Alle ersäuft hätte Wicks behauptete, daß längst kein Nagel mehr im Schiffskörper stecke, diefer vielmehr lediglich durch den Rost der einstigen Nägel zusammengehalten werde. Einmal sagte er zu Hadden: „Sie sollte» mich nicht so sehr zum Lachen reizen; ich fürchte sonst für unseren Hintersteven." Hemstead, der mit seinem Werkzeugkvrb bald da, bald dort kleine Ausbesserungen vornahm, wurde von dem stet heiteren Eapitain häufig geneckt; zum Beispiel: .Menn Sie Matrosrn-Arbeit thun oder den Anstrich scheuern oder sich sonstwie nützlich machen wollten, so ließe ich mir» gefallen. Uber Ding« zu repariren, die keine Innen seite haben, scheint mir überaus narrisch." Solche Späße trugen gewiß dazu bei, di« Landratten, welche unter Verhältnisse» ruhig blieben, di« selbst einen Nelson entmuthigt hätten, in Sicherheit zu wiegen. Aber auch da« anhaltend herrliche Wetter that in dieser Hinsicht daS Seiniae. In dem stets günstigen und gleichmäßigen Wind segelte das Schiff prachtvoll. Die Bemannung führte, nachdem die Güterkammer in Ordnung gebracht und die meisten Reparaturen erledigt waren, eine wenig anstrengende Lebensweise. Carthew hatte Zeit genug zum Male» oder Zeichnen, Hadden zum Lese«. Wenn Tommy Abends eine Flasche „Civilisation" spendirte, wurde musicirt oder man erzählte Geschichten. Amalu pflegte mit schöner Stimme zu singen und Hemstead, ein vortrefflicher Negerguitarrespieler, verstand eS, seinen eigenen tremolirenden Tenor recht wirksam zu begleiten. Am Abend deS achtundzwanzigsten Tages nach der Ab reffe auS Sydney — eS war gerade der Weihnachtsabend — erreichte der „Schöne Teufel" den Eingang der Lamune. Während der Nacht lavirte er, von den Lichtern der Riff fischer geleitet, außen. Bei Tagesanbruch wurde er auf gebraßt und daS Lootsensignal auSgesteckt. Offenbar hatten die Fischer da« Fahrzeug schon Nachts bemerkt und eine Botschaft in die Ansiedlung geschickt, denn bald entdeckte Wicks, daß bereits ein Boot unterwegs sei. Dieses näherte sich unter starkem Segeldruck und war so sehr zur Seite geneigt, daß eS bei jedem kräftigeren Windstoß kentern zu wollen schien. Als e« die Lagune passirt hatte und neben dem Schooner hielt, stieg der Insasse, ein hagerer Graukopf, au« und sagte: „Guten Morgen, Capitain! Ich wünsche Ihnen und den übrigen Herren ein vergnügte« Weihnachtsfest!" Und er taumelte gegen «inen Pfosten. „Sie sind doch hoffentlich nicht der Lootse?" fragte Wicks, ihn mit großem Mißfallen fixirend. „Sie werden mir nicht einreden, daß Sie ze ein Schiff gelootst haben." „O doch, und zwar viele. Ich bin Capitain DobbS; ja der bin ich! Wenn ich ein Schiff lootse, kann dessen Capitain hinunter gehen und sich beruhigt zum Rasirrn niedersetzen." „Aber Sie sind ja besoffen, Mensch!" „Besoffen? WaS Ihnen nicht einfällt! Ich habe eben erst zu trinken begonnen. Heute Abend, das ist waS andere«; dann werde ich wahrscheinlich sternhagelvoll sein. Jetzt aber bin ich der nüchternste Mensch, den es giebt." „Nein, nein, es geht nicht, Capitain DobbSl Ich kann meinen Schooner unmöglich von Ihnen zu Grunde richten lassen." „Gut denn! Lassen Sie ihn hier liegen und verfaulen, oder lootsen und ruiniren Sie ihn selber, wie e» der Capitain de« „Leslie" gethan hat. Da» nenne ich eine famose Ge- schästSpolitik! Der gute Mann mißgönnte mir zwanzig Dollars Lootsengebühr und verlor dadurch Maaren für das Tausendfache und einen funkelnagelneuen Schooner. Der Kiel wurde schlankweg abgebrochen, das Schiff sank binnen vier Minuten und liegt nun mitsammt der Ladung zwanzig Faden tief." „Hoho! WaS erzählen Sie da? Lassen Sie mich Näheres über den „Leslie" hören." „Er kam auS FriSco, war au Cohen L Co. consignirt und wurde mit Schmerzen erwartet, denn die Barke, die Sie dort drüben sehen, sollte seine Ladung übernehmen und für Rechnung dieser Firma nach Hamburg bringen, und dabei sind bald noch zwei.andere Schiffe auS Deutschland hier fällig, um Copra abzuholen. TopeliuS, der hiesige Ver treter von Coheu L Co., ist auS Aufregung über den Verlust des „Leslie" an der Gelbsucht erkrankt. Kein Wunder, denn er braucht Unmassen Copra und kann keine bekommen. Sollten Sie, Herr Capitain, zufällig etwas von diesem Artikel an Bord haben, so könnten Sie Ihr Glück machen. TopeliuS würde jeden Preis bezahlen und müßte noch froh sein, über haupt etwa« kaufen zu können. Das kommt vom Verschmähen de» Piloten." „Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, ich muß mit meinem Steuermann sprechen", sagte Wick», dessen Augen zu leuchten und zu funkeln begonnen hatten. „Nack Belieben! Aber warum kommt e» Ihnen nicht in den Sinn, mir ein Schlückchen anzubieten? DaS sieht sehr ungastlich au» uud macht einem Schooner «inen schlechten Ruf." „Darüber reden wir spater", antwortete Kirkup und zog Carthew bei Seite: „Hier ist ein Vermögen zu verdienen. Wir könnten leicht zwanzig Jahre lang kreuzen, ohne Ge legenheit zu einem solchen Geschäfte zu finden. Da e« immer- biu möglich ist, daß heuU «»fällig eiu andere» Schiff mit Copr« kommt, müssen wir »n« beeilen. Aber der verd . . Dobb« da ist ja besoffen wie «in Bürstenbinder. Wie sollen wir un» ihm anvrrtrauen? Wir sind ja nicht einmal versichert!" „Versuchen Sie doch, ihn in di« Takelei hinaufzukriegen und sich daS Fahrwasser vou ihm zeigen zu lassen. Wenn er nicht hinunterfällt, so könnten wir's vielleicht wagen." „Sie haben Recht, und schließlich ist ja unser ganzes Unternehmen ein großes Wagniß. Steuern Sie selber, und sollten Sie zwei Befehle hören, so befolgen Sie den meinigen, nicht den seinigen. Stellen Sie den Koch zu den Vorder segeln, Hemstead und Tommy zum Schönfahrsegel; aber sehen Sie darauf, daß sie die Augen offen halten und sich tüchtig rühren", schloß der Capitain. Dann kroch er mit dem Piloten in die Focktakelage, von wo au« alsbald der willkommene Befehl ertönte, die Segel zu mindern und vollzubrafsen. Um drei Viertel neun wurde der Anker loSgrlafseu. Die Eigentümer des „Schönen Teufel" ahnten nicht, wie glänzend daS erhoffte gute Geschäft sein würde. Sie hatten Maare im Einkaufswerth von zweitausend Pfund direct an einen Ort gebracht, an dem dieselbe dringendst benöthigt wurde, und Kirkup-Wick« erwies sich al« der Sachlage ge wachsen. Um zehn Uhr erschien er bei TopeliuS und bis in den Spätnachmittag des nächsten TageS hinein unter handelten die Beiden auf Leben und Tod, ehe der Vertreter von Cohen <L Co. sich besiegt erklärte und den Kauf ab schloß. Inzwischen saßen die Anderen ungeduldig im WirthS- hause. Endlich tauchte Wicks aus. Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Gesicht fast schwarz, — so groß war sein« Aufregung. Er lief mit ihnen, um ungestört zu sein, etwa hundert Schritte in den Palmenhain und schrie dann mit kaum wieder erkennbarer Stimme: „Ich habe den Krempel verkauft, Jungen«? Oder eigentlich nur einen Theil, denn da« ganze Rindfleisch, das halbe Mehl und allen Zwieback habe ich behalten. Wir sind noch auf vier Monate mit Mundvorrath versehen! Bei Gott, e» ist so gut wie gestohlen!" „Donnerwetter!" rief Hemstead. „Aber wie theurr haben Sie verkauft?" fragte Carthew, den die fast wahnsinnige Aufregung de« Capitain« nervös machte. (Fortsetzung folgt.)
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