Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.08.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960808015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896080801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896080801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-08
- Monat1896-08
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis t» d« Hanptezpedition odrr den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten AuS« aavestrllen abgrbolt: vierteljährlichet.SO, bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Haus e 5.50. Durch die Post bezogen für Lruljchland und Oesterreich: vierteljährlich e 6.—. Direkte tägliche Kreuzbands,ndung tu- Ausland: monatlich e 7.bO. Di« Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. di« Ab«ud»AuSgabe Wochentags um 5 Uhr. Redaktion und Lrpeditiou: Johannes,affe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochea geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ktt» Kkemm'S Sortim. (Alfred Hahn). Uoiversitätsstrahe 3 (Paulinum), LoniS Lösche. kkatbannenstr. 14, part. und Königsplatz 7, Morgen-Ausgabe. cipIgcr Tagtblalt Anzeiger. Amtsblatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Natljes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 8 gespaltene Prtitzrile SO Pfg. Reclamen unter dem Redacttonsstrich ^ge spalten) 50^, vor den Familiennachrichten (ggeipaiten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichuiß. Tabellarischer und Mernja- noch höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen. Ausgabe, ohne PostbefLrderuag 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anreigen sind stets au die Expedition zu richte». Druck und Berlaq von L. Polz in Letvztg Sonnabend den 8. August 1896. so. Jahrgang. , „Aolulore Zola!" Wir theilen unten den Wortlaut deS schon erwähnten Schreibens mit, das Prinz Friedrich Leopold wegen der Angriffe auf die Freimaurerei an den Kaiser gerichtet hat. Es ist in dem Schreiben von den „unsinnigen Mit theilungen" die Rede, die „besonders in den Blättern der katholischen Centrumspartei" erhoben werden und die „ein eigenthümliches Licht auf die Intelligenz der Leser werfen, für die sie geschrieben sind". Eine charakteristische Probe jener „unsinnigen Mittheilungen" liegt uns in Gestalt eines Flugblattes vor, das unter der obigen Ueberschrift kürzlich in Leipzig verbreitet und uns von unbekannter Hand am letzten Montag zugeschickt worden ist. Der Inhalt des Flugblattes, das bezeichnender Weise weder den Heraus geber noch den Drucker nennt, lautet wörtlich folgendermaßen: „Großes Aufsehen hat eS überall erregt, daß vor Kurzem der italienische Ingenieur Eugen*) Zola, einer der ersten unter den Freimaurern Italiens, der Freimaurerei den Rücken gekehrt und reumüthig in den Schooß der katholischen Kirche zurückgekebrt ist. Bezüglich der Abschwörung dieses Groß meisters der Freimaurerei bat der hoch würdige Herr Daurelle folgenden Brief an die französische Zeitung „Böritö" gerichtet, den wir in der Ueberzeugung, daß er die Leser unseres Blattes in hohem Grade interessiren und er bauen werde, in wörtlicher Uebersetzung wiedergeben: Rom, den 1. Mai 1896. Herr Chef-Redacteurl Es drängt mich, mit diesem Datum des ersten Tages eines der Himmelskönigin gewidmeten Monats die Schilderung eines kürzlich durch dieselbe erlangten großen Wunders zu verknüpfen. Die katholischen Blätter — die andern hüllten sich in möglichst dichtes Schweigen — berichteten vor Kurzem von der überraschenden Bekehrung des wohlbekannten piemontesischen Ingenieurs Solutore Zola, Großmeisters, Groß.Hierophanten und souveränen Groß- Eommandeurs der egyptischen Freimaurerei des schottischen Ritus von Misraim und Memphis, . . . Inhaber zahlloser Diplome aller möglichen Logen der ganzen Welt, welcher am 18. April von Mgr. Eallua, Generalcommisfar des hl. Officiums, feine Verirrungen abgeschworen hat. Ueber die Nachricht dieses feierlichen Actes waren die Mitglieder der Secte so erschüttert, daß sie ganz den Kopf zu verlieren schienen. Was man aber noch zu wenig weiß, das ist, daß diesem so tröst- reichen Ereigniß eine der ruhmwürdigsten Gnadenbezei- gungen von Maria's Güte zu Grunde liegt. Die,Voru Koma' allein hat darauf mit einigen Worten angespielt. Heute beeile ich mich, alle Einzelheiten zu berichten, wie ich sie gestern Abend von den Lippen dessen schöpfte, dem diese Huld zu Theil wurde. Vor etwa fünf Jahren hat Zola in der Umgebung Roms ein ganz nahe bei der vom Volke so hochverehrten Kirche der „Mutter der göttlichen Liebe" gelegenes Besitzthum gekauft und dasselbe seither fast ununterbrochen bewohnt, ohne je das Heilig, thum Maria's besucht zu haben. Am 27. Oclober des ver» slossenen Jahres, dem Tage, an welchem das Volk in diese Kirche strömt, lockte ihn die Neugierde: er wollte sehen, was alle diese Leute dort treiben; und was er dort sah, rief nur ein höhnisches Lächeln auf seine Lippen. Die hehre Gottesmutter wollte aber dieses spöttische Lächeln in ein von Freude und Dank gegen sie erfülltes umwandeln; — und so winkte sie dem Schmerze. Am selben Abend stürzte Solutore Zola und brach sich den linken Fuß an drei Stellen. Es dauerte geraume Zeit, ehe die Aerzte bei ihm aus dcm Landsitze eintrasen, und so war inzwischen der Fuß derartig airgeschwollen, daß es unmöglich war, die Bruchenden aneinander zu rücken. Alle Versuche, die Geschwulst zu mindern, erwiesen sich fruchtlos, im Gegcntheil, dieselbe nahm einen ungeheueren Umfang an und zeigte bereits die bcsorgnißerregende schwärzliche Färbung. Die Schmerzen waren furchtbar, zeitweise geradezu unerträglich. Diese entsetzliche Lage schleppte sich durch lange Tage hin und brachte den Leidenden nahezu zur Verzweiflung. Der Weihnachtsabend brach heran. Zola's Schwager und andere Verwandte waren von Rom herausgekommen, um mit ihm das herkömmliche Mahl in der Weihnochtsnacht zu halten. Auf ihr Drängen ließ er sich aus dem Bette heben und zur Tafel schleppen, aber schnell Lurch diese Schmerzen gebrochen, legte er sich wieder. Der Schlaf übermannt ihn und ein Traum stellt sich rin. Er fühlt sich von Freunden in einen großen bequemen Wagen gehoben, und weich aus Kissen gebettet, wähnt er sich zur Kirche der *) Weiter unten nennt ihn das Flugblatt „S. A." mit Vor- namen. Red. d. „L. T." „Mutter der göttlichen Liebe" fahrend. Er erinnert sich, schon einmal dagewesen zu sein. Wie er, auf seine Krücken gestützt, seine neugierigen Blicke umherschweisen läßt, erscheint ihm, aus einer der Seitenwände eine majestätsvolle, wenn auch nur in schlichtes rvthes Gewand und blauen Mantel gekleidete Frauengestalt mit einem Kinde in den Armen. Es scheint ihm, als ob dieses Gebilde an der Wand hafte, aber es löst sich von derselben, gleitet bis zum Altäre und richtet von da folgende Worte an ihn: „Du warst schon einmal gekommen, um mich zu sehen, aber Du hast mich nicht angerufen. Du hast sogar meiner gespottet. Bete diesmal. Hast Du nichts von mir zu verlangen? Du klagst wegen Deines Fußes; das ist nichts. Wirf Deine Krücken weg und gehel" Er versuchte es, und siehe La, er kann ohne Schmerzen gehen. Jedoch, mit jener Art der Ueberlegung, deren man zuweilen im Traume fähig ist, sagt er sich: Ja, hier geht es ganz gutl Wie wird es aber sein, wenn ich wieder draußen bin? Die Erscheinung beunruhigte ihn in keiner Weise. Er fühlte in ihr eine Mutter, und so schien ihm Alles ganz natürlich. Um ihr jedoch für so viele Güte zu danken, suchte er in seinen Erinnerungen nach einem Gebete. Vergebens, jede Gebetsormel war seinem Gedächtnisse entschwunden, und da er sonst nichts sand, so sagte er: Dominus vobiseuml Der Traum war zu Ende, und der Schlaf umfing ihn bis zum Morgen. „Was hattest Du Liese Nacht?" frug ihn beim Er- wachen seine Frau. „Mit wem glaubtest Du zu sprechen? Ich hörte Dich Dominus vobiscum sagen, als ob Du Jemanden grüßen wolltest." Bei diesen Worten erwacht die Erinnerung an den bereits ver gessenen Traum und sanfte Rührung ergreift ihn. „Zünde eine Kerze vor Deinem Mutter-Gottesbildchen an", begnügte er sich zu antworten. Frau Zola, die sehr fromm ist, bewahrte stets in ihrem Zimmer ein Bild der hl. Jungfrau und ihr Mann hatte sie ge- währen lassen. Seit 40 Jahren war dies das erste Glaubenszeichcn, das die gute Frau bei ihrem Gatten bemerkte. Das Vorgefühl einer der Mutter Gottes zu verdankenden Gnade hatte es seinem Herzen ab gerungen. Eine eigenthümliche Empfindung im kranken Beine schien ihm zu verkündigen, daß die Heilung aus dem Traume in die Wirk- lichkeit übergetrelen sein könnte. — Dieses Vorgefühl sollte ihn nicht täuschen. Er erhebt sich, er stützt sich ohne Schmerzen auf diesen Fuß und läßt ungestraft die ganze Last des Körpers auf ihn: ruhen! Vor Erregung zitternd, betrachtet er den Fuß: jede Spur des Leidens ist verschwundenl —Er muß sich vor den That- sachen beugen, aber er weiß auch, was ihm zu thun obliegt. Er glaubt und bekehrt sich. Dies der Bericht des dieser Bekehrung zu Grunde liegenden Wunders. Es ist authentisch, denn es wird beglaubigt durch die Zeugnisse der behandelnden Aerzte, der mit seinem Zustande ver trauten Nachbarn und der von Rom gekommenen Verwandten, welche noch am Vorabende seine traurige Lage erkannt hatten. Der Pfarrer von der Kirche der „Mutter der göttlichen Liebe" wurde als einer der ersten von diesem Ereignisse benachrichtigt. Er verlangte einen schriftlichen Bericht, den Herr Zola sofort anfertigte, mit seinem Namen unterzeichnete und mit dem einzigen, ihm gerade zur Verfügung stehenden Siegel besiegelte — mit dem Siegel des Freimaurer.Groß meisters. „Soweit der berichtliche Theil deS Briefes von Abbii Daurelle. Wir fügen nun für diejenigen Leser, denen sie noch nicht bekannt, die hochwichtige Erklärung Zola's bei, welche er bei seinem Austritt aus der Freimauerei ab gegeben hat: „Ich Endesunterzeichneter, S. A. Zola, Ex-Großmeister, Gründer des Freimaurerordens in Egypten und den un abhängigen Landestbeilen, erkläre hiermit, daß ich seit etwa dreißig Jahren der Freimaurerei angehört und während zwölf Jahren dem Orden als absoluter Souverain vorgestanden, somit Gelegenheit gehabt habe, seinen Ursprung und seine Ziele, seine Gesetze und Lehren kennen zu lernen. Die Freimaurerei giebt vor, eine Bereinigung zu sein, die als Ziel die Erforschung der Wahrheit und das Äudium der allgemeinen Moral, der Wissenschaften und Künste, sowie die Ausübung der Wohlthätigkcit verfolgt; sie giebt vor, die religiöse Ueberzeugung jedes ihrer Mitglieder zu achten; sie versichert, in ihren Zusammenkünften grundsätzlich jede religiöse und politische Diskussion, in welcher Form auch immer, zu untersagen; sie behauptet, nicht eine politische oder religiöse Bereinigung, sondern der Tempel der Gerechtigkeit, Menschlich keit und Liebe rc. zu sein. Dem gegenüber versichere ich, daß die Freimaurerei nichts von dem ist, was sie zu sein behauptet. Das Gute, was Gesetze und Regeln enthalten sollen, entbehrt jeder Wahrheit. Lügen, nichts als schamlose Lügen sind diese angebliche Gerechtigkeit, Humanität und Liebe. Sie herrschen weder im Tempel der Maurerei, noch im Herzen der Freimaurer selbst. Die letzteren üben, von ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen, keineswegs die ge nannten Tugenden. Die Wahrheit weilt nicht in der Loge, und die Maurer kennen sie nicht. Im Freimaurer orden führen Lüge, Tücke und Betrug ein souveraines Regiment, nur verhüllt durch einen Schein von Wahrheit, um die leichtgläubige Masse zu täuschen. In Wirklichkeit — ich versichere es — ist die Frei maurerei sehr wohl eine religiöse Bereinigung; ihr Ziel ist die Bekämpfung und Zerstörung aller Reli gionen, vor Allem der katholischen, um selbst sie zu ersetzen und das Menschengeschlecht zum ursprünglichen Heiden thum zurückzuführen. Heute bin ich wahrhaft über zeugt und fühle aufrichtige Reue, daß ich während dreißig Jahren geirrt habe, indem ich die Grundsätze der Frei maurerei bekannte und verbreitete, und dadurch auch Biele außer mir zum gleichen Irrthum verführte. Bon Gott er leuchtet, habe ich das begangene Nebel erkannt. Ich habe deshalb der Loge meinen Abschied gegeben und mich für immer von ihr zurückgezogen, indem ich alle Irrthümer in die Hände der Kirche abschwöre. Ich bitte Gott um Berzeihung wegen des vielfachen Aergernisses, das ich während der Zeit meiner Zu gehörigkeit zur Secte gegeben habe; ich bitte gleicherweise um Berzeihung unfern Heiligen Vater Leo XIII., sowie alle Diejenigen, denen ich Aergerniß bereitet. S. A. Zola." Dies der Inhalt deS Flugblattes. Zu seiner Kritik ver weisen wir auf das unter * Berlin abgedruckte Schreiben des Prinzen Friedrich Leopold an den Kaiser. Deutsches Reich. * Leipzig, 7. August. Die vom Alldeutschen Ver band eingeleiteten Sammlungen für die Vermehrung der deutschen Flotte haben in Leipzig mehr als 10 000 erbracht. Diese Summe ist, wie wir erfahren, vorläufig bei einer Bank in Berlin hinterlegt worden. <2. Berlin, 7. August. Die klerikale Presse ergeht sich seit Wochen in ordinären Beschimpfungen des Fürsten Bis marck, die aber, weil sie im Grunde nichts Anderes als die auch in der Zurückgezogenheit überwältigende Bedeutung deS großen Mannes darthun, von dessen Verehrern nachgerade ebenso gleichgiltig angehört werde», wie von dem Angegriffenen selbst. Wir legen deshalb einen neuen Sckmäbartikel, mit dem sich die „Germania" in ihrer vorgestrigen ersten Ausgabe blamirt, zu den übrigen, wollen aber nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß das klerikale Blatt in seiner zweiten Ausgabe gegenüber dem bayerischen Klerikalen Ratzinger auf Vie Autorität des Fürsten Bismarck sich beruft, und zwar bei der Beurtheilung einer ultramontanen Größe, des Frei herrn von Franckenslein. Die „Germania" führt als Kennzeichen deS trefflichen Charakters des verstorbenen Centrumsführers vor Allem an, „daß der bayerische Freiherr bei Bismarck in dem hohen Ansehen stand, dessen sich am einstigen Kanzler throne nur wenige Sterbliche erfreuten". So huldigen, obnc es zu wollen, selbst seine leidenschaftlichsten Hasser der Größe des Altreichskanzlers. * Berlin, 7. August. Die „Saale-Ztg." ist in der Lage, folgenden Briefwechsel zwischen dem Kaiser und dem Prinzen Friedrich Leopold mitzutheilen: „Jagdschloß Glienecke, 10. Juni 1896. An des Kaisers und König- Majestät. Allerdurchlauchtigstcr, Großmächtigster Kaiser und König, Allergnädigster Kaiser, König und Herr! Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät erlaube ich mir Nachstehendes ehrerbietigst vorzutrageu: Als ich im Februar 1894 mit Eurer Majestät Allerhöchster Ge- nehmigung das Protectorat über die drei hier domizilirenden alt preußischen Großlogen übernahm, hatte ich bereits Gelegenheit gehabt, zu erkennen, daß — den Traditionen getreu — ihre Arbeiten und die Arbeiten ihrer Tochterlogen einzig den Zweck im Auge haben, die Liebe zur Religion und Sitte, zu König und Vaterland zu beleben und zu bestärken. Nachdem ich nunmehr länger als zwei Jahre das Protectorat geführt habe und außerdem als Ocdensmeister an die Spitze der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland getreten bin, kann ich jene Wahrnehmung nur aus vollster Ueberzeugung be stätigen. Sehr bedauerlich sind mir daher die Angriffe, wie sie nament lich in neuester Zeit gegen die Freimaurerei und ihre Zwecke, besonders in den Blättern der katholischen Centrumspartei, geschleudert worden, die zum Theil so unsinnige Mittheilungen enthalten, daß sie ein eigenthümliches Licht aus die Intelligenz der Leser werfen, für welche sie geschrieben sind. Ganz besonders aber ist es zu beklagen, wenn sich das hier erscheinende Deutsche Adelsblatt, Organ der Deutschen Adelsgenossen- schast, zu solchen Verdächtigungen hergiebt, wie sie die am 18. Mai d. Js. erschienene Nummer desselben bringt. Als Protector der drei altpreußischen Großlogen halte ich für meine Pflicht, dieselben gegen derartige Verunglimpfungen, die auch zu Eurer Majestät Kenntniß kommen könnten, in Schutz zu nehmen. Tas Organ der Deutschen Adelsgenosscnschafft nimmt sich heraus seinen Lesern «ine Orgie aus einem Pariser socialdemokratischen Atheistenclub als Kundgebung de- Freiinaurerthums und echt frei maurerischen Geistes zu erzäblen und zu bezeichnen. Dasselbe Blatt spricht dann weiter von dem vielfach verkannten giftigen Kern, der sich unter der harmlosen Hülle des Freiinaurerthums verbergen soll und fabelt von einer Centralleituug, die nichts Geringeres als die Ausrottung des Chcistenthums und die geheime Herrschaft über die Völker mit den gemeinsten Mitteln und zu den gemeinsten Zwecken beabsichtig«; — allein schon das warme Interesse, welches die hochseligen Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III. der Freimaurerei entgegenbrachten, sollte diese gegen solche Verdäch tigungen schützen. In dem Aufnahme-Ritual der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland heißt es in der Ansprache des Vorsitzenden an den Aufzunehmenden wörtlich: „Wenn Sie als redlicher und gewissenhafter Mann be sorgen sollten, daß in der Loge etwas geschehe, was gegen Gott und die Religion, gegen den König und die Regie- rung oder die guten Sitten verstieße, so versichere ich Ihnen auf mein und der ganzen Loge Ehrenwort, daß dem nicht so ist. Reine Ehrfurcht gegen das höchste Wesen. Gehorsam gegen die Obrigkeit und Gesetz, Liebe zu unseren Mitmenschen, Treue und Fleiß in unserem Beruf, das sind die Pflichten, die wir einem Freimaurer auferlegen und die Tugenden, die von ihm unzertrennlich sein müssen." In diesen Worten, wie sie ähnlich auch die Aufnahme-Rituale der beiden anderen hiesigen Großlogen enthalten, liegt wahres Freimaurerthum und echt freimaurerischer Geist; sie geben den Zwecken und Zielen der deutschen Freimaurerei den klarsten Ausdruck. — Im Gegensatz zu dem deutschen Adelsblatt halte ich gerade in der heutigen Zeit die inländischen Freimaurer-Logen für besondere Pflegestätten der Religiosität und des Patriotismus, und erlaube mir daher aus voller Ueberzeugung und wärmstem Interesse für die Freimaurerei, wie sie in den preußischen und den deutschen Staaten überhaupt betrieben wird, dieselbe Eurer Majestät Aller- gnädigstem ferneren Schutz und Wohlwollen ehrerbietigst zu empfehlen. Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät unterthäuigsler Friedrich Leopold, Prinz von Preußen." FrrrrHstsn. Ein neues Such über Schiller. Wir verdanken eS dem Gymnasiallehrer vr. Ernst Müller in Tübingen, der uns vor wenigen Jahren mit dcm schönen Buche über Schiller'- Mutter erfreut hat. Letztere literarische Gabe läßt uns von vornherein erwarten, daß wir es auch hier mit einer interessanten Bereicherung der einschlägigen Literatur zu thun haben; und daS Werk, da- den Titel fübrt: „Schiller'- Iugenddichtung und Jugendleben. Neue Beiträge aus Schwaben von vr. Ernst Müller. Stutt gart 1896. Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger", täuscht diese Hoffnung nicht. Der Verfasser ist nicht nur mit allen irgendwie bedeutenderen Werken Uber den Dichter vertraut, auch die kleinsten Einzelforschungen, die sich »ft in Zeitschriften verstreut finden, sind ihm nicht entgangen. Diese große Belesenheit war ihm aber ganz besonders zu diesem Werke nöthig, daS selbst in den Anmerkungen zu den einzelnen Capitrln unbeachtete wichtige Gesichtspunkt« hervorzuheben weiß. Interessant ist die Parallele, die zwischen dem Tübinger Stift und der Stuttgarter KarlSschul« gezogen wird. In unfern „Reisebriefen au- Schwaben" haben wir darauf hin gewiesen, wie daselbst mebr al- anderswo Tbeologi« und Poesie sich in einer Person verkörpern. Ernst Müller führt schon au- dem Iabre 1778 einen Beleg dafür an; in „Hartmann, eine Klostergeschichte" von Seebold, erschienen 1778, ist die Klage zu vernebmen, daß die Stiftler bereilS mit den neueren Dichtern bekannter seien als mit den alten, so daß Württemberg in Gefahr stehe, schöne Geister zu Pfarrern zu bekommen, die in Empfindungen zerschmelzen und die Gesellschaften mit Liedern unterballen. Ob nun der junge Schiller, der ansang« Theologie studiren sollte, im Tübinger Stift besser aufgehoben gewesen wäre al- in der Karlöschule, ist eine Frage, die E. Müller fast bejahen möchte. Nur die erste Jugendentwickelung und Scenen an- dem Stuttgarter Aufenthalt behandelt ver Verfasser, ein Thema, das allerdings noch mancher Aufklärung bedurfte, weshalb wir auch dem als Schwaben in die Localgeschicht« ein- geweihten Literarhistoriker für seine Forschungen dankbar sein müssen. „Von unzweifelhaftem Einfluß auf Schiller'« Jugend dichtung war Heinrich Ferdinand Möller'S Schauspiel „Sophie oder der gerechte Fürst", das 1777 in Leipzig erschienen war, am 10. Januar 1780 zur Feier des Geburt«- festes der Herzogin Franziska und dann wieder bei der Ein weihung der Karl-schule am 15. Februar 1782 gespielt wurde. „Die Räuber" und „Kabale und Liebe" tragen unverkennbar Spuren dieses Einflusses. Erich Schmidt bat schon darauf bingewiesen, ebenso Gödeke in seinem Grundriß; E. Müller ist auSfübrlicher und ergänzt auch den letzteren. „Zweifellos viel Erlebte« ist in den Gedichten der Anthologie verborgen", diesen Erlebnissen spürt E. Müller mit Scharfsinn na ch, nicht ohne hier und da Kritik an BoaS und Weltlich zu 'nehmen, undßweist dann Erinnerungen an diese Iugendgedichte in den „Räubern" und „Kabale und Liebe" nach. ES sind die- „der Fluch eines Eifersüchtigen" und „die schlimmen Monarchen"; gleichwie Minor schreibt E. Müller die Autorschaft de« ersteren Schiller zu, Boa« und Weltlich sprechen sie ihm ab. Und nun Laura, der die schwärmerischen Oden galten, wer war sie? Ein Phantasiegebildr? Oder die Frau Haupt mänain Bischer? Noch immer streitet man dar über; nach unserer Meinung aber wardieseLauraBeides. Dieser Ansicht scheint auch E. Müller zu sein. Derselbe war übrigen- in der glücklichen Lage, au- den Eheregistern Tübingens und Lustnau«, die ihm zur Verfügung gestellt wurden, die Biographie derselben wesentlich zu vervollständigen. Luise Dorothea Andreä ist den 24. August 1751 in Lustnau geboren. Im Jahre 1771 beirathete sie den Haupt mann und Regimentsquartiermeister Ferdinand Christoph Vischer, Sohn de« Grheunratbs Vischer io Stuttgart. Ihr Gemahl ist im Jahre 1749 geboren. Au- ihrer Ehe ent sprossen sechs Kinder, und zwar vier Mädchen und zwei Knaben. Zwei Töchter davon starben noch in dem Jahre ihrer Geburt und dir dritte im Jahre 1780, sich« Jahre alt. Die jüngste, 1779 geboren, heirathete de» V. Heugelin in Stuttgart und nach dessen Tod den späteren General v. Brandt in Ludwigsburg. Von den beiden Söhnen starb der ältere, Ferdinand, 1804; der jüngere, Loui«, wurde im Jahr l7S0 confirmirt. Sein Todestag ist nicht verzeichnet. Der Vater selbst starb im Iabre 1779. Von den Kindern der Frau Vischer lebten also zur Zeit, al« Schiller bei ihr wohnte, nämlich von 1781 bi« zu seiner Flucht am 22. September 1782, drei Kinder, die beid«n Söbne und die jüngste Tochter (Karoline). Danach ist nun die Mittbeilnng von Schiller'« Tochter Emilie an Boa-, di« in alle Schillerbiograpbien übergegangen ist, zu berichtigen. In da« Frühjahr 1785 fällt nun die Verirrung der jetzt 34jäbrigen „Laura"; sie giug bekanntlich mit einem jungen Herrn v. Braun durch, der auf der Karl-schule Cameralia (nicht d'e Recht«) studirte. In Tuttlingen wurde sie von ihren Verwandten angebalten, sie ging zu ihrem Schwager nach Lustnau. In dem dortigen Taufreqister stebt nnter dem I I. August 1785 die Geburt und Taufe eines Kinde«, „Auguste Luise" mit Namen, eingetragen; al- Eltern derselben sind vermerkt: „Krau Hauptmann Bischerin, geb. Andreä; der sich bekannte Vater, Herr von Braun, Sohn des Herrn Reichshofraths von Brau» in Wien." Taufzeugcn waren laut Eintrag bei demselben Datum: „Special- Superintendent und Pfarrer allhier M. Weber und dessen Ehefrau Sophie Friederike Johanna Weberin, geb. Andreäin." WaS aus dem Herrn v. Braun geworden ist, warum er Frau Vischer nicht heiratbete, ist nicht bekannt geworden. In Lustnau lebte Frau Vischer bis ^um Jahr l80t, in welchem Decao Weber starb. Nach seinem Tode zogen die beiden Schwestern uack Tübingen. Hier starb Frau Bischer am 21. April 1816. Die Tochter Auguste Luise heirathete 1813 den Universitätsgärtner Bosch in Tübingen, der später Hofgärtner in Stuttgart wurde. Welches war nun das persönliche Verhältniß zwischen der jungen Wittwe und dem einundzwanzigjährigen Dichter? Nach E. Müller'S Beweisführung sicher, bei allem innigen Verkehr, ein sittlich reines. Wie e« bei Dichternaturen erklärlich ist, so spann Schiller'- Phantasie die Anregungen, die der gefühlvolle Umgang mit der blauäugig Wittwe ihm gab, poetisch au« zu Scenen, denen nichts Wirkliches entsprach. In dem Ton der Moralität, den hier Müller anschlägt, mögen unser» Modernen vielleicht Puritanerthum finden, aber im Grunde hat Müller Recht. Da« Eine gebt au« dem Ganzen hervor: Der Jüngling Schiller hat die schwärme rische, oft sentimentale „Erste Liebe", wie sie den Iünglings- jabren eigen ist, und wie er sie in der „Glocke" so reizend rührend geschildert bat, selbst nicht erlebt. Die Karlsschülrr waren ja von aller Berührung mit jungen Mädchen abge schlossen, und eine Wittwe, die schon sechs Kinder gehabt bat. von denen 1781 drei nock lebten, konnte ibm diese Liebe nicht einslößen; des Dichters Phantasie ergänzte, was dew Herzen in Wirklichkeit mangelte. Freilich sagt er in de,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite