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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960811024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896081102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896081102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-11
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Dir Morgen-?>-ciabr erscheint um '/,7 Ubr, dir Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Ndr. Ne-artion und Expedition: 2ohanner«afle 8. Die Txp,Vision ist Wochentags ununterbrochr» gr^fnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Klemm'« Lortim. tAIsretz Hahn). Universitatsstrabe 3 (Pautinum), Louis Lösche, lkatbartnenstr. 14, Part, und Königsvlatz 7. Bezugs-Preis ts der Hauptexprdition oder den im Stadt» b»»irk und den Bororten errichteten Aus- gavrstrllen abgebolt: vierteljährlich 50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in< Haus ö.öO. Durch die Post bezogen 'ür ^.euljchland und Oesterreich: vierlelinkilich ./t 6.—. Dirccte tägliche Kreuzbandienbung inS Ausland: monatlich 7.50. Abend-Ausgabe. Ki WM T ag tli l M Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Dienstag den 11. August 1896. Anzeigen-PreiS di, -gespaltene Peützrllr so Pftz. Neclamrn untre dem R,daction«strich (4ge- spoltr») üO-'j, vor drn Kainilirnnachrichtea lkgeivalten) 40/^. Größere Schritten laut unser,m Preis- Verzeichnis. Tabellarischer und Zifjerajo- nach höherem Tarif. Extra-Vcilastktt (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderunz 60 —, mit Postdesürderung 70.—. Ännahmeschluk für Änzrigen: Abrnd-Ausgabr: Bormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anteigeu sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz ln Leiozig SV. Zahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 11. August. Bei der Reichstagsersatzwahl in Schlettstadt, welche die Cassirung der Wahl Pöhlmann's durch den Reichstag wegen amtlicher Wahlbeeinflussung nötbig machte, ist am Sonntag nach endgiltiger Feststellung das Mitglied des LandesausschusscS Spies (kathol. Volksp.) mit 8150 Stimmen gewählt worden. Kreisdirector Pöhl mann (Hospitant der konservativen Partei) erhielt 5237 Stimmen. Bei den allgemeinen Wahlen im Jahre 1893 hatte Pöhlmann 6686 erhalten, während auf den protestlerischen Candidaten nur 4865 Stimmen sielen und außerdem 175 socialdemokratische und 79 zersplitterte Stimmen abgegeben wurden. Da der Wahlbezirk etwa 15 500 Wahlberechtigte hat, von denen 13 787 zur Wahl urne gingen, so war die Betheiligung diesmal un gewöhnlich groß. Der starke Zuwachs, den der elsässische Candidat im Vergleich mit der Wahl im Jahre 1893 erhalten bat, ist Wohl in erster Linie darauf zurückzufiihren, daß der protestlerische Abg. Preiß für ihn eintrat. Obwohl sich Ultramontane und Volkspartei gerade in der letzten Zeit aufs Heftigste befehdeten, lecste Preiß seine Lanze für den klerikalen Spies ein und erklärte, daß ihm der eingeborene Elsässer über alles Andere gehe. Dafür darf Spies dem deutschen Centrum nicht beitreteten, das würde ja wie ein Pactiren mit deutschen Verhältnissen aussehen, und so etwas muß vor Allem vermieden werden. Darin liegt des Pudels Kern; der radicale Preiß mit dem klerikalen Spies Arm in Arm bedeutet das Zusammengehen der ein geborenen Elemente ohne Parteiunterschied in dem Sinne des modernen Protestes, wie ihn Preiß in seiner berüchtigten Unterredung mit dem Redacteur des „Petit Journal" dar gelegt hat: Der Frankfurter Friedensvertrag ist für die Elsaß-Lothringer nicht verbindlich, weil sie ihm nicht zu gestimmt haben; die Eingeborenen stehen den Alldeutschen als compacte Masse gegenüber, die von Deutschland nichts wissen will; im Hintergründe lauert, erstarkt und würdevoll, das beilige Frankreich auf den richtigen Augenblick zum Zugreifen. So hat's Herr Preiß gemeint und davon in Frankreich nichts, in Deutschland nur so viel widerrufen, als nötbig war, um einer strasgerichtlichen Verfolgung zu entgehen, so wiederholte es der ReichStagSabg. vr. Haas, verschollenen Angedenkens, der in der Pariser „Revue des RevueS" vom Januar d. I. die letzten Ziele der Elsaß-Lothringer im Reichstag unvorsichtig ausplauderie. Von dem gleichen Gedanken war die Ersatz wahl zum Reichstage in Metz und in Diedenhofen getragen, wo die liberalen Einheimischen für die klerikalen Candidaten stimmten und französische Blätter jubelnd ausriefen: „Alle Stimmen, welche für Pierson abgegeben werden, werden für Frankreich abgegeben." Auch die ablehnende Haltung der Elsaß-Lothringer im Reichstage gegenüber dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist im letzten Grunde dieser Ausfassnng zuzuschreiben. So ist auch jetzt im Kreise Schlettstadt dem Protest zum Siege gelangt. In zweiter Linie mag der Erfolg deS Herrn SpieS auf die Maßlosigkeit der Agitation seiner Anhänger zu rückgeführt werden können. Schreibt doch sogar die demokratische „Franks. Ztg": „Was die Agitation anbelangt, so war die Partei Spies der Partei Pöhlmann diesmal augenscheinlich über. Diese Agitation hat Auös cdreitungen zu verzeichnen, die man unmöglich billigen kann. Auch hier hat man leider wieder die Erfahrung bestätigt gefunden, daß gerade das Ein greifen deö geistlichen Elemenrs öfters eine Verbitterung und Verrohung in den Wahlkampf trägt, an der die geistlichen Machthaber im Interesse des Ansehens der Diener ihrer Kirche nicht gleichgiltig vorüber gehen sollten. Es liegt uns selbst verständlich fern, den Geistlichen das Recht politischer Be tätigung zu verschränken, und gerade in Schlettstadt hat man neben den gerügten Ausschreitungen auch daS Beispiel, daß diese Betätigung eine durchaus würdige sein kann. Wer aber im Wahlkampf ein Ringen ehrlicher Ueberzeugungen sieht, kann von einem Treiben, wie es dieser unter geist licher Leitung geführte Wahlkampf zum guten Theil zeigte, nur abgestoßen werden." Einzelheiten des gerügten Treibens werde» hoffentlich demnächst bekannt werden. Die freisinnige Presse begleitet die Action der Einzel staate» bezüglich der Adändernng der BcretnSgescygebung mit einem Mißtrauen, welches zu Schlüssen führt, die absolut ungerechtfertigt erscheinen müssen. Das in Sckwarzbura- SonderShausen angenommene Vereinsgesetz, welches die Auf hebung deö für das Fürstentum noch geltenden Verbots für politische Vereine, mit einander in Verbindung zu treten, enthält, wird von einem Berliner Blatt reactwnärer Ten denzen beschuldigt, weil eS u. a. die Bestimmung enthält, daß in Zukunft Versammlungen unter freiem Himmel nur stattfinden dürfen, wenn vorher die Genehmigung der OrtS- polizeibebörde eingeholt worden ist, und daß solche Versamm lungen verboten werden dürfen, wenn eine „Gefahr für die öffentliche Ordnung" vorliegt. Demgegenüber darf wohl darauf hingewiesen werden, daß diese Bestimmung dem K 9 des preußischen Vereins- und Versammlungsgesetzes entspricht, gegen welchen, bis jetzt wenigstens, Einwendungen mit Aus nahme vielleicht von socialdemokratischer Seite, noch nicht er hoben worden sind. Auch in den Vereinsgesetzen fast aller anderen Einzelstaaten findet sich diese Bestimmung, auf die unseres Erachtens im Interesse der öffentlichen Sicher heit und Ordnung gar nicht verzichtet werben kann. Selbst das hamburgische Vereinsgesetz, welches auf radicaler Seile sonst als das „erträglichste" bezeichnet zu werden pflegt, enthält in seinem tz 3 eine Bestimmung, wonach Ver sammlungen unter freiem Himmel in der Stadt überhaupt ver boten sind und außerhalb der Stadt ohne vorherige Erlaubniß der Polizeibehörde weder berufen, noch abgehalten werden dürfen. Auf diese Versammlungen findet natürlich auch die allgemeine Bestimmung deS tz. 2 des hamburgischen Gesetzes Anwendung, wonach die Polizeibehörde wegen „dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" öffent liche Versammlungen überhaupt untersagen kann. Die schwarzburg-sondershausensche Gesetzgebung wegen der Einführung einer ähnlichen Bestimmung als reaclionär zu verschreien, halten wir daher für verfehlt. In dem Programn» für die Auslandsreise des Zaren steht bis jetzt so viel fest, daß derselbe am 5. September mit der Zarewna nach BreSlau kommen und dort anläßlich der Kaisermanöver mit dem deutschen Reichsoberhaupt Zusammentreffen wird. Die „Agence HavaS" hatte gemeldet, daß der Zar Wien, Kopenhagen, England, Paris und Darmstadt besuchen werde; aber sie hatte gleichzeitig die Nachricht verbreitet, der Zar werde mit Kaiser Wilhelm in Berlin zusammenkommen. Diese Meldung hat sich als falsch erwiesen, und so kann man auch in Bezug auf das übrige Reiseprogramm nicht wissen, ob man es mit endgiltigen I und vfsiciellen Bestimmungen zu thun bat. Der Besuch in I Wien scheint festzustehen, ebenso der in Darmstadt, Kopen- I Hagen und England, aber es kann noch nicht als absolut sicher gelten, ob der Zar in Paris oder in einem französischen Hafen seine Visite machen wird. Die französische Presse setzt ja in ihren Jubelartikel» das Erstere voraus, allein es kann nach der neulichen vfsiciellen Versicherung des „Nord", es stehe nur so viel fest, daß der Zar Frankreich überhaupt be suchen werde, sehr wohl noch anders kommen. Sicher wäre es ein ausfallendes Entgegenkommen Frankreich gegenüber, wenn der russischeHerrscher den Fuß in die Hauptstadt der französischen Republik setzte, nachdem er die Hauptstadt deS deutschen Reiches gemieden hätte, während Kaiser Wilhelm seinen An trittsbesuch im Jahre 1888 in Petersburg gemacht hat. Es entspräche daher nur dem freundschaftlichen Ton, welchen die russische Presse seit geraumer Zeit Deutschland gegenüber anschlägt, und den constanten Versicherungen derselben, der russisch-französische Zweibund habe die Tendenz gegen Deutsch land verloren, wenn der Zar weder nach Berlin, noch nack Paris ginge, um weder hier, noch dort anzustoßen. Sollte aber doch die „Agence Havas" Recht behalten und das russische Kaiserpaar unter dem Triumphgeschrei ganz Frankreichs in die Hauptstadt an der Seine einziehen, ohne vorher den deutschen Kaiser in Berlin begrüßt zu haben, so wäre in Frankreick die Auffassung unausbleiblich, daß der Zar in der russisch-französischen Entente nicht blos eine melkende Kuh für russische Interessen, sondern auch eine Verpflichtung für Rußland erblickt, den französischen Revanche gelüsten einstens zum Ziele zu verhelfen. Wir sind über zeugt, daß die französischen Chauvinisten mit dieser An nahme sich im Jrrthum befinden, aber trotzdem läßt es sich nicht bestreiten, daß der Zar, der die Stimmung in Frankreich genau kennen muß, durch seinen Besuch in Paris der Revancheidee Vorschub leisten und den Chauvinismus zum Sieden bringen würde. Der Zar würde damit documentircn, daß für ibn die französische Freundschaft einen ausschlag gebenden Werth hat. An dem Charakter der politischen Lage würde ja dadurch nichts Wesentliches geändert, nur würden wir, mit der jetzt erhöhten Möglichkeit einer französiscken Uebereilung rechnend, erst recht auf dem tzui rive bleiben und unser Pulver trocken halten. Für diese Klärung der Sachlage könnten wir dem jungen Selbstherrscher nur dankbar sein. Wenn es aber etwas giebt, was den Zaren bestimmen könnte, nicht nach Paris zu gehen, so ist es der an Narrheit grenzende Enthusiasmus, in welchen die Pariser Presse in der Annahme des Zarenbesuches in Paris sich jetzt schon hineinredet. Man kann sich ungefähr eine Vorstellung machen von der schon an Anbetung grenzenden Verehrung, mit der das russische Kaiserpaar und sein Gefolge von den Vertretern der stolzen Republik empfangen werden, wenn man den verzück ten, blumen- und phrasenreichen Jubelhymnus liest, den der „Figaro" der Reife deS Zaren widmet. Es heißt darin u. A.: Die Neuigkeit ist jetzt bis in die kleinen in den Bergen oder Wäldern verlorenen Dörfer gelangt. Tie Heu- und Getreide mäher, die sonst nicht die Gewohnheit des Denkens haben, sagen: „Der Zar wird kommen!" Der Pfarrer schließt die Zeitung wie ein Brevier und murmelt: „Der weiße Zarl Er, der betet I Der Freund Frankreichs!" Der Schulmeister denkt: „Ich muß die Marseillaise üben lassen." ... Es giebt nur eine Stimme in diesem Volke, wie es nur einen Gedanken giebt. Wo auch immer der Kaiser landen möge, der Empfang wird triumphirend sein; wenn das Meer nicht leuchtet, wird es nicht die Schuld der Behörden sein. Man wird sich todtdrücken. Die Bäume werden menschliche Trauben tragen. Die Dachlöcher der Speicher wird man sehr theuer vermiethen, nach einem halben Jahrhundert werden die Großmütter erzählen: „Da zumal kam ein großer König, das grüne Land zu besuchen, wo wir sind. Man hörte von der Lande de Tremrnmor den Jubel, der sich vom Hafen Brest erhob, und daS Geräusch der Fluth wurde davon übertönt zum ersten Mal, seit die Welt die Welt ist." . . . Majestät, Sir werden, ich hoffe es, vor der Front unserer Truppen erscheinen. Sie werden viele, viele Tausende von Augen aus die Ihrigen frod, wie am Tage einer glücklichen Schlacht, gerichtet sehen.... Majestät, Sie werden auch Bauern, Arbeiter, gute, ruhige Bürger, unvergleichliche Zahler (!) sehen, welche Ihnen einen Theil ihrer Ersparnisse anvertraut haben (!!>, den sie selbst unter dem Kaiserreich im Wollstrumpf an sich drückten. ... Sie werden sehen, daß diese wilden Demokraten ein sehr tiefes Gefühl für die Autorität haben und daß sie alle Arten von zarten Aufmerksam keiten finden, um einen befreundeten Herrscher aufzunehmen. Eie werden vor Allem sehen, daß dieses Frankreich, trotz aller seiner großen Uebelstände, auch noch große Bcsitzthümer hat an Muth, Intelligenz, Geduld, Glauben an die Zukunft, sogar auch an ein fachem Glauben hat, und daß, so zerrissen es auch sein mag, es noch immer Tage und Beweggründe giebt, die es wieder einig machen . . . Das genügt. Aus einer solchen Stimmung heraus kann sich alles Mögliche ereignen. Es giebt aber auch noch einen andern Grund, der einen Besuch in Paris unthunlick, wenn nicht gefährlich erscheinen lassen könnte. Auf denselben machen die „Hamb. Nachr." aufmerksam, indem sie schreiben: Wenn sich auch wahrscheinlich kein zweiter Floqnet findet, der dem Zaren „Vivo la koloZne, Kousieur!" zuruft, so giebt eS doch in Frankreich Fanatiker jeder Art genug, denen rechtwohl zuzutrauen ist, daß sie die Anwesenheit des Vertreter- deS absoluten Herrscherthums in dem demokratisch-socialistischen Frankreich zu Manifestationen mißbrauchen, die immerhin störend und verdrießlich wären; von der Geiahr eines nihilistisch-anarchistischen Attentats auf den Zaren ganz zu schweigen. Daß die nihilistisch-anarchistischen und ähnliche Elemente in Paris sehr zahlreich vertreten sind und dort größte Bewegungsfreiheit genießen, ist notorisch, und wir haben von der Pariser Polizei doch nicht die Meinung, daß sie volle Garantie gegen die Möglichkeit eines Verbrechens aus dieser Richtung her bei Gelegenheit de- russischen Besuches zu bieten vermag. Zwar haben dir Terroristen in der letzten Zeit wenig von sich hören lassen, aber da- ist eher beunruhigend, al- ein Zeichen ihrer fried- sichen Absicht. Verbrechen ä l» Eajerio werden immer überraschend, ohne vorherige Anzeichen ihres Bevorslehens begangen. Jedenfalls wird die Verantwortlichkeit des Pariser Polizei chefs während deö Zarenbesuchs in Paris eine so große sein, daß schwerlich Jemand Neigung bekunden wird, sie ihm ab zunehmen, oder auch nur mit ihm zu theilen. Im Großfürstenthum Finland, das bekanntlich durch eine dynastiscke Staatsunion mit Rußland verbunden ist, wird eine Verordnung des Zaren Großfürsten nachhaltige und be rechtigte Freude Hervorrufen. Nach einem Hclfingsorser Be richt der „Pol. Corr." bat der Zar eine Verordnung erlassen, durch welche die Rechte des finischen Senat-, der das Regierungscollegium in Finnland bildet, in verschiedenen Puncten erheblich erweitert werden. Die wichtigsten Bestimmungen bestehen darin, daß die beiden Departements des Senats (für Justiz und Oekonomie) fortan berechtigt sind, in Plenarversammlungen ohne zuvor an aller höchster Stelle einaebolte Zustimmung über die Aufhebung oder Abänderung der bestehenden Grundgesetze, des bürgerlichen und Strafgesetzes, der Gesetze über die evang.-lutherische Kirche, die Wehr pflicht und das Justizwesen, daS Heer und die Handel- marine zu berathen. Dieser kaiserlich großfürstliche Erlaß ist vielleicht die wichtigste Regierung-Maßregel von gründ sätzlicher Bedeutung, die NicolauS II. bisher getroffen bat. Er bedeutet einen klaren Bruch mit der Politik, die Alexander III. gegen Finland befolgte. Er giebt dem finischen Senate alle die Rechte zurück, die ihm durch kaiser- FrrrUlstsn. Zim pinkerton und ich. Roman von R. L. Stevenson und Lloyd L-bourne. 38f Autorisirte Bearbeitung von B. Kätscher. Nackdruck vrrbvten. „Dafür wäre ich Ihnen wirklich sehr verbunden", sagte Mac so sanft wie ein krankes Kind. Jede Heftigkeit war von ihm gewichen. Und als Carthew Spüleimer, Schiff«- besen und Schwamm herbeigebracht und mit der Reinigung des Schlachtfeldes begonnen hatte, sprach er seufrend: „Ich muß Sie und die Anderen um Verzeihung bitten, denn ich allein habe Sie in die Patsche gebracht. Was mich am meisten schmerzt, ist, daß ich Ihnen nicht einmal beifprinaen konnte. Und was Sie, mein Herr betrifft, so haben Sie mir da« Leben ^rettet. Sie den Wütherich nicht erschossen, er würde mich zermalmt haben." „Ich bitte Sie um GottcSwillen, nicht davon zu reden. DaS hier unten war Kinderspiel, aber oben — o mein Gott!" „Beruhigen Sie sich, Herr Carthew! Jetzt istS ja vorbei und Sie können dem Himmel Lanken, daß Sir wenigsten- nicht verletzt und hilflos sind." Eben beendete Carthew seine schmutzige Arbeit, als die Frühstücksglocke ihn abrief. Tommy hatte nach dem Bad daS große Boot des „Schönen Teufel-" ganz nahe an die „Fliegende Lerche" hcrangezogen und bereit« mancherlei ein geladen. Er war offenbar für die sofortige Abfahrt und sagte bei Tische: „Auf diesem Schiff giebt« massenhaft Vorrätbe, die wir mitnehmen könnten. Wozu noch länger säumen? Brechen wir nach Hawai auf; ich habe da- Boot schon vorbereitet." „Mac bat einen Armbruch erlitten", bemerkte Norri«. „So kann er dock nickt mitkommen?" „Wenn daö Alle« ist, so kann ihm leicht geholfen werden", antwortete der Capitain. „Ich richte ibm den Arm rin. Ich dachte, Mac sei ebenfalls tot. Der verrückte Schwede hieb ja um sich wie —" Die Erinnerung an da« Gemetzel binderte ihn am Weiter sprechen und Niemand nahm den Faden re« Gesprächs wieder ans. Nack dem Frühstück begaben sich Wick«, Carthew und Tommy zu Mac. „Ich bin gekommen, um Ihnen den Arm einzurichten", sagte der Erstere. „Entschulditzen Sie, Herr Capitain, aber eS wäre viel wichtiger, zunächst in See zu stechen. Mein Arm hat auch nachher noch Zeit." „O, wir haben keine Eile", meinte Wicks. „Warten Sie nicht, bis ein anderes Schiff kommt", ant wortete Mac. „Besser ist bester." „DaS ist aber höchst unwahrscheinlich", warf Carthew rin. „Durchaus nicht, beharrte der Ire. „Braucht man ein Schiff, so kriegt man gewiß sechs Jahre lang keinS in die Nähe; braucht man aber kein«, so kann man sicher sein, eine ganze Flotte an den Hals zu kriegen." „DaS nenne ich vernünftig geredet!" rief Hadden begeistert. „Befrachten wir daS Boot und stoßen wir ab." „DaS Boot?" fragte Mac. „Was hält der Herr Capitain von dieser Idee?" „Ich? Gar nichts! Wir haben kein Boot nöthig, denn wir sind jetzt im Besitz einer vorzüglichen Brigg." „Unsinn!" sagte Tommy, ,,wa» nützt uns die Brigg, da wir ja doch nicht wagen dürfen, sie zu benützen? Welchen Hafen möchten Sie eigentlich anzulaufen sich getrauen?" „Gar keinen, mein Sohn! Vielmehr wollen wir mit dieser Brigg auf boher See Schiffbruch leiden, und zwar ungefähr sechzig Kilometer windwärts von Kauai. Wir wollen dann im Boot abwarten, bi« sie gesunken ist. So bald die« geschehen, hat die fliegende Lercke" für un« nie existirt und wir sind wieder die Bemannung d«S „Schönen Teufels"." „Bravo, mein lieber Herr Capitain!" sagte Mac erfreut, „das ist vernünftig gesprochen! Lasten Sie meinen Arm nur getrost warten, bis wir aus hoher See sind." „Ich bin ja sehr fürs Eilen", antwortete Wicks, „aber «S ist nock viel zu windstill und so habe ich noch reichlich Zeit, nach Ihrem Arm zu sehen." Nachdem der Arm eingerichtet und angeschient war, wurde Brown s Leichnam au« dem Vordersteven geholt und in die Lagune geworfen. Kurz nach 8 Uhr kräuselte ein leichter Wind daS Master, uni sich bald ia eine trockene Bo« und dann in rin« stet« Brise zu verwandeln. Die Zwischenzeit ver brachten Alle in fieberhafter Ungeduld, der Capitain überdies in großer, freilich gebeim gehaltener Unruhe. Er war nämlich rin unübertrefflicker Schoonerkrunrr, verstand aber nicht, mit einer Brigg umzugehen. Er speculirt« und studirt« fort während, welche« Verfahren er rinschlagrn werde, um die Brigg flott zu machen; allein er fühlte sich so unsicher, daß er ganz niedergeschlagen und ängstlich war. Er konnte nur rathen und combiniren, nichts bestimmt wissen. Wenn er falsch riethe, stände er hilflos da. Wäre die Mannschaft nicht so ermüdet gewesen und hätte er sich nicht gescheut, seine Furcht an den Tag zu legen, so würde er das Schiff mit Hilfe von Tauen aus der Lagune haben bugsiren lassen. So aber mußte er sich mit der Anwendung von Vorsicht be gnügen. Demgemäß postirte er Carthew achteraus, besichtigte mit ihm die verschiedenen Halsen und Brassen und erklärte ihm ausführlich und geduldig, was er zu thun haben werde. „Hoffentlich kann ich Ihre Weisungen behalten", sagte NorriS unsicher. „Die Sache sckcint mir höchst verwickelt." „Ja, es ist eine ganz heillose Geschickte! Und dabei kein einziger wirklicher Matrose aus Deck! Wenn eS wenigsten- eine Briggantine wäre, so gingS noch balbwegö. Glücklicker weise ist die Passage einfach und erfordert kein besonderes Manövriren. Wir lichten die Anker vor dem Wind und segeln gemüthlich weiter, bis wir das Eiland ansegeln. Dann kneifen wir den Wind ab und halten uns möglichst südöstlich. Dann stagen Sie da« Schiff und verharren beim Stückpforten Ausholer. Begreifen Sie?" „Ich glaube, eS wird gehen", erwiderte Carthew trüb, und die beiden Ignoranten suchten mit den Augen das ver wickelte Takelwerk zu entwirren. Endlich mußte mit der Abfahrt Ernst gemacht Werden. Die Segel wurden gestrichen, das Ankertau stagweise ein gewunden, das große Boot loSgeworfen, die oberen Mars segel und daS Flitterlegel ausgesetzt, die Raaen gebraßt und die Flittersegelschoten ans Steuerbord zugesetzt. „Lickten Sie die Anker, Herr Carthew, und bringen Sie ein Girksegel auf die andere Seite!" commandirte Wicks. ES geschah, aber die Brigg rührte sich nickt. Der Capitain, ver an da« Sckönfahrsegel eine« Schooner« dachte, wendete seine Aufmerksamkeit dem Flittersegel zn, holt« die Schote «in und holte sie wieder auS, — eS nützte alle« nichts. Da schrie er schließlich, im Gesicht dunkelrotb: „Grien Sie da« unsinnige Ding auf!" Das Aufgeien des Flittersegels brachte das Schiff endlich vor den Wind — znm höchsten Erstaunen de« Capitain«, der di« Naturgesetz, auf den Kopf gestellt wähnte. Er glaubte, eine Zaubrrposse zu sehen und hütete sich, sein« Leute aufzu regen, behielt daher seine Ueberraschung für sich und ertheilt« seine weit«ren Befehl« mit einem gewissen Applomb. Nun die Brigg unterwegs war, hielt er all« Schwierigkeiten für überwunden. Al« auch noch die Untersegel beigesetzt wurden, ging« ganz famo« vorwärts. Da« ostene Meer wurde immer sichtbarer, di« Insel kam immer näher. Man braßte die Raaen, setzte die Flittersegelbalsen wieder nach hinten zu und brachte Las Fahrzeug bald in die Nähe des fürs Bei likgen außerhalb der Lagune günstigsten Punctes. Wicks war auf seinen Erfolg stolz und übernahm selber daS Steuerrad. „Das Ruder in Lee!" commandirte er „Halsen und Schoten! Da« große Segel zusetzen! . . Halt, sonst geht das große Segel drauf! Springen Sie nack vorn und ziehen Sie Ihre Fockraaen herum!" Dieser Auftrag kam aber viel zu früh und sollte verhängnißvoll werden. Ein Raasegel führendes Sckiff zum Halten zu bringen, erfordert genaue Sachkenntniß und raschen Blick. Ein an die knappen Bewegungen eine- Schooner- Gewöhnter wirt stets geneigt sein, sich zu überstürzen, wenn er e« mit einer Brigg zu thun bat. So auch hier, und die Folge war, daß die Topsegel gänzlich back kamen — daS Sckiff hatte „eine Eule gefangen". Doch wär» eS durch da« Umkehr,» nock immer zu retten gewesen; aber einem Schoonersegler pflegt eine Abtrift nie in den Sinn zu kommen. Aach Wick« dackle nicht daran, beeilte sich vielmehr, das Schiff zu wenden, und da hierzu der verfügbare Raum nicht auSreichte, geriest, die „Fliegende Lerche" auf eine Sand- und Korallendank — schon nack halbstündiger Fahrt. Ehe die Anderen den Unfall noch gewahr wurden, befahl er, die Segel auszugeien und warf inzwischen da-Loth. Dann ordnete er au, ein Boot mit dem Steuerbordanker anszusetzen. „Das Sckiff liegt famo«!" fügte er hinzu. „Oho!" rief Hadden. „Sie wollen uns do» nicht im Ernst veranlassen, die Brigg vom Boot au« am Seil fort- zuzieben?" „Doch, doch! Warum auch nicht? „Weil wir zu Tod« erschöpft sind «nd ganz einfach nickt können!" antwortete Tommy, sichtrotzig auf die große Luke setzend. „Sie haben un« sestgerannt, mach,« Sie un wieder flott!" „Sie scheinen nicht zu wissen, wie müd, wir sind", fügte Cartbew unwillig hinzu. „Aber die Fluth steigt", beharrte der Capitain. „Soll ich eine steigend« Fluth ungenutzt lassen?" „Ach wa«. morgen wird sie ja wieder steigen", sagte Hadden, sitzen bleibend. „Und ich", sprach Norri«, „ich sage Jbnen, daß die Brise stark nachgelassen hat und dir Sonne bald untergeben wird. Im Finstern könnten wir lricht in eine neue Patscke geratben." „Da« gebe ich zu", entgegnete Wick-, „aber ich begreife Si« nicht. Au« welchem Stoff muffen Sie gemacht sein!" fuhr er, in Ausreaung geratbend, fort. ,.Wa« mich betrifft, so wäre e« mir fürchterlich, hier zu bkeiven Der Gedanke, angesichts der blutroth sinkenden Sonne noch länger in der Nähe zu weilen, bringt mich zur Verzweiflung".
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