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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.08.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960814019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896081401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896081401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-14
- Monat1896-08
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Die Morgrn-A»-gabe erscheint um llhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Re-action und Lrpe-itio«: Johannes,affe 8. Di« Expedition ist Wochentags ununterbrochen öffnet von früh 8 bi» Abend« 7 Uhr. Filialen: ktt» Klemm'» Tortim. (Alfred Hahn). Universttät-straße 3 (Paulinum), Loui« Lösche, statbannenstr. 14, vart. und Königsvlatz 7 BezugS-PreiS in der Haaptexprdittoa oder den im Stadt, bentrk «md den Vororten errichteten Au«, nabrftrllen abgebolt: vierteljährlich^>4.bO, bei zweimaliaer täglicher Zustellung in« jaus ^l SckO. Durch die Post bezogen 'irr Deutschland und Oesterreich: vierteliährUch . Direkte tägliche Kreuzdandiendung in« Au«land: monatlich 7.Ü0. Morgen-Ausgabe. WMgrrTaMalt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Molizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. ^-411. Freitag den 14. August 1896. Anzeigen-PreiS die S gespaltene Petitzeile LO Pfg. Reklame« unter dem Rrdaction«strich (4ge- spalten) öO^, vor den Kamilirunachrichtcn (S gespalten) 40/^. Vrötzere Gchriften laut unserem Preis Verzeichnis. Tabellarischer und Zissernsaz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), »ur mit de, Morgen - Ausgabe, ohne Postbrförderung >l SO.—, mit Postbrförderung 70.—. ^nnahmeschluk für Anzeigen: Abend.Ausgabe: Vormittag- 10 UhL Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck and Verln-t non E. Pol» in Leipzig so. Jahrgang. Deutschland und die dänischen Antillen. In dem Nativnalprogramm der republikanischen Partei der Bereinigten Staaten von Nordamerika, dessen Träger voraussichtlich der nächste Präsident der Union werden wird, ist auch die Rede von den dänischen Antillen und es wird deren Ankauf „zur Errichtung einer passenden und sehr nothwendigen Flottenstation in Westindien" vor geschlagen. Dänemark ist bekanntlich längst bereit, zu verkaufen. Lincoln's StaatSsecretair Seward, der auch im Cabinet des ihm wenig sympathischen Präsidenten Johnson auSharrte, um seine auswärtige Politik, die in der Austreibung der Franzosen aus Mexiko gipfelte, vollenden zu können, wurde im Jahre 1867 von einem wahren Annexions fieber befallen. Sein mit Rußland abgeschlossener Vertrag über Abtretung des Alaskagebietes wurde vom Bundessenat, wo ibn namentlich Sumner, der damals äußerst einflußreiche Borsitzende des SenatSauSschusses für auswärtige Angelegenheiten, unterstützte, glänzend be stätigt, und um den Spottpreis von etwas mehr als sieben Millionen Dollars ging das riesige Gebiet, dessen seitherige Entwickelung Seward'S staatsmännischem Fernblick alle Ehre macht, in Len Besitz der Vereinigten Staaten über. Im gleichen Jahre schloß Seward einen Vertrag mit der Mulatten-Nepublik San Domingo über Abtretung der Bai von Samana und mit der Republik Columbia einen Vertrag über thatsächliche Abtretung der Landenge von Panama ab, und daS Gleiche geschah mit Dänemark betreffs Ueber- lassunz der westindischen Inseln St. Thomas, Santa Cruz und St. John. Während des Bürgerkrieges machte sich das Bcdürfniß nach Kohlenstationen in Weslindien bei der Unionsregierung geltend, damit die Kriegsschiffe der Bereinigten Staaten einen Stützpunkt gegen die Schiffe der Rebellen und die britischen Blockadebrecher hätten, wes halb Staatssecretair Seward im Januar 1865 Unterhand lungen mit dem damaligen dänischen Gesandten in Washington, General Raasloff, eröffnete, die auch nach der Ermordung Lincoln's fortgesetzt wurden und schließlich zur Einwilligung Dänemarks in die Abtretung der Inseln St. Thomas und St. John führten, wofür die Dänen 11 Mil lionen Dollars forderten. Die Amerikaner handelten bis auf 7 Millionen herunter, und schließlich wurde im Oktober 1867 in Kopenhagen ein dabin gebender Vertrag abgeschlossen mit dem Vorbehalt, daß die Bewohner der Inseln ihre Zustimmung geben sollten. Diese erfolgte im Januar 1868, und kurz darauf wurde der Vertrag vom dänischen Reichstag ratificirt. Der Senat der Vereinigten Staaten aber weigerte sich, das Gleiche zu tbuu, wie er auch die Bestätigung der Erwerbung der Bai von Samana und der Landenge von Panama versagte. Das Projekt des Ankaufs der dänischen Inseln wurde von Btaine unter Garfields und später unter Harrisons Administration wieder ausgenommen, und der amerikanische Gesandte in Kopenhagen, Clark E. Carr, brachte eS auch schließlich dazu, daß sich die durch die frühere Ablehnung verschnupfte dänische Regierung zu neuen Unterhandlungen bereit erklärte. Ehe es aber dazu kam, gelangte Cleve land ans Ruder, der gegen jede Erweiterung deö Gebietes der Vereinigten Staaten ist. Wenn jetzt nach dem voraussichtlichen Siege der Repu- blikaner die Unterhandlungen von Neuem ausgenommen werden, mag unter Umständen der langwierige Handel wirklich zum Abschluß kommen, denn Dänemark ist angesichts des bedeu tenden Zuschusses, den es die Unterhaltung der Inseln kostet, sehr darauf auS, sie auf anständige Weise loszuwerden. Aber sollte sich da nicht auch für Deutschland Ge legenheit zum Erwerb eines jener in vielfachem Betracht für uns begehrenswerthen Eilande bieten? Der „Hamburger Corresp." regt diesen Gedanken an, und man kann ihm darin nur aufs Lebhafteste zustimmen; denn eine deutsche Kohlenstation auf den Antillen wäre eine bedeutende Unter- stützuug unserer oceanischen Handelsbeziehungen und könnte auch in strategischer Beziehung gegebenen Fall» von großer Bedeutung sein. Freilich wird, wenn Deutschland in dieser Hinsicht Schritte tbun sollte, in den Vereinigten Staaten sofort ein großer Lärm um die Monroe-D octrin erhoben werden, die erst jetzt wieder im republikanischen Nativnalprogramm so aus gelegt worden ist, daß man von Seiten der Vereinigten Staaten zwar nicht in bereits bestehende europäische Besitzungen in Amerika ringreife, aber keine neuen europäischen Er werbungen in Amerika dulde. Trotzdem aber wird im selben Programm der Wunsch einer schließlichen Annexion CanadaS ausgesprochen, damit eine endliche Bereinigung aller englisch sprechenden Theile des ContinentS „durch freie Zustimmung ihrer Bewohner und freiwillige Verzicht leistung europäischer Mächte" zu Stande komme. Alles das sind allerdings nur Leimrutken für den amerikanischen Dünkel, und man braucht den Redensarten kein sehr großes Gewicht beizulegen. WaS aber die Anwendung der Monrve-Doctrin aus einen eventuellen Ankauf einer der dänischen Inseln durch Deutschland betrifft, so kann dabei, wie der „Hamb. Corr." zutreffend ausführt, von einer „neuen europäischen Er werbung" gar nicht die Rede sein. Tie drei dänischen Antillen sind seither in europäischem Besitz gewesen, und wenn eine von ihnen Eigenthum der deutichen Nation würde, so würde allerdings der Besitzer als solcher ein anderer sein, aber europäisch wäre er eben so gut, wie der vorhergehende, und von einer „Erweiterung der europäischen Machtsphäre auf dem amerikanischen Conlinente" läßt sich erst reckt nicht reden. Schließlich ist ja auch die Monroe-Doctrin als völker rechtliches Gesetz bis jetzt erst von einem einzigen Volke anerkannt worden: von den Amerikanern selbst. Jedenfalls möchten wir der Hoffnung Ausdruck geben, daß die Anregung des Hamburger Blattes bei den maß gebenden Stelle» im Reiche auf günstigen Boden fällt; daß die colonialen Kreise sich die Förderung der Sache werden angelegen sein lassen, ist wohl nicht zu bezweifeln. Deutsches Reich. ** Leipzig, 13. August. DaS königl. Ministerium des Innern giebt in einer Verordnung bekannt, daß nach einer Anzeige de« kaiserl. Gesundheitsamtes die Zu sammenstellung der Serumbebandlung zu einem vorläufigen Abschlüsse und zwar mit dem Ergebnisse geführt habe, daß es nickt mehr erforderlich erscheine, die Heilanstalten mit den der Sammelforschung dienenden Arbeiten noch fernerhin zu belasten. Von der Einsendung weiterer statistischer Ausweise über die Wirksamkeit des Diphtherieheilserums könne somit abgesehen werden. Erwähnt möge hierzu sein, daß sowohl im hiesigen Kinder kranken hause, wie im Städtischen Krankenhause auch in diesem Jahre fortdauernd die besten Erfolge mit dem Heilserum erzielt worden sind. 52 Berlin, 13. August. Zur Beurtbeilung der gegen wärtigen wirthschaftlichen Lage bringt der Bericht der unterfränkischen Handels-und Gewerbekammer so werthvolles Material bei, daß eS als Pflicht erscheint, auf ihn besonders aufmerksam zu machen. In dem Berichte wird gesagt: „Ter Fortschritt in der geschäftlichen Entwicklung während der Berichtsperiode ist unverkennbar. Mag auch das Jahr 1894 noch das tiefe Niveau seiner Vorgänger festgehalten haben, so zeigte sich doch im Jahre 1895 eine merkliche Besserung der allgemeinen Lage. Die uns zugegangenen Berichte constatiren in der Mehrzahl, daß der Woarenurmaujch sich stetig steigerte und daß der Jahresabschluß 1895 — abgesehen von Len Klagen über die erhöhte Concurrenz, die Ueberproduction in einzelnen Artikeln, schlimme Creditverbält« nisse u. s. w., wie sie sich eben aus den modernen Verhältnissen ergeben — kein ungünstiger zu nennen sei. Besonders jene Branchen, welche die gewöhnlichen Bedarfsartikel führen, haben eine entschiedene Erhöhung des Umsätze« zu verzeichnen. Es scheint demnach, daß die Verhältnisse der landwtrthschaftlichen Bevölkerung unseres Kreises im Wesentlichen sich gebessert haben; denn bei dem Umstande, daß die meisten unserer städtischen Geschäfte bei ihrem Absatz sehr wesentlich mit der Landbevölkerung rechnen müßen, wäre eine fort schrittliche Entwickelung, selbst bei größter Forcirung des Geschäfts, undenkbar, wenn die Kaufkraft der Landbevölkerung noch immer eine so geschwächte gewesen wäre, wie zu Anfang der 90er Jahre. Einige nicht ungünstige Ernten mögen hier diese erfreuliche Beste- rung bewirkt haben. Zu betonen ist hierbei, daß diese fortschrittliche Tendenz sich auch in den kleinen Landstädten gezeigt hat." Wir können auf Grund eigener Anschauung bestätigen, daß die zahlreichen Städte und Städtchen der weder sehr industricreichen, noch hervorragend am Großhandel betbeiligten Provinz in der Thal zum sehr großen Theile auf die bäuer liche Kundschaft angewiesen sind und daß dort mehr als in vielen anderen Gegenden daS Sprichwort gilt: „Hal der Bauer Geld, so hat's die ganze Welt!" Die Befriedigung der Geschäftsleute, die in dem Bericht der unter fränkischen Handels- und Gewerbekammer zum Ausdruck kommt, wirft daher auf die Lage der Landwirtbschafl des Bezirks ein Licht, das nickt trügen kann. Wir sind weit entfernt, auf Grund dieses Berichts die Verbesserungs bedürftigkeit der Lage der Landwirlhscbaft im Allgemeinen oder, insoweit der Körnerbau in Frage kommt, auch nur der des Main landes bestreiten zu wollen, aber mehr Gewicht als den beyerisckcn Phrasen der Berliner Presse des Bundes der Landwirthe kommt jenem Handelskammerbericht jedenfalls zu. Denn das Geld, das der Bauer auf den Ladentisch des Kaufmanns legt, muß er eingenommen haben, während die alltäglichen, den Untergang der Landwirthschaft feststellcnde» Zuschriften der „Deutschen Tageszeitung" Hausproducle sein können. * Berlin, 13 August. Die neueste Forderung des Klerikalismus ist, daß bei der Einweihung einer evan- gelischen Kirche in Gegenwart von Mitgliedern des evan gelischen Königshauses die Reformation und Luther nickt gerühmt werden dürfen — ans Rücksicht auf den Katholicismus, richtiger: auf die Klerikalen! Tie „Köln. Volksztg." ist höchst unzufrieden, weil der Super intendent Umbeck in seiner Rede zur Einweihung der Willi- brordi-Kirche in Wesel im Beisein der Kaiserin und des Prinzen Heinrich, nachdem er die Verbreitung des Cbristen- thums durch den heiligen Willibrordus am Niederrhein er wähnt, gesagt habe: „Jahrhunderte sind vergangen. In einer falschen Vermischung von Geistlichem und Weltlichem, im ungeistlichen Ringen der mittel alterlichen Kirche mit dcn Reichen dieser Welt um die Welt- Herrschast hat sich der ewig sprudelnde Quell des Wortes Gottes unter mächtigem Felsgeröll fast verloren. Da kommt Luther. Er räumte mit Riesenkraft die Hindernisse hinweg, öffnete der deutschen Volksieele auf's Neue den Zugang zu dem lauteren Quell de« Wortes Goites, und Christenihum und Deutsckthum durchdringen und vermählen sich inniger denn je zuvor. Auch im Süden und Westen der deutschen Grenzen brechen die lang verhaltenen Wasser des Wortes Gottes mit Macht hervor, ganzen Völkern zur Labung. In Deutschland ist es, wo die Entscheidungsschlachten geschlagen werden, und unter Strömen vergossenen Blutes rettete die deutsche Volksseele ihr köstliche« Kleinod, den Schatz des lauteren Evan geliums, das Wort Gottes, welches bleibet in Ewigkeit." Dazu bemerkt das klerikale Blatt: „Für uns ist es nur von Interesse, festzustellen, daß diese Aus fälle gegen die alte katholische Kirche in Gegenwart der Kaiserin und des Vertreters des Kaisers, des Prinzen Heinrich, gemacht worden sind. Wahrscheinlich hat doch der Text der Rede vorher ter betreffenden osficiellen Stelle vorgelegen. Daß sie nicht gerügt bezw. beseitigt worden sind, ist für uns Katholiken ein Miß klang in dem Festjubel. Wenn Katholiken in Gegenwart von Fürstlichkeiten die Einweihung einer Kirche feiern, dann wird nie ein Wort gegen die evangelische Kirche fallen." Dieser Vergleich ist, wie die „Nat.-Ztg." mit Recht bemerkt, ganz unhaltbar: sind die „Fürstlichkeiten" katholisch, dann wird der katholische Festredner sich wohl keine Rück sichten auf die evangelische Kirche auferlegen; sind sie evangelisch, dann versteht solche Rücksicht sich allerdings von selbst, gerade wie bei der etwaigen Anwesenheit eines katholischen Herrschers, sagen wir: des Königs von Sachsen, bei der Einweihung einer evangelischen Kirche; in Wesel aber handelte eS sich um eine kirchliche Feier unter Evangelischen, und deshalb ist die klerikale Zumutbung, daß dem Geistlichen einige maßvolle, lediglich die geschichtliche Wahrheit wiedergebende Sätze über die Reformation und Luther hätten untersagt werben sollen, be zeichnend für die steigende Anmaßung der „maßgebenden Partei". Dabei wird, während man unter Berufung auf die „Parität" solche Forderungen erhebt, die eigene Unduld samkeit in dem nämlichen Athem wieder bekundet: indem das genannte Blatt den Superintendenten Umbeck als Con- iccralor der Kirche bezeichnet, druckt es dieses Wort in Anführungszeichen — was die Leser daran erinnern soll, daß ein evangelischer Geistlicher überhaupt nicht der Manu sei, der eine Kirche „weihen" kann. (D Berlin, 13. August. (Telegramm.) Gegenüber den (vom „Leipz. Tagebl." bisher nickt erwähnten) Aus führungen der „Täcks. Arbeiterztg." betreffs der Seetüchtig keit des Kanonenbootes „Iltis", die sich auf den Brief eines Matrosen stützen, wird von amtlicher Seite bemerkt, daß nack dem Ausfälle der lerminmäßigen eingehenden Unter suchung des Sckisfes das Commando am 1. Februar 1896 folgendermaßen berichtete: „Der Zustand des Schiffskörpers, der Maschinen und der Kessel läßt vorläufig noch eine weitere zweijährige Indien st Haltung deS Schiffes zu." (D Berlin, 13. August. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Zlg." meldet: Im Palais des Reichskanzlers fand gestern ein Ministcrrath statt, zu dem der hier für kurze Zeil sich aufbaltcnde Ministerpräsident Fürst Hohen lohe und die hier anwesenden Staatsminister sich ver sammelt hatten, nm die laufenden Staatsgeschäfte zu besprechen. (Nachten übereinstimmenden Meldungen der Blätter ist außer dem Fürsten Hohenlohe nur Minister Thielen in Berlin anwesend, alle anderen Minister dagegen sind auf Urlaub gegangen. Von einem „Ministerrath" — eine Be zeichnung, die ohnehin nicht üblich ist, da amtlich stets von „Sitzungen deö Staaisministeriums" gesprochen wird — kann also wohl nicht die Rede sein. Red. d. „L. T.") L. Berlin, 13. August. (Privattelegramm.) Tie „Nat.-Ztg." schreibt: „Nach mancherlei Anzeichen scheint eS, als ob die innere politische Lage durch die Wilheimshühcr Besprechungen nickt derart geklärt worden wäre, daß bereuisame Veränderungen inner halb der Regierung für eine nahe Zukunft ausgeschlossen wären. Bor dem Besucke des Zaren Anfang September dürften solche allerdings keinenfallS zu erwarten sein." (Der Inhalt dieser Auslassung der „Nat.-Ztg." ist nach einem Telegramm unseres O. ll.-Correspondenten bereits in einem Theil der Auslage Les letzten Abendblattes mitgetbeilt worden. Der uns jetzt übermittelte Wortlaut der obigen Aus lastung ist viel unbestimmter gehalten, als das Telegramm unseres 6. H.-Corresponventen erwarten ließ. Red. d. „L. T ") L. Berlin, 13. August. (Privattelegramm.) Ein geradezu vernichtendes Urlheil über den Londoner inter nationalen Locialisten-Üongrctz fällte der bekannte Gewerk schaftsführer Uhrmacher Nälher in einer gestern ab gehaltenen Metallarbeiter-Versammlung. Ter Congreß, meinte er nach der „Nat.-Ztg", habe die in ihn gesetzten Erwartungen in keiner Weise erfüllt und de» größten Tbeil seiner Zeit mit Dingen vergeudet, die der Arbeiterschaft nicht den geringsten Nutzen brächten. Weniger productiv hätte er auch nickt sein können, wenn man die Anarchisten sammt und sonders zugelassen hätte. Die wichtigsten Fragen seien in oberflächlichster Weise behandelt und durch debatte lose Annahme langathmizer Resolutionen erledigt worden. In dieser Weise habe man, an einem Nachmittag, die Haus industrie abgcschafst, die Lehrlinge organisirt und noch eine ganze Menge ähnlicher Reformen aus dem Papier geschaffen. Es sei nickt zu sckarf geurtheilt, wenn man sage, der Londoner Congreß habe nichts weniger als Alles zu wünschen übrig gelassen. L. Berlin, 13. August. (Privattelegramm.) Tein Reichstage wird, wie die „Berl. Börsen-Ztg." wissen will, sofort bei seinem Zusammentritt im November ein Aus- wanvcrungsgcsetz zugehen. Der Entwurf fei fertig gestellt und es wären darin die Gutachten des Colonialraths in weitgehender Weise berücksichtigt worden. L Berlin, 13. August. (Privattelegramm.) Wie der „Nat.-Ztg." gemeldet wird, wurde dem Staatsministcr Frei herrn v. Berlepsch das Diplom, durch welches er zum Ebren- doctor der philosophischen Facultät der hiesigen Universität ernannt ist, gestern auf seinem Gute Seebach von Professor- Sch moller als dem Beauftragten der Facultät überreicht. Feuilletsn. Der Schwebeflug des Menschen. St« Beitrag znr Lösung de» Alugprablem». Von Otto Lilienthal.*) Natbdrvck »ertöten. Westen Vorstellung von der Flugfähigkeit der Vögel sich nur auf die Beobachtung der Sperlinge, Krähen, Tauben, der Singvögel unserer Gärten und anderen Kleiagefieder» znrückführen läßt, der wird kaum wissen, was mit dem Aus drucke „Schwebeflug" bezeichnet werden soll. Die Flug bewegungen der genannten uns täglich umgebenden Vögel erinnern durch ibr Flattern nicht an ein Schweben in der Luft. Ihre meist hastigen Flügelschläge vrrrathen ein« ver- dältnißmäßig große Kraftanstrengung beim Fluge. Allerdings kommt es vor, daß die genannten Vögel gewisse Wegstrecken in der Luft zurücklegen, indem sie mit einfach au-gebreitet«n Flügeln vorwärts gleiten. In der Regel beschreiben dies« Vögel hierbei eine geneigte Bahn, indem sie von einem höher gelegenen Puncle sich auf einen in der Nähe befindlichen *) Am 11. August erlitt der Berliner Ingenieur Otto Lilien thal bei einem Flugversuch« so unglückliche Verletzungen, daß er an ihnen bald darauf verstarb. Otto Lilieuthal, »in hochgeachteter Ingenieur und Fabrikbesitzer, war einer der Wenigen, die da« Flug- Problem in naturgemäßer und eigenartiger Weis» anfafstn, und wurde in seinen Versuchen von allen Seiten durchau« ernst genommen. Es war ihm bereit« gelungen, zu unbestrittenen praktischen Ergebnissen zu gelangen, al« der Lod ihn in so er schütternder Weise ereilte. Die allgemeine Lheilnahmr wendet sich ihm um so lebhafter zu, al« er sein Leben im Dienste seiner Idee ließ, und dir obige, au« der Feder de« Verstorbenen stammende Darstellung dürfte daher mit lebhaftem Interesse gelesen werden Futterplatz berniederlaflen. Auch in diesen Fällen kann man von einem Schwebeflug sprechen. Die Vögel gleiten mit still gehaltenen Schwingen durch die Luft und bewegen sich ohne Anstrengung, wie an einem Fallschirme hängend. Die flache Form drese« au« den Flügeln gebildeten Fallschirmes gestatte» ihnen aber nicht nur abwärts, sondern auch verhältmßmäßia stark vorwärt» zu gleiten. Man kann sogar beobachten, daß diese schwebend zurückgelegten Flugbahnen zeitweise auswärt« gerichtet sind. Einem solchen Fluge merkt man r« an, daß er nur eine vorübergehende Anwendung gestattet, oder daß mit ihm stet« ein Höbenverlust verbunden sein muß. E« verstehen sich aber all« Vögel, welcher Gattung sie auch angeboren, auf diese« vorübergehend« Schweben. Auch die Schmetterlinge, und zwar dir Tagfalter, bedienen sich desselben. Wer nun aber sein Augenmerk au- seiner alltägliche« Umgebung herau« auf di« weitere Natur richtet, dem wird sich auch der dauernde Schwebrflua, von dem hier die Rede sein soll, in seiner ganzen Vollendung offenbaren. Er wird, wenn er aufmerstam und mit Ausdauer da« Firma ment über sich durchmustert, die Ueberzeugung gewinnen, daß da« ruhig au-gespannte Gefieder dieser Fliegekünstler sie in der Höhe schwebend trägt; er wird sehen, wie dieselben in unvergleichlich schönen Spirallinien sich höher und höher hinaufschrauben, um schließlich als Punct dem staunenden Auge ju entschwinden. Dieser dauernd« Schwebrflug ist lang« anaerwrifelt wordrn. Man hat nicht glauben wollen, daß die Körper dieser oft viel« Kilogramme schweren Raub- und Sumpfvögel durch einfache« AuSbreitrn der Fittiae in der Höh« sich halten können. Dieser Vorgang, der fast an «in Wunder zu grenzen scheint, wird aber jetzt von Forschern und Naturkuodigrn vollkommen bestätigt, und nicht blo« da«, er wird auch in genügender Weise erklärt und sogar al« «in HauptauS» gang«pun<« de« menschlichen Fluge« betrachtet. Schon ein kleiner Vogel, die Schwalbe, bietet uns Ge legenheit, ihre Schwebekünste zu bewundern. Aber die Wenigsten werden von den Flugkünsten diese- Sommergastes die richtigen Eindrücke in sich aufnebmen, obwobl Jever zu geben wird, daß ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Flattern eine« Sperlings und dem Segeln einer Schwalbe besteht. WaS dem Schwebefluge seinen größten Reiz verleibt, das ist seine Anstrengung-losigkeit; denn mit dem Aufhörcu der Flügelschläge muß auch die aufzuwendende mechanische Arbeitsleistung der Hauptsache nach verschwinden. Die Hoffnung, daß der Schwebefluz auch für den Menschen möglich sei, wird besonder- dadurch bestärkt, daß di« Schwebefähigkeit der Vögel im Allgemeinen mit deren Größe zunimmt. Die großen, schweren Segler deS Koben Meere«, mit dem „Albatroß" an ihrer Spitze, bewegen sich fast ausschließlich ohne Flügelschläge durch die Luft. DeS- gleichen die größeren Raubvögel. Indem wir hierdurch den Beweis erhalten, daß nur der richtig geformte und richtig dirigirtr Schwebeapparat vor handen zu sein braucht, um auch da« Gewicht de« Menschen mit der freien Beweglichkeit der Vögel durch dir Luft zu be fördern, so bedarf e« wahrlich keiner w«iteren Anregungen, um diese« Problem mit der denkbar größten Energie zu bearbeiten. Ueber den hierbei rinzuschlagenden Weg kann kein Zweifel herrschen. Uns«, Vorbild ist di« Natur, das Factum der schwebenden Vögel der Lu«gang«puncl unserer Forschung. Der erst« Theil dieser Aufgabe, die Erforschung der physikalischen Vorgänge beim Schweben der Vögel, bat in letzter Zeit große Fortschritt« gemacht. Wir wissen, daß für den dauernden Schwebrflua «in« gewisse Luftb«w«gung er forderlich ist. Wenn der Wind nur au« einem gleichmäßigen horizontalen Luststrome bestände, so wäre da« Schweben un denkbar. Aber der Wind ist nicht gleichmäßig und auch nicht überall horizontal gerichtet, und diese Eigenschaften machen sich die schwebenden Vögel zu Nutze; sie suchen sich ununterbrochen jene Windstellen auS, an denen derselbe seine größere Tragsäbigkeit besitzt, indem sie theilS die Ablenkungen des Windes über die Horizontale verwenden und sich re: Wind schräg von unten unter die Flügel blasen lassen, oder indem sie bei den Windungen ihrer Kreise den bald lang samer, bald schneller webenden Wind ausnützen und da durch die Differenzen in der lebendigen Kraft der sie um gebenden Lust motorisch verwertben. Dieser letztere mechanische Vorgang ist besonders von dem bekannten amerikanischen Physiker Langley zum Gegenstand eingehenden Studiums gc macht worden. Die Möglichkeit, den Wind al« tragendes Element in der Luft zu benutzen, beruht aber gleichzeitig aus den Formen der Flügel. Der schwebende Vogel ist ein Drachen ohne Schnur. Auch der Drachen wird vom Winde gehoben, aber auch gleichzeitig vom Winde zurückgedrängt, so daß er beim Reißen der Schnur mit dem Winde davon fliegt. Daß der Vogel der festhaltenden Schnur nickt bedarf und sogar gegen den Wind zu segeln vermag, liegt aus schließlich an der vorzüglichen Form seiner Flügelflächen. Der Vogelflügel verdankt seine vorzüglichen Eigenschaften seiner schwach muldenförmigen Gestalt. Die Vogelflügel sind nickt eben, sondern baden «inen etwa« gekrümmten Ouer- schnitt, der mit seiner Wölbung nach oben zeigt. Die Ab weichung dieser QurrschnittSlinie von der geraden ist nickt groß, und dennoch bildet sie da« eigentliche Geheimniß der wunderbaren Flugwirkungen. Durch diese schwache Flügel wölbung ist e« möglich, auf dem Wind« dahinzugleiten ohne vom Winde mit fortgerissen zu werden. Zahlreiche hierüber angrstellte Experimente, welche ich in meinem Werke: „Der Vogelflug al« Grundlage der Fliege kunst" eingebend beschrieben babe, bestätigen, daß auch künstlich hergestellte Flügel, wenn sie nur in der Form den Vogel-
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