01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960815011
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896081501
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896081501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-15
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Reclamen unter dem Redaction-ftriä, l4ge« Wallen) 50^, vor den Famillennachrichtei« i6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis. Tabellarischer und Mernsad nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung -^t SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Änzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. vei den Filialen und Annahmestellen je »in« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck nnd Nerlna von <k. Polz in Leipzig 413. Sonnabend den 15. August 1896. Sv. Jahrgang. Bestellungen auf NeiseabonntMtilts nimmt entaeaen uud führt für jede beliebiae Zeitdauer aus 61« LxptztUtlon ÜW lÄKtMatten, Johannisgasse 8. Lanschwindel und Hausbesihervereine. e. Von den zahlreichen Auswüchsen unseres modernen Culturlebens, die mit dein schnellen Steigen der Bevölkerungs ziffer und dem Anwachsen der Großstädte im engen Zu sammenhang stehen, ist der Bauschwindel einer der schlimmsten. Er hat sich zu einer der gefährlichsten Formen des Betruges entwickelt, nicht nur, weil er seine Handlungen stets so ein- zuricktcn weiß, daß ihnen nur selten strafrechtlich beizukommen ist, sondern auch seines erheblichen Umfanges wegen. Zn den Großstädten leben zahlreiche Personen lediglich vom Bau schwindel — und nicht schlecht. Wie verheerend derselbe auch in volkswirtbschastlicher Beziehung wirkt, wird durch eine Feststellung der Handels- und Gcwerbekammer in Dresden klar, in deren Bezirk in den Zähren 1800—1895 allein Znnuiigömeister bei den für Neubauten gelieferten Arbeiten mehr als 400 000 verloren. Wie die Handels kammer bemerkt, stellt diese Summe jedoch nur den kleinsten Theil der wirklichen Verluste dar, da sehr viele der befragten Handwerksmeister über ihre Verluste keine Auskunft gaben und über die Einbußen der einer Znnung nicht angehörigen Meister Ermittelungen überhaupt unterblieben sind. Zn anderen Großstädte» liegen die Verhältnisse eher schlimmer als besser. Es ist unter diesen Umständen erklärlich, daß sich nicht nur die Gesetzgebung des Reiches und der Einzelstaateu, sondern auch verschiedene einflußreiche private Vereinigungen wiederholt mit der Bekämpfung des Bau schwindels beschäftigten. Bisher ohne größeren Erfolg. Denn dieser Schwindel weiß derart verschlungene und heimliche Pfade zu geben, daß sie ihm gesetzgeberisch nur sehr schwer zu verrammeln sind; ist es doch bereits schwierig, dem Begriff des Bauschwindels überhaupt nur eine juristisch mögliche Fassung zu geben. Auch das bürgerliche Gesetzbuch gewährt aus diesem Gebiete nicht genügenden Schutz. Zn Sachsen hat man in jüngster Zeit diese Ausgabe zu lösen versucht, ohne dabei jedoch den Schwindel in der wünschenswerthen nachdrücklichen Weise zu treffen. Durch Gesetz vom 18. Mai 1896 ist den Bauhandwerkern das Recht eingeräumt, wegen ihrer Forderungen aus dem Bauvertrag eine Hypothek am Baugrundstück zu erwerben. Das ist ein kleiner Schutz, aber er befriedigt in Sachsen weder das Handwerk noch das ehren- werthe Baugeschäfl. Von den großen privaten Verbindungen werden in den Großstädten durch den Bauschwindel am meisten die Ver einigungen der Mi et her und jene der Haus-und Grund stücksbesitzer berührt. Mit der Bekämpfung desselben haben sich daher beide Parteien seit Zähren wiederholt beschäftigt. Sehr nachdrücklich hat in der letzten Zeit der 63 490 Mit glieder zählende Verband der Haus- und städtischen Grund- besitzervcreine Deutschlands diese Angelegenheit betrieben, der sich auch wiederholt in der Sache an die Regierungen de« Reiches und der Einzelstaaten mit Vorschlägen und Gutachten wandte. Nachdem jetzt das bürgerliche Gesetzbuch für das deutsche Reich zur Annahme gelangt ist, erscheint es dem Verbände als unthunlich und aussichtslos, fernerhin Maß regeln auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechtes gegen den Bauschwindel anzustreben. Der Verband will vielmehr seine Kraft daran setzen, denselben nunmehr durch Erweiterung des Strafrechts und der Verwaltung wirksam zu be kämpfen. Er glaubt, daß dieses durchaus möglich sei. Nach seiner Ueberzeugung reichen hierzu die Vorschriften des Reichs strafgesetzbuches über Betrug und Untreue nicht aus. Auf ter diesjährigen Zahresversammlung des Verbandes wurde daher mit großer Mehrheit beschlossen, bei den Regierungen des Reiches und der Einzelstaaten neue straf- nnd verwaltnngsrecht- tiche Schritte gegen den Bauschwindel zn beantragen. Nach den Vorschlägen des Bürgermeisters vr. jur. Strauß-Nbeidt wird gewünscht, daß diese Maßregeln sich etwa in der folgenden Richtung bewegen: Wer mit Entleihung von Baugeldern einen Bau unternimmt oder ausführt, bei welchem Handwerker, Lieferanten oder Arbeiter dadurch in ihrem Vermögen geschädigt werden, daß sie für ihre Leistungen nicht die vereinbarte oder angemessene Bezahlung erhalten, soll wegen Bauschwindels mit Gcfängniß bestraft werden. Straffreiheit soll dann ein treten, wenn die unterbliebene Zahlung auf unverschuldete oder außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist oder wenn die Bauaelder im vollen Umfange zur Bezahlung der Hand werker, Lieferanten und Arbeiter verwendet wurden. Mit Gefängniß oder mit Geldstrafe bis zu 3000 soll belegt werden, wer Baugelder ratenweise darleiht, ohne sich die Ueberzeugung verschafft zu haben, daß die bereits gezahlten Raten zur Befriedigung der Bauhantwerker, Lieferanten und Arbeiter verwendet worden sind. Von der gleichen Strafe soll getroffen werden, wer die Darleihung, Besorgung oder Vermittelung von Baugeldern an Bauschwindler gewerbs mäßig betreibt. Auf verwaltungsrechtlichem Gebiet erscheint dem Verband der Erlaß landesgesetzlicher Anordnungen zweckmäßig, durch welche die Baupolizeibehörden entweder allgemein oder in den größeren Städten verpflichtet werden, die Bauerlaubniß nur dann zu ertheilen, wenn die Kosten der Bauausführung sicher gestellt sind. Die Mehrheit der in der Görlitzer Versammlung anwesenden Vertreter der Haus und Grundbesitzervereine hielt es nach den Vorschlägen des Bürgermeisters Or. jur. Strauß für angebracht, jene Sicher stellung erfolgen zu lassen entweder durch den Nachweis, daß zu Gunsten der Bauhandwerker, Lieferanten und Arbeiter eine Vormerkung in dem Grundbuch mit dem Range hinter dem derzeitigen amtlich zu ermittelnden Werthe des Grund stücks eingetragen wird, durch Beibringung eines zahlungs fähigen Bürgen oder durch Hinterlegung ausreichender Werthe. Die Prüfung der Sicherstellung soll entweder den Baupolizei behörden unmittelbar oder einer bcsonoercn neu zu bilveuoen Behörde übertragen werden, wie eine solche bekanntlich vor einiger Zeit vom Abgeordneten Walbrecht - Hannover im preußischen Landtage gewünscht ist. Von Einzelnen wurde auch gewünscht, daß jene Behörden ganz unmittelbar mit der Auszahlung der Gelber an Bauhandwerker, Lieferanten und Arbeiter betraut werden sollen. Es ist klar, daß sich der gesetzlichen Durchführung aller dieser Vorschläge sehr erhebliche juristische und andere Be denken entgegenslellen, Auch hier drängt sich wieder die Frage auf, wie ist das ehrliche Baugewerbe von dem Schwindel zu unterscheiden, wie kann man den letzteren treffen, ohne dem ersteren Schaden zuzufügen. Jedenfalls ist es richtig, daß eS unter gewissen Umständen zu sehr großen Schwierigkeiten führen muß, wenn den Aufsichtsbehörden derartig weitgehende Befugnisse ertheilt werden, wie es nach den hier erwähnten Vorschlägen der Fall sein müsse, wenn sie wirken sollen. Auch ist zu befürchten, daß durch derartige Schwierigkeiten die Bau lust beschränkt wird. So sehr man auch wünschen muß, daß der Bauschwindel in möglichst harter Weise getroffen wird, so sehr ist es Pflicht, auch dem ehrlichen Baugeschäst die ihm so gut wie anderen wichtigen Erwerbszweigen nothwendige Bewegungsfreiheit zu erhalten. Die Vorschläge sind auch um deswillen schwer gesetzlich durchzusühren, weil es in Deutschland weder eine einheitliche Verwaltungsgerichtsbarkeit, noch bisher ein einheitliches Hypo thekenrecht giebt. Auf diesen weiten Gebieten der einzelstaat- licken Gesetzgebung die nothwendige« Unigestaltungen herbei zuführen, ist eine Aufgabe so schwieriger Natur, daß jedenfalls an eine befriedigende allgemeine Lösung so balh nicht zu denken ist. Einen gangbareren Weg als die Reichsgesetzgebung zur wirksamen Beschränkung des Bauschwindels bietet jedoch noch immer die Bekämpfung desselben durch die Gesetzgebung der Einzelstaaten und durch Ortsstatut. Hier wird man leichter etwaige Maßregeln auf ihre Wirksamkeit prüfen können, weit man innerhalb deS engeren Gesichtsfeldes die herrschenden Zustände und die durch sie gezeitigten Bedürf nisse genauer kennt. Auch in der Versammlung selbst war man sich über die Schwierigkeiten einer gesetzlichen Bekämpfung deS Bau schwindels keineswegs im Unklaren. Doch glaubte inan, daß die Sache wichtig genug sei, um eingehende Erörterung zu finden. Und in der Thal muß man dem Verbände der Haus- unv städtischen Grundbesitzervereine in dieser Beziehung ohne Weiteres beistimmen. Er verdient Dank dafür, daß er ge willt ist, in nachdrücklicher Weise gegen den Bauschwindel Front zn machen. Wenn die von ihm gemachten Vorschläge auch in der vorliegenden Fassung schwerlich jemals Aussicht haben, in Deutschland Gesetzeskraft zu erhalten, so ist der Verband doch in der Lage, einer mit der Bekämpfung deS Bauschwindels sich befassenden Gesetzgebung werthvvlles Material mitzutheilen. Deutsches Reich. -F- Leipzig, 14. August. Wie wir erfahren, tritt kommenden 1. December Herr Neichsgerichtsrath I)r. E. Oscar Meves in den Ruhestand. * Berlin, 14. August. Der „Danz. Zig." gehen die Actenstücke zu, die in der Angelegenheit des Helden von Fanö, des dänischen Brauers Zacobsen, gewechselt wurden. Danach bat Zacobsen am 1. August kurz hintereinander drei deutsche Flaggen, mit welchen Kinder ihre am Strand er bauten Festungen geschmückt hatten, abgerissen und zum Tbeil ins Meer geworfen. An sämmtlichen in Betracht kommenden Festungen befanden sich auch dänische Flaggen. Irgend eine äußere Veranlassung für das Abreißen der Flaggen war nicht vorhanden. Zacobsen wurde von mehreren am Strande befindlichen Reichsangehörigen, darunter die Herren Bösche, Or. Geister, vr. Simon, sofort zur Rede gestellt und aus das Unpassende seiner Handlungsweise hingcwiesen. Er suchte sich dann mit folgendem Schreiben herauszureden: (Uebersetzung.) Fanö (Dänemark), 2. August 1896. Auf ge gebene Veranlassung wiederhole ich hiermit, was ich Ihnen heute Morgen gesagt habe, daß ich nicht habe dulden wollen, daß die deutsche Flagge hier auf der Grenze Dänemarks gebraucht werde, um die dänische Flagge zu verhöhnen. Zch habe hier gegen gestern Abend in der Weise protestirt, die mir am nächsten lag. Es ist überflüssig, hinzuzufügen, daß es absolut nicht meine Absicht gewesen ist, der deutschen Flagge irgend eine Beleidigung zuzufügen. Zch trage ja selbst, wie Sie gesehen haben, auf meiner Brust die deutschen Farben neben den dänischen und französischen. Mit Hochachtung Zhr er gebener (gez.) Karl Zacobsen, Inhaber des bayerischen Michaelordens. — Die Bade Direktion aber machte kurzen Proceß mit ihm, indem sie ihm schrieb: „Auf Grund Ihres Auftretens gestern Abend am Bade finden wir uns veranlaßt, in Uebereinstimmung mit ß 14 in dem für Nordseebad Fanö geltenden und gerichtlich verlesenen Regulativ, Sie zu er suchen, unser Terrain zu verlassen. Gleichfalls machen wir Sie hierdurch verantwortlich für die Störung und den Schaden, den Zhr Auftreten schon bereitet hat und nock künftig bereiten möchte. Wir reserviren uns unser Recht gegen Sie in dieser Beziehung in größtem Umfange." — Daraufhin ist Zacobsen abgereist, Deutsche haben das Bad nicht verlassen. * Vertin, 14. August. Die „Nat.-Lib. Corr." schreibt: „Eine Berliner Zeitungscorrespondenz, die gelegentlich von preußischen Regierungsmännern benutzt wird, tritt unserer Feststellung, daß der Handwerksorganisationsentwurf die Handhabe zum Ziehen einer gewerbepolitischen Main linie bietet, mit Redewendungen entgegen, die die Befürch tung einer drohenden Beseitigung der gewerbepolitischen Ein heit nur verstärken können. Es wird nicht bestritten, daß die Befugniß der Bundesregierungen, mit Zustimmung des Bundesraths die Zahl der innungspflichtigen Gewerbe zu vermindern, in einem der Zwangsinnung grundsätzlich ab geneigten Geist, wie er doch ohne Zweifel eine Anzahl von Regierungen erfüllt, ausgeübt werden kann, sondern es wird gesagt, daß derartiges „schwerlich" geschehen „dürfte". Sodann, und dies ist sehr merkwürdig, wird die Zwangs innung als Bagatelle behandelt und zur Beschwichtigung der nationalpolitischen Bedenken aus die Handwerksausschüsse und Handwerkskammern bingewiesen, die ja das ganze Handwerk in ganz Deutschland in den Kreis der „Organisation" ein bezögen. Das sind Ausflüchte. Die Vorgeschichte des ver öffentlichteu Entwurfs, sein Inhalt nnd dessen Begründung schließen jeden Zweifel daran aus, daß die Zwangsinnung der Grundstein der Organisation ist und sein soll. Eiu- behren nach Inkrafttreten des vorgeschlagcnen Gesetzes große Gewerbe in einzelnen deutschen Staaten dieses Instituts, das durch die Kosten, die es verursacht, und durch andere Wirkungen die Productionsbedingungeu ohne Frage beeinflußt, so haben wir die fundamentale gewerbepolitische Verschiedenheit auf einem Gebiet, dessen Bedeutung für die nationale Entwickelung gerade von Den Vorkämpfern des Organisationsgedankens stets bervorgehoben wird. Nun glaubt die erwähnte Zeitungs- correspondenz seltsamer Weise Die Bedenken gegen die Ve- fugniß, das Znnungsverzcichniß zu ändern, dadurch bebeben zu können, daß sie versichert, man könne auch auf einem anderen Wege, als dein des Zusatzes zu tz 82 Des Entwurfs, die alte Vaterländerei in das deutsche Handwerk schmuggeln. Es wird gesagt: „Der K 82 o (soll beißen 83 a Absatz 3) schreibt vor, daß schon Der Widerspruch der Mehrzahl Der für eine Znnung in Aussicht genommenen Handwerker ge nügen soll, um von der Bildung einer solchen Ab stand zu nehmen. Widerstreben daher zum Beispiel die badischen Schuhmacher in ihrer großen Mehrbeit der Zwangsinnung, so bieter diese Bestimmung eine voll kommen ausreichende Handhabe, um von einer innungs mäßigen Organisation jener Schuhmacher abzustehen, während es Dock sehr seltsam sein würde, wenn ein an Mitgliedern so reiches Handlverk wie die Schuhmacher für Das Groß- herzogthum Baden aus der Liste der innungspflicbtigeu Handwerker gestrichen würde." Zn dieser Auseinander setzung ist die in Betracht kommende Bestimmung des Entwurfes nicht richtig wiedergegeben. § 83 schreibt nickt vor, daß der Widerspruch Der Mebrzabl der Hand werker genügen „soll", um die Errichtung der Innung hintanzuhalten, er bestimmt nur, Daß die Errichtung unter Der erwähnten Voraussetzung unterbleiben kann. Die EntscheiDung ist also Den Behörden in Die Hand gegeben, nur wo Negierung und Handwerker in Der Beurtheilung der Zwangsinnung übereinstimmen, kann mittels entgegengesetzter genereller Anweisungen seitens Der verschiedenen CentralbekörDen allerdings auch mit dem Griffel Des K 83a die gewerbepolilische Mainlinie gezogen werden. Die Eröffnung Dieser Aussicht beseitigt natürlich unser Bedenken nicht, sondern fügt oem von uns gezeigten Punct, der nationalpolitische Cautelen verlangt, einen weiteren hinzu. Wenn Der Zusatz zu ß 82 wirklich nur für gewisse industrielle Ausnabmefälle Bedeutung haben soll, so wird man dies schon in das Gesetz hineinschreiben müssen. Die Motive, Die fick» in diesem Sinne auSlassen, und ihre Wiederholung in einem ossiciösen Organ genügen den Be fürchtungen nicht, Die sich auf Die Wahrnehmungen gründen, daß Die Regierungen wichtiger Bundesstaaten zwar Preußen sein Spiel nickt verderben, selbst aber von der Zwangs innung so wenig als möglich und am liebsten gar nichts sehen möchten." D Vertin, 14. August. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht eine Bekanntmachung, betreffend Das Aussckeiden des Flcischcrgctvcrbes aus Der Nahrungsmittel Bcrufsgenossensckaft und Die Bildung einer Hesonvcren Vc- rufsgcnosscnschlift für Dasselbe, die am 1. Zanuar 1897 in Wirksamkeit tritt. L. Vertin, 14. August. (Privattelegramm.) Die „Nat.-Ztg." schreibt: Staatsminister von Voettichcr hat seinen Urlaub unterbrochen und ist gestern in späier Abend stunde hier eingetroffen. Auch Staatsminister von Marschall, Dessen Urlaub noch einige Tage währte, ist in Berlin angekommen. Wem« es keinem Zweifel unterliegen kann, Daß Die stattsindenden Besprechungen eine Folge Der Withclmsüöher Eonfcrenzcn Des Reickskanzlers mit dem Kaiser sind, so dürfte davon ein Absckluß der schwebenden allgemeinen Fragen doch im Augen blick noch nicht zu erwarten sein. Zn einigen Blattern ist von einem Entlassungsgesuch Des Kriegsministers von Bronsart Die Rede. Sollte ein solches neuerdings vor liegen, so könnte es wobl nur Durch die schon erwähnten Differenzen über Personalfragen veranlaßt sein; denn Feuilleton. Eine Idee. Novelette von Emil Pesch kau. (Nachdruck dirbottn.) An das kleine Eckzimmerche» unserer „Akademischen Lese halle" Denke ich heute noch immer mit frohem Behagen zurück. Was wurde da zusammengeträumt, philosopbirt, gescherzt und geschimpft, während wir au« unseren langen Pfeifen rauchten und immer «och einen der kühlen Steinkrüge leerten! Da war es auch eines Abends, Daß Richard B. — „Gloster" nannten wir ihn mit Anspielung auf seinen gekrönten Namensbruder — das Gebäude seiner Lebensweisheit ttn« unseren Blicken enthüllte. „Es kommt nur Darauf an", sagte er, „Da« man eine Idee hat. Unsere West ist eine andere geworden, sie wird immer behaglicher und Zeder kann beute Ehr», Ruhm, Gold, die Mittel zu allen Genüssen, da« Glück erwarten, wenn er eben nur eine Zdee hat." Daraufhin schüttelte der blonde Fritz G., den wir auch Süßmilch benannten, seine Locken und verwahrte sich Dagegen, daß Ehre, Ruhm und Gold da« Glück seien. „DaS Glück", parodirte ein Dritter, „ist ein Häuschen, ein Weibchen und ein Ländchen, auf dem man gerade so viel Kohl pflanzen kann, als da« Weibchen und die Kinderchen brauchen." „Streiten wir nicht über das Glück", unterbrach ich. „DaS ist für jede Menschengattung und vielleicht sogar für jeden Menschen ein anderer Begriff. Zch glaube sogar, daß in fünf oder zehn Zähren Zeder von un« schon wieder eine andere Anschauung vom Glück hat. Aber lasten wir Gloster reden. ES sieht mir so au«, al« ob er wirklich «ine Zdee hätte, mit der sich di« Welt erobern läßt." Gloster seufzte tief auf und machte ein« abwehrend« Hand bewegung. „Zch habe noch keine", erwiderte er. „Aber mein ganzes Denken ist darauf gerichtet. Es muß ja nicht gerade eine gescheidte Zdee sein, eS kann auch eine Dumme sein. Vielleicht geht eS mit einer dummen sogar noch besser. Die leuchtet den Dummen schneller «in. Aber eine Zdee muß es sein, etwas, das überrascht, das «ine Zeitung der andern nach druckt, das wi« ein Lauffeuer durch die Welt geht und die Geldm«nsch«n anzieht, wi« «ine Lampe di« Nam1falt«r, auf daß sie kommen und Tausende hinlrgen in der Hoffnung, nun au« jedem »w«i, drei vier oder womöglich noch mehr zu mach««,. Eine Zdee, Sinder, eine Zdee... ein Königreich für eine Zdee! Oder mit anderen Worten, ich wenigstens, ich wäre bereit, die paar Tausend Thal«r, die mir mein guter Vater hinterlass««! hat, zu opf«rn, wenn ich dafür ein« Zd«e «intauscheu könnte!" Wir waren Alle «rnst geworden, und al« wir dann nach Hapse gingen, zrrbpach sich wohl Zed«r den Kops über — «ine Zde«. Auch Süßmilch, denn der arme Teuf«! lebte ja von ein paar Lectiomn, und selbst mit den besten Studienzeugnissen bringt man es nur schwer zu . . . einem Häuschen, «ii«««n Weibchen und einem Ländchen fürs Kohlpflanzen. Aber auch lange danach . . , al« wir un« nach dem AbschieDScominers in alle Wrlt zerstreuten, hatte noch keiner von unS eine „Zdee" gefunden. Fünf oder sechs Zabre später «hielt ich mich ein paar Wochen in Berlin auf. Al« ich eine« Tage« im Cafs Bauer Unter den Linden saß und die Draußen Vorübergehend«» musterte, traf e« mich plötzlich wie rin Blitz. „Teufel!" dachte ich, „war das nicht Gloster?" Zch zahlte, sprang auf und eilte hinaus. Bald hatte ich den Gesuchten erreicht und nun betrachtete ich ihn von Der Seite genauer. Kein Zweifel, «S war Gloster. Sein Dunkler Bart war zwar stark in Die Länge gewachsen und seine Züge hatten die jugendliche Frische, d«n Ausdruck der Unbekümmertheit und Sorglosigkeit ver loren. Aber trotz der Rinnen, die Der Lebensschmerz bereits in diese« Gesicht gegraben hatte, trotz Der etwas vernach lässigten Kleidung, Dir seiner sonstigen Art ganz widersprach, er war nicht zu verkennen. „Richard!" rief ich aus, „Gloster!" und nun wandte er sich um und im nächsten Augenblick schüttelten wir uns die Hände. Dann gingS an'S Erzählen, und erst als wir das Schloß erreicht halten, wurde er plötzlich verlegen und fragte mich, flehen bleibend, ob ich nicht morgen mit ihm zusammen irgendwo kneipen wollte, heute sei rr nicht fr«i. „DaS thut mir leid", entgegnete ich. „Zch wollte Dich «ben «inladrn. Kannst Du mir nicht di« Freude macken?" Er sah mir mit seinen blauen Träumeraugen forschend in'« Gesicht und dann stieg«n ihm plötzlich die Tbränen auf. „Es macht Dir wirklich .. eS würde Dir wirklich Freude machen?" stotterte er. Zch nahm feine Hand und sagte kategorisch: „Du wirst den heutigen AbenD mit mir verbringen. Zunächst aber noch EinS: Kann ich Dir irgendwie dienen?" Er blickte nach links, nach recht« und dann über mich hinweg, als suchte er irgend etwa« ain Himmel. „Wenn Du mir zebn Mark pumpen könntest", erwiderte er endlich zögernd, „so würdest Du mir «ine große Last von meiner Seele nehmen." Ein« Secunde später steckte er das Goldstück in s«in« Westentasche und dann hing er sich erleichtert in meinen Arm und begann zu erzählen: „Weißt Du — Du bist Der erste Mensch, den ich um so etwas anspreche — und eS war mir wirklich, als Kälte Dick ein gütiger Gott zu mir geführt — es war mir äußerst peinlich ... ich habe nämlich Da ein Mädchen . . ." „Aha!" unterbrach ich ibn lächelnd. Aber er schüttelte Den Kopf. „Nein — so ist es nicht gemeint — ich babe eben eine ZDee . . . vielleicht erinnerst Du Dich noch an unsere Debatte in der Akademischen Lesehalle — eine großartige Zdee — und wenn es mir gelingt — Dann vielleicht — aber jetzt, weißt Du, kein Wort von Liebe — ich will Da« gute Geschöpf nicht unglücklich machen — ich habe auch keine Zeit — mein Leben muß meiner ZDee gehören — aber um so schmerzlicher war es mir, ihr Schuldner zu s«in ... ich bleibe e« zwar auch so — bin es auch so — aber zehn Mark nicht bezahlen zu können — zehn Mark — rinem armen Mädchen für seine Arbeit, die eigentlich hundert, tausend Mark wertb ist — sie tbnt es freilich auch aus Begeisterung für die Sache — sie ist Das einzig« Wesen, da« an meine Zde« glaubt — sie ist aber auch «in Engel — und die Menschen — Du verstehst mich wohl. . ." „Ich vrrstehe nur so vi«l", antwortete ich, „Daß Du ver liebt bist, und ferner, daß Du da« grfunden hast, was Du damals ein« „Zdee" nanntest." „Zch will Der Reihe nach brricbten", unterbrach er mich. „Sie ist eine Waise, die im vorigen Zahre nach dem Tode der Mutter zu Verwandten nach Berlin zog und sich nun ihr Brod durch Zeichnen und Schreibarbeiten erwirbt. Da« süße, kleine Ding hat eine ganz entzückende Hand — ich meine Handschrift — und ihre Zeichnungen sind so nett, Daß ich nicht begreife, wie nicht gleich ein Zeder schon durch diese Zeichnungen bestochen wird. Zeder Brief, sage ich Dir, bat so etwa« Reines, Zarte« und doch Bestimmte«, und weau sie
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