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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.08.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960817015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896081701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896081701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-17
- Monat1896-08
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Die Morgen.?l»Sgabr erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag- um 5 Uhr, . Filialen: Ttt» Klemm's Sortim. (Alfred Hahn), Uoiversitätsstraße 3 (Paulinum), Lo»iS Lösche, lkatbarinemtr. 14. Part, und Königsplatz 7. Ne-action vnd Lrpeditio«: Johanne»,affe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen L^ifnrt von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Bezugs-Preis der Hauptexpedition oder den im Stadt» vrjirk und den Vororten errichteten AuS» gabeslellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« vau« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandsenduu« tu- Ausland: monatlich 7.50. Morgen-Ausgabe. MpMer TMlilalt Anzeiger. Anttsölatt des Söniglicljen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Montag den 17. August 1896. Anzrtgcu-Prels die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reclamen unter dem RedactionSstrich (4ge- spalten) 50^z, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjas» nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.-—, mit Pvstbesürderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uh^ Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig so. Jahrgang. ZUM 550jährigen Jubiläum des Lausitzer Städtebuudes. Zu den denkwürdigsten politischen und socialen Errungen schaften, welche das Bürgerthum im Mittelalter zu erzielen vermochte, gehört auch der Lausitzer Bund der Sechs städte. Was die freien Reichsstädte durch Neichthum, Ge walt und Einfluß erlangt hatten, gewannen meistens auch die Sechsstädte der Lausitz durch Einigkeit, Zusammenhalt und kluge Benutzung der Fürstengunst, und zwar in einer Form, die, allen Angriffen widerstehend, sie von Jahrhundert zu Jahrhundert in Blüthe und Ansehen erhielt und die Reichsstädte überdauern ließ. Die Geschichte der Sechsstädte ist die Geschichte der Lausitz. Die Lausitz, welche früher als Oberlausitz und Niederlausitz zwei Markgrafthümer bildete, war seit der Völkerwanderung — im fünften Jahrhundert — von slawischen Stämmen be wohnt, die erst im Jahre 929 von König Heinrich I. zinsbar gemacht und von seinem Sohne Otto I. zum Christenthum bekehrt wurden. Damals bestanden schon Löbau seit 706, Bud issin seit 807 und Lauban seit 900, wozu 1131 Görlitz, 1253 Zittau und ziemlich gleichzeitig auch Kamenz kamen. Obgleich König Heinrich die Lausitz bereits den Markgrafen von Meißen übergeben hatte, vermochten diese sich doch erst seit 1031 das gebührende Ansehen zu verschaffen, wie es scheint, nur in der Oberlausitz, während die Niederlausitz fortwährend Polens Oberherrschaft anerkannte. Um 1075 bemächtigte sich Herzog Wratislaw von Böhmen fast der ganzen Lausitz, doch ver mochte er sich gegen Heinrich den Aelteren von Meißen nicht im Besitz derselben zu behaupten. Dagegen verlor sie Hein- rich's Sohn, Heinrich der Jüngere, 1193 an den Grafen Wicprccht von Groitzsch, den Eidam des Herzogs Wratislaw, worauf Wicprecht'S Sohn, Heinrich, die ganze Lausitz an sich brachte. Nach seinem unbeerbten Tode im Jahre 1136 fiel die Niederlausitz mit einem Theile der Oberlausitz an Mark graf Eonrad den Großen von Meißen, der übrige Theil der Oberlausitz aber an den böhmischen Prinzen Sobieslaw. Durch Hcirathen erwarben der Markgraf Albrecht II. von Brandenburg 1206 Kamenz und Nuhland in der Oberlausitz und Markgraf Otto III. von Brandenburg, der Eidam des Königs Ottokar von Böhmen, 1231 den Rest der Oberlausitz, bis auf Zittau mit seiner Pflege, daS bei Böhmen blieb. Im Jahre 1303 verkaufte der Markgraf Diezmann die ihm zugc- sallcne Nicderlausitz ebenfalls an die Markgrafen von Branden burg, worauf Markgraf Friedrich der Gebissene, nachdem er in die Gefangenschaft des Markgrafen Waldemar gefallen, 1312 auf alle Ansprüche aus die Lausitz verzichten mußte. Beim Erlöschen Les askanisckcn Stammes der Markgrafen von Brandenburg, im Jahre 1320, gab Kaiser Ludwig der Bayer die Niedcrlausitz mit Brandenburg seinem Sohne Ludwig, während die Stände der Oberlausitz sich freiwillig dem böhmischen König Johann von Luxemburg unterwarfen und der Herzog Heinrich von Jauer wegen der Ansprüche seiner Mutter die Städte Görlitz und Lauban mit ihren Pflegen erhielt, die er indessen gegen eine anderweitige Ent schädigung 1329 ebenfalls an Böhmen abtrat. Nach König Johaun'ü Tode kamen seine Lande an seinen Sohn König Karl IV. Dies geschah im Jahre 1346. Angeregt durch den Rath des Landvogts Hans von Warchenwitz, vereinigten sich die fünf Städte Görlitz, Zittau, Kamenz, Lauban und Löbau am Montag nach Unserer Lieben Frauen Wurzweihe genannten Jahres in Löbau zu einem festen Bündniß, dem auf des Landvogts Benuß von Ehußnick Rath 1350 auch Budissin beitrat. Diesem Bündniß hatten sich zugleich die meißnischen Städte Dresden, Meißen und Hain zu größerer Sicherheit gegen die Plackereien der Wegelagerer und Raubritter angeschloffen, welche schaarenweise in ihren unzugänglichen Burgen hausten. Bald nachher, im Jahre 1359, schlossen die Sechsstädte auf einem Convent zu Zittau eine noch engere Vereinigung und gelobten einander feierlich wechselseitige Hilfe, wenn eine oder die andere angegriffen oder beleidigt werden sollte. Diese Zusage wurde in den Jahren 1376 und 1390 erneut. Das Ansehen und die Macht der Sechsstädte wuchs so bedeutend, daß sie sich bald in den Besitz des ganzen Handels verkehrs und aller Hauptgewerbe setzten. Dabei lieferten sie, kluger Weise, immer viel Geld in die Schatzkammer des Kaisers und benutzten dessen Gunst, so viele und große Frei heiten, Vorzüge und Machtstellungen von ihm zu erlangen, daß sie den Reichsstädten, die ihnen als Vorbilder dienen mochten, ähnlich wurden, Kriegsleute unterhielten, meist auf eigene Hand ins Feld zogen und auf des Kaisers Verlangen feste Burgen und Schlösser einnahmen und zerstörten. Ueber- dies gab Kaiser Karl IV. den Städten Budissin und Görlitz die erneute Versicherung, daß sie nie von Böhmen getrennt werden sollten, auch begünstigte er die Ausbildung der nach und nach veränderten Lehnsverfassung der beiden Lausitzen, wie sie bis zur neuesten Zeit geblieben ist. Die Lausitz war den Königen von Böhmen auch in den hussitischen Unruhen treu geblieben, wurde aber dafür von den Hussiten furchtbar verwüstet. Zwar erkannte sie 1459 Georg Podjebrad als König an, doch 1467 übergab sie sich an den König Matthias von Ungarn, dem sie auch im Olmiitzer Frieden von 1479 verblieb. Unter ihm kamen die Benennungen Oberlausitz für den südlichen und Niederlausitz für den nördlichen Theil des Landes auf. Nach des Königs Matthias Tode im Jahre 1490 kamen die Markgrafthümer wieder unter die Negierung des böhmischen Königs Wenzeslaw und nach dessen Ableben, 1516, an seinen Sohn Ludwig II., König von Böhmen und Ungarn, der 1526 auf der Flucht aus dem bei Mohacz den Türken gelieferten unglücklichen Treffen sein Leben verlor, ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen. Da sich nun des Königs Ludwig II. Schwester Anna mit dem nachmaligen Kaiser Ferdinand I. vermählt hatte, wurde derselbe zum König von Ungarn und Böhmen erwählt und erhielt deshalb zugleich auch die Lausitzen. Unter der Negierung dieses Kaisers war eS, wo die kirchliche und weltliche Verfassung der Lausitzen große Veränderungen erfuhr. Es hatten beide Länder nach und nach sich dem Protestantismus zugewendet, und die Folge war, daß die Standesherren, die Städte und die Ritterschaft ihre besonderen kirchlichen Einrichtungen trafen und mehrere derselben die geistliche Gerichtsbarkeit nebst anderen Consistorialgercchtigkeiten sich zueigneten. Hierin wurden sie theils durch den Passauer Vertrag (1552), theils durch den westphälischen Frieden (1648), sowie auch in mehreren nach folgenden, den Zustand der Religion betreffenden landesherr lichen Versicherungsurkunden geschützt, und seit dieser Zeit genossen sie ungestörte Gewissens- und Denkfreiheit. Auch in der bürgerlichen Verfassung der Lausitzen hatte Kaiser Ferdinand I. Veränderungen eingeführt. So bestätigte er der Oberlausitzer Ritterschaft bas alte Recht des VorritteS zu Prag (1544), den Sechsstädten dagegen nahm er (1517) alle ihre Freiheiten, Privilegien und Güter, welche Begeben heit in der Geschichte der Pönfall genannt wird, weil der Kaiser die Städte beschuldigte, daß sie im Schmalkaldischen Kriege mit dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen es mehr als mit ihm gehalten, gewisse Abgaben nicht ent richtet und Eingriffe in die landesherrlichen Rechte gewagt hätten. Zugleich legte er den Sechsstädten eine sehr starke Biersteuer auf und erzwang von ihnen große Strafsummen. Erst später gelang es den Sechsstädten, für bedeutende Geld summen das Verlorene wieder au sich zu bringen. Durch die Wahl des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz wurde die Lausitz, die ihm nicht huldigte, in den Dreißig jährigen Krieg verwickelt. Der Kurfürst Johann Georg von Sachsen besetzte sie 1629 in des Kaisers Namen, bekam sie, nachdem er sich mit dem Kaiser entzweit hatte, bei der Aus söhnung (1623) unterpfändlich für 72 Tonnen Goldes auf gewendeter Kriegskosten und andere Schuldfordernngen an den Kaiser, und behielt sie als Pfand, bis sie im Prager Frieden, am 30. Mai 1635, mit allen Hoheitsrechten als böhmisches Lehn vom Kaiser an den Kurfürsten erb- und eigentümlich abgetreten wurde. Dabei bestätigte der Kurfürst, der einen Landvogt einsetzte, der Ritterschaft und den Städten alle ihre Freiheiten, Rechte, Statuten und Privilegien, wie sie diese bisher unter den Königen von Böhmen besessen hatten. Seitdem theilte die Lausitz, als ein von den kursächsischen Erblanden gesondertes, zu keinem Neichskreise gehöriges Nebenland, bis 1815 alle Schicksale Sachsens, das im Tilsiter Frieden von 1807 auch den bis dahin zu Brandenburg ge hörenden Cottbuser Kreis erhielt. Bei der Theilung Sachsens, im Jahre 1815, kam die ganze Niederlausitz und der größere östlich unb nördlich gelegene Theil der Oberlausitz mit den beiden bisherigen Sechsstädten Görlitz und Lauban an Preußen. Otto Moser. Aus Keilhau. Heller FesteSjubel durchtönte zu Pfingsten ein kleines Dorf im Thüringer Walde, dessen Name durch die dortige Fröbel'sche Erziehungsanstalt in allen deutschen Landen und weiter bekannt ist . . . Keilhau bei Rudolstadt! Ehemalige Schüler feierten, von dem Wunsche beseelt, die alte Stätte ihrer Jugend wieder einmal zu besuchen, ein frohes Wieder sehen. Aus allen Gauen Deutschlands, ja vom Auslande her, waren weit über Hundert ehemalige Zöglinge herbei geeilt, um Theil zu nehmen an der Wallfahrt nach dem lieben Orte. Man muß es mit angesehen haben, wie Leute im Weißen Haare, die einst Jugendfreunde waren, sich wiederfandeu, wie andere, vom Schicksale die verschiedensten Lebenswege geführt, an der Stätte ihrer Jugendfreundschaft liebe Erinnerungen austauschten! Und mit welchen Gefühlen standen sie an den Gräbern der Gründer der Anstalt! Wie gruben sich die von Herzen kommenden Worte, die vr. Emminghaus aussprach, in unsere Herzen ein! Fürwahr, die Liebe und Anhänglichkeit, die jeder Zögling, wohl ohne Ausnahme, seinem Keilhau entgegenbringt, muß tiefere Wurzeln haben; an der Gewohnheit, mit der Zeit der Kindheit alle Träume einer paradiesisch goldenen Zeit zu verbinden, kann das allein — so sehr dies mitsprechen mag — nicht liegen. WaS uns Keilhauer noch in späteren Lebensjahren vereinigt, ',was uns erst in jüngster Zeit getrieben, einen seit Jahrzehnten gehegten Wunsch zu verwirklichen, — durch einen „Bund ehemaliger Keilhauer" ein Band um alle Schüler unter einander und mit der Anstalt zu schlingen — ist der Geist der Anstalt, der aus dem dort herrschenden Erziehungs- principe hervorgeht. Und diesem Geiste ist es zu danken, wenn es dem Bunde gelungen ist, nach kaum halbjähriger Thätigkeit über 2^ Hundert ehemalige Schüler zu ver einigen; von ihm beseelt konnten sie dies Pfingsten ein Fest feiern, das jedem Theilnehmer unvergeßlich sein wird. Und worin besteht das Erziehungsprincip Keilhau's? Eine Antwort erhalten wir auf diese Frage, wenn wir uns kurz die Entstehungsgeschichte der Anstalt vergegenwärtigen. Die Zeit der Gründung der Anstalt hängt eng zusammen mit dem deutschen Frühling vom Jahre 1813. Als Lützower hatten sich die 3 Gründer Fröbel, Middendorf und Langethal an der Befreiung Deutschlands vom fremden Joch betheiligt: heimgekehrt wollten sie auch die Ideen, für die sie draußen gefochten, weiter pflegen und besonders in die Herzen der Jugend pflanzen; so zogen sie nach Keilhau und gründeten die „erste deutsche Erziehungsanstalt." Und wenn sich auch draußen die Träume der Kämpfer von 1813 noch nicht sobald verwirklichen sollten, wenn noch mancher Sturm über unser deutsches Vaterland hinwegbransen mußte, in diesem stillen Thale wirkten emsig und unver drossen , unbeschadet aller Anfechtungen von reaktionärer Seite, der die Anstalt bald ein Dorn im Auge war, drei Männer, begeistert von ihrer hohen Aufgabe. Daß es jedoch mit der Verwirklichung dieser Ideen nicht eben so in Keilhau ging, wie zunächst noch in der politischen Welt, ist der Wirksamkeit eines Mannes zu danken, der kurze Zeit darauf sich zu den dreien gesellte. Wir glauben „Patriarchen luft zu athmen", wenn vor unser geistiges Auge die würdige Gestalt Johannes Arnold Barop's tritt! Als kräftige niederdeutsche Natur reitete er daS Werk der Gründer durcö seinen gesunden praktischen Sinn. Geniale Naturen wollen oft die Zwischenglieder der Entwickelung überspringen, kleine praktische Mittel liegen ihnen fern, da ihr ganzes Dichten und Trachten nur dem Ziele zusteuert. Zu oft verlieren sie bei diesem Drange nach oben den realen Boden unter ihren Füßen. Die Geschichte so manches großen, genial angelegten Unternehmens hat dies zur Genüge bewiesen; und wenn Keilhau nicht in dies Schicksal verfiel, so ist es dem Umstande zu danken, daß Barop, der bald alleiniger Leiter der Anstalt wurde, es verstand, das practisch Durchführbare unter den Ideen Fröbel's heraus zufinden, und dies hat er dann auch mit aller Energie durch geführt. Der Staat verlangt eben von den Gliedern, denen er eine bevorzugtere Stelle in seinem Organismus einräumeu soll, eine gewisse Summe von Kenntnissen oder auch Fertig keiten (ich will über das Ueberwiegen des letzteren über das erstere hier nicht rechten), Barop verstand mit dieser Noth- wendigkeit zu rechnen, und wenn heute die Anstalt auf die 25. Wiederkehr des Tages zurückblicken kann, an dem sie durch die Berechtigung giltige wissenschaftliche Befähigungs nachweise für den einjährig-freiwilligen Dienst auszustellcn, ausgezeichnet wurde, so ist das in der Hauptsache dem prak tischen Wirken Barop's zuzuschreiben. Worin liegen nun die Tendenzen der Anstalt, deren Vor geschichte wir soeben vernommen? Nicht ohne Grund nannte Fröbel seine Schöpfung eine erste „deutsche" Erziehungsanstalt. Deutsches Wesen, im Verein mit wahrer christlicher Gesinnung, sollten gepflegt werden, in den Vordergrung trat der nationale Gedanke, und mit vollem Rechte; auch unsere Zeit hat es nvthig, dies Pro gramm zu befolgen, wenn sie den Feinden, die von Außen und Innen an der Zerstörung des schwer errungenen Werkes arbeiten, begegnen will. Hier in Keilhau knüpften wir an die große Zeit von 1813 an; die Feier des 18. October bildete den Mittelpuncr. Schon lange vorher sammelten wir auf den Bergen dürres Reisig und trugen es auf einen großen Haufen, in dessen Mitte ein großer Baum den Napoleon vorstellte. Hell loderte die Flamme in die Höhe! Flamme einpor, Flamme empor! Steige mit lodernden Strahlen Von den Gebirgen und Thalen Glühend einpor, glühend empor! scholl es aus jugendlichen Kehlen, begleitet vom Donner der kleinen Kanone. Dann ging es im Fackelzuge — die Fackeln bestanden zum größten Theil aus mit Kien gespickten alten Besen — hinunter vor Langrthal's Haus, des letzten der damals noch lebenden Schuckert L Co. in Nürnberg erstanden, welches gleich den beiden anderen ihre Größe und Bedeutung ihren patentirten Erfindungen verdankt. Im Besitz einer gewaltigen Reihe von Patenten sind sodann die Firmen Krupp in Essen und das Grusonwerk in Magdeburg. Erstere besaß Ende 1893 etwa 70, letzteres Mitte desselben Jahres etwa 350 Patente. Heute sind Krupp und Gruson zu einem gewaltigen Unternehmen ver einigt, das, um nur einige Ziffern anzuführen, 1891/92 für Entnahme und Aufrechterhaltung von Patenten 36 219 und für Versuchskosten rund 165 000 abschricb. Wie nutz bringend einzelne Patente dieses kolossalen Unternehmens sind, mag die eine Angabe darthun, daß ihm für ein Fabrikations- Recht auf dem Gebiet des Kriegswesens von einer Regierung ein Kaufpreis von 400 000 gezahlt wurde. Eine recht hübsche Zahl von Patenten besitzt auch die Badische Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen am Rhein, nämlich 200, die einen Gesammtwertb von 1 Million Mark karstellen. Die Fabrik vertheilt durchschnittlich 20 Proc. Dividende, ein Beweis, daß das Geschäft einträglich ist. Ziffernmäßig erheblich weniger als die Ludwigshafener Firma, aber nicht minder einträgliche Patente — 35 an der Zahl — hat die Gasmotoren - Fabrik Dentz inne. Sie be treffen GaS- und Petroleum-Motoren. Auf ihre Ergiebig keit werde ich weiter unten noch zurückkommen. An der Spitze hinsichtlich der Zahl der erworbenen Patente marschirt aber zweifelsohne die Firma Thomson Houston L Co. Sie hat die kolossale Ziffer 1200 erreicht, wovon allein 500 auf elektrische Bahnen entfallen. Wenn man sich vergegenwärtigt, WaS dazu gehört, auch nur ein einziges Patent richtig auszubeuten und darüber zu wachen, daß keine unberechtigten Nachahmungen das Geschäft ver derben, so kann man sich einen Begriff von der gewaltigen Ausdehnung der Unternehmungen machen, die ick hier erwähnte. Wenn ich mich nun schließlich derjenigen Frage zuwende, welche die Leser ohne Zweifel am meisten interessirt, nämlich der Ergiebigkeit der Patente, so kann ich natürlich nur wenige, welche für den Inhaber als besonders nutzbringend sich er wiesen, berauSgreifen. Zu diesen ist ohne Zweifel zu rechnen das Patent auf Antipyrin, jene« Arzneimittel, dem die tückische Influenza den Boden so gewaltig geebnet hat. Der Erfinder erhalt, so lange Antipyrin erzeugt wird, von den Höchster Färb» Feuilleton. . - . » Patenterfolge und -Mißerfolge. Von A. vom Rhein. Nachdruck verboten. Es giebt ein Märchen, in welchem Herr Geld und Frau Glück darum streiten, wer von ihnen am mächtigsten ist, und beide schließlich dahin Übereinkommen, ihre Macht an einem gerade des Weges kommenden Wanderer zu erproben. Herr Geld erhält den Vorrang und beginnt als erster seine Kunststücke. Er läßt dem Bruder Straubinger zunächst ein Goldstück in seiner Tasche finden, welches dieser aber wieder verliert. Dann steckt Herr Geld ihm einen Hundertmarkschein zu; allein Räuber kommen des Weges und schlagen und plündern den Wanderer. Herr Geld überhäuft nun seinen Schützling geradezu mit seine» Schätzen; aber alles hilft nicht, dem armen Teufel gehts immer übeler. Nun kommt Frau Glück an die Reihe. Ihre Macht läßt ihr das verlorene Goldstück wiederfinden, sodann just in dem Augenblick die Stadt betreten, in welchem mehrere Personen fcstgenommen werden. Unter diesen erkennt der Wanderer die Räuber, welche ihn ausplünderten. Er erhält sein Geld zurück, beginnt mit den bescheidenen Mitteln ein Geschäft, hat Erfolg — daS Glück geht ihm ja zur Seite — und ist bald ein reicher Mann. Frau Fortuna hat glänzend gesiegt. Dies Märchen kann ohne Zweifel als ein getreues Spiegelbild des Lebens auch heute noch gelten, und daS alte Wort, wonach ein Quentchen Glück größeren Werth habe, als ein Zentner Verstand, besteht auch heute »och zu Recht. Selbstverständlich ist das «um ^rano saim zu verstehen. Es wird Niemand behaupten wollen, daß ein großer Gelehrter und Forscher eine geringere Rolle spielte, als z. B. ein Dummkopf, der 100 000 in der Lot terie gewinnt; eS liegt aber auch deutlich in dem angeführten <atz, daß unter dem in Rede stehenden Werth die Erlangung materieller Güter verstanden sein soll. Darüber, waS Glück bedeutet, gehen die Ansichten sehr weit auseinander. Vielfach werden Glück und Geld al« ein und dasselbe angesehen. 2« ist daher begreiflich, wenn eine förmliche Jagd nach dem Gold entstanden ist, die beschönigend die „Jagd nach dem Glück" genannt wird, und es ist ferner begreiflich, daß in unserer überaus sehr materiell angelegten Zeit, in welcher das rollende Metall zu einem erstaunlichen Machtmittel geworden ist, das Streben Vieler dahin geht, möglichst mühelos in den Besitz vielen Geldes zu kommen. Die bequemste Art, reich zu werden, ist nun wohl ohne Zweifel erben und in der Lotterie gewinnen, die schwerste icherlich die unausgesetzt angestrengte geistige und körperliche Arbeit, was schon allein damit bewiesen wird, daß die erarbeiteten namhafte» Vermögen ganz verschwindend gering an der Zahl sind. In der Mitte zwischen den beiden genannten Arten steht, meines Erachtens, der durch Erfindung erworbene Neichthum. ES soll durchaus nicht bestritten werden, daß der moderne Erfinder manchmal monate- und jahrelang versucht, grübelt und plant, bis er sein Werk dahin gebracht hat, daß er eS an die Oeffentlichkeit bringen und patentiren lassen kann (manche sehr einträglichen Erfindungen sind zwar rein zufällig gemacht worden und haben weder einen nennenswerthen Aufwand an geistiger Kraft, noch sonstige Anstrengung er fordert) — dann aber darf er auch auf seinen Lorbeeren ausruhen, dann fließt ihm der Gewinn mühelos zu, er wird zum reichen Mann, wenn er — Glück hat. Dafür, daß nicht alle Erfinder Glück haben, spricht nicht nur der Umstand, daß durchschnittlich 70 Proc. aller Patente erlöschen (1877—1893 von Patenten auf Instrumente 81 Proc., mechanische Metallbearbeitung 70 Proc., Land- und Forst- Wirthschast 79 Proc., Maschinen-Elemente 77 Proc., elektrische Apparate 75 Proc., Eisenbahnbetrieb 75 Proc.; am wenigsten in der Farben-Jndustrie, nämlich 39 Proc), sondern eS mag auch von vielen Beispielen eine- dafür hier angeführt werden, welches der bekannte Münchener Patent-Anwalt Gust. Dedreux in einem öffentlichen Vortrage mittheilte. Ein gewisser Loiseau war von Frankreich nach Philadelphia ausgewandert, um in dem gelobten Lande der Erfinder seine Lage zu verbessern. Nachdem er in den Vereinigten Staaten manch' schweren Kampf durchgekämpft, kam er auf den Ge danken, aus Kohlenabfällen und Thon künstliches Feuerungs material (Brikett) zu bereiten. Ein hierauf bezügliches Patent war bald erworben und er konnte darauf mit Hilfe einiger Capitalisten eine Fabrik eröffnen. Er war, wie eS so geht, öfter aenöthigt, sich nach anderen Theilhabern um» »sehen, da die alten Capitalisten, weil das Geschäft im An- ang keinen Gewinn abwarf, austraten und die Sache im Stiche ließen. Wiederholt machte sich der Mangel an Geld fühlbar, so daß schließlich das Unternehmen zu Grunde ging. Loiseau machte in der Verzweiflung einen Selbstmord versuch, der aber vereitelt wurde. Mit erneuter Zuversicht warf er sich auf die Ausbeutung seiner Erfindung und bald land das Unternehmen in voller Blüthe. Doch bas Unglück klammerte sich von Neuem an den armen Erfinder. Er er blindete. Damit noch nicht genug des Mißgeschicks, wurde (eine Fabrik ein Raub der Flammen. Die Arbeit seines Lebens war zerstört. Völlig entmuthigt und geschlagen, kehrte er nach Brüssel zurück, wo er blind und in Arniuth starb. Der Mann hatte eben kein Glück. Bevor ich mich zu denjenigen Erfindern wende, welche als ein Gegenstück zu dem beklagenSwerthen Franzosen gelten können, »lag noch flüchtig auf die Anfänge unseres Patent wesens bezw. die ersten Patente eingegangen sein. Das erste Patent wurde am 27. Juli 1877 angemeldet, und zwar von dem Ultramarinfabrikanten Zelter in Nürn berg. Dasselbe betraf ein SaftvertheilungSventil für Diffussions- und andere AuSlaugeapparate. Dieses erste Patent war ein ganz vorzügliches, es hat die gesetzlich längste Frist von 15 Jahren durchlaufen, d. h. eS ging erst 1892 zu Ende. Um so schlechter war aber gleich Patent Nr. 2, welches eine Art von Teppichgeweben betraf und nur zwei Jahre dauerte. Nicht viel besser erging eS dem dritten Patent. Dasselbe hatte eine Rundwirkmaschine zur Herstellung von Preßmustern zum Gegenstände und währte fünf Jahre. Interessant ist auch eine flüchtige Uebersicht über die Zahl der von einzelnen hervorragenden Firmen in den Handel ge brachten patentirten Gegenstände. Auch hierbei zeigt sich die Wahrheit dcS viel gebrauchten Wortes, daß wir im Zeitalter der Elektricität leben. Edison, der wie kaum ein Anderer daS ganze Gebiet der Elektricität beherrscht, wetteifert mit der bekannten Firma Siemen- L Halske in Berlin. Die letztere übertrifft, was die Zahl der erworbenen Patente anlangt, den erfindungsreichen Amerikaner um ein Erkleckliches, wenigstens soweit deutsche Patente in Betracht -kamen. Sie war auSgangS 1892 nämlich im Besitz von nicht weniger al« 170 Patenten, während Edison nur 100 solcher sich erfreute. Ein gewaltiger Mitstreiter ist der genannten Berliner Firma in dem nicht Weniger rühmlich böaanten Etablissement von
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