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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.08.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189608235
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960823
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960823
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-23
- Monat1896-08
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.08.1896
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Tobellanscher »ich Lissernio» nach HWeen' Lanf. Extra-Beilage» (gesalzy, na» mit der Uoraen-Anraab,. pdqr Poftd«säldrr»u>» so.—, mit Pvstbisürdeeagg 70.—. Rnnahmeschlaß flir Aryei-tv; Lbrnd-AuSgabe: vormittag» 1V Uh». Morgen« Ausgabe: Nachmittag» 4 Uh» vti den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anzeigen find stet» an di, Expedition zu richt«. Dnick und Bertaq von E. Volz k Leipzig Sonntag den 23. August 1896. so. Jahrgang. Bestellungen auf Neiseabonnements nimmt entgegen und führt für jede beliebige Zeitdauer aus <Uv LxpvüMon Ü68 l-vlprlxvr laxedlattvZ, Johannisgasse 8. Äus der Woche. K. »Wer Vorstehend,« glaubt, bezahlt «inen Tb al er." So schreibt ein Berliner Blatt unter die vom „Reichs-Anzeiger" auSgegangene »Aufklärung" über den Rück tritt de» Herrn Bronsart von Schellendorff. Wenn diese Auflage ausgeschrieben werden könnte, würde ganz gewiß noch weniger Zusammenkommen, al« bei der von einigen eifrigen National-Kameralisten veranstalteten Flottencollecte. Wir haben eine beträchtliche Anzahl von Blättern ein gesehen; manche schweigen, aber nur eine einzige, durch vollkommene Harmlosigkeit in politischen Dingen aus gezeichnete Zeitung verräth Glauben. Die meisten verlieren gleich uns über die Gesundheitsrücksichten gar kein Wort und weisen mit mehr oder weniger Spott die Jnhaltlosigkeit, beziehungsweise Haltlosigkeit, des übrigen Tbeiles der Darlegung zurück. Die Welt ist eben schlecht, und die „Unbefangenheit", die der »Reichs-Anzeiger" von seinen Lesern fordert, exislirt nicht, und wenn sie sich irgendwo finden sollte, verdiente sie einen anderen Namen, etwa — um in den Grenzen der Höflichkeit zu bleiben — Kurzsichtigkeit. Zum Glück für den „Reicks- Anzeiger" ist er e» seit längerer Zeit gewohnt, keinen Credit zu finden. Zn einem Punkte bestätigen sich jedoch seine Angaben. Herr v. Bronsart ist nach Neuenahr gegangen. Seine Ge sundheit ist in der Tbat ein wenig angegriffen, aber aller dings nicht so sehr, daß er sich nicht auf seinem in schöner und gesunder Lage befindlichen Gute erbolen könnte. Herr v. Bronsart gebt ins Bad — au« Loyalität. So viel an ihm liegt, will er die „Gesundheitsrücksichten", auf die er ja auch sein Entlassungsgesuch basirt hat, beglaubigen. „Wenn Fürst Hohenlohe geht", so hat man unS von wohlunterrichteter Seite am Tage seiner Abreise nach Rußland versichert, „so wird er auch vorher krank oder schwach werden." Zn Erinnerung an diese Vorhersagung darf man einer Mittheilung der sonst wenig zuverlässigen „Berl. Börsenztg,", wonach der Reichskanzler sich „physisch" nicht mehr der Bewältigung der Arbeitslast gewachsen fühle und deshalb vor dem Zusammentritt des Reichstages sich zurückziehen werde, einige Beachtung schenken. Möglicherweise ist diese Meldung bestimmt, dem „Reicks-Anzeiger" zur Unterlage zu dienen, wenn er nach dem Rücktritt des Fürsten Hohenlohe eS an gezeigt findet, mst einer Darstellung ähnlich der bewußten bervorzutreten. DaS genannte Blatt fügt hinzu: „Daß der Rücktritt des Kanzlers noch weitere Kreise ziehen wird, das ist das interessantere Moment der kommenden Tage." Uns ist die Gegenwart, und wäre die Entlassung deS Fürsten Hohenlohe I „interessant" genug. Aber die „Börsenztg." würde, wenn der I Kanzler ginge, wohl Recht behalten. Nach dem „Vorwärts" liegt die nationalliberale Partei in der Agonie; nach der „Boss. Ztg." existirt sie nicht nur nicht mehr, sie kann gar nicht existiren, denn sie ist „unmöglich". Aebnliche Aussprüche geben z. Z. auch andere journalistische Klatschbasen zwischen der dritten und vierten Tasse Kaffee von sich. Ernsthafte Leute und ins besondere auch ernsthafte Gegner der nationalliberalen Partei geben auf da« Gerede nicht«. Der Mühe Werth ist es höchstens, daß die „Voss. Ztg." die auch von uns erwähnte, im Rheinland bekundete Auffassung, daß Eugen Richter ein Hinderniß der Annäherung zwischen der Volkspartei und der nationalliberalen Partei sei, das Aufwerfen einer „armseligen Personenfrage" nennt. Gemach! Richter ist tbatsachlich in seiner Fraktion mächtiger, als eS, im Uebrigen 8sus comparaison, Fürst Bismarck innerhalb seines amtlichen Wirkungskreises gewesen ist. Er ist die Fraktion. Da darf und muß man wohl von der Person sprechen. Wenn übrigens die Frage eine armselige, die Person Richter's also eine ^uantit« nögligeabl« ist, da kann es dem Freisinn auch kein Opfer kosten, sich Richter's zu entledigen. Die „Voss. Ztg ", sie ist ja in Berlin, dem Altentheil des Freisinns, einflußreich genug, die „Voss. Ztg." mag einmal probiren, ob sie Herrn Richter nicht weg bringen kann. Uns ist es gleichgiltig, denn wir erblicken in dem Manne nicht das einzige Hinderniß einer „Annäherung." Der Freisinn muß sich erst wieder auf seinen Liberalismus besonnen 'haben, wenn er praktisch liberal werden soll. Dazu wird ihm früher oder später der Ultramontanismus verhelfen, dessen Uebermuth ja in erfreulichem Anwachsen begriffen ist. Die Vorgänge, wie der in Schwandorf, wo ein katholischer Priester das Leben in gemischter Ehe als schwerere Sünde denn Kinder- oder Elternmord verdammt Hai, werden allmäblich die Wandlung herbeiführen, gegen die dann auch ein Richter ohnmächtig sein wird. Deutsches Reich. Berlin, 22. August. Gegenüber der unausgesetzt vor getragenen Behauptung der socialdemokratiscken Presse, daß die „Profitwuth der Unternehmer" einer wirksamen Durch führung der Arbeiterschutzgesetzgebung sich hindernd in den Weg stelle, erscheint es angezeigt, wiederholt auf die Entwickelung der Dinge hinzuweisen, wie sie in den Berichten der preußischen Gewerberäthe, so weit dieselben auf das Ver- hältniß dieser Beamten zu den Arbeitgebern sich beziehen, dargestellt wird. Wenn man bedenkt, daß die Arbeiter- schutzgesetzgebung den Fabriken schwere pekuniäre Opfer auferlegt bat, daß die Arbeitgeber in Bezug auf die UnfallverhütungSvorschriften einer dreifachen Con- trole unterworfen sind, — durch die Polizei, die Ver trauenspersonen der Berufsgenossenschaften und durch die staatlichen Aussichtsbeamten — daß unter diesen drei Faktoren auch jetzt nock nicht ein genügend geregeltes Zusammenwirken besteht, so daß die Berichte der Fabrikinspectoren wiederholt von „bedauerlichen Mißgriffen" sprechen, die auS den sich kreuzenden Revisionen und Anordnungen sich ergeben, so würde man gar nicht erstaunt sein dürfen, wenn Miß- muth und Verstimmung in weiterem Umfange innerhalb der Kreise der Arbeitgeber sich zeigten. DaS ist aber tatsächlich nicht der Fall. Die diesjährigen Berichte der Fabrikinspectoren lassen vielmehr erkennen, daß nicht nur das Verhältniß zwischen den Arbeitgebern und den Aufsichts beamten ein durchaus erfreuliches ist, sondern daß auch die Anordnungen der letzteren mit geringen Ausnahmen einem guten Verständniß bei den Arbeitgebern begegnen und bereitwilligst zur Ausführung gebracht werden. Die Besserung, welche der diesjährige Bericht im Vergleich zu den früheren aufweist, ist unverkennbar. Wo früher noch Miß trauen herrschte, bekundet sich ein fortgesetzt wachsende- Ver trauen, eine steigende Bereitwilligkeit, den oft strengen An forderungen der Gewerbeaufsicht zu genügen. Die böswillige Verallgemeinerung vereinzelter, ausdrücklich von den Gewerbe- inspectoren als Ausnahmen bezeichneter Vorkommnisse kann das Gesammturtbeil über daS Verhalten der Arbeitgeber, wie es in den Berichten der Aufsichtsbeamten dargestellt wird, nicht beeinflussen. Die „Profitwuth", welche die socialdemokratische Presse als daS einzige Agens der Thätigkeit der Unternehmer hinzustellen liebt, erscheint aber erst recht in einem sonder baren Lichte, wenn man die Berichte der Gewerbe räthe über die Entwickelung der freiwilligen Arbeiter fürsorge beachtet. Ein Vergleich der diesjährigen Be richte mit den früheren ergiebt, daß auch auf diesem Gebiete Fortschritte gemacht sind, die dem deutschen Internehmerthum zur höchsten Ehre gereichen. Das Be treben der Socialdemokratie, die Arbeiterfürsorge in Deutsch land, die staatliche wie die freiwillige, möglichst übel zu be- eumunden, beweist nur, daß die Wirkungen dieser Fürsorge ich in den Kreisen der Socialdemokratie mehr und mehr ühlbar machen. * Berlin, 22. August. Die „Berl. Pol. Nachr." schreiben: „Die Handwerksorganisationsvorlage bringt den Innungen im Allgemeinen eine Erweiterung der Competenzen, eine jedoch nimmt sie ihnen. Zm H 97a der bisherigen Gewerbeordnung wird unter der Ziffer 4 aufgeführt, daß den Innungen zur Förderung des Gewerbebetriebes der Jnnungs- Mitglieder auch die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs zusteht. Unter den Befugnissen der Znnungen, wie sie in der neuen Vorlage unter 8 84a aus geführt werden, fehlt diese oder eine ähnliche Bestimmung. Ein solches Vorgehen wird durch die Natur der Zwangsinnung selbst erklärt. Gegenwärtig, wo die Bildung der Znnung in das Belieben der einzelnen Handwerker gestellt ist, stebt es auch Jedem frei, sich einer solchen zu gemeinsamem Geschäfts betriebe errichteten Znnung anzuschließen oder nicht. Werbeitritt, weiß, welche Folgen seiner bei einem eventuellen schlechten Ausgange deS Geschäfts warten, und kann durch Nichtbeitritt denselben vorbeugen. Wenn jedoch die Zwangs-Innung eingesührt würde, würde jeder Geschäftsbetrieb der geschilderten Art die ganze Znnung mit ihrem Vermögen haftbar machen. Wäre ein solches nicht vorhanden, würden die Mitglieder zur Zahlung erhöhter Beiträge herangezogen werden müssen. Es würde also den Handwerkern, denen später nicht mehr die Entscheidung über den Eintritt in die Znnung freigestellt sein soll, eventuell ein großer Nachtheil aus einem solchen Geschäftsbetriebe erwachsen können, ohne daß sie selbst durch Nichteintritt demselben hätten vorbeugen können. Der Zwangscharakter der Znnungen schließt eine solche Competenz auS. Zm Uebrigen würde gerade dieser Aenderung der Gewerbeordnung zuzustimmen sein, weil eS heutzutage und namentlich nach der Schaffung der Ge nossenschaften und Gesellschaft en mit beschränkt er Haftunsg so viele weit bessere Unternehmungssormen giebt, in denen die Handwerker eine gemeinschaftliche geschäftliche Thätigkeit entfalten können, daß der Wegfall dieser ZnnungS- comperenz einfach eine Consequenz der in den letzten Zähren auf dem Gebiete der Unternehmungsformen vorgenommenen legislatorischen Arbeiten darstellen würde." * Berit», 22. August. Herr Stöcker veröffentlicht in der „D.-Ev. K.-Ztg." eine langatbmige Erklärung, welche die ganze kaum begreifliche Selbsttäuschung wiederspiegelt, in der sich der Führer ohne Armee trotz aller Schicksalsschläge noch immer befindet. Sein Aufruf habe, so erklärt er, auf der rechten und linken Seite der politisch, kirchlich und social bewegten Kreise die „erwünschte Beachtung" gefunden. Auf der Rechten seien die darin ausgesprochenen Grundsätze mit einer zum Theil „jubelnden Zustimmung" ausgenommen. Auf die Parteien der Linken aber habe er wie eine „Bombe" gewirkt. Herr Stöcker sucht dann die Bedenken der Conservativen gegen die kirchlich-sociale Bewegung zu zer streuen; die Beurteilung dieser Beweisführung können wir süglich denen überlassen, denen sie gilt. Alsdann erörtert Herr Stöcker sein Ausscheiden aus dem evangelisch socialen Congreß. Herr Wagner habe erklärt, was der Wahrheit völlig gemäß sei, daß Stöcker's Verhalten in der Angelegenheit des bekannten Briefes an von Hammerstein und weitere damit in Verbindung stehende Dinge einigen Männern den Anstoß gegeben haben, das Verlangen des Aus scheidens aus dem Präsidium an ibn zu stellen. Professor Delbrück habe offen erklärt, wenn Stöcker sich nicht gefügt hätte, so würde in der Ausschußsitzung eine Kraftprobe statt gefunden haben. Da sei cs doch begreiflich, daß er vorzog, eine solche Gesellschaft zu verlassen. Hätte er unredlich ge handelt, so mußte er überhaupt auS dem Congreß scheiden, nicht nur auS dem Präsidium. Für die ganze Art de« Ver gebens gebe es nur einen einzigen Gruud, dir übermüthige Intoleranz des Liberalismus und der Mittelparteien überhaupt. V. Berlin, 22. August. (Telegramm.) Der Kaiser unternahm gestern Vormittag um 10'/, Uhr eine Pürschfahrt nach dem Wildpark und brachte auf derselben einen starken Vierzehnender zur Strecke. Nachmittags machte das Kaiser paar eine Spazierfahrt. Der Thee wurde in der Villa Jacobi eingenommen. Heute früh hörte der Kaiser von 8 Uhr ab den Vortrag des Chefs des Generalstabe«, Grafen v. Schliessen und arbeitete dann längere Zeit mit dem Chef deS Militair-CabinetS General-Adjutanten v. Hahnte. Kurz vor 1k Uhr fuhr er vom Neuen Palais nach der Wildparkstation, nahm daselbst militairische Meldungen entgegen und begab sich mit dem fahrplanmäßigen Zuge um 11 Uhr 5 Min. nach Berlin. Auf dem Potsdamer Bahn hofe angelangt, nahm er ebenfalls eine Reihe militairischer Meldungen entgegen und fuhr sodann zur Denkmalsfeier nach der Ca)erne des 3. Garde-Regiments z. F., wo der neu ernannte Kriegsminister Generallieutenant v. Goßler, der vor etlichen Zähren Commandeur des genannten Regiments war, sich meldete. Zum Diner verblieb der Kaiser beim OfficierScorps des 3. Garde-RegimentS z. F. und kehrte im Laufe des Nachmittags nach dem Neuen Palais zurück. (-) Berlin, 22. August. (Telegramm.) Der Kaiser wohnte heute Mittag der Enthüllung deS Denkmals der Ge fallenen des 3. Garde-Regiments auf dem Casernenhof bei. Das Regiment war im offenen Viereck aufgestellt. Auf dem rechten Flügel hatten gegen 100 frühere Officiere des Regi ments Aufstellung genommen, im Gefolge deS Kaisers befand sich der Kriegsminister v. Goßler, auf dem linken Flügel stand der Verein früherer Mitkämpfer und Angehöriger des Regi ments. Bei der Ankunft des Kaisers präsentirten die Truppen. Der Kaiser schritt die Front ab, die einzelnen Bataillone begrüßend. Generallieutenant von Lochau hob in längerer Rede die Thaten der gefallenen Krieger in den drei Feld zügen hervor und erbat vom Kaiser die Erlaubniß zur Ent hüllung. Der Regimentscommandeur von Twardowski dankte dem Kaiser für das Erscheinen, wodurch die Feier zu einem besonderen Ehrentage sich gestalte, und schloß mit einem Hurrah auf den Kaiser. Darauf ergriff der Kaiser das Wort und sagte etwa Folgende-: „Zu dem heutigen Tage spreche Zch den Wunsch aus, daß es einem Jeden von Euch vergönnt sein möge, seine Pflicht so zu thun, wie die ver gangene Generation. Als Beispiel diene Euch dieses Denkmal, auf dem die Namen der Krieger verzeichnet sind, die gefallen sind zur Ehre des Vaterlandes und zum Ruhme des König«." k. Berlin, 22. August. (Privattelegramm.) Zum Fall von Puttkamer-von «ketten schreibt die Berliner „Volksztg.": Unsere auf besten Informationen beruhende Mittbeilung über die an Herrn v. Stetten ergangene Auf forderung, sich amtlich über den Fall Puttkamer zu äußern, ist von anderer Seite bestritten worden, und ver schiedene Blätter haben sich beeilt, von diesem vermeintlichen Dementi unserer Nachricht Notiz zu nehmen. Dem gegenüber halten wir unsere Nachricht vollkommen auf recht und ergänzen sie durch folgende nähere Darstellung des Tatbestandes: Unmittelbar nachdem die weder durch Herrn v. Stetten, noch durch Herrn Giesebrecht veranlaßten Gerüchte über einen bevorstehenden Colonialscandal aufgetaucht waren, wandte sich da« Auswärtige Amt an Herrn v. Stetten mit der Anfrage, in welchem Verhältniß er zu besagten Gerüchten stände. Als dann die Publikation des Falles von Stetten contra v. Puttkamer erfolgt war, ersuchte das Auswärtige Amt Herrn v. Stetten wiederum um Mittbeilung, ob er zu dieser Veröffentlichung in Beziehung stände. WaS im Gegensatz dazu einige Zeitungen zu be richten wissen, beruht auf Unwahrheit. Herr ».Stellen hat in beiden Fällen dem Auswärtigen Amte prompt Antwort gegeben. Er hat erklärt, daß die in jener Publication auf- Fetiilleton. Die Chocolade. Tulturhistorischr Skizze von Martin Beck. Nachdruck »«rieten. Als die Spanier 151S in Mexiko einzogen, fanden sie in diesem merkwürdigen alten Culturstaate u. A. eine sonderbare Scheidemünze im allgemeinen Gebrauch, die auS den mandel förmigen Samenkernen eines Baume« bestand. Sie dienten neben Zinnstücken und Federkielen voll Goldstaub zur Ver mittelung deS Kleinhandel«. Tausend Stück davon galten nach deutschem Gelbe ungefähr 2,75 In Eostarica, Nicaragua und auf San Salvador werden sie noch heute statt der Kupfermünzen verwendet. Man zeigte den Spaniern den Baum, von dem diese braunen Kerne oder Bohnen hrrrührten. Er war erst au« seiner Heimath, der tropischen Gegend de« nördlichen Süd amerika, wo er wild wächst, hierher nach Mexiko und nach den Antillen verpflanzt worden, aber schon seit sehr alter Zeit. Zehn bi« fünfzehn Meter hoch, dreißig Eentimeter dick, zeichnet er sich besonder« durch die in den Blattwinkeln stehen den Früchte au«. Diese ähneln zrhnkantigen, rotbgelben Ci- tronen mit langer Spitze. Bricht man sie auf, erblickt man in einem säuerlich schmeckenden Brei die eng aneinander liegenden Reihen der Samrnkerne, dir Spitzen sich zukrhrrnd, daS breite Ende an den inneren Schalenkantrn liegend. 25 bi« 40, oft auch über SO solcher Kern« stecken in einer Frucht beisammen. Diese wild wachsenden Bäume lieferten nur eine Ernte, vom Februar bis zum Mai. Bei den veredelten Bäumen aber reiften die Früchte zweimal im Jahre. Diese zweite Ernte trat im August und September ein. Die ge ernteten Früchte, die man in Mexiko wie auch den Baum und die Samenkerne Choco, anderwärt« Caravi oder Cacao nannte, ließ man fünf Tage lang in großen hölzernen Ge fäßen in Gährnng übergehen. Dann trocknete man sie an der Sonne oder über dem Feuer. Man grub sie auch in die Erde ein und ließ sie so lange darin, bis sich der breiartige Theil durch Fäulniß abgesondert hatte. Bei dieser zweiten Behandlung erhielt man den besten, den sogenannten ge rotteten Cacao. Nicht nur als kleine Münze, sondern auch zu einem Ge tränk benutzten die Mexikaner diese Samrnkerne schon seit den ältesten Zeiten. Die gerösteten Kerne oder Bohnen, wie man sie späterhin, analog den „Kaffeebohnen", fälschlich be zeichnete, wurden zu einem rothbraunen Pulver zerstoßen, daS man zum Bedarf aufbewahrte. Mit Wasser aufgedrüht, genoß man eS dann. Nur selten versüßte man den Trank mit Honig oder setzte ihm Gewürze zu. Da« ärmere Volk nur pflegte ihm sehr viel Maismehl beizumischen und ihn reichlich mit mexikanischem Pfeffer zu Wurzen. Manchmal tbat man auch noch di« oyrenförmigen Blätter einer amerikanischen Blume hinzu, dir deswegen von drn Spaniern klar äv I» Oreja oder So» »uricalae, Ohrenblume genannt wurde. Der Trank bildete bei den Mexikanern das National getränk, da» sie auch mit dem säuerlichen Brei der Cacao- srüchtr al« Arznei gegen die rothr Ruhr eingabrn. Bei Husten räucherten sie sich mit Cacao. Und da« Oel, da» sie darau» preßten, benutzten sie wie eine Art Schminke. Da» Getränk nannten die Mexikaner Chocolatl, di« Be wohner der Antillen Eacavate, und di« Europäer in ihren ersten Beschreibungen davon Oboovlatum, Okucul»t«, Okolatk, ckocolack», 8uccolate und Sooolucks. Sir leiteten drn Namen von Lboco, Schall oder Laut, und Atte, Wasser her. Sie meinten vom Geräusche des Quirl«, mit dem man da« Getränk umrübre, nenne man e«: laute« Wasser. Der Name ist aber au« der altmexikanischen Bezeichnung de» Baume«, cdooo, und l»tl, Wasser, zusammengesetzt. Er bedeutet also Chocowasser oder Cacaowasser. Di« Spanier sahrn auch, wie die Mexikaner an hohen Festtagen und bei Gastmählrrn die Ebocolad« oder, wie man von Rechtswegen schreiben müßte, Chocolate, kalt tranken. Sie schütteten dabei Cacaopulver in frische« Wasser, rührten eS tüchtig um und thaten den Schaum bei Seite. Dann vermischten sie das Wasser mit einer Art Zucker, stürzten e« von oben über den Schaum und tranken es so. Dieser Trank sollte so stark abkühlen, daß ihn nur Wenige genießen konnten. Zunächst befreundeten sich die Spanier gar nicht mit dem mexikanischen Nationalgetränk, weder in dieser, noch in einer anderen Form. 1520 schickten sie von Mexiko au« fertige, harte Chocolade in dicken Zapfen und in Schachteln wie da« Quittenbrod nach Spanien. Dort nahm man sich de« fremd artigen Genußmittel« mit Begeisterung an, ließ Cacao aus Mexiko Nachkommen und errichtete Chocoladefabriken. Die Zubereitung der Cacaobohnen wurde hier immer mehr ver vollkommnet, weil der allgemein gewordene Gebrauch des indischen Rohrzucker- der Herstellung von Chocolade sehr förderlich war und man in der günstigen Mischung der Ge- würre rasche Fortschritte machte. Nach dem kleinen Tractat de« ^nton. Oolmsv. cks k.eckesm», eine« spanischen Barbiers, Opmculnm cke Qualität« et Xatur» Okocnlstae, blorimderg, 1614. wie« das Recept für gute spanische Chocolave folgende Zusammenstellung aus: 100 Eacao- kerne, 1»/, Pfund Zucker, >4 Gran Tavaskenpseffer, 1 Loth Gewürznelken, 3 Stengel Vanille, 3 Quent Ani« und eine Hand voll Orlean zum Färben. In Spanien und Portugal war die Chocolade bald eben so beliebt wie in Mexiko. Man sagte damal«, daß die Spanier so sehr daran hingen, daß sie lieber Kleider und Andere« missen, al« daß sie nicht täglich mindesten« 2—3 Mal Choco- lade tränken. Bei ihnen und den Mexikanern und in allen amerikanischen Kreolenstaaten ist sie auch bi« beute da« Nationalgetränk geblieben, während sie in Deutschland, Oester- reich, England, Belgien und selbst in Frankreich und Italien nur rin Luxu«geiränk bildet. Zn Italien führte rin Florentiner Antonio Earletti, der sie in Wcstindien kennen gelernt batte, 1606 die Cbocoladr- fabrikation rin. Hirr mischte man aber schärfere« Gewürz unter daS Cacaopulver und röstete die Chocolade stärker. Die italienische Chocolade unterscheidet sich daher noch heute von der braunrothen spanischen durch ihre schwarzbraune Farbe und ihren bitteren, gewürzhaften Geschmack. Zn Folge der schwächeren Röstung ist in der spanischen auch mehr Stärke mehl und Eacaobutter unverändert zurückgeblieben, wodurch sie milder und angenehmer schmeckt. Nack Frankreich kam die Chocolade von Spanien herüber. Vielleicht schon mit Anna von Oesterreich, der Gemahlin Ludwig XIII. Aber erst unter Ludwig XIV. ward ibr Gc brauch allgemeiner. Spanische Mönche beschenkten die französischen mit Chocolade in Schachteln, viereckigen Tafeln und runden Küchlein. Dadurch lernten die Franzosen das fremde Genußmittel näher kennen und schätzen, so daß sie bereits Anfang te« 18. ZabrbunoertS Fabriken anlegten, in denen die Cacaobobnen der französischen Colonien zu Chocolade verarbeitet wurden. Die französischen Chocoladefabriken verstanden die Zube reitung bald so zu verffinern, paß sie bi« in die neueste Zeit durch die vorzügliche Qualität ihre-Product» den Weltmarkt beherrschten, auf dem ibnen aber jetzt durch die großen deutschen Weltfirmen eine erhebliche Concurrenz erwachsen ist. Schon am Ende de« 18. Jahrhundert» galt die Pariser Cbocolade al« die beste de« ganzen Erdkreise«. Nach kisrr« komm, kiiswir« g-nSrals ckes ckroxuss traitant äes plant««, ckcs »vi- mau» et cke* mingi-aux, karm 1694, soll«, mit 400 Kupfern, Vas 1717 als „Aufrichtiger Materialist und Spezereihändler" in Leipzig deutsch erschien, bereitete man damals in Pari« die Chocolade so: „Wenn man Cbokolate machen will, muß man von den besten und dicksten Cacao-Mandeltt, große Caraque genannt, haben, selbig« in einem Becken oder Tiegel über dem Feuer rösten, und beständig umrUhren, biß daß sie die Schale oder Hüls« grrne zehen lassen, welche al«dann abzunebmen und wegzuschmeissen ist. Die geschälten Mandeln werden wiederum in da« Becken geschüttet und nöck einmal geröstet; doch muß da« Feuer ganz gelinde seyn, bi« daß sie äusserlich gantz trocken worden und gar nicht brandickt riechen. Darauf werden sie in einem Mörser gestoßen, der wohl auSgewärmet ist; oder sie werdrn, nach der Indianer ihrer Art, mit
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