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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960824029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896082402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896082402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-24
- Monat1896-08
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Die Morgen-Ar-gabr erscheint «m '/,? Uhr. die Abend-Au-gab« Wochentag- um b Uhr. Ne-action vnd LrpeMo«: Johanne-gafse 8. Dir Txpevition ist Wochentags annatrrbroche» go^inet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: Ltt» Klemm S Sortim. (Alfred Hahn). Universität-straße 3 (Paulinum). La»tS Lösche, skntkmrinenstr. 14. pari, und König-Platz 7, Vez«g».Prei» ta der Hauptexpedittoa oder den im Stadt» vrzirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich 4.50; bei zweimaliger täglicher Zustellung in- ^aus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich >l 6.—. Dirrcte tägliche Areuzbandsendung in» Au«land: monatlich 7.50. Abend-Ausgabe. MpMer TaMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- im- Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Montag den 24. August 1896. die Sgespaltme Petitzeile 20 Pfg. Reclamrn unter dem RedactionSstrich (4ge- fpalten) 50-^, vor den Familieniiachrichteo (tigespalten) 40-^. -lrößere Schriften laut unserem Preis- verzrichnib. Tabellarischer und Zissernsatz nach hohereui Taris. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de, Morgen. Ausgabe, ohne Postbeförderuag X 60.—, mit Postbrsörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end »Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig so. Jahrgang. Amtlicher Theil. Versteigerung. Dienstag, den 2». August 18W, Vormittags 10 Uhr, sollen im Versteigerungsraume des unterzeichneten Amtsgerichts eine Partie bessere Möbel, 1 Pianino, sowie 1 Ladentafel und 1 großes Waarenregal u. v. a. meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, am 22. August 1896. » Ter (Verichtsvollzieher beim König!. Amtsgericht. Secr. Rassow. politische Tagesschau. * Leipzig, 24. August. „Katholisch ist Trumpf", aber das soll auf dem gestern in Dortmund eröffneten Parteitag des Centrums, „General versammlung der Katholiken Deutschlands" genannt, nicht gesagt werden. Die „Germania" wenigstens räth den Ver sammelten, von der Machtstellung des Centrums, deren sich gerade in der letzten Zeit erste Führer der Partei so sehr ge rühmt, solle man schweigen und den Gegnern nicht Gelegen heit geben, von ultramontanem Uebermuth zu reden. Selbstverständlich verfolgt das klerikale Blatt nicht den Zweck, durch Verzichtleistung auf Herausforderungen dem Frieden zu dienen, es will vielmehr den Unfrieden auf anderem Wege als dem der Feststellung des Erreichten vermehrt wissen. Klagen soll der Katholikentag, klagen über Bedrängung der Kirche und Zurücksetzung der Katholiken. Die Beschwerdeliste ist nun allerdings sehr mager, die „Germania" weiß eigentlich nur auf daS Jesuitengesetz hinzuweisen. Wir sind aber sehr neugierig, ab die Dortmunder Versammlung es wagt, einbehend mit der Jesuitenfrage sich zu befassen. Sie bat auch in katholischen Austen ein anderes Gesicht bekommen, seit die Redemptoristen in Bayern wirken, und diese sollen ja — dem BundeSrath zufolge — dem Frieden und dem Staat erheblich weniger gefährlich sein, als die Jesuiten. Für die nichtklerikale Welt, und insbesondere für den Reichstag, wird eS ohne Zweifel von Vortheil sein, wenn wieder einmal nicht nur das Jesuitengesetz, sondern auch die Thätigkeit der Jesuiten erörtert wird. Es ist dies, obwohl der Reichstag jährlich mit jenem Gesetz sich zu befassen ge zwungen worden ist, seit langer Zeit nicht geschehen, und die letzte DiScussion über den Gegenstand war für die Gesellschaft Jesu besonders bequem, weil sie in einem Augenblick erfolgte, wo das Bürgerliche Gesetzbuch die Gemüther fast aus schließlich beschäftigte. Man hat keinen Grund, auf die Sache im Reichstag einzugehen, wenn das Centrum nicht „anfängt". Geschieht dies aber, so wird man sich die Jesuiten wieder einmal etwas näher besehen und auch nicht unterlassen, sich bei dem katho lischen und klerikalen bayerischen CultuSminister v. Landmann zu erkundigen, warum er gegenüber dem klerikalen Verlangen nach Wiederzulassung deS Jesuitenordens sich so überaus erstaunt ge zeigt hat. Außer dem Jesuitengesetz nennt die „Germania" ein „christliches Schulgesetz" (für Preußen) als einen Gegenstand, nach dem der Ruf in Dortmund viel- leicht noch entschiedener als sonst erschallen werde. Das Bedürfniß danach werde „immer schreiender" und die parlamentarischen Verhältnisse des Abgeordnetenhauses seien nie so günstig gewesen. Die letztere Behauptung ist beinahe ebenso richtig, wie die erstere wider besseres Wissen vorgetragen ist, aber es bleibt doch merkwürdig, daß in derselben Stunde, in der sich die „Germania" auf die Conservativen als sichere Bundesgenossen beim Schaffen eines christlichen Schulgesetzes verläßt, also die Gemeinsamkeit der Bestrebungen betont, die „Kreuzztg." derselben „Germania" die „Dreistig keit" vorhält, mit der das ultramontane Blatt die Lehren der evangelischen Kirche in einer Erörterung (s. unter * Berlin. Red.) über die vom Kaiser auf seiner Seereise allsonntäglich abgehaltene Andacht gefälscht, „ersichtlich tendenziös und im Hinblick auf die Persönlichkeit des zum evangelischen Glauben treu haltenden Monarchen geradezu unerhört" sich ausgelassen habe. Die „Germania", heißt es vorher, „kennt das Wesen der durch Luther herbei geführten Reformation, wie überhaupt das Wesen der evangelisch-lutherischen Kirche nicht." Wenn man sich der gestalt, wie es sich hier zeigt, nicht versteht, so dürfen Menschen, die den Glauben an die Vernunft und ihre Macht nicht völlig eingebüßt haben, noch immer hoffen, daß zwischen der Richtung, die von der „Kreuzztg." und der „Germania" verfolgt wird, eine Einigung darüber, wie die „christliche Volksschule" beschaffen sein müsse, nicht zu Stande kommen kann. Was die „Germania" über den evangelischen Glauben druckt, das sagen doch auch die katholischen Geistlichen den Schulkindern, und eine Schule, in der auf Befehl der katholischen Geistlichkeit die Lehrer das Gleiche vortragen müssen, sollte doch nicht zu den Idealen eines Protestanten zählen. Freilich für die „Kreuzztg." giebt es nur Eines: Die politische Macht, und um zu der zu ge langen, muß sie dem Centrum daS Beste auf religiösem Ge biete opfern. Aber die ganze conservative Partei wird doch nicht durch die „Kreuzztg." repräsentirt, und wenn wirklich wieder ein Zedliy'sches Schulgesetz kommen sollte, so fehlt den Kreuz- zeitungs-Leulen der Mann, der die Seele der conservativen Politik von 1892 gewesen ist, Freiherr von Hammer stein. Die Auflehnung des niederen Klerus gegen die Autorität der Bischöfe und selbst des Papstes, welche anderwärts bereits eine seit längerer Zeit beobachtete Er scheinung ist, beginnt nun auch in Arantreich sich bemerkbar zu machen. Die französischen Priester gehen noch weiter auf der sogenannten christlich-socialen Bahn, indem sie eben daran sind, nach dem Muster der Socialisten einen „Priester-Fachverein" angeblich zum Schutze und zur Wahr nehmung ihrer Interessen zu bilden. Zu diesem Behufe hat der Deputirte Abbs Lemyre für Ende dieses MonalS einen Congreß der Geistlichen nach Reims einberusen. Nicht alle französischen Bischöfe scheinen diese beginnende Auf lehnung gegen ihre Autorität zu mißbilligen, denn der Congreß hat zum Beispiel die Zustimmung des Cardinal- Erzbischofs von Reims, Langsnieux', gefunden. Dagegen mißbilligt der Bischof von Annecy, Monsignore Jsoard, das Vorgehen Lemyre's, mit dem er in den Journalen eine deftige Polemik führt. DieserPrälat findet, es sei der Priester unwürdig, gleich denSocialisten, nach denen sich manche,auch der Abbs Lemyre, christlich-social nennen,Fachvereine zu bilden unter dem Vorwande, ihre eigenen Interessen zu erörtern, in Wahrheit aber, um ihren Einfluß auszudebnen und sieb möglichst der Autorität der Bischöfe zu entziehen. Den Congreß wird Monsignore Jsoard nicht verhindern. Sein Widerspruch hat jedoch zur Folge, daß man sich in Frankreich auch außerhalb der Kirche mit der Anarchie zu beschäftigen anfängt, welche im fran zösischen Klerus namentlich deshalb einzureißen scheint, weil der Gehorsam gegen den Papst erschüttert ist, der den Bei tritt zu der Republik empfiehlt, die in den Priesterseminarien noch immer als eine verabscheuungswürdige StaatSform hin gestellt wird. In den Bereinigten Staaten wird zu den bereits nominirten Präsidentschaftscandidaten Mc. Kinley (Republikaner) und Bryan (Demokrat), von denen der erstere ein halber, der letztere ein ganzer Silbermann ist, noch ein Dritter treten, der daS Goldwährung-- princip consequent vertritt. Er wird auS der Partei der Gut gelddemokraten hervorgehen, welche soeben in Jndianopolis gegründet worden ist. Dort wurde die Einberufung einer Nationalversammlung der Gutgelddemokraten zum Zweck der Bestimmung besonderer Candidaten für die Präsidentschaft und Vicepräsidentschaft beschlossen. Der Beschluß enthielt zugleich die Bestimmung, baß die neue Partei den Namen nationale demokratische Partei annehmen und als solche sich am 2. September in Indianapolis versammeln solle. In einer Erklärung der Parteigrundsätze wird gesagt, daß die von der demokratischen Partei stets verfochtenen Grundsätze, die in der Freiheit des Individuums, der Sicher heit des EigenthumS und der Privatrechte, der Heiligkeit und der Oberhoheit des Gesetzes, der Aufrechterhaltung gesunder und stetiger Umlaufsmittel, sowie in der Wahrung der finan ziellen Ehre der Nation bestanden hätten, auf dem demo kratischen Nationaltag zu Chicago preisgegeben woroen seien. In demselben Augenblick, wo dies geschehen, habe auch die Nationalversammlung zu Chicago aufgehört, eine demokratische zu sein. Keine noch so große Mehrheit einer Versammlung dürfe die Parteigrundsätze aufgeben; da dies in Chicogo aber geschehen, so könnten die dort gefaßten Beschlüsse für den wahren De mokraten nicht als bindend betrachtet werden. Die wahren Demokraten wären aber entschlossen, ihre Grundsätze auf recht zu erhalten und dem Volke nicht die Gelegenheit zu nehmen, für Candidaten zu stimmen, die einem aus den Grundsätzen Jefferson's, Jackson'S und Cleveland's beruhenden Programm zustimmten. Schließlich werden die Gutgeld demokraten aller Staaten aufgefordert, die am 2. September stattfindende Nationalversammlung mit einer doppelt so großen Zahl von Vertretern zu beschicken, als der betreffende Staat Wahlmänner zu ernennen berechtigt sei. Natürlich erörterte man auch die Frage der geeigneten PräsidentschaftScandidaten und erwähnte dabei die Namen des Senators Palmer von Illinois, des Generals Bragg von Wisconsin und des Ex gouverneurs Buckner von Kentucky. Palmer glaubte seines hohen Alters wegen die Aufstellung nicht annehmen zu dürfen; gleiche Bedenken machte Bragg geltend. Die Agitation der Gutgelddemokraten schlägt über Erwarten ein. Der Einladung zur Theilnahme an den Vorberathungen in JndianopoliS hatten nicht weniger als 33 Staaten entsprochen, und auf dem Nationalconvent am 2. September werden zweifellos 38 Staaten vertreten sein. Zwischen den „Populisten" und Demokraten in den Staaten von Californien und Idaho ist die Coalition perfect. Bereits vor mehreren Monaten hieß eS, daß die Regierung des Eongo-LtaalcS im Einvernehmen mit der englischen Regierung einen Vorstoß nach dem oberen Nilthale, in daS Herz des Mahdistenreiches, vorbereite. Da die Congo-Regierung in der äußersten nordöstlichen Ecke ves Staates am Uelle-Flusse und namentlich in Mundu und Dongo militairische Posten unterhält, so war die Meldung durchaus nicht unwahrscheinlich. Neuerdings wurde nun aus Brüssel verbreitet, daß die Expedition der congolesischeu Truppen in vollem Gange sei, daß dieselbe bereits Dongo verlassen und im Vordringen auf das 250 Kilometer entfernte, am Nil gelegene, vertragsmäßig dem Congostaate zustebende Lado sei, ,a dieses bereits besetzt habe. Zwar erklärt die „Eloile belge" die Nachrichten über eine Expedition unter Baron DHanis gegen die Mahdislen für unrichtig, doch wird diesem Dementi nicht zu große Bedeutung beizumessen sein, da mit Rücksicht auf einen günstigen Erfolg des Feldzuges der Coiigv regierung natürlich sehr viel daran liegt, daß bis zum letzten Moment die wahren Vorgänge und ihre Ab sichten möglichst verschleiert werden. Nach dem von Anfang an festgesetzten Plane sollte, wie dem „Hamb. Corresp." auS Brüssel geschrieben wird, die durch die Truppen der verbündeten Sultane verstärkte Congoarmee durch Bahr el Ghazal hindurch marschircn und bis Khartum vor zudringen suchen. Den Oberbefehl über die Congoarmee hat der König dem Commandanten DHanis übertragen, der bisher von allen Heerführern des Congostaates die meisten Erfolge in Afrika erzielt hat. Er erwies sick als ebenso be sonnen wie schneidig bei der Besiegung der Araber, verstand es, mit den eingeborenen Sultanen auf bestem Fuße zu stehen, und eroberte ganz Manyema. Wie der „Soir" aus Afrika erfährt, ist es dem Congoslaat gelungen, sehr starke Streit kräfte zu versammeln. Zahlreiche Truppen, Kanonen, Munition und alles in den Stationen verfügbare Material wurden nach dem Obercongo befördert. Diese Transporte, wofür alle Schisse und Dampfer deS Staates verwendet wurden, hinderten alle Bewegungen auf dem Flusse zwei Monate hindurch. Die Mahdisten verhalten sick zwar seit einiger Zeit sehr still, sollen sich aber in Masse gruppirt haben, um die Congo- truppen zu erwarten. Am Congo selbst wird diese Nil expedition mit großen Befürchtungen angesehen im Hinblick auf die Sicherheit des Staates selbst und aus die möglichen politischen Verwickelungen. Deutsches Reich. U Berlin, 23. August. Der preußische CultuSminister hat an fämmtliche Regierungspräsidenten einen Erlaß ge richtet, der durch einen fälschlich als Cholera angesehenen Krankheitsfall in Danzig veranlaßt ist. Der Minister batte in Folge dieses Vorfalles das Berliner königliche Institut für Infektionskrankheiten mit der Untersuchung der An gelegenheit beauftragt, und dieses hat dabei für die Diagnose der asiatischen Cholera nach den Erfahrungen der letzten Jahre und den neuesten wissen schaftlichen Forschungen die mikroskopische Untersuchung von Trockenpräparaten, daS Plattenverfahren, die Be schickung von 3—5 Peptonröhrchen mit dem verdächtigen Material behufs Anweisung bei vielleicht und spärlich vor handencn Vibrionen, die sorgfältige Beachtung der Form der nach 24 Stunden bei 23° Celsius gewachsenen Gelatinecolonien, die Anstellung der sogenannten Cholerareaction mit den in 24 Stunden in Peptonröhrchen gewachsenen Vibrionen, sowie die Prüfung mit Hilfe der specifischen Serumreaction als unbedingt erforderlich bezeichnet. Mit Rücksicht hierauf bat der CultuSminister die Regierungspräsidenten ersucht, in jedem choleraverdächtigen Falle, sobald nach dem Er gebnisse der in dem Bezirk nach einer oder mehreren der vorstehenden Methoden ausgcfübrten Untersuchung die Annahme eines wirklichen CyolerafalleS berechtigt !»M1» " FerrNlrtsn. Sühne. 10j - Roman von s. Halden. Nachdruck verboten. Erna sah ganz erschrocken auS und Melanie lachte. „Als ob eS sich um ein Unglück handelte. Ich habe des halb Alle«, was ich an Besuchen und sonstigen dringenden Geschäften hatte, verschoben, die Kinder mußten zu Hause bleiben und ich kam, als ich den Papa sicher fort wußte, ich wollte Dich ungestört genießen und mit Dir sprechen, denn ich komme al- Freiwerberin für den jungen Grafen Meerheim." „Ach nein, Du scherzest — daS nicht", stammelte da junge Mädchen, daS ganz blaß geworden war. „Aber Kind, wie kannst Du nur so sein! Einen ehren volleren Antrag wüßte ich kaum. Der alte Graf war bei uns und bat, ich möchte Dich sondiren, sein Sohn ist ganz hingerissen von Dir, und Du giltst bereit- für eine zweite Turandot, der Jeder nur mit Zittern seine Huldigungen darbringt. Konrad Meerheim ist ein vortrefflicher zunger Mann, reich, von sesten Grundsätzen, lieben-würdig, ohne Passionen, die Familie kommt Dir mit offenen Armen ent gegen, wir, Albrecht und ich, würden glücklich sein, wenn wir Dich in so treuer Hut sähen." „Nein, ich kann nicht — Papa braucht mich — ich darf ihn nicht verlassen", sagte Erna in großer Verlegenheit. „Das ist jetzt kaum noch der Fall, der arme Papa ist ja meist so apathisch, daß sein Pfleger vollständig genügt", widersprach Melanie. „Außerdem, warum sollte er nicht auf dem Schlosse de- Grafen eine Unterkunft finden in Deiner nächsten Nähe, oder wir nehmen ihn zu unS. Du kannst ihm rock nicht Dein ganze- Leben opfern, liebste Erna. Du stehst so hübsch und so jung auS, daß ich mir ordentlich alt neben Dir erscheine, aber — verzeih — da- ändert doch nicht« an der Thatsache, daß Du jetzt dreiundzwanzig Jahre bist. E« wird also Zeit, daß wir an Deine Zukunst denken. Wa- könntest Du gegen den jungen Meerheim haben?" „O, gewiß nicht-, ich achte ihn sehr hoch, aber weiter empfinde ich nicht- für ihn", sagt« Erna erröthend, „ich möchte mich nie verheirathen." Melanie ließ rin silberhelles Lachen hören und umarmte die Schwägerin. „Nein, da- ist unerhört, zur alten Jungfer willst Du werden?" rief sie aus. „Das geben wir nimmer mehr zu. Du weißt selbst nicht, waS Du Dir für ein LooS bestimmst. Kind, eS ist keine Kleinigkeit, so einsam durchs Leben zu gehen." „Aber ich bin nicht allein, ich habe ja Euch und die Kinder." „DaS sollst Du behalten und daneben eine eigene Familie haben, in der Du beglückt und beglückend waltest. Erst als Frau und Mutter erfüllt daS Weib seinen Beruf, warum wolltest Du Dich von dem allgemeinen Loose ausschließen?" Erna senkte daS Köpfchen, und einige Helle Tropfen rollten langsam über ihr jetzt so bleiches Gesicht. Melanie beugte sich nieder und suchte ihr in die Augen zu blicken. „Solltest Du bereit- eine Neigung haben?" fragte sie theilnehmend. „Darf ich denn nicht Deine Vertraute sein? Auf einen Unwürdigen könnte ja Deine Liebe nie fallen, neid wenn nur äußere Hindernisse zwischen Dir und dem Manne Deiner Wahl ständen, so ist ja Albrecht in der glücklichen Lage, alle zu beseitigen. Ich brauche Dir nicht erst zu sagen, meine Erna, daß er Dich in dieser Beziehung wie seine Tochter betrachtet, er ist ja reich, und Du gehörst daher auch nicht zu den schlechten Partien." Dabei spielte schon wieder ein schelmische- Lächeln um die Lippen der schönen Frau; sie fuhr fort, in Erna zu dringen, aber diese beharrte in ihrem Schweigen, und ihre Mienen nahmen ein so gequälte- Aussehen an, daß Melanie froh war, al- der Diener den Doctor Blanden meldete. Zwar machte Erna eine Bewegung, als wollte sie all dem Zimmer fliehen, aber Frau von Wildburg'S Erwide rung: „Der Herr Doctor ist willkommen", wurde so schnell von seinem Eintritt gefolgt, daß dem jungen Mädchen keine Zeit blieb, ihre Absicht auszuführen. „Störe ich?" fragte der Arzt nach ehrerbietiger Begrüßung der beiden Damen. „Ich glaubte, daß der Herr Hauptmann bereits zu Hause wären." „Bewahre, lieber Doctor, Sie sind uns immer will kommen", rief Frau von Wildburg, ihm freundlich die Hand entgeaenstreckend. „Mein Schwiegervater muß ja gleich zuruckkommen, und unterdeß helfen Sie mir eine andere Patientin zu curiren." „Wäre da- gnädige Fräulein nicht wohl?" fragte der Doctor voll Besorgniß. Melanie achtete nicht auf Erna'- bittende Mienen, sondern erwiderte: Körperlich fehlt ihr nicht-, aber sie leidet an einer fixen Idee; denken Sie nur, lieber Doctor, sie will in den Stand der alten Jungfern eintreten." „Da liegt da- bedrohliche Nebel jedenfalls noch in so weiter Ferne", antwortete der Doctor, selbst nicht ohne leichte Verlegenheit, „daß es unnütz wäre, dagegen einzuschreiten, und die Zeit würde jedes Mittel vergeblich machen." „Ja, aber ich finde eS grausam, daß Erna nur daran denkt, Herzen zu brechen und keins zu beglücken; Sie sind zwar auck noch Cölibatair, aber ich denke, doch kein ver zweifelter Fall. Sie müssen meine Beredtsamkeit unterstützen, das Wort eines erprobten, langjährigen Freundes hat stets Gewicht." „Sie überschätzen meine Macht und meinen Einfluß, gnädige Frau." „O nein, ich kenne beide ganz genau, und da ich jetzt fort muß, so lasse ich die kleine Widerspenstige in Ihren Händen zurück. Versuchen Sie, sie zur besseren Einsicht zu bekehren. Und noch ein-, lieber Doctor, diesen Sommer müssen wir Papa draußen in Wildburg haben! Sie wissen, er zeigte stets ein so sonderbare- Widerstreben, aber Ihren Worten ist er immer zugänglich, und ich bin überzeugt, der Aufenthalt würde ihm gut thun, und auf diese Weise ent reißen wir doch auch Erna ihrer klösterlichen Abgeschiedenheit, in der sie auf so schlimme Ideen verfällt." „Ich werde mein Möglichste- thun, gnädige Frau", ver sicherte der Doctor, „und unser Patient ist jetzt so gleichgiltig gegen Alle- geworden, daß er sich kaum Ihrem Wunsche widersetzen wird. Ich werde Alles aufbieten, ihn auch in seinen besseren Stunden zur Einwilligung zu bewegen." „O, dann ist Alle- gut, ich danke Ihnen, lieber Doctor. Natürlich werden wir Sie dann auch in Wildburg al- unseren lieben Gast begrüßen, denn der Papa würde ja zu unglücklich sein, wenn er Sie längere Zeit nicht sähe. Aber nun muß ich fort. Adieu, liebe Erna, denke über meine Worte nach, wir sprechen noch weiter darüber; leben Sie wohl, lieber Doctor, und führen Sie Alle- auS, womit ich Sie beauftragt habe." Damit verabschiedete sich Frau von Wildburg; der Arzt folgte ihr und wollte sie an den Wagen geleiten, sie gab eS zedock nicht zu, sondern bat ihn, zu Erna zurückzukehren und die Minuten deS Alleinsein- mit ihr zu einer kleinen Predigt zu benutzen. „Es bietet sich ihr ein solche« Glück", flüsterte sie ibm vertraulich zu, „daß wir Alle- thun müssen, ihr kleine- eigen sinnige- Köpfchen zurechtzusetzen. Sie sind ja unser treuer Familienbeistand, da bietet sich Ihnen ein neues Feld für Ihre dankenSwerthe Thätigkeit." Langsamen Schritte« kehrte Doctor Blanden in das behag liche Zimmer zurück, in dessen Erker Erna noch immer saß, den Kops gesenkt und die Hände im Schooß gefaltet, während Bläffe und Röthe auf ihrem Antlitz wechselten. Eine pein liche Stille trat ein, endlich brach der Arzt da- Schweigen. „Ich würde mir nicht gestatten, ein Gebiet zu berühren, in das einzudringen ich kein Recht habe", begann er, „aber der Gedanke, daß Ihre ideale Auffassung Ihrer töchterlichen Pflichten Sie, mein gnädige- Fräulein, vielleicht davon zurück hält, andere und schönere auf sich zu nehmen, bewegt mich zu einem offenen Wort. Niemand weiß besser als ick, was Sie Ihrem Vater gewesen sind, Niemand kann Ihr selbst loses Wirken höher schätzen, aber doch muß ich Ihnen sagen, daß Sie um seinetwegen nicht Ihr eigenes Leben ausopfcrn dürfen. Seine geistige Umnachtung macht unaufhaltsame Fortschritte, und selbst wenn seine Körperkräsle sich wieder beben sollten, so wird er immer seltner und immer weniger sich bewußt sein, wer ihm die nothigen Dienste leistet, und ein zuverlässiger Pfleger wird vollständig genügen. Die Auf sicht zu führen und sich zu überzeugen, daß eö dem armen Kranken an nicht- fehle, würde Ihnen ja unbenommen bleiben." Der Doctor schwieg und Erna blieb gleichfalls stumm; nur ihre schnellen Athemzüge verriethen ihre Erregung. Endlich rief sie mit einer an ihr ganz ungewöhnlichen Bitterkeit: „Ick habe Sie für meinen Freund gehalten, und doch rathen Sie mir zu der Verbindung mit einem un geliebten Manne!" „DaS würde ich nie thun, ich denke nicht an eine bestimmte Persönlichkeit, aber ich nehme den Fall an, daß, wenn Sie jetzt unempfindlich bleiben, Ihr Herz ein anderes Mal sprechen wird." „Nie, nie", rief da« junge Mädchen weinend aus. „Sie denken jetzt so, Fräulein Erna, weil Sie die All macht der Liebe noch nicht kennen gelernt; warum sollten gerade Sie, di« Sie so reich veranlagt sind, dies bezlückendste aller Gefüble nicht empfinden? Auch Ihre Stunde wird schlagen, und Sie werden gern und willig Ihre Hand in die eine- geliebten Gatten legen." „Ich gehöre zu meinem Vater, so lange er lebt, das habe ich mir feierlich gelobt", sagte Erna. „Nein, Sie dürfen Ihr junge-, blühende- Leben nicht für
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