Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960826021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896082602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896082602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-26
- Monat1896-08
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
6220 man«, ia dem Dotschafttthrdgramm bezüglich mancher Punkte Ecnsckränkungen erfahren baden, in den Hauptvuncten baden sie bekanutlick Zustimmung gefunden. Wie wir beute er fahren, entdält das Botsckasterprogramm auch eine gewisse Beschränkung in der Ertheilung von Aufenthallsscheinen für die aus Tripolitanien als Arbeiter nach Kreta kommenden sogenannten Bengazis, die sich ihrer Unbot- mäßigkeit kalber weder bei den Muselmanen, noch bei den Christen sonderlicher Beliebtheit erfreuen. Inwieweit die Forderungen ^der Christen, betreffend die Functionen der National - Versammlung und der Localregicrung, sowie die Entschädigung der durch den Ausstand geschädigten Bewohner der Insel, in den Anträgen der Botschafter berücksichtigt worden sind, ist nicht bekannt. Auch beute steht noch nicht fest, daß die Pforte und die kretensischen Muselmanen einer seits und die Aufständischen andererseits das Bolsckaster- vrogramin angenommen baden. Gutes lassen die svlgenden Nachrichten eben nicht erwarten: * Athen, 25. August. (Meldung der „Ageuce HavaS".) Die Lage auf Kreta jckeinl sich wieder zu trüben. Im Districte von Heraklion herrscht vollständige Anarchie. Hier rin« gctroffcne Flüchtlinge berichten von blutigen Zusammenstößen zwischen Christen und Mohammedanern. * Athen, 25. August. (Meldung der „Agence Halms".) Die Christen im District Hcrakliou steckten mehrere moham medanische Dörfer in Bransd, nachdem ein Kainvf mit den eingeborenen Türken slattgesunden hatte. Tausend bewaffnete Mo hammedaner verließen Heraklion in der Absicht» die Provinz Maleviji zu verwüsten, um dadurch Vergeltung zu üben. Ter Gouverneur von Heraklion vermag nicht, dir Ruhe aufrecht zu erhalten. * Athen, 26. August. (Telegramm.) (Meldung der „Agence Havas In Kastell (Provinz Selin») haben die Aufständischen eine Compagnie Türken eingeschlossen. Ein Regiment ist zum Entsätze der Eiugeschlossenen abgejandt worden. Tie Vorfälle im Districte von Heraklion sind nach Konstantinopel gemeldet worden, und die Pforte hat dem Gouverneur den Befehl zugehen lassen, geniigc.de Streitkräfte nach dem Districte Heraklion zu entsenden, um die Ordnung wieder herzustellen. Die bisher sieg reichen Aufständischen schicken sich indessen an, die türkischen Truppen zurückzuschlageu, da sie bejürchten, dieselben könnten sich mit den eingeborenen Mohammedanern vereinigen, um die Niederlage der Türken zu rächen. Die bnlgarische Ministerkrise zieht sich auffallend in die Länge. Zuerst hieß cs, das Entlassungsgesuch des Kriegs- niinistcrS Petrow sei nicht angenommen worden, dann wurde ossiciös verkündet, es sei eine Aussöhnung der Familie Petrow mit der Fürstin in Aussicht, eine Meldung, der die andere aus dem Fuße folgte, Petrow verbleibe im Amte. Heute scheint dies wiederum fraglich zu sein, wenigstens be richtet man uns aus Sosia, 25. August: Tie „Agence Balcauique" meldet: Ter mit der Leitung Les Kriegs Ministeriums betraute Ches des Gcneralstabes Oberst Iwanow reiste gestern, einer Berufung Les Fürsten folgend, nach Kloster Nilo ab. Mir Rücksicht daraus, daß bei dem Ausbruch einer partiellen Ministcrkrise Iwanow als der wahrscheinlichste Candidat für den durch den Rücktritt des Kriegsministers Petrow sreiwerdrndcn Posten eines KriegSministers galt, hat seine Berufung zum Fürste» einen gewissen Eindruck im Kriegs ministerium hcrvorgcrusen. Es ivird jedoch angenommen, daß die Berufung Iwanows nur mit dcn definitiven Dispositionen für die bereits Anfang September beginnenden Manöver und vielleicht auch mit der Situation an der Grenze in Zusammenhang stehe, über welche Iwanow dem Fürsten eingehend Bericht erstatten soll. Wie dem auch sei, jedenfalls ist die Krisis nock nicht gelost. Sie kann, wenn sie nicht im Sinn der bulgarischen Armee erledigt wird, d. h. wenn Petrow nicht vom Fürsten gehalten, oder nicht durch einen ihm gleichgesinnten national bulgarischen, die Reinhaltung des Osficiercorps von russischen Elementen vertretenden Militair ersetzt wird, für den Fürsten selbst höchst bedenklich werden. Die Stimmung in der Armee ist erbittert gegen Ferdinand, und er hat wegen seiner Unent schiedenheit aus die Sympathie keiner Partei, selbst nicht die der russophilen Zaukowisten zu rechnen; daß er selbst Unheil befürchtet, zeigt sein Aufenthalt fern von Sofia, im Kloster Rilo, und die Abreise deS russischen diplomatischen Agenten Tscharykow, welcher Bulgarien auf zwei Monate verlassen hat, scheint auch darauf hinzudeuten, daß man in Petersburg mit der Möglichkeit unerwarteter Ereignisse rechnet, deren Eintritt im Interesse des Fürsten zu hindern man an der Newa keinerlei Anlaß hat. Es wäre ein Glück für diesen, wenn sich die als glaubwürdig bezeichneten uns heute vor liegenden Informationen der ossiciösen „Agence Balcanique" brilätizten, wonach die Frage des Rücktritts des Kriegs ministers sich „andauernd" auf dem Wege günstiger Lösung befinden soll. Deutsches Reich. /X Berlin, 25. August. Der Ausweis über die Reichs einnahmen für die ersten vier Monate des Finanzjahres 1896/97 zeigt im Allgemeinen Zahlen, welche die Entwicke lung der ReichSsinanzen als günstig erscheinen lassen. Bor Allem hält die Steigerung der Zolleinnahmen an. Für die ersten vier Monate beträgt der Ueberscbuß gegenüber dem Borjahre bereits 11,7 Millionen Mark. Unter der Voraus setzung einer entsprechenden Weilerentwickelung würde der Voranschlag von 356 Millionen Mark um einen Betrag überschritten werden, der dcn Ueberscbuß des porigen JabreS über den Voranschlag noch hinter sich läßt Weniger erfreulich ist die Entwickelung der Tabaksteuer, die zwar auch gegenüber dem Vorjahr einen kleinen Ueberschuß ausweist, aber schwer lich den Etatsvoranschlag erreichen dürfte. Die Zuckersteuer dagegen läßt die Einwirkung des neuen Zuckersteuergesetzes bereits in einem steigenden Ergebniß erkennen. Es bleibt indessen abzuwarten, welche vermindernde Einwirkung die am 1. August in Kraft tretenden höheren Prämiensätze auSüben werden. Die Entwicklung der Salzstcuer hält nicht gleichen Schritt mit den Voraussetzungen, welche bei ihrer Ver anschlagung gehegt wurden; sie dürste hinter dem Ansatz zurückbleiben. Ein Minus im Vergleich zum Vorjahre weist die Maischbottichsteuer auf. Die Verbrauchsabgabe für Branntwein dagegen bat eine, wenn auch nicht gerade be deutende Steigerung erfahren. Das Gleiche gilt von der Brausteuer. Bei der Börsensteuer scheint infolge des Rückganges der Steuerergcbnisse bei dcn Kauf- und An schaffungsgeschäften ein Ausfall zu entstehen, der durch die Mchrcinnahmc aus der Steuer auf Werthpapiere nicht ge deckt wird. Die Einnahmen aus den sonstigen Stempel steuern haben durchweg ein Plus ergeben, das allerdings bei den verhältnißmäßig geringen Beträgen, die hier überhaupt in Frage kommen, nicht gerade schwer ins Gewicht fällt. Die Ergebnisse der Post- und Telegraphen- Verwaltung lassen erkennen, daß die günstige Entwickelung, die hier seit Langem zu beobachten war, anbält. Auch die Neichscisenbahnen weisen ein kleines Mehr auf. Sieht man von dem Hauptposten, den Zolleinuahmen ab, deren Er- trägniß ein schwankender Factor ist und bleibt, so ist die Summe der Ueberschüsse im NeichsbauSbalt nicht besonders groß. Immerhin ist das Bild, welches sich zur Zeit dar bietet, nicht ungünstig. Zur Vertheidigung des im Reiche herrschenden Finanzsystems läßt es sich allerdings nicht verwcrthen. A Berlin, 25. August. Kein Gesetz ist seit der Wieder errichtung des deutschen Reichs so häufigen Abänderungen unterworfen worden, wie die Gewerbeordnung. Es ist das auch natürlich, da die gewerblichen Verhältnisse gerade in der Neuzeit einer fortwährenden Umgestaltung ausgesetzt gewesen sind, und die Gesetzgebung die Aufgabe hat, sich dieser Entwickelung anzupassen. Vom 7. April 1868 datirt der Entwurf zu einer Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund, wie er denc Parlamente vorgelegt, damals aber nicht erledigt wurde. Zn der folgenden Tagung wurde die Vorlage wiederholt und auch zu Stande gebracht, so daß, nachdem anfangs der siebziger Jahre das Geltungsgebiet auf Hessen, Württemberg, Baden und Bayern, später auch auf Elsaß-Lothringen ausgedehnt war, diese Gewerbeordnung die Basis für das deutsche Reich darstellt, auf Grund deren dann weiter gebaut wurde. Schon vom 2. März 1874 datirt die Novelle, welche eine Er weiterung der genehmigungspflichtigen gewerblichen An lagen vornabm, vom 8. April 1876 diejenige, welche die Verhältnisse der gewerblichen Hilsscassen neu regelte. Die Novelle vom II. Januar 1878 behandelte den Gewerbe betrieb der Maschinisten auf Seedampfschiffen. Eine völlige Umgestaltung erfuhr der Titel VII über die gewerblichen Arbeiter in der Novelle vom 17. Juli 1878. Die daraus folgenden Novellen behandelten Puncte von nicht wesentlicher Natur, so die vom 23. Juli 1879 eine Verschärfung der Be stimmungen bezüglich gewisser concessionirter Betriebe und die vom 15. Juni 1880 die Schauspielunter nehmungen. In den achtziger Jahren wurde dann dem JnnungSwesen eine fortwährende Aufmerksamkeit zu gewendet. Vom 18. Juli 1881 datirt das Gesetz, welches das JnnungSwesen auf eine neue Grundlage stellte, vom 8. December 1884, 23. April 1886 und 6. Juli 1887 drei weitere das JnnungSwesen behandelnde Novellen. Eine um fassende Novelle, welche auch den Gewerbebetrieb im Umher ziehen betraf, wurde am 1. Juli 1883 erlassen. Damals wurde auch eine vollständige Neuredaction des Textes der Gewerbeordnung veröffentlicht. In den neunziger Jahren hat die Umwandelung der Gewerbeordnungsbcstimmungen nickt geruht. Das sogenannte Arbeiterschutzgesctz, das sich hauptsächlich auf den Titel VII bezog, datirt vom 1. Juni 1891. In der vorigen Reichstagstagung ist die Novelle, deren Hauptpunkte das Detailreisen und das Hausirgewerbe betrafen, zu Stande gekommen und am 6. August d. I. er lassen. Nunmehr wird beabsichtigt, den Titel VI über daS Handwerkswcsen einer gänzlichen Neubearbeitung zu unter ziehen. Kommt diese Absicht zur Ausführung, so würde damit in der Zeit seit der Wiedererrichtung des Reiches die vierzehnte Novelle zur Gewerbeordnung erlassen werden. — Zum 70. Geburtstage des Großherzogs von Baden wird der Kaiser nicht in Karlsruhe erscheinen, dagegen wird er, dem „Bad. Tgbl." zufolge, wenn möglich, einem Manövertage des badischen Armeecorps beiwohnen und diese Gelegenheit benutzen, seine Glückwünsche dem Groß herzog persönlich auszusprechen. Ebenso wenig wie die Gegenwart des Kaisers ist die Anwesenheit anderer BundeS- fürsten oder von Prinzen aus souverainen Häusern bei den Karlsruher Festen zu erwarten. — Die Begründung eine« „Sonderausschusses sür Ackerbau- und Pflanzungsbetrieb in den deutschen Colonien" ist, wie man der „T. R." mittbeilt, in der Deutschen Landwirthschafts - Gesellschaft angeregt worden. Dieser Ausschuß soll im Wesentlichen dafür sorgen, daß jähr lich auf den großen Ausstellungen der Deutschen Lanvwirth- schafts-Gesellschaft eine Sammlung von Erzeugnissen aus unseren Colonien vorgeführt wird. Man glaubt, daß die Unterlagen dafür in unseren Kaffee-, Tabak-, Baumwollen-, Zuckerrohr-, Cacao- und Vanillepslanzungen schon so weit vorhanden sind, daß die Verwirklichung des Gedankens lohnend erscheint, wenn die Anfänge zunächst auch vielleicht nur be scheiden sein würden. Erwähnt sei, daß auch in den großen französischen LandwirtbschaftsauSstellungen den Colonien ein breiter Rahmen eingeräumt ist. — Eine Jnteressentengruppe führt gegenwärtig in der Presse einen lebhaften Kampf gegen den bekanntlick auf Urlaub befindlichen Colonialdirector Or. Kayser. Man braucht, be merken die „Berl. N. N." mit Recht, für die von der Colonial verwaltung gemachten Fehler nicht blind zu sein und doch sür diese Kampfesmethode der unlauteren Mittel wenig Sym pathie zu haben. So schreibt z. B. die „Rhein -Wests. Ztg.": „Essen, 24. August. Es ist die Frage aufgeworfen, woher die gewisse Gemeinsamkeit zwischen Herrn Bebel und dem Chef des Colonialamtes kommt. Anderen Vrrmuthungen gegenüber, welche auf politische Erwägungen hinauslausen, glauben wir aus der Thatsache, daß der Bruder deS Chefs des Colonialamtes M a x Kayser wüthender Socialdemokrat und acht Jahre hindurch socialdemokratischer Abgeordneter war, hinlängliche Begründung obiger Thalfache ziehen zu müssen." Soviel bekannt, hatte der Director der Colonial-Abthei- lung vr. Kayser nur einen Bruder, der im vergangenen Jahre als Amtsrichter gestorben ist. — In der „Volksztg." und neuerdings in der „Weserztg." sind bekanntlich von einem ehemaligen Beamten der deutschen ostafrikanischen Plantagengesellschast Namens B. herrührende Auslassungen erschienen, die sich in der Hauptsache gegen Friedrich Schröder richteten, aber auch gegen den Vorstand der Plantagengesellschaft, in Sonderheit deren ersten Director, Or. Schröder-Poggelow, den Bruder Schröder's. Von der Plantagengesellschast ist nun, so heißt es, gegen B. und die von ihm bedienten Zeitungen der Strafantrag gestellt worden. — Die Mitthcilung übv die auf Beschluß des Amtsgerichts Berlin I, Abtheilung 126, erfolgte Beschlagnahme des LiedeS „llesz-cre kolsica nie rgiueula" — „Noch ist Polen nicht verloren" — bedarf einer Ergänzung dahin, daß eS sich nicht um das bekannte polnische Nationallied, das unter Anderem bei Sobieskifeiern rc. viel gesungen wird, sondern um eine socialdemokratische Umdichtung dieses LiedeS handelt. Die Beschlagnahme ist erfolgt auf Grund deS tz 130 des Strafgesetzbuchs, der die öffentliche Anreizung verschie dener Classen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegen einander mit Strafe bedroht. Das Lied ist schon vor Jahren in der hier erscheinenden „Gaz. robotn." abgedruckt worden; die Anregung der CousiScation ist wiederholt von Schlesien aus erfolgt, wo es als Flugblatt viel verbreitet wurde. Speciellen Anlaß für das Gericht, sich mit der Angelegenheit zu befassen, gab, laut dem „B. T", die vorläufige Beschlag nahme einiger Hektograpbirten Abzüge des Liedes, die sich im Besitz eines socialdemokratischen Redacteurs hier vorfanden. — Den „Berliner Polit. Nachr." zufolge wird in den zu ständigen Kreisen in Erwägung gezogen, wieweit eS sich empfehle, im Ministerium für Handel und Gewerbe eine besondere Gewerbe-Abtheilun^ zu errichten, der dann auch die Ueberwachung des JnnungSwesens anvertraut würde. * Thorn, 25. August. Prinz Albrecht traf heute früh 8'/i Uhr auf dem hiesigen Stadtbahnhofe ein und begab sich alsbald zur Besichtigung der 35. Cavallerie-Brigade und des 2. Pionier-BataillonS nach dem Lissomitzer Felde. In der Vorstadt Mocker bildeten die Schulen und Vereine Spalier. Um 12>/r Uhr kehrte er nach der Stadt zurück und besichtigte nack kurzer Rast daS Fort „Heinrich von Plauen". Um 2 Uhr fand im Hotel „Zum schwarzen Adler" ein Diner statt, und um 4 Uhr erfolgte die Abfahrt nach Ostrometzko. * Oldenburg, 25. August. Dem preußischen Landwirthschasts- minister Frhrn. von Hammerstein ist laut dem „Hamb. Corr." das Großkreuz des Haus- und Verdienstordens verliehen worden. * Bremen, 25. August. Wie „Boesmann's telegraphisches Bureau" meldet, ist infolge der Aufhebung des v. d. Heydt'- schen Rescriptes vom 3. November 1859 für die brasilianischen Provinzen Rio Grande do Sul, Santa Catharina und Parana dem Norddeutschen Lloyd für seine Agenten in Preußen die Concession ertheilt worden, Passagiere nach den drei obengenannten Staaten Südbrasiliens anzunehmen. Oesterreich -Ungarn. * Wien, 25. August. Der Kaiser empfing beute Mittag den ungarischen Ministerpräsidenten Frhrn. v. Banfjy und den ungarischen Finanzminister vr. Luca cs in gemeinsamer Audienz. — Fürst Lobanow, der russische Minister des Auswärtigen, wird die Tage zwischen der Abreise des Zaren von Men nvd der Ankunft kn BkeSlan ick ÄU zubringen. * Prag, 25. August. Die „Narodni Listy" melden, die Wahlreform habe bereits die kaiserliche Sanktion erhalten und werde im geeigneten Moment publicirt werden. Es dürfte kaum möglich sein, den Ausgleich vor den gegenwärtigen ReichSrath zu bringen, weshalb der Zusammentritt erst im Oktober erfolgen werde. Zm Februar soll der ReichSrath aufgelöst werden und der neue ReichSrath soll im April zusammentreten. Frankreich. * Paris, 25. August. Vierzehn Mailänder Cadetteu- schüler, die auf einem Ausflug nach der Riviera am Sonntag in ihren Uniformen aus zwei Omnibussen Men tone passirten, wurden von der. Bevölkerung verhöhnt und thätlich bedroht. Nur rasches Davonfabren verhinderte eine Schlägerei. * Aus Paris, 25. August, wird der „Frkf. Ztg." gemeldet: Eine räthselhaste Darstellung giebt der „Matin" über die Jnhaftirung eines Elsässers, deS angeblichen Fran zosen Laurent, wegen verweigerter Dienstpflicht in der deutschen Armee und über dessen bevorstehende Befreiung im Loskaufwege. Laurent hätte demnach vom Kolmarer Gefängniß aus einen vom Gefängnißdirector durchgesehenen Brief nack Paris gerichtet, worin er für sich und seinen in gleicher Lage befindlichen Bruder 2500 Fr. verlangt, damit Beide die Freiheit zurückerlangten. DaS Geld sei den mittel losen Angehörigen der Jnhaftirten zur Verfügung gestellt worden und gestern abgegangen. (Offenbar handelt es sick um eine dreiste Flunkerei, da ein LoSkauf vom Militair in Deutschland nicht besteht. Die Red.) Zum Zareubesnch * In dem seiner Zeit veröffentlichten osficiellen Programm der Reise deS russischen Kaiserpaares wurde mit- getheilt, daß der Kaiser in Begleitung der Kaiserin nach Paris gehen würde. Jetzt verlautet plötzlich, die Kaiserin werde ihren Gemahl wahrscheinlich dorthin nickt begleiten. Schon vorgestern war in einem kurzen Communiqus des ossiciösen „TempS" weiter über den Besuch deS Kaisers in Paris nur von diesem und nicht mehr von der Kaiserin die Rede und wie aus Paris gemeldet wird, findet man dieselbe LeSart in den meisten gestrigen Morgenblättern. Deutlicher noch ist die „Autorits" des Bonapartisten Cassagnac. Sie verzeichnet in bestimmter Form die Meldung, die russische Kaiserin werde nicht nach Paris kommen, und knüpft daran die mysteriöse Bemerkung: „Wenn daS Gerückt sich bestätigen sollte, so würden wir vor einem Ereignisse von ungeheuerer Schwere stehen, dessen Folgen unberechenbar wären." Ganz unwahr scheinlich ist dieses Gerücht nicht, wenn man sich die vielen Taktlosigkeiten vergegenwärtigt, deren sich die französische Presse feit der Ankündigung des Besuchs des russischen Kaiserpaares namentlich gegenüber der Kaiserin schuldig gemacht hat. Spanien. * Madrid, 25. August. Angesichts der Erklärung deS Ministerpräsidenten Canovas, in welcher derselbe sich sür die Vertagung der Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Unterstützung der Eisenbahnen, ausspricht, hat die Opposition sich entschlossen, bei der Berathung der anderen vorliegenden Regierungsentwürfe keine Obstruktions politik mehr zu betreiben. Sonach werden die Kammern sich am nächsten Sonnabend bis Ende November vertagen können. — Wie die Blätter berichten, hat die Regierung den Ankauf eines weueren Panzerschiffes in England angeordnet. Großbritannien. * London, 25. August. Der unlängst aus dem Gefängnisse entlassene Dynamitard Whitehead, welcher seit seiner Freilassung Geistesschwäche bekundete, ist seit gestern spurlos auS seiner Heimath verschwunden. Die Polizei verfolgte ihn, entdeckte ihn heute 6 Meilen von Skibereen und brachte ihn hierher zurück. (Nach neueren Meldungen heißt der Anf- gegriffeue nicht Whitehead. D. Red.) Allgemeiner Maschincnarbeiterstreik in Sicht. * London, 25. August. In einer zu Glasgow ab gehaltenen Versammlung der Maschinenarbeiter vom Clyde wurde heute beschlossen, daß, wofern nicht die im Ausstand befindlichen Arbeiter der Firma DunSmuir <L Jackson in Govan sofort die Arbeit wieder aufnehmen, ein allgemeiner Aus st and der Maschinenarbeiter vom Clyde, in Belfast und den in Nord-England befindlichen Werkstätten erfolgen solle. In Versammlungen von Arbeitern, welche in Belfast und in den Werkstätten Nord- EnglandS beschäftigt sind, kam es zu ähnlichen Beschlüssen. Rußland. * ÄchabarowSk, 25. August. Kbunkhusische Banden griffen die kosakische Bevölkerung im Assuri-Gebiet an: eS wurden ernste Maßregeln zur Abwehr getroffen. Am 9. d. M. hatten russische Truppen ein heftiges Scharmützel zu bestehen, wobei sieben Chinesen und ein Russe fielen. Die aber vergebens — und endlich rief sie voll Angst seinen Namen. Es dauerte lange, bis ihr Antwort wurde, und wie qualvoll, wie gepreßt klang seine Stimme: „Laß mich, Melanie, um Gotteswillen, ich kann Dich jetzt nicht sehen." Wie gebrochen schlick sie zurück, jetzt fühlte sie, daß sie unter der körperlichen Ermattung fast zusammenbrach. Sie schleppte sich weiter, wie lang erschienen ihr die Corridore, endlich war sie wieder in ihrem Schlafgemacke und so legte sie sich angekleidet auf das Bett, noch ängstlich auf die er sehnten Fußtritte lauschend. Zuletzt übermannte sie der Schlaf, kein friedlicher, erquickender, sondern ein bleischwerer Schlummer, der ihr das Gefühl einer niederdrückenden Angst nicht abnabm. Dann empfand sie eine leise Berührung, sorgsame Hände betteten sie, die sich fröstelnd zusammen gekauert hatte, in die Kissen und zogen die seidenen Decken fest um sie, sanft und liebevoll strich ihr Gatte ihr das ver wirrte Haar zurück, und obwohl sie sich nicht aus ihrer Lethargie aufraffen konnte, wußte sie doch, daß er ihr nahe war, und so fand sie endlich Ruhe. Als Melanie erwachte, bahnte sich ein Sonnenstrahl ver stohlen durch die dunkeln Vorhänge, die nicht zusammen gezogen waren; daS Lager ihres Gatten war leer, doch das durfte sie nicht wundern bei so vorgerückter Stunde, und Alles, waS sie gelitten, erschien ihr wie ein schwerer Traum. Sie klingelte und ließ sich schnell ankleiden und die besorgte Frage ihrer Zofe, ob sie sich auch wobl befinde, sowie der Blick in den Spiegel und die dunkeln Ringe um die Augen bewiesen ihr, daß die ausgestandene Angst nicht spurlos an ihr vorübergegangen war. Bald darauf trat Albrecht ein; auch er fab blaß aus, zeigte aber feine gewöhnliche ruhige Sicherheit; die Vorgänge des gestrigen Tages und der Nacht erwähnte er mit keiner Silbe, so zärtlich und sorgsam er sich auch gegen seine Frau zeigte, und sie schwieg gleickfallS darüber. Bisher hatten die Gatten Alles getheilt, jetzt gab es eine Scheidewand zwischen ihnen, hinter der jeder von ihnen gerade DaS verbarg, waS ihn am meisten beschäftigte. Elftes Capitel. Die Schloßfrau von Wildburg überwachte und leitet« die Borbereitungen zu einem großen Feste, zu dem der ganze Adel der Umgegend, die Officiere der Neustädter Garnison und die Familien der böheren Beamten Einladungen erkalten hatten. Die Gesellschaft fand dieses Mal aus 2kkbreckt's be- sond«r«n Wunsch statt, und Melanie, die sonst nichts Lieberes kannte, als diese Ausübung der Gastfreundschaft im größten Stil, erfüllte beute mit Widerwillen und schwerem Herzen ihre Aufgabe, obwohl sie sich nichts von diesen Gefühlen merken ließ, sondern sich ruhig, fast beiter wie immer zeigte. Die letzten beiden Wochen batten eine große Veränderung in und an ihr herbeigeführt; Ruhe und Frieden waren aus ihrer Seele gewichen, Angst und Zweifel quälten sie, raubten ihren Nächten den Schlaf und machten ihr die Tage zur Pein. Sie hatte an Fülle verloren, die matt gewordenen Augen, die oft Spuren heimlich vergossener Tbränen trübten, um gaben dunkle Schatten, und statt ihrer schönen Farben über zog jetzt eine tiefe Blässe ihre Züge, nur auf den Wangen lag eine matte, scharf begrenzte Röthe. Die Speisen auf ihrem Teller bliebe» fast unberührt, und bei jedem leichten Geräusch fuhr sie schreckhaft in die Höhe. Ihr Blick vermied den ihres Gatten, aber verstohlen ruhte er auf ihm und suchte in seinen Mienen zu lesen. Albrecht hatte äußerlich seine volle Ruhe wieder erlangt, ja, er zeigte oft eine ge räuschvolle Fröhlichkeit, die ihm sonst fremd gewesen; aber Melanie hätte von durchwachten Nächten erzählen können, gleich der ersten, in der die Wandlung eingetreten, und doch bewahrte sie das Geheimniß seiner ruhelosen Wanderungen und ihres angstvollen Harrens bis zum Morgen in unver brüchlichem Schweigen. Ungefähr eine Woche nach seinem ersten Auftreten in Schloß Wildburg war der Fremde wieder erschienen, dock so verändert, daß die Diener ihn kaum wieder erkannten. In untadeligem Visitenanzuge sprang er aus dem eleganten, mit einem schönen Apfelschimmel edelster Rasse bespannten Wagen, den er selbst lenkte, warf die Zügel dem hinter ihm sitzenden Diener zu und übergab dem Bedienten die Karte, auf der unter der siebenzackigen Krone der Name Alois von Stadler sich befand. „Für die Frau Baronin?" fragte der Bediente, fast ver blüfft über diese Verwandlung. „Zunächst an den Freiherrn", lautete die kurze Antwort. Der Sckloßherr saß vor seinem Schreibtisch, den Kopf in die Hand gestützt. Stöße von Briefen und Acten lagen vor ihm, die sein Secretair zum Theil bearbeitet hatte, die aber nock seiner Durcksickl und Unterschrift bedurften; er, der sonst nie etwas auf den andern Tag verschob, batte jetzt die dringendsten Geschäfte unerledigt gelassen, und alle ehr erbietigen Mahnungen des auss Höchste verwunderten Secre- tairS blieben ohne Erfolg. „Ich kann keinen Besuch empfangen, sagen Sie, daß ich geschäftlich verhindert bin", rief er dem Bedienten zu, der die Karte von dem silbernen Teller nahm und auf dem Schreibtisch niederlegte, um sich mit einer respectvollen Ver beugung zurückzuzieben. „Das kann unmöglich Ihr Ernst sein, lieber Freund, mir gegenüber dürfen Sie sich nickt verleugnen lassen, dazu sind wir zu gute Bekannte", ertönte eine Stimme hinter dem Rücken des Dieners. Unerhört! Der Fremde war ihm gefolgt, ohne Umstände eingetreten und ging mit auSgestreckter Hand auf den Majoratsherrn zu. So etwas war dem alten, im Dienste ergrauten Manne noch nicht vorgekommen! Er schauderte ordentlich zusammen bei dieser Frechheit und in Gedanken an DaS, was jetzt geschehen würde. Aber nein! Der Freiherr entfärbte sich zwar, wahr scheinlich auS Zorn, und seine Hand, die nach der Karte ge griffen, zitterte sichtlich, aber er faßte sick auch ebenso schnell und trat dem Eindringling mit verbindlichem Gruße ent gegen. Die Hand gab er ihm freilich nicht, sondern wollte es bei einer Verbeugung bewenden lassen, doch damit war der Fremde nicht einverstanden. „Nicht so förmlich, lieber Wildburg, unter alten Freunden muß Herzlichkeit walten", rief er aus und haschte nach der Hand des Schloßherrn, um sie kräftig zu schütteln. „Sie sind wohl erstaunt, mich so bald wiederzusehen? Ja, ich weiß wohl, daß ich Ihnen eine unverhoffte Freude bereite. Ich habe mich nämlich entschlossen, mein Wanderleben durch die weite Welt zu beenden und mich in Neustadt häuslich niederzulassen, und da bei mir Vorsatz und Ausführung nie weit auseinander liegen, so habe ich eine passende Wohnung gesucht, lasse sie hübsch einrichten und werde dort mein Jung gesellenheim aufschlazen; an Familienanschluß wird eS mir ja nicht fehlen, da ick Sie hier habe, und durch Ihre Ver mittelung werde ich auch leicht die Einführung in die Gesell schaft erlangen." . Der alte Braun stand noch immer kerzengerade an der Thür, den Befehl seines Herrn erwartend, der die Redefluth des Fremden über sich ergeben ließ und ibn nur mit weit geöffneten Augen anstarrte, als stünde ein Gespenst vor ihm. Nun sah sick dieser um und gewabrte den Diener. „Sie schicken wohl erst den Mann weg", fuhr er fort, „er kann meinem Groom den Befehl zum Ausspannen bringen, denn ich beabsichtige einen längeren Besuch, wie er unter Freunden üblich ist." Der Freiherr machte dem Diener rin Zeichen und sagte mit matter Stimme: „Thun Sie nach dem Begehren des Herrn — „von Stadler!" ergänzte dieser und seine Stimme hatte etwas Drohendes: „Sie scheinen sich schwer auf alte Er innerungen zu besinnen, wir müssen sie auffrischen." Mehr vernahm der Diener nicht, und nun blieben die beiden Herren allein. Der Freiherr schellte nach einiger Zeit, aber der berbeieilende Bediente fand die Thür verschlossen; sein Herr öffnete erst auf sein Pochen, ohne ihn einzulassen, und bestellte eine Flasche Rüdesheimer. Als diese gebracht wurde, saß Herr von Stadler bequem zurückgelegt, die feine Cigarre in der Hand, der Freiherr schritt auf und nieder. Melanie gab sick kaum Mühe, ihr Erstaunen zu ver bergen, als ihr Gemahl ihr später Herrn von Stadler zu führte und als seinen Freund vorstellte. Er machte auf sie einen sehr unangenehmen Eindruck: die lange, hagere Gestalt, die Adlernase, die dem Gesicht etwas Raubvogelartiges gab, die buschigen Brauen, unter denen die kleinen Augen stechend und funkelnd bervorschauten, in beständiger Unruhe, als suchten sie etwas und doch den Blick des Anderen vermeidend, der Mund mit den fest zusammengekniffenen Lippen, um den ein falsches Lächeln spielte, die gelben, spitzigen Zähne, die trotz des VollbartS sichtbar wurden, Alles stieß sie ab, und die ausgesuchte Eleganz, mit der der Besucher gekleidet war, erinnerte wohl an Schneider und Friseur, vermochte ihm aber dock nickt daS Gepräge deS vornehmen Manne« zu geben. „Küß' die Hand, Gnädigste", sagte er und versuchte Wort und That zu vereinigen, was sie aber zu vereiteln wußte. „Sie glauben gar nickt, WaS es mir für eine Freude ist, nun in den Ruhehafen einzuiaufen, so ganz in der Näh' von meinem guten Albrecht. Ich wundere mich, daß er Ihnen nicht erzählt hat von mir und unseren Streichen, wir sind sehr gute Freund' gewesen alleweil." „Diese Zeiten müssen allerdings dem Gedächtniß meine» Gemahls ganz entschwunden sein", erwiderte Frau von Wild burg kalt, „und so müssen Sie entschuldigen, daß ich nicht übersehen kann, daß wir uns ganz fremd sind." „Nehm'- Ihnen nickt übel. Gnädigste, werden schon be kannt werden", meinte Herr von Stadler mit der Bonhommie, die er gern zur Schau trug, „denn ich mein'. Sie werden mich halt so bald nicht loS. Der Herr Gemahl hat mich zu Tisch geladen, und Sie werden doch nicht so grausam sein, mich nicht zu dulden an Ihrer Tafel." (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder