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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960821025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896082102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896082102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-21
- Monat1896-08
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Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit de, Morncn-Ausgabe, ohne Postbesördcrung 60.—, mit Postdesörderung 70.—. Anzeiger. Amts blatt des Äönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Freitag dcn 21. August 1896. Lnnalsmeschlub für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Worgrn»Au»gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» au di« Sr-edtttan zu richten. Druck und Veelni von lk. Pol» in Lelvsig so. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Wegen Asphaltiruiig wird Sie Vnhnhoscstraste in ihrer Ausdehnung von der Halleschen Straße bi» zur Nordslraße vom 22. SicsrS Monats ab auf dl» Dauer der Arbeiten silr allcn Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 20. August 18W. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 3861. vr. Tröndli». Stahl. ZUM wechsel im Kriegsministerium. Nachdem fast eine Woche seit dem Sturz dcS Ministers Bronsart von Schellendorff vergangen ist, nimmt der „ReichSanz." im nichtamtlichen Theil das Wort, um „Mißverständnisse und Mißdeutungen, welche sich an den im Kriegsministerium vollzogenen Personenwechsel angeknüpft haben, zu zerstreuen." Die vom Telegraphen schon gemeldete Darlegung des amtlichen Blattes lautet wörtlich folgender maßen: „DaS Ausscheiden de§ Generals der Infanterie Bronsart von Schellendorff aus feinen Functionen als Kriegsminister hat in der Presse zu den mannigfachsten Combinationcn über die Beweggründe geführt, welche für den Rücktritt des verdienten Generals bestimmend gewesen sind. Demgegenüber darf auf die Thatsachcn verwiese» werden, unter welchen sich das Ausscheiden deS Generals v. Bronsart aus seiner Stellung vollzogen hat. Schon gegen Ende dieses Frühjahrs hat General von Bronsart seine Entlassung als Kriegsminister unter Berufung auf seinen an gegriffenen Gesundheitszustand nachgefucht. Um den Minister mög- lickst seinem Amt zu erhalten, ist ihm ein Urlaub bis Ende August dieses Jahres ertheilt. Noch vor Ablauf desselben hat der bisherige Kriegsminister sein Entlassungsgejuch erneuert unter der Begründung, daß sich sein Gesundheitszustand in der Zwischenzeit nicht so ge kräftigt habe, um dir Functionen der arbeitsreichen und verant- wortungsvollen Stellung als Kriegsminister wieder übernehmen zu können. Infolge dessen sahen Seine Majestät der König Sich genöthigt, dem Gesuch des Generals zu entsprechen. Zugleich aber ernannten Seine Majestät denselben zu Allerhöchslihrem General-Adjutanten und sprachen die Hoffnung aus, daß eS sein Gesundheitszustand baldigst gestatten möge, seine bewährte Kraft ivieder für Aller- höchstsich und die Armee dienstbar zu machen. Inzwischen hat sich General von Bronsart auf Anrathen der Aerzte zu einer Cur nach Neuenahr begeben. Für jeden Unbefangenen müßten diese einfachen und klaren Thatsachen genügen, den Rücktritt des bisherigen Kriegs ministers völlig motivirt erscheinen zu lassen. Es ist daher ein eitles Bemühen, hinter diesen offenkundigen Vorgängen nach verborgenen Motiven zu suchen. Völlig verkehrt ober ist es, den eigentlichen Grund des Rücktritts dcS Generals von Bronsart in einem Gegensatz zwischen Kriegsminister und Chef des Militaircabinets erblicken zu wollen. Das Militaircabinet ist nicht, wie cs in der Presse vielfach dargestellt wird, eine selbstständige Be- Hörde, und Anordnungen gehen von demselben überhaupt nicht aus. Tas Militaircabinet ist nichts als eine Kanzlei Seiner Majestät des Kaisers und Königs, in welcher Seine Majestät diejenigen persön lichen Militairangelegenheiten bearbeiten läßt, welche als Aus fluß der nach Geschichte und Verfassung dem Könige zu stehenden Commandogewalt anzusehen sind, so daß der Chef Les Militaircabinets selbstständig Verfügungen überhaupt nicht treffen kann, sondern nur die Ausführung der Befehle Seiner Majestät zu vermitteln hat. Der Chef Les Militaircabinets kommt daher gar nicht in die Lage, einen Einfluß auf die Allerhöchste Ent schließung in denjenigen militairischen Angelcgcnhciten zu übe«, welche zum Rcssort des Krieg-Ministers gehören, wie denn auch letzterer selbst regelmäßig Vortrag bei Seiner Majestät hat. Am allerwenigsten aber wird dem Chef deS Militaircabinet» ein Einfluß in politischen Dingen gewährt. ES ist zu hoffen, daß diese Darlegung dazu beitragen wird, die mannigfachen Mißverständnisse und Mißdeutungen, welche sich an den im Kriegsmtuisterium vollzogenen Personenwechsel angeknüpst haben, zu zerstreuen." Die Antwort der Presse auf kiesen Versuch, durch da» Anklammern an die Form das Wesen der Zustände und Ein richtungen vergessen zu machen, kann man in die Worte kleiden: „Dir Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube", lind daS, wie auch wir schon ini Morgen blatte zu erkennen gaben, mit Stecht. Bei den „Gesund- b e i t S rii cksich t e n ", die der „Neich-anzeiger" in den Vordergrund rückt, braucht man sich nickt aufzuhalten: zu viele Minister schon haben, dem Brauche gemäß, ihre Entlassungsgesucke ebenso begründet und sich später noch lange Jahre des besten Wohlseins erfreut; an Herrn von Bronsart hat bisher Niemand Spuren davon entdeckt, daß ihm ein körperliches Leiden die Fortführung der Geschäfte unmöglich mache. Wenn daS Ami-blatt ferner hervorhebt, daß der Cbef des Militaircabinets selbstständige Verfügungen nickt treffen könne, so bestreitet es, wie die „Nat-Lib. Corresp." schon betont hat, was nickt behauptet worden war. Da aber das Militaircabinet mit der „Bearbeitung" der Anliegenheiten, deren Erledigung dem Kaiser zustcht, befaßt ist, so befindet sich sein Cbef notbwendig in der Lage, beim Monarchen Anträge zn stellen und zu begründen. Damit ist für ibn t l> a t s ä ch l i ch die Möglichkeit gegeben, Einfluß auf die Entschließungen des Kaisers zu gewinnen. Der „Reicksanzciger" stellt diesen Einfluß auck nur hinsichtlich der Angelegenheiten in Abrede, „welche zum Nessort des Kriegöniinisters gehören". Der Kreis dieser Angelegenheiten ist aber enger gezogen, als es mit der politischen Verantwortlichkeit des KriegSminislers sich verträgt. Er hat es, wie öffentlich behauptet worden ist und vom „NeichSanz." auch jetzt nicht bestritten wird, u. A. gestattet, daß hochwichtige Conimandostellen ohne die Zustimmung des Ministers und sogar gegen dessen Widerspruch besetzt wurden. Der „Reichsanz/' bestreitet aber guch nickt, daß selbst Dinge, die in das Rcssort deS Kriegsministers fallen, wie die Ver wendung gewisser Dispositionsfonds, gegen die Ansicht des Kriegsministers erledigt worden sind. Endlich versichert der „Rcicksanz.": „Am allerwenigsten aber wird dem Chef des Militaircabinets ein Einfluß in politischen Dingen gewährt." Dem gegenüber erinnern wir an eine officiöse Auslassung der „Berl. Pol. Nachr." vom 3. Mai dieses Jahres, in der gesagt wurde: „ES ist nicht richtig, daß General von Hahnke ein Gegner der Reform des MililairslrasveisahrenS ist; im Gcgentheil gehört er bereits seit 1874 wie die meisten Lsficiere der Armee zu den An hängern dieser Reform. Nur gegen die Einführung der Oeffent- lichkeit, wie sie im bürgerlichen Strafverfahren besteht, hat er von jeher ernste Bedenken gehegt, weil von ihr nach seiner Auf fassung der Disciplin in der Armee Gefahr droht. Ec hat diese seine Auffassung ohne Zweifel auch voll vertreten, wenn Se. Majestät eine Aeußernng über die Sache befohlen hat, wie er sicherlich auch weiteren bctheiligten Kreisen gegenüber daraus kein Hehl gemacht hat. DaS sind aber Alles Dinge, welche auch minder Eingeweihten längst bekannt sind. Nicht so allgemein bekannt scheint es zu sein, daß General v. Hahnke trotz dieser seiner Auffassung maßgebenden Orts dargelegt hat, daß für den Fall, daß gewichtig« politische Rücksichten oder dir Wünsche der BundeSrath» für die Einsührung beschränkter Leffentlichkeit in das Militairslras- versahren sprächen, einer solchen Maßregel lm Interesse der deutschen Einigkeit zuzustimmen sein würde." Es scheint also dock dem Cbef des Militaircabinets „ein Einfluß" in politischen Dingen gewährt zu werken, lind Las liegt in der Natur der Stellung, die das Militaircabinet im Laufe der Zeit gewonnen bat. Der „NeichSanz." behauptet zwar, daS Militaircabinet sei „nichts al» eine Kanzlei Sr. Majestät". Welcher Art diese „Kanzlei" ist, darüber lassen die „Denkwürdigkeiten" des KriegSministerS von Roon folgendermaßen sich vernehmen: „DaS Jahr 186ö brachte für Roon neu« Reibungen und heiße Kämpfe. Während der Vorbereitung der Militairvorlagen kam es im Januar 1865 unter Anderem auch zu ernsten Aus einandersetzungen zwilchen ihm und General Manteuffel (dem Chef de» Militaircabinet» ) Au« der betreff »den dorre- spondenz möge erwähnt werden, daß Roon bei diesem An lasse — wie auch schon bei srüherrn — sich ge zwungen sand, die allzuweit gehenden Rathschläg« Manteuffels zurückzuweisen, da er sie sür Bevormundung erachten mußte; er war der Meinung, er dürfe sich die», trotz der sehr vertrauten Stellung Manteuffel'» zum Könige nicht bieten lassen. Im Laufe der Erörterungen drückte Man- teuffcl, der seine Eigenschaft al» unmittelbarer Rathgeber des König» geltend gemacht hatte, dann wiederholt den Wunsch auS, die Stellung al« Chef des Militaircabinet« ausgeben zu dürfen und bot Roo», ihm zu einem Kommando in der Armee be hilflich zu sein. Dazu kam es zwar vorläufig noch nicht, und die beiden Männer, welche so manchen ernsten Strauß, neben einander fechtend, bestanden hatten, versöhnten sich auch wieder; aber die Schwierigkeiten, welche das Nebeneinanderwirken de« Krieg«MinisterS und des Cabinrts-dhef» natürlich hatten und immer haben werden, und zu deren Uebrrwindung bei der eigenthümlich zarten Natur der Stellung beider zum Könige und zu einander von beiden Seiten permanent eine nicht geringe Selbstverleugnung geübt werden mußte — waren bei dieser Gelegenheit sehr deutlich hcrvorgetrrten und haben auch bei Roon zweifellos den Wunsch zurückgelassen, daß diese Situation bei passender Gelegenheit geändert werden möchte, so lebhaft er im Uebrigen nicht nur Manteufsel's Charakter und hervor ragende Leistungen zu schätzen wußte, sondern auch sein heilsames Wirken zum Wohle der Armee immer mit Wärme anerkannt hat. Immerhin hat e» noch Monate gedauert, bi« der König seine Zustimmung zu anderweitiger Verwendung de-General- Manteuffel gegeben hat, da er an diesen gewöhnt war und sich nicht von ihm trennen mochte." Der „NeichSanz." wird es unS nicht verargen, wenn wir unS über die Möglichkeit eines Gegensatzes zwischen Kriegs- minisierium und Militaircabinet von Roon und nicht von ihm unterrichten lassen. DaS obige Citat ist aber nicht nur in dieser Hinsicht von Bedeutung; erinnert eS doch daran, Laß Kaiser Wilhelm I. als allezeit opferwilliger Diener deS Staates auch in diesem Falle den vertrauten Rathgeber dem verantwortlichen StaatSminister preisgab. politische Tagesschau. * Leipzig, 2l. August Die zahlreichen Vorspiele zu dem geplanten grostc.r Hattdtverkereongrch, welche jetzt in Scene geben, lassen voraussehen, daß eS auf jenem Eongreß eine sckwere Ausgabe sein wird, die vielen Köpfe unter einen Hut zu bringen. So lange die Handwerker sich keinen concreten Vorschlägen in Form eines GesetzentwnrfS gegenüber sahen, sondern nur damit zu tbnn batten, die großen Schlagworte ihres „Programms", Zwangsinnung und Befähigungsnachweis, zu betonen, waren die sachlichen Meinungsverschiedenheiten noch nicht allzu stark. Aber schon den Berlcpsch'schen „Grnnk- zügen" einer ZwangSorganisalion gegenüber wurde es schwierig, den Eindruck zu vermeiden, daß der Handwerker stand selbst über di« von ihm und für ibn aufgestellten Forte- rungen keineswegs einer Meinung sei. Die Verhandlungen des Tischlertag es und die der freien Bereinigungen der Barbiere und Friseure bewiesen, daß dem jetzigen Ent wurf zu einer Zwangsorganisation da» Handwerk uneinig gegenüberslebt. Der jetzt in Breslau abgebaltene VerbanLS- tag der deutschen Bäckerinnungen zeigt, daß nicht einmal innerhalb der Innungen des gleichen Gewerbe- eine Uebcr- einstiinmung über da« herrscht, was dem Handwerk frommt und wa» nicht. Freilich, einer Beschränkung ihres Gewerbe betriebe», wie er durch die Einführung deS Befähigungs nachweises eintreten würde, scheinen die Bäckermeister in ilncr Grsainmtheii entgegentreten zu wollen. Eine solche Be schränkung finden sie „geradezu lächerlich". Auch die Nacht arbeit wollen sie sich in ihrer überwiegenden Mehrheit nickt ver kümmern lassen, und daß der Widerspruch gegen den Marimal- arbeitStag einmülhig ist, versteht sich von selbst. Aber viel weiter geht die vorhandene Uebcreinstimmung in den Grundfragen nicht. Nock nickt einmal die Frage: ob Zwang oder freiwillige Organisation, scheint innerhalb der Bäckerinnungen klar ent schieden zu sein, und bei den Unterfragen gehen die Meinungen noch weiter auseinander. Von geringem Verständniß für eine der Hauptaufgaben, welche der vorgeschlagenen ZwangS- organifation tc« Handwerks in der Pflege eines guten Ver hältnisse» zwischen Meister und Gesellen gestellt ist, zeugt die Art, wie man sich auf dem VerbandStag der Bäcker- innnngen über die Betheiligung der Gesellen in Form ker Gesellenall-scküffe an der Organisation geäußert hat. In ter Kritik de« Mayes behördlicher Beeinflussung der Handwerks organisation kann man den Rednern ter BerbandStage im Allgemeinen nur zustimmen. Der Vorschlag aber, die geplante Handwerksorganisation mit politischen Zwecken dakurck zn verquicken, daß die Handwerkerkammern den Reichstags Wahlkreisen angepaßt werden, um so die Grundlage für „neue Parteibildungen" zu geben, richtet sich von selbst. Er zeigt aber doch, welche treibende Ideen in der Handwcrkerbewegmig mit thälig sind. Eigenthümlich ist die Rolle, welche die Ver treter der Negierung auf dem Breslauer Bäcker Verbands tage gespielt haben. Sie nahmen zur Angelegenheit der Handwerksorganisation das Wort, blieben aber stumme Zu hörer, als über die Verordnung, betreffend die Arbeitszeit in den Bäckereien, verhandelt wurde. Hierüber bat der Verbandstag einen möglichst entschiedenen Beschluß ge faßt, nachdem Reden, die an Energie nichts zu wünschen übrig ließen, gehalten worden waren. Leider vermißt man in diesen die sachlichen Angaben, welche die behauptete Ver kehrtheit der Verordnung Nachweisen könnten, und gerade von den in Breslau versammelten Bäckermeistern hätte man eine derartige Ergänzung des Materials erwarten sollen. Dagegen ereignete sich ein Vorgang, der auf die Verhandlungen Fenilleton. Sühne. 8j Roman von lk. Halden. Nachdruck »erboten. „Auf Frankenstein wirst Du eS viel schöner finden, vor läufig dachte ich übrigens an einen Svmincraufenthalt", be ruhigte er sie. „Ich machte mir schon Vorwürfe, Dich so allein mit dem Papa zurückzulassen." „O, ich habe ja den Doctor, da fehlt eS mir nicht an einem guten Freunde", rief Erna aus, stockte dann aber, wie mit Blut übergossen, als sie dem forschenden Blick des Bruders begegnete. Einen Augenblick beschäftigte ihn der Gedanke, ob hier in dem Verkehr deS jungen Mädchens mit dem Arzt eine Gefahr für ihr Herz läge; aber der Argwohn schwand, so schnell er entstanden; Erna war in seinen Augen noch immer ein halbes Kind, und wie hätte ein junger, un bekannter Arzt eS wagen können, den Blick zu ihr zu er beben, die trotz ihrer Armuth durch ihre vornehme Geburt so hoch über ihm stand. Dazu war Blanden viel zu ver nünftig, und eine Beruhigung war es ja auch für ihn selbst, daß ein so besonnener und zuverlässiger Mensch zu Erna'S Beistand in der Nähe war. Am nächsten Morgen, dem Freitage vor Pfingsten, trat Albreckt mit dem Frühzuge seine Reise an. Er dachte so dem Strom der Festreiscnden noch zu entgehen, aber da- Eoup6, welche- ihm der Schaffner öffnete, war doch schon von so vielen Herren eingenommen, daß nur noch ein Platz frei blieb. Unangenehm berührt, zögerte er einen Moment, da hörte er seinen Namen rufen, und aus einem benachbarten CoupS erster Classe nickte ihm sein Vetter zu. „Guten Morgen, Albrecht, welch nette- Zusammentreffen. Ich bin ganz allein, Du steigst doch zu mir ein!" „Ich fahre nie erster Classe", lautete die frostige Er widerung. „Ach, waS daS betrifft, da- laß nur meine Sorge sein, ick beauftrage den Conducteur sogleich mit der Lösung eine- ZiisatzbilletS." Albreckt blickte mit einem so eisigen Erstaunen in da« Gesicht seine« Vetter-, daß dieser verlegen wurde. „Du wirst mir doch den gut gemeinten Vorschlag nicht Übel nehmen", stammelte er, „unter Verwandten sieht man so etwa« nicht so genau an." „Verzeih, eS ist die höchste Zeit, ich muß mir einen Platz suchen", schnitt ihm der Assessor da- Wort ab und wollte weiter eilen. Erwin sprang heraus. „Die alte Geschichte von Muhamed und dem Berge; willst Du nicht zu mir, so komme ich zu Dir", rief er lackend, schob seinen Arm in den des andern und schritt mit ihm am Zuge entlang. Man hatte noch einige Wagen inzwischen angeschoben, um mehr Platz zu schaffen und so gewannen die Beiden ein Coup- für sich. „Wo kommst Du eigentlich her oder vielmehr, wo willst Du hin?" begann Erwin die Unterhaltung, nachdem sie ihre Cigarren in Brand gesteckt, wobei Albrecht die ihm dar gebotene Cigarrentasche des Fragenden, die mit den theuersten Sorten gefüllt war, zurückgewiesen batte. Albrecht gab Bescheid. „Eigentlich ist es doch schade", meinte Erwin bedauernd, „Du hattest da- Zeug zu einem Diplomaten, wer weiß, ob Du eS nicht bi- zum Botschafter gekrackt hättest!?" „Du vergißt, daß mir die pecuniäre Unterlage für den Secretairposten bei einer Gesandtschaft fehlte." „Als ob daS in Betracht kommen könnte! Bin ich denn nicht da? Habe ich nicht genug für uns Beide? Sind wir nicht beinahe Brüder? Es hätte Dich nur ein Wort ge kostet —" „Und Du hättest mit der Darreichung eine- fürstlichen Almosens nicht gezögert", fiel Albrecht ein, „aber Du vergißt, daß ick lieber sterben al- solche Bitte au-sprechrn würde." „Ja, Du hast recht, ich bin ein täppischer Gesell. Wes halb hatte ich Deine Forderung erst abarwartet? Ich hätte Dir ein für allemal sagen sollen, daß Dir die unbeschränkte Verfügung über meine Einnahme zusteht. Vielleicht ist eS noch nicht zu spät." . „Du hast mir noch nicht erzählt, welche- da-Ziel Deiner Reise ist", wechselte der Assessor schroff da- Thema. DaS Gesicht deS Lieutenant« nahm einen verlegenen Aus druck an. „Eigentlich ist e« ein Geheimniß, ich reise gewisser- maßen inkognito, selbst vor meinem eigenen Burschen. Des halb ließ ich mich weder von diesem, noch von einem Diener zur Bahn bringen." „Dann verzeiht mir meine indiScrete Frage." „Du konntest r- ja nicht ahnen, daß ich etwa» zu ver bergen hatte. Aber ich bin in einer eigentbümlichen Lage, halb Bräutigam und halb wieder nicht. Du weißt doch, daß meine Verlobung noch hinauSgeschoben ist und ich mich mit der Zusage von Melanie'S Hand begnügen mußte." „Ich hörte, daß die Geheimräthin von DettelSbach er krankt ist." „Ja, siehst Du, da habe ich ja noch gewissermaßen Ferien", fuhr Erwin fort, „und gerade weil ich mich später so musterhaft benehmen will, möchte ich mir diese Gnaden frist noch etwas zu Nutze machen. Warum soll ich nicht offen sein? Du würdest mich ja doch nicht verratben. Ich habe Dir ja von der kleinen Fanny gesprochen, der aller liebsten kleinen Balleteuse. Na, die Kleine dauerte mich, sie war so unglücklich, daß wir uns trennen wollten, nachdem wir uns kaum kennen gelernt. Da habe ich ihr als Ent schädigung eine kleine Pfingsttour nach Stubbenkammer ver sprochen." „DaS hast Du als Melanie'S Verlobter gethan?" rief Albrecht voller Entrüstung auS. „So ganz correct ist eS wohl nicht", fuhr der Lieutenant in verlegenem Tone fort, „aber Melanie ahnt ja nickt- davon, und wir sind ja noch kein ofsicielle- Brautpaar. Waö geschieht ihr für ei» Schaden? Gar keiner, und ich amüsire mich in meiner langweiligen Lage. Ich bin sehr vorsichtig gewesen, um weder sie, noch mich zu compromittiren. Des wegen reise ich allein, Fanny kommt erst morgen nach, und die Rückreise treten wir auch getrennt an. Da hast Du mein Bekenntniß, und nun Alter mach' kein so böses Gesicht und laß einmal fünf gerade sein." Albrecht hätte sich auf seinen Vetter stürzen und ihn er würgen können. So wenig achtete dieser da- Mädchen, das er selbst so innig liebte, aber Melanie hatte ihn ja mit offenen Augen erwählt, sie hatte sich wohl kaum über ihn getäuscht, so mochte fick denn ihr Schicksal erfüllen. Erwin empfand indeß etwa- von der Erleichterung seiner Knabenjahr«, wenn er einen dummen Streich begangen und der Mutter oder seinem Lehrer gebeichtet hatte. Daß ihn Albreckl verurtbeilte, wußte er wohl, aber waS lag ihm daran? Er würde fick auch wieder versöhnen lassen, und «S war nett, daß er die langweilige Reis« nicht allein zu macken batte, sondern daß er einen passenden Gesellschafter fand So that er, al« mrrkte er nicht« von der Kälte und Zurück haltung seine« Vetter«, sondern bot all« seine LiebrnSwürdig- k«it auf, diese zu besiegen, und er hatte etwa« so Harmlose» und Gutmüthige«, datz ibm auf di« Daurr schw«r zu wider stehen war, und so thaten dies« Stund«n de« Alleinsein« im Eoupt — denn Erwin « Freiq«bi-k«it gegen r«n Schaffner erlangte ihnen diese Vergünstigung — scheinbar mehr zu ihrer Annäherung, al« Jabre eine- entfernten kühlen Verkehrs. Achtes Capitel. DaS herrliche FrüblingSwetter hatte die Reiselust mächtig geweckt, und nach allen Seiten und Richtungen ergoß sich der Strom froher Menschen, welche die zu Ebren des Pfingst festes gebotenen VerkchrSerleichterungen benutzen unv in ric Ferne schweifen wollten. Die Insel Rügen empfing ihren reichlichen Antheil an dieser Völkerwanderung, und auf allcn Wegen flutheten ihr die Festgäste zu. Die Dampfschiffe, welche bei PutbuS und Saßnitz anlegten, konnten kaum Raum genug bieten, und Hotels und Privatbäuser waren überfüllt wie zur Zeit der Hocksaison. Auf Stubbenkammer rüstete man sich, um dem Andrange gut begegnen zu können; die Hotels hatten jeden Raum, der sich irgend bewohnbar macken ließ, zur Aufnahme von Gästen eingerichtet; ob daS genügen würde, mußte abgewartet werden, denn schon die letzten Tage vor dem Feste herrschte ein solches Gewübl von Menschen, daß alle Voraussicht sich unnütz erweisen konnte; eS war kein Wunder, wenn sich der Einzelne unbeachtet in der Gesammt- heit verlor. Es war spät Abends, der Schwarm der Paffanten hatte sich verlausen, und die Mehrzahl der Nachtgäste hatte ibre Zimmer ausgesucht. Nur wenige Fenster waren dunkel ge blieben, entweder weil die Zimmer nicht besetzt waren, oder weil ihre Inhaber noch in den Sälen bei einem Glase Wein saßen. E« war eine wundervolle stille Nacht, noch etwas kühl, aber voll unbeschreiblicher Reize. Der leise Wind, der vom Meer berüberstrick, bewegte kaum merklich die Wipfel der stolzen Bucken, sonst unterbrach nicht- die tiefe Ruhe. Der Mond, der fast al» volle Scheibe am Himmel stand, war höher gestiegen, und seine Strahlen bahnten sich zitternd einen Weg durch die Laubkronen der Bäume und warfen ibre silbernen Reflexe auf da« schwellende Moos und die üppigen Farrenkräuter de« Boden«. Nun erloschen auch die letzten Lickter in den Zimmern deS Hotel-, alles batte die Rude ausgesucht, nur au« der kleinen PortierSloge dickt an d«r Thür verrieth rin matter Schimmer die Anwesenheit de» wachebabenden Hausdiener«, der sich müde und ver schlafen auf da« vielbenutzte und die Spuren barten Dienstes tragende Ruh-bett geworfen hatte und laut und vernehmlich schnarchte. Nur durch eine spanische Wand von diesem Gelaß ge trennt, brfanv fick «in «infack, fast dürftig au-grstatteter
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