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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960822026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896082202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896082202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-22
- Monat1896-08
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Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierten abrltch . Dirrcte tägliche Kreuzbandlenduug in» Ausland: monatlich 7.50. Abend-Ausgabe. MiWM. TagMM Anzeiger. Ämtsbsatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Ratljes und Notizei-Nmtes der Ltadt Leipzig. AnzrigenPreiS die S gespaltene Petitzeile 20 Ufg. Rrclamen unter dem Redactionsstrich (4ge- spalten) bv-4, vor »en gamiltenuachricht», j6 gespalten) 40^. GrSher» Schriften laut unserem Preis« verzeichnt». Tabellarischer nah Zifsernja» aach höherem Taris. O»tr«-8rtla»en (gefalzt), nnr mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbesorderung KO.—, mit Postbesorderung 70.—. Jianahmeschluß für Anzeige«: Abrnd-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. V« den Filialen und Annahmestellen je «in» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. —--<,»«« . Druck und Berlaq von E. P olz in Leipzig Sonnabend den 22. August 1896. SV. Jahrgang. Mtische Tagesschau. * Leipzig, 22, August, Zur Beurtbeilung des Gegensatzes, der zwischen dem Kriegomittiftcrium und dem Militaircnbinet sich berauS- gebildet bat, bringt die „Freis. Ztg." folgenden sehr be- acktenswerthcn Beitrag: „O wenn Sic wüßten, mit welchen Schwierigkeiten ich ost zu kämpfen habe", so äußerte einmal KriegSminister v. Bronsart zu dem Abgeordneten Eugen Richter in einer Unterredung, welche in der Session 1894/95 unmittelbar an eine Sitzung der Budgetcominission anschloß. In dieser war kurz vorher zum Borschein gekommen, daß die als „künftig weg- sallend" bezeichnete Stelle des Commandanten von Altona durch einen dem General v. Hahnke ver schwägerten General neu besetzt worden war. Der Kriegsminister und der Schatzsecretair hatten das Etats- widrige des Vorganges sogleich anerkannt. Ebenso war in derselben Sitzungsperiode der Budgetcommission zur Sprache gekommen, daß in elatswidriger Weise plötzlich mitten im Elatsjahr verfügt worden war, das Lehrbataillon in der Soinmerstärke auch im Winterhalbjahr zusammenzuhalten. Die Maßnahme konnte sachlich vom KriegSminister kaum vertreten werden, denn der Zweck einer größeren Aufstellung von Wacht posten für das Neue Palais konnte auch durch jeden andern Truppenthcil erfüllt werden. Gegenwärtig verlautet wiederum, daß das Militaircabinet in der Verwendung über die Dispositionsfonds des Kriegsministers demselben vorgegriffen habe. Handelt es sich um ähnliche Vorkommnisse wie damals? Darnach wird demnächst im Reichstag scharfe Nach frage zu halten sein. Jene Vorgänge in der Militair- verwaltung im Jabrc 1894/95 erregten auch das besondere Mißfallen des Scha tzsecret ai rs Grasen Posadowsky. Seitdem ist eingesührl worden, daß dem Reichstag von etwaigen etatswivrigen Vorgängen sofort bei der nächsten Vorlage des Etats Mittheilung gemacht wird." Jedesmal, wenn irgend woher eine Kundgebung zu Gunsten des Rhein-Weser-Elbe-Canals erfolgt, kann man mit Sicher heit darauf rechnen, baß von agrarischer Seite Anstrengungen gemacht werden, um die Befürwortung dieses Projektes zu paralysiren. Das ist auch jetzt wieder der Fall gegenüber einer Schrift des Ingenieurs Fr. Geck, eines der eifrigsten Förderer der Sache des Mittelland-Canals, der die Ren tabilität deS geplanten Canal-Unternehmens auf Grund der sorgfältigsten Untersuchungen nachgewiesen hat. Im preußischen Abgeordnetenhanse haben die conservativen Wortführer bei der Beratbung der ersten Canalvorlage unablässig betont, daß die Frage der Rentabilität die wichtigste sei und daß von ihrer Beantwortung schließlich die Stellungnahme der conservativen Partei abhängen werde. Nun zeigt sich aber, daß, je kräftiger der Nachweis für die Rentabilität geführt wird, desto mehr die Opposition der ostelbischen Kreise gegen das Unternehmen wächst. Ingenieur Geck hat an der Hand der Entwickelung des Eisenbahn- und Wasserverkehrs dargethan, daß binnen absehbarer Zeit die Eisenbahn gar nicht im Stande sein werde, den Verkehr im rheinisch-westfälischen Jndustriebezirk mit einigem Nutzen allein zu bewältigen, daß aber Eisenbahnen und Canal sebr wohl neben einander rentircn konnten. Gerade die Aussicht auf den wachsenden Verkehr zwischen Rhein und Elbe scheint aber dazu beizutragcn, den ostelbischen Kreisen den Canalgedanken zu verleiden. Immer wieder wird das Interesse der östlichen Landwirthschaft und das Interesse des schlesi schen Kohlenbergbaues in den Vordergrund geschoben, obwohl längst nachgewiesen ist, daß die Landwirthschaft im Osten von dem Canal zum Mindesten keinen Nachtheil, die Landwirthschaft des Westens und Mitteldeutschlands aber erheblichen Vortbeil von dem Canal haben würbe, und ob wohl längst feststeht, daß daS Fernbalten der westfälischen Kohle von dem Berliner Markte wohl der englischen, nicht aber der schlesischen Kohlcnindustric zu Gute kommt. Aller dings weist der Absatz der schlesischen Kohle auf dem Berliner Markte einen Rückgang auf, aber von der Ausfüllung dieser Lücke und dem vermebrten Bedarf prositirt unter den jetzigen Verhältnissen die englische Kohle weit mebr als die west fälische. Im Jabre 1895 ist die oberschlesische Kohlenzufuhr nach Berlin um 8,3 Proc. gefallen, die westfälische hat sich um 18,8 Proc., die englische um 21,8 Proc. geboben. Die eng lische Zufuhr übersteigt dabei die westsälische nm das 2»/?fache. Ein Gutachten des Aeltesten-Collegiums der Berliner Kaufmannschaft spricht sich dahin aus, daß es nur durch den Canalbau gelingen werde, die englische Kohle zu verdrängen. Im Verhältniß zu dem großen Absatz schlesischer Kohle auf dem Berliner Markte — er über trifft die englische und die westfälische Zufuhr zusammen um mehr als das Dreifache — würde der vermuthliche Rückgang der schlesischen Kohle nach Verdrängung der englischen in der Concurrenz mit der westfälischen Kohle voraussichtlich ein wenig bedeutender sein. Der Wider spruch gegen den Canalbau, der aus diesen Verbältnisien hergeleitet wird, kommt demnach lediglich auf eine Förderung der ausländischen Concurrenz zum Schaden der einheimischen Industrie binaus. Die Erkenntniß dieses Sachverhalts sollte nickt ohne Einfluß bleiben auf die Stellung der vstelbischen Kreise zu dem Canalproject. Eine Nachricht aus Washington, daß der UnionS- Consul zu Apia in einer Broschüre nachweisen wolle, die aus Samoa infolge der Berliner Samoa-Acte geschaffenen Zustände wären eine „Ungerechtigkeit gegen Vie Vereinigten Staaten", ist von Bedeutung, namentlich für deutsche Interessen. Die Schrift deS ConsulS fällt wohl nicht ganz zufällig in die Zeit, da die Wogen wegen der Präsidentenwahl in der Union am höchsten geben. Wir können uns im nächsten Jahre auf amerikanische Wühlereien in Apia nach früherem Muster gefaßt machen. Wenn der Consul so weit gebt, von „Un- gercchligkeiten gegen die Vereinigt«!! Staaten" zu sprechen, so mag darauf hingewiesen werden, daß nach früheren Berichten der Consuln der amerikanische Handel an dem ganzen Samoa-Verkehre nur mit etwa 3 Procent betheiligt ist, während fünf Sechstel des ganzen Handels in deut schen Händen liegt; die Amerikaner sind entweder Waffen händler, oder meist Halfcasts; alle aber Wühler ärgster Art. Als Consul wurde im Juli 1894 von Washington James Mulligan nach Apia gesandt, der sich seinen Vorgängern würdig anzureihen scheint. Die Amerikaner auf Samoa haben schon seit mehreren Jahren alles gethan, um spätere Ereignisse vorzubereiten und sich nicht mit den Eingeborenen, namentlich ben Aufständischen, zu verfeinden. Als im Früh jahr 1895 der deutsche wie der englische Consul mit Unter stützung ihrer Kriegsschiffe sich bemühten, Unruhen und Kämpfe zu verhüten, hielt sich der UnionSconful fern. Dieser stand in engsten Beziehungen zu einer Clique politischer und ge schäftlicher Abenteurer, die das Land nicht zur Ruhe kommen lassen wollen, um im Trüben zu fischen und ihren Vortbeil zu suchen. Der Consul Mulligan war dabei von heimischen Strömungen beeinflußt, wie aus den gleichzeitigen Erörterungen amerikanischer Zeitungen hervorging. Die „Washington Post" z. B. lobte ihn wegen seines Fernbleibens von den Berathungen der anderen Consuln. Herr Mulligan machte auch öfters, wie sein Vorgänger, Reisen in die Heimath, offenbar, um sich mit den Parteiführern zu ver ständigen; er war nur wenig auf seinem Posten. Anfang 1896 bildete sein Vertreter, der in den Weißbüchern häufig, aber nur wenig rühmlich genannte Viceconsul Blacklock mit dem Wühler und Wasfenhändler MoorS einen Ausschuß, der die jetzigen vertragsmäßigen Verhältnisse von Grund aus umstürzen sollte. Die von der Samoa-Acte ge schaffenen zwei höchsten Aemter, des Oberrichters und des Municipalitäts-Präsidenten, sollten abgcschafft, alle übrigen Beamten entlassen werden rc. Man hatte viele Leute dafür gewonnen, weil man darauf binwies, daß die Steuern fast nur zur Besoldung der Beamten verwendet würden. Jndeß die deutschen Firmen, die fast die gesammten Einnahmen aufbringen, betheiligten sich nicht an dem Vorgehen, vielmehr nahmen daran nur Leute Theil, deren Leistungen für den Staat recht minimale sind. Außerdem verlautete damals, die Eingeborenen auf Upolu hätten Geldsammlungen an gestellt und sie ihren Häuptlingen übergeben; wie behauptet wurde, sollten diese Geldbeträge zum Ankäufe geschmuggelter Waffen verwendet werden, die zumeist von Amerika her ein geführt werden. Als Präsident Cleveland im Jahre 1894 erklärte, die Union sollte sich von der Samoa-Acte zurück riehen, entstand in der gesammten republikanischen Presse der Vereinigten Staaten eine starke Bewegung für die Annexion der Samoa-Inseln. Diese Strömung hat nach und nach einen solchen Umfang angenommen, daß der neue Präsi dent, auch wenn wieder ein Demokrat gewählt würde, sich ihr nicht leicht entziehen kann. Die Samvafrage wird also in den nächsten Jahren auf einen neuen Grund gestellt werden, und mit Rücksicht darauf sollte die Entwaffnung der Insulaner möglichst rasch durch geführt werden, nachdem sie schon wiederholt in Vorschlag gekommen ist. Das allgemeine Interesse erfordert diese Maß regel, damit abermaliges Blutvergießen verhütet wird. Ganz besonders verlangen aber die deutschen Interessen dort, daß etwas Entschiedenes geschieht. Die zum Theil verwilderten Eingeborenen, die auch den Anbau ver nachlässigt haben, leiden Mangel, daher sind Plünderungen und Diebstähle auf den Pflanzungen an der Tagesordnung. Da aber fast nur Deutsche dort Pflanzungen besitzen, leiden nur diese Schaden, während Amerikaner gar nicht und E«» länder wenig betroffen werden. Was bisher als das hervorstechendste Erei^niß der Wahl bewegung in Oesterreich erscheint, ist die Spaltung im antisemitischen Lager. Die Feindschaft zwischen Lueger und Schoenerrr besteht zwar schon lange, ist aber doch bisher nicht in ein so acute» Stadium getreten, da sich Schoenerrr eine Zeit lang etwas im Hintergründe hielt. Jetzt aber hat erklärt er, hervortreten zu wollen und seine Candidatur für die Wahlen aufzustellen, um den Führer der Christlich socialen, sowie dessen Freunde, wie er sie nennt, die Klerikalen, zu befehden. Dies wird natürlich noch eine größere Ver schärfung der Gegensätze unter den Antisemiten zur Folge baden. ES muß dies schließlich eine Schwächung dieser Partei, die eine so große Bedeutung gewonnen bat, herbeiführen, doch hat eS vorläufig durchaus nicht den Anschein, als ob die Spaltung den Liberalen, oder wie sie sich jetzt nennen, den Fortschrittlern irgendwie zu Gute kommen soll. Es ist daher auch kaum zu bezweifeln, daß diese aus dem Kampfe sehr geschwächt hervorgehen werden. In Böhmen besteht diese Partei überhaupt nicht mehr, und dort dürfte die Lage trotz aller Anstrengungen der Deutschen unverändert bleiben. Auch eie der Polen wird sich wohl nicht verändern; Tirol, Vorarlberg und Oberösterreich sind die Domaine der Klerikalen, Kärnthen und Dalmatien die der Slowenen, Triest und Istrien die ter Italiener. Der eigentliche Kampfplatz der Deutschliberalen kann also nur llnterösterreich, Steiermark und Mähren sein. Am besten sind die Aussichten für sie in Mähren, weil dort die Deutschen über der drohenden Gefahr, die eine starke tschechische Agitation über sie heraufbeschwört, ihre Streitig keiten vergessen und zusammenhalten. In Steiermark dagegen, wo die Deutschnationalen vorherrschen, konnte es zu einer Verständigung mit den Liberalen bisher nicht kommen; dort haben sie mit den Gemäßigten vollständig gebrochen. All dieses schadet der deutschen Sache natürlich sehr, und wenn diese auch in Mähren siegreich sein dürfte, so kann die» natürlich nicht genügend ins Gewicht fallen. In Niederösterreich sind eS vier Parteien, die sich den Boden streitig machen. Die Antisemiten Lueger'scher Richtung, die an Anzahl alle anderen übertreffen und nicht nur Wien be herrschen, sondern auch aus dem Lande mehr und mehr Ein gang finden, die Deutschnationalen, vie Klerikalen, die sich eigentlich von den Cbristlichsocialen nur wenig unterscheiden, und endlich die Liberalen. Bei so vielen Gegnern (denn wie bemerkt, halten alle Parteien gegen sie zusammen) können die Liberalen auf einen Erfolg nicht rechnen, aber auch die Aussichten der Deutschnationalen sind nicht gut. Tie Antisemiten 8UN8 xlira80 dürften Wohl, unterstützt von den Klerikalen, den Sieg davontragen. Zu diesen bereits so zahlreichen Parteien kommen nun diesmal infolge deS neuen Wahlgesetzes noch die Socialdemo kraten, wenigstens soweit der Reichsratb in Frage steht, und diese rühren sich bereits gewaltig. Ihre Agitation ist vorläufig in Wien hauptsächlich gegen die Antisemiten und besonders gegen den Stadtrath gerichtet, dem sie zum Vorwurf machen, nichts für die Armen zu thun, während für alle möglichen anderen Zwecke immer Gelb vorhanden sei. Die Kritiken sind oft so scharf, daß mehrere Versammlungen polizeilich aufgelöst wurden. Sobald sich die Socialdemokraten aber stärker fühlen, wird es Wohl auch bei ihren aus gesprochenen internationalen Tendenzen die deutschnationale Partei sein, gegen die sie zu Felde ziehen werden, und diese dürfte in ihnen keinen zu verachtenden Gegner finden. Wie in Deutschland herrscht auch in O«ste,-v-ich in den Reiben der Arbeit«» rin« stv-immr T'^eiplin, veren sich keine andere Partei rühmen kanu, em blinder Gehorsam gegen die Führer. So erscheint denn das Deutschthum in Oesterreich arg bedroht. Gestern waren cS die „Rüstungen" der Transvaal- Boeren, welche die Jingo-Blätter veranlaßten, Mr. Cham berlain auszusordern, mit den Boerrn ein ernstliches Wort zu reden. Heute ist eS, so schreibt man der „Tgl. Rndsch." aus London, «in Gesetzentwurf der Transvaal regierung, der zu neuen Klagen und Angriffen Ver anlassung giebt. Der dem Vvlksraad vorgelegte und hier Anstoß erregende Gesetzentwurf bezweckt (wie schon kur; erwähnt), der Regierung die Gewalt zu geben, gefährlich er scheinende UitlanderS einfach ausweisen zu dürfen; und zwar heißt es in der Begründung der Novelle: „Da keine gesetzlichen Bestimmungen vorhanden sind, die der Regierung da« Recht verleihen, diejenigen Fremden über die Grenze zu verweisen, welche sich den Gesetzen der Republik nicht unterwerfen oder die dem öffentlichen Frieden und der öffentlichen Ordnung gefährlich sind, so wirb verfügt, daß jeder Fremde, der dem Frieden und der Ordnung Feuilleton Zühne. dj Roman von E. Halden. Nachdruck verboten. Die Festtage vergingen, es trat wieder größere Ruhe ein und der Bankier, der sich köstlich unterhalten hatte, mußte nun auch an die Abreise denken, länger durfte er aus dem Geschäft nicht fehlen. Nun gerieth die kleine Tänzerin doch in eine unangenehme Verlegenheit. Sie fand Erwin's Benehmen unverzeihlich; er hatte gewiß eine wichtige Ab haltung bekommen, dock das entschuldigte nicht sein voll ständiges Schweigen. Gewiß hoffte er von Tag zu Tag ein- zntreffen und vielleicht nahm er es sehr übel, wenn sie dann nicht mehr da war. Andererseits verdiente er so viel Rück sicht nicht, und Herr Back wurde immer dringender mit seinen Bitten, mit ihm zurückzukehren, so daß sie schließlick ein willigte. Am nächsten Morgen wollten sie abreisen, eS that ihnen Beiden leid, die Zeit war doch eine gar zu angenehme gewesen. Arm in Arm schlenderten sie durch den Wald; eS gab noch viel zu thun; sie wollten vom Herthasee Abschied nehmen, von dem Fanny nickt besonder- entzückt war, er war ihr zu düster und unheimlich, und was ihr Begleiter von den Opfern berichtete, über welche die Wogen de« SeeS sick geschlossen, wenn die Göttin ihren Umzug vollendet, das gefiel ihr auck nicht. „Wollen wir eiye kleine Wasserfahrt machen?" schlug Herr Bach vor. Fanny fand eS langweilig und hatte keine Lust, lieber zum Hotel zurück, wo e» mehr zu sehen gab, sie mußte immer unter Menschen sein. , „Was machen denn die nur?" fragte sie neugierig, al» einig« Männrr einen unscheinbaren Nachen bestiegen, lange Stäbe mit eisernen Haken in der Hand. „Die wollen gewiß krebsen, eS sind Angestellt« de« Hotel«", belehrte sie Herr Back. „Man bat mir gesagt, daß der Se« sehr gute und wohlschmeckende Krebse enthält, die in KrebS- körben gefangen werden." „Das muffen wir mit ansrhea, da« muß reizend sein", rief da« Mädchen, fröhlich in die Hände klatschend, und ihr Begleiter war ganz für den Sport bereit. Er rief einem der Leute zu, einen Kahn für sie los zumachen und sie zu fahren, sie wollten bei dem Fang helfen, und so stieg der Fischer mit seinem Haken und Käscher zu ihnen ein, während sein Gefährte den anderen Kahn allein bediente. Seite an Seite hielten sich beide Fahrzeuge, und nun begannen die Männer mit ihren langen Hakenstangen den Seegrunv abzusuchen. Der erste KrebSkorb kam zum Vorschein und wurde unter Fanny « Jubel seiner Insassen, mehrerer stattlicher Krebse, entledigt. „Die sollen uns heute Abend schmecken, e« wird ein köst licher AbsckiedsschmauSl" jubelte sie voller Freuden. „Schade, daß ich keine rothen Bändchen mitgenommen hab«, um sie zu zcickncu, damit ich ganz sicher bin, daß ich auch mein selbst gefangenes Wild vorgesetzt erhalte." Herr Sally Bach fand die Sache glrichfalls sehr unter haltend, freute sick über jeden Fang und nock mebr über daS Entzücken der kleinen Tänzerin, da« sie allerliebst kleidete. Sie waren mit ganzer Seele bei der Sache und dachten nicht mehr daran, daß sie eigentlich zum Sonnenuntergang vom Meere sein müßten. Plötzlich haftete der Haken deS einen Fischrr« an etwa« Schwererem, er konnte ihn nicht in die Höhe bringen und rief seinen Genossen zu Hilfe. „WaS kann e« nur sein?" fragte Fanny neugierig, während die Männer au« allen Kräften zogen. „Vielleicht ein versunkener Schatz?" Daran glaubte der Bankier nicht recht, ihn interessirte eS sebr, die Fischer sahen ernst au« und gaben keine Auskunft. Nun beschlich ihn plötzlich eine schreckliche Ahnung. „Es wird doch Niemand im See ertrunken sein?" fragte er entsetzt. „Wir wollen an» Land zurück." Abrr die Männer achteten nicht auf sein Geheiß, und Fanny, die laut aufgeschrien und sich angstvoll an ihn gevreßt hatte, war doch nicht fortzubringen, eine von Grans«» erfüllte Neugier nahm sie ganz in Besitz. Langsam und mit Anstrengung zogen die Fischer etwa« Schweres in die Höhe, jetzt erreichte eS die Oberfläche de« Wasser», Kleider und eine weiße Hand tauchten empor, Fanny kreischte vor Entsetzen und verbarg ihr Gesicht an der Brust ihre« Begleiter», der wie Espenlaub bebte. Nun faßten die Männer zu, hoben den leblosen Körper au» dem Waffer und legten ihn in den anderen Kahn, dann wandten sich beide Fahrzeuge dem Ufer zu. Die Fremden, welche am Rande de» Ser» lustwandelten, batten sich dicht znsammcngedrängt, denn sie hatten von kort den schrecklichen Fund gewahrt, an ein Fortgehen dachten die wenigsten, höchstens zogen sie sich in einige Entfernung zu rück. Der Bankier bebte am ganzen Körper, all seine Glieder schlotterten, aber er bemühte sich vergebens. Fanny fortzu ziehen; sie hielt ihn fest umklammert, allein wollte sie um keinen Preis bleiben, aber so groß auch ihr Entsetzen war, ihre rohe Schaulust, wie sie allen ungebildeten Menschen eigen ist, hielt sie fest. Die Fischer batten die Leiche am Ufer niedergelegt, der eine lief nach Stubbenkammer, um daS gräßliche Ereigniß zu melden. In unglaublich kurzer Zeit kam fast Alles, WaS sich an Menschen dort befand, an; ein Gendarm war dort stationirt, unter den Gästen befanden sich einige Juristen, und diese leiteten die Maßnahmen bi» zum Eintreffen der GerichtS- commission aus Regrad, der nächsten Stadt, WaS vor dem anderen Morgen nicht zu erwarten war. „Die Leiche hat bereits einige Tage im Waffer gelegen", sagten die Fischer, aber sie war doch noch wenig entstellt. Zur Ergreifung des ThäterS, sollte eS sich um ein Ver brechen handeln, durfte nicht noch mehr Zeit verloren werden, man mußte zur Jdentificirung der Leiche und zur Aufklärung der TodeSart schreiten, der Schlamm, welcher auf den Kleidern und dem Gesicht haftete, wurde entfernt, e« waren die Züge eine« jugendlichen Mannes, dessen Anzug noch die Spuren der Eleganz verrieth. Niemand kannte ihn; eS war ein Fremder, «seine Taschen waren mit Steinen beschwert, da- sprach für einen Selbstmörder, der sich auf diese Weise sein Grab in den Flutbrn de« SeeS sichern wollte; sonst enthielten sie nicht«, weder Brieftasche noch Portemonnaie, hatte er sich dieser Dinge, die zu Verräthern seines Geheimnisses werden konnten, entledigt? „Er ist ermordet", sagte jetzt der Polizist mit großer Bestimmtheit, „hier hinter dem Ohr befindet sich die Schuß wunde, die von einer Revolverkugel herrühren muß". Ein Gemurmel de« Entsetzens lief durch die versammelte Menge, die unwillkürlich bei den Worten deS Gendarmen näher herandrängte. Da ertönte ein greller, furchtbarer Skyrei, daß Alle zusammenfuhren. Fanny batte ihn auS- gestoßen, als sie ohnmächtig zu Boden stürzte. Ein Arzt leistete ihr Beistand, man trug sie bei Seite, daS allgemeine Interesse wandte sich wieder dem grausigen Funde zu. Der Tobte trug weder Uhr noch andere Werthaegen stände an sich, hier schien eine Busennadel gesteckt zu haben, da» Hemd verrieth ihren Platz durch die Stiche m der feinen Leinwand, eS mußt« sich um einen Raubmord bandeln. Jeder hatte das Gefühl, als wäre er selbst der Gefahr entgangen; wer mochte der Mörder, wer der Er mordete sein?! „Erwin, es ist Erwin, ich habe ihn genau erkannt", stieß jetzt Fanny hervor, die wieder zu sich gekommen war. Alle« drängte sich um sie und lauschte athemloS auf ihre Mittheilungen. „Es ist Erwin von Wildburg, der reiche MajoratSberr", rief sie weinend auS. „O, deshalb habe ich vergebens ge wartet, er war mir nicht untreu, er war todt, und während ich lackte und scherzte, hauchte er sein Leben auS!" „Derselbe Herr, der die Zimmer bestellte und nicht nahm", fügte der Wirth hinzu. Eine ungeheure Aufregung entstand. Ein so junger, vor nehmer Mann, und auf solche Art und Weise zu enden! Fanny machte einige Mittheilungen über seine Verhältnisse, viel wußte sie nicht davon. Der Telegraph spielte nach allen Richtungen, die Untersuchung wurde mit größtem Eifer geführt, aber sie blieb resultatloS; es wurde keine Spur des Mörder- entdeckt. Niemand wußte zu sagen, ob der junge Freiherr auf Stubbenkammer überhaupt eingetroffen sei; sein Vetter sagte auS, daß sie einige Stunden zusammen gereist waren, in Stettin hatten sich ibre Wege getrennt. Der Buch halter fand cS nicht für gut, irgend welche Angaben über daS nächtliche Abenteuer zu macken, dessen Zeuge er gewesen; der Hausknecht erinnerte sich dunkel der Abgabe des Schlüssels, er war halb im Schlaf gewesen und nicht im Stande, etwas über vie Persönlichkeit auSzufagen, welche das Verlangen an ihn gestellt hatte. Nach einigen Wochen gab der Buchhalter seine Stellung auf, oder vielmehr erfüllte er seine Verpflichtungen so mangel haft, daß der Wirth sich genöthigt sah, den sonst brauch baren Menschen, der übrigens nirgends auSgehalten hatte, zu entlassen. So verliefen alle Anstrengungen zur Aufklärung des Verbrechens erfolglos; Feinde batte der junge, gutmüthige Majorat-Herr kaum besessen, sein Unstern mußte ihn einem Verbrecher in die Hände geliefert haben, der ihn seiner Raublust opferte. Der nunmehrige MajoratSherr, Albrecht von Wildbnrg, folgte al« einziger Leidtragender auS der Familie dem reick geschmückten Sarge in dem ungeheuren Zuge, der ihm das letzte Geleit gab. Wie sehr ihn da» furchtbare Ende de« Unglücklichen ergriff, bewir» seine arbeuat« Haltung; sein wankender Schritt und die tief« Blass« keine» Antlitz,«; er
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