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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960905011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896090501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896090501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-09
- Tag1896-09-05
- Monat1896-09
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Rrclamen unter dem Redaction-strich (4ge- spalten) LO^z, vor den Fannliennactirichtrn <6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzrichniß. Tabellarischer und Ziffcrnja- nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Zimahmrschlnß für Änzeizen: Ab end »Ausgabe: Vormittag« 10 UhL Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr, Lei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. . , o««c»» > > Druck nnd Verlag von E. Potz in Leipzig W. Jahrgang. Kaiser und Zar in Sreslau. * Wenn wirklich der Zar den Entschluß, den unserem Kaiser schuldigen Besuch statt in Berlin in BreSlau abzu statten, auS Rücksicht auf die Empfindlichkeit der Franzosen gefaßt hat, so mag es den Berlinern überlassen bleiben, ihrer seits empfindlich zu sein. Nach allem, waS die,.grumte uation", den alten Hochmuth in Demuth verwandelnd, für Rußland gethan, ist es begreiflich, wenn der Zar die wundeste Stelle am Leibe der französischen Republik unsanft zu berühren sich scheut. Und wenn er vollends, wie eS den Anschein hat, mit der festen Absicht nach Paris gehen wird, die heiße Sehn sucht seiner verzückten französischen Gastgeber nach einem Offensiv - Dündniß mit Rußland unerfüllt zu lassen, so ist es doppelt begreiflich, daß er ihnen wenigstens in einer Frage der Etikette ein Zngeständniß macht. Für das deutsche Reich und sein Oberhaupt ist dieses Zngeständniß allerdings keine Schmeichelei, aber bei der Nüchternheit, deren wir uns in Deurtheilung unseres Verhältnisses zu den anderen Mächten befleißigen, legen wir auf Schmeicheleien kein Gewicht und sind mit Zusammenkünften, die ohne peinliche Rücksichten auf Formfragen günstig für unsre politischen Beziehungen ver laufen, zufriedener «IS mit Begegnungen, bei denen die formale Höflichkeit den Mangel an politischen Resultaten ersetzen muß. Auch an sich fügt es sich nicht übel, daß die Zusammenkunft auf schlesischem Boden stattfindet, denn manche historische Beziehung zwischen Prenßen und Ruß land ist mit den schlesischen Landen verknüpt. Wenige Meilen von Breslau, bei Burkersdorf, erwiesen die russischen Truppen, deren Rückkehr nach dem Vaterlande, angeordnet war, im Jahre 1762 dem Großen Friedrich einen letzten Dienst, indem sie sich, ohne am Kampfe theilzunehmen, so aufstellten, daß die Oesterreicher ihre Kräfte zersplittern mußten. Auf dem Ringe in Breslau wird der Zar das Denk mal Friedrich Wilhelms HI. sehen, der von Breslau aus mit dem Ahnherrn des gegenwärtigen Zaren zum gemeinsamen entscheidenden Kampfe gegen den Eorsen auSzog, und auf dem anstoßenden Platze befindet sich das Denkmal Blüchers, der mit der Hand nach jenem Flecken Wahlstatt weist, wo preußische Kolbenschläge nnd russische Bajonnetslöße den ersten cctentungSvollen Sieg über die Franzosen herbeiführten. Seit jenen Tagen hat sich gar vieles geändert. Der russische Zar trifft in BreSlau nicht den der Hilfe bedürftigen preußischen König an, dessen Kräfte nicht auSreichtcn, um allein den Erbfeind auS dem Lande zu jagen, sondern den Kaiser des mächtigen, geeinten deutschen Reiches; die An wesenheit zahlreicher deutscher Prinzen und Fürsten wird ihm die Einigkeit des deutschen Reiches vor Augen führen. Er wird nicht, wie sein Ahnherr Alexander I., Truppen be sichtigen, die die schlimme Schmach von Jena erst noch wett machen mußten, sondern Soldaten, deren Standarten in den Schlachten von Wörth und Sedan zu ruhmreichen Siegen ge führt wurden. Er wird nicht, wie Jener, in eine durch den Feind ausgesogene, veramte Provinz kommen, sondern in ein Land, das sich einer blühenden Industrie und eines ge sicherten Wohlstandes erfreut. Freilich hat sich auch in anderer Beziehung Manches geändert. Wenn wieder einmal deutsche und französische Schwerter einander kreuzen sollten, dann wird nicht, wie an jenem 26. August 1813, die russische Lanze den Stoß des französischen Säbels Pariren helfen, denn Rußland nnd Frankreich sind gute Freunde geworden, und ein wirklich bundesgenoffenschaftliches Verhältniß zwischen Deutschland und Rußland wird sich in absehbarer Zeil nicht Herstellen lassen. Ein solches Verhältniß wird aber, seit das alte „Dreikaiserverhältniß" in die Brüche gegangen und an seine Stelle der Dreibund getreten ist, weder von Deutschland noch von Rußland gesucht, denn keiner der eiden Staaten hat ein Interesse an einer gemeinsamen großen Action. Die Schritte, die Rußland zur Verhütung künftiger Wirren in der Türkei für Wünschenswerth und nöthig hält, führen den Zaren in erster Linie zu Oesterreich- Ungarn; aber gerade, weil er mit diesem zu einer Ver ständigung gelangen muß, bedarf er der wohlwollenden Haltung Deutschlands, daS seinerseits eine solche Ver ständigung zu begrüßen allen Anlaß hat. Ueberhaupt haben beide Staaten ein dringendes Interesse an der Aufrecht erhaltung gesicherter Beziehungen zu einander. Denn Ruß land würde in seinen auf Erweiterung des Machtbereichs im Osten und Süden seiner asiatischen Besitzungen gerichteten Bestrebungen, an die eS früher oder später mit Energie herantreten wird, gelähmt sein, wenn es befürchten müßte, daß ihm der mächtige Nachbar im Westen in den Rücken fallen könnte, und für Deutschland ist eS sehr erwünscht, wenn eS sich nur der Wacht im Westen zu widmen braucht und vor dem „Kriege nach zwei Fronten" gesichert ist. Auch die schon wegen der langen gemein samen Grenze so regen Handelsbeziehungen zwischen beiden Mächten erheischen die Erkaltung guter Beziehungen und die Möglichkeit freundschaftlicher Verständigung. So kann die Zusammenkunft der beiden Monarchen ohne Befestigung des jetzigen Verhältnisses kaum vorübergeben. Kommen doch auch Beide nicht nur als Herrscher, die sich officiell „freundlich lieber Bruder nnd Vetter" titnliren, sondern als wirkliche Verwandte, für die eine persönliche Annäherung schon durch die gemeinsamen Beziehungen er leichtert ist. Zudem sind sie Beide noch von jugendlicher Frische, von lebhaftem Temperament, dabei Veite ernsthaft um das Wohl ihres Landes bemüht, Beide von dem auf richtigen Wunsche der Erhaltung des Friedens erfüllt. So liegt schon in der Persönlichkeit der Herrscher eine gewisse Garantie dafür, daß ibr Zusammensein der Wahrung des Friedens und der Befestigung der guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern dienen wird. Und hat auch der plötzliche Tod des Fürsten Lobanoff die Hoffnung zerstört, daß in ihm und dem deutschen Reichskanzler Fürsten Hohen lohe zwei Staatsmänner in Breslau einander begegnen würden, die seit Jahren durch sympathische Beziehungen mit einander verbunden waren, so erweckt dafür der Umstand, daß ein Nachfolger für den so plötzlich aus dem Leben ge rufenen russischen Staatsmann noch nicht gefunden ist, eine andere Hoffnung. Selbstverständlich wird weder unser Kaiser noch sein Kanzler auch nur den Versuch machen, auf die Wahl deS Zaren einen Einfluß zu erlangen. Je wahr scheinlicher es aber ist, daß die Monarchenbegegnung in BreSlau nicht nur eine engere persönliche Fühlung zwischen unserem Kaiser und dem Zaren herbeiführt, sondern auch einer Verständigung zwischen dem Letzteren und dem KaiserFranz Joses in der orientalischen Frage die Wege ebnen hilft, um so wahrscheinlicher wird es zugleich, daß in der Wahl des künftigen russischen Ministers des Auswärtigen die günstigen Folgen ver Begegnung sichtbar werden. Es kann in Folge unvorhergesehener Zwischenfälle auch anders kommen, aber jedenfalls spricht die weitaus größere Wahrscheinlichkeit dafür, daß wir Deutschen mit dem Resultate des Besuches deS Zaren in Breslau zufriedener werden sein können, als die Franzosen demnächst mit dem Besuche des so heiß ersehnten Gastes in Paris. Wir erwarten eben nicht mehr, als wir von Rußland erwarten dürfen, wenn es seinen eigenen Vortheil versteht. Wir erwarten nicht, daß es um eines Mitgliedes des Dreibundes willen, das noch dazu die Hände sorgfältig auf den Taschen hält, mit Frankreich brechen werde; ja wir erwarten nicht einmal einen Toast des Zaren, der in gleich warmen Ausdrücken sich bewegt, die er in Paris finden wird. Mit der Genügsamkeit Dessen, der nöthigenfalls auch das Wenige entbehren kann, was er er wartet, sehen wir der Monarchenbewegung in Breslau ent gegen. Um so weniger aber unterliegen wir dem Verdachte, Höflichkeitsphrasen zu schmieden, wenn wir dem erlauchten Gaste unseres Kaisers ein herzliches „Willkommen in Deutsch land!" zurusen. Deutsches Reich. Berlin, 4. September. Eine soeben veröffentlichte amtliche Uebersicht weist aus, wie seit dem Jabre des großen Beraarbeiter-AusstandeS die Arbeitsleistung auf den Kopf des im Bergbau beschäftigten Arbeiters erheblich zurückgegangen ist. Im Dortmunder Revier wurden 1888 auf den Kopf des beschäftigten Arbeiters 315 Tonnen ge fördert, 1889 nur noch 293 und im Durchschnitt der Jahre —1895 nur noch rund 267, spcciell im Jahre 1895 nur 266. Für den Bergbau in ganz Preußen beziffert sich die Leistung 1888 auf 300, 1889 auf 289,3, im Durchschnitt 1889—1895 auf 265 und speciell für das letzte Jahr auf 268,3 Tonnen. In diesen Ziffern spricht sich die Erleichterung aus, welche der namentlich in Schlesien vorher zu sehr in Anspruch genommenen Arbeitskraft des Mannes durch Ab kürzung der Schichten, Wegfall der Ueberschichten u. s. w. gewährt wurde. Der Durchschnittülohn für die unterirdisch beschäftigten Arbeiter schwankt zwischen 951 jährlich, bezw. 3,20 pro Schicht im Aachener, und 1114 jährlich, bezw. 3,75 pro Schicht im Dortmunder Revier. Der Jahres-Durchschnitt aller, auch der über Tage beschäftigten jugendlichen weiblichen Arbeiter rc. ist bei einer durchschnitt lich um 12 Proc. geminderten Arbeitsleistung unmittelbar nach 1888 um 20—25 Proc. gestiegen und hat sich bis 1891 auf dieser Höbe gehalten, um dann geringfügig wieder zurück zu gehen. Aber 1895 ist er wieder von 838 auf 848 empor gegangen. * Berlin, 4. September. Gegenüber den Nachrichten von Mißhelligkeiten, die zwischen dem kaiserlichen Landeshaupt mann in Südwestasrika Major Leutwein und den ihm untergebenen Ossicieren und Beamten bestehen sollen, ist die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in der Lage, die Dar stellung der „Natioualzeitung", welche die betreffenden Angaben für vollkommen unbegründet erklärte, als durchaus zutreffend zu bestätigen. Daß mancher der dorthin Gegangenen, sich einen frischen, fröhlichen Krieg gewünscht hat und sich jetzt ärgert, daß der Landeshauptmann viel lieber durch Ver handlungen als durch Kämpfe Erfolge erringt, erscheint nicht unmöglich und findet auch eine gewisse Be stätigung in einem interessanten Briefe des rheinischen Missionars Virbe, der in der „Kreuzztg." veröffentlicht wird. In diesem Artikel steht zu lesen, daß sich seit einer Reihe von Monaten unter den neueren Ansiedlern und einem Theile der Ossiciere eine starke Strömung zum Kriege gegen die Herero bemerkbar mache. Immer wieder konnte man die Behauptung hören, bi« Herero rüsten zum Krieg« und man müsse ihnen zuvvrkommen. Auch in der deutschen Presse suchte man dafür Stimmung zu machen. Dann beißt es weiter: Dieser Strömung gegenüber hatte der menschenfreundliche, friedliebende Landeshauptmann, der mit so vielen alten Ansiedlern unter den Herero von den Kricgsrüstungen deS Volkes nichts sehen konnte, eine schwierige Stellung. Die Ansiedler in dem von den Herero geräumten Gebiet im Osten brachten Klage über Klage wegen Grenzüberschrcitungen seitens der Herero vor Es kann auch nicht in Abrede gestellt werden, daß wenigstens ein Theil dieser Klagen begründet war; aber Niemand, der mit den Verhältnissen gründlich bekannt war, konnte sich darüber wundern, und nach der oben erwähnten Fest stellung der Grenze horten die Ucberschreitungen aus. Daß in jener kleinen Ecke des Landes, d. h. bei Gobabis, die Luft nicht rein war, das freilich merkte man allgemein, und das Mißtrauen wuchs auf beiden Seiten bedenklich. Wie es dort aber zuletzt wirtlich zum Ausstande kam, das soll hier im Einzelnen nicht er- zählt werden. Einiges ist mir dabei auch nicht völlig klar; außer Frage jedoch steht mir, daß es ohne die dort hausenden Khauas-Holtentotten zu dem Ausstande nicht gekommen wäre. Vor Allem ist aber hervorzuheben, daß unser Herr Landeshauptmann dabei einen geradezu verblüffenden Sieg erfochten hat. Dabei denke ich nicht sowohl an feinen Waffensieg über die Aufständischen, als vielmehr an Len Sieg seiner Friedenspolitik über Diejenigen, welche die Kriegsposaune bliesen. Als am Pfingsttage die Khauas- Hotlentotten bei Gobabis, nachdem sie einige Wochen vorher eine deutsche Patrouille übcrsallen und erschossen hatten, die Truppe angriffen, da ging bei dem zweiten Angriffe bekanntlich auch ein Theil der nahe wohnenden Herero mit in Las Gesellst. Es waren deren jedoch viel weniger, und vor Allem sind in dem Gesellst viel weniger Herero gesallen, als nach der ersten Schätzung angenommen wurde. Gefallen mögen ihrer 12 bis 15 jein, wovon 2, 3 oder 4 eigentliche Herero, die übrigen sogenannte Ovambandjern. Die Zahl der gefallenen Hottentotten war natürlich größer, ist mir aber nicht genau bekannt. Die Lage der Truppen mar in jenem Augenblick eine geradezu verzweifelte. Von den sieben anwesenden Ossicieren waren in dem Gefecht zwei gefallen und zwei durch Verwundung kampfunfähig ge worden. Wenn jetzt auch nur alle in nächster Nähe woh nenden Herero aufgestanden wären, so wäre jene Abtheilung der Truppe verloren gewesen nnd Alles hätte auf dem Spiel gestanden, denn unzufriedene Elemente, welche bereit gewesen wären, bei Vernichtung der Truppe zu helfen, giebt es natürlich genug, sowohl unter den Nulnm ua als Here'?/. Aber kein weiterer Herero stand auf, um jenen Hottentotte und Herero zu helfen; vielmehr eilten bald Hunderte von ihnen der Truppe zu Hilfe gegen ihre eigenen aufständischen Volksgenossen. Die letzteren hatten sich mit den Hottentotten in nordöstlicher Richtung zurückgezogen, sich von ihren Volksgenossen also ganz getrennt. Die vielen zu Hilfe geeilten Herero sandte der Landeshauptmann bis aus etwa 120 nach Hause, weil es zu schwierig gewesen wäre, so viele zu verproviantiren, und wohl nicht minder, weil die Ossiciere den herbeigeeilten Herero immer noch nicht recht trauten." Daß man in den Colonien mit so wenig „Krieg" wie möglich anSkomme, muß als vornehmste Aufgabe unserer leitenden Beamten angesehen werden. Wenn eine solche Politik anscheinend der „Schneidigkeit" entbehrt, so wollen wir uns mit diesem Mangel gern abfinden. (-) Berlin, 4. September. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" schreibt: Das kaiscrpaar von RufzlanS wird in den nächsten Tagen zum ersten Male seit der Thron besteigung auf deutschem Boden weilen. Freudigen Herzens begrüßt das deutsche Volk in dem jungen, mit so vielen Tugenden geschmückten Herrscherpaare den edelsinnigen Schn Alexander's HI. und die erlauchte Fürstin aus deutschem Stamme, die an seiner Seite den Thron des befreundeten Nachbarreiches ziert. Die kommenden Tage werden das zwischen den hohen Gästen und unserem Kaiser paar bestehende Band herzlicher Zuneigung noch fester knüpfen. Möge die bedeutungsvolle Freundschaft der Herrscher häuser für immer ein Wahrzeichen sein, unter welchem Deutschland und Rußland in friedlicher und gemeinsamer Arbeit der Erfüllung ihrer Cultur-Aufgaben sich widmen können. L. Berlin, 4. September. (Privat t et eg r amm.) In einer an die „Berl. Börs. Ztg." gerichteten Zuschrift wird die Nachricht, daß das Schiffsjuugenschulschiff „Gnciscnau", das Ende September seine Uebungsreise nach dem Mittelmeere anlritt, zugleich den Schutz der Deutschen in der Türkei übernehmen solle, bestritten. Die Schulschiffe seien nicht danach ausgerüstet, kriegerische Operationen unternehmen zu können. „Sie beschäftigen die Mannschaften mit Segel- und Geschütz-Exercitien und laufen ab und zu einen Hafen an. Bei besonderen Anlässen dehnen sich die Ucbnngsfahrten bis Madeira aus. Auf den SchiffSjungen-Schulsllnsscn werden die Matrosen und auf den Cadettensckulsckiffen die See- Cadetten berangebildet. Welchen Schutz diese Schiffe den Deutschen zu bieten vermöchten, ist unergründlich. Zunächst befindet sich die Frage der Absendung weiterer maritimer Streitkräfte außer dem „Ersatz Loreley" nach der Levante im Stadium der ersten Vorbesprechungen." L. Berlin, 4. September. (Privat telegramm.) Die „National-Zeitung" schreibt: Die telegraphische Meldung, daß der Generalgouverneur von Warschau, tÄraf Schuwaloff, am 2. September einen Schlaganfall erlitten, der eine Läh mung der linken Seite zur Folge hatte, hat, wie in Rußland, insbesondere auch in Deutschland große Tbeilnahme hervorgerufen. Gilt doch Graf Paul Schuwaloff seit dem Jahre 1885, als er den russischen Botsckafterposten in Berlin übernahm, nicht bloS als ein aufrichtiger Freund aller Friedensbestrcbungen, sondern auch als ein vortrefflicher Kenner der deutschen Ver hältnisse, wodurch er befähigt wurde, den auf die Aufrecht erhaltung deS europäischen Friedens abzielcnden Bestrebungen der deutschen Politik Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Mit dem Fürsten Bisniarck durch persönliche Freundschaft verbunden, besaß Graf Paul Schuwaloff, wie das wohlverdiente Vertrauen der auf dem russischen Throne einander folgenden Zaren, die er al« Diplomat vertrat, auch dasjenige des Kaisers Wilhelm I. und seiner Nachfolger. So empfand man cs auch in Berlin mit Bedauern, als Graf Paul Schuwaloff den hiesigen Bot schafterposten mit demjenigen des GencralgouverneurS von Warschau vertauschte. Unter den Staatsmännern, die in diesen Tagen aus Anlaß des Hinscheidens des Fürsten Lobanoff als Candidaten für dessen Nachfolgerschaft genannt wurden, befand fick auch Graf Schuwaloff, dessen Wabl sicherlich von allen Freunden des Friedens mit großer Genu tbnung ausgenommen worden wäre. Es darf gehofft werden, daß Graf Schuwaloff Genesung finden nnd seinem Vater lande noch ersprießliche Dienste leisten wird. — Tie Nachricht, daß General von Hahnke seines Amtes als Chef des MilitaircabinetS und vortragender Generaladjntant ent bunden und an Stelle des Generalobersten von Lov Oberbefehls haber in den Marken und Gouverneur von Berlin werden solle, hat bisher keine amtliche Bestätigung erfahren. Dagegen ist General von Hahnke, wie schon gemeldet, vom Kaiser be sonders ausgezeichnet worden, indem er am 1. September zum Chef des Grenadier - Regiments Prinz Karl von Preußen (2. brandenburgisches) Nr. 12 ernannt wurde. Es ist nicht ersichtlich, ob Liese Auszeichnung dem Chef des MilitaircabinetS über eine Verstimmung Hinweghelsen soll, die er etwa über eine ihm unwillkommene Entscheidung in der Militairproceßsrage empfinden könnte, oder ob sie eine Genugthuung für ibn gegenüber den Angriffen auf die Stellung des MilitaircabinetS bedeuten soll. Jedenfalls wird die Auszeichnung nach den Erörterungen über den Rücktritt des Kriegsministers von Broniart und den Erklärungen im „Reichsanz." lebhaft besprochen werden. — Eine Untersuchung wegen Majestätsbeleidigung, die vor einiger Zeit aus Grund einer anonymen Bezichtigung gegen den Schrijlsteller Karl Schn eid t eingeleitet wurde, ist eingestellt worden. Den Gegenstand der Untersuchung bildete ein in der „Kritik" erschienener Artikel, worin dir Beziehungen deS Freiherrn von Stumm zu Kaiser Wilhelm II. besprochen wurden. — In einer Extrabeilage zur „Socialen Praxis" ver öffentlicht Fabrikant O. Weigert den von ihm in der öffentlichen Sitzung des Einigungsamts am 14. August er statteten Bericht über die Erhebungen in der Berliner Herren- und Knabenconfeclion. — Nachdem der deutsche Verein für Armenpflege bei rund 200 Stadt- und Landgemeinden eine Umfrage ver anstaltet batte über die in den verschiedenen Landestheilen bez. Städten bestehenden Gesetze und Praxis hinsichtlich der Entziehung des Wahlrechts bei öffentlicher Armen unterstützung hat die vom Verein eingesetzte Commission auf Grund eingehender Berichte der Herren Landrichter Du. Aschrott-Berlin, Stadtrath Or. Flesch-Frankfurt und Or. Berthold - Berlin beschlossen, dem im September dieses Jahres in Straßburg tagenden Congreß die Annahme folgender Leitfätze zu empfehlen: „Der Erlaß eines Reichs gcsetzes ist erwünscht, das die Be stimmungen in 8 3, 3 des Reichslagswahlgejetzes vom 31. Mai 1869 wie solgt klarstellt: I) Für den Verlust des Wahlrechts kommt nur diejenige Armenunterstützung in Betracht, die dem Unterstütztcn selbst ober einem alimentationsberechtigten Familienmitgliede des selben gewährt ist. 2) Tie einem solchen Familienmitgliede ge währte Unterstützung wird jedoch dem Familienhaupte dann nicht ungerechnet: n. wenn das Familienmitglied sich bereits in wirth« jchastlich selbstständiger Stellung außerhalb des Familienhaushaltes befindet; b. wenn Las Familienmitglied sich in Folge von Sicch- thum oder Gebrechen in voraussichtlich dauernder Verpflegung be findet; c. wenn die Unterstützung zu Erziehungszwecken gewahrt wird. 3) Für den Verlust des Wahlrechtes kommen diejenigen Unterstützungen nicht in Betracht, welche den Unterstützten oder seinen Angehörigen, soweit sie nicht der gesetzlichen Krankenpflege unterliegen, in Form freier ärztlicher Behandlung, freier Ver abreichung von Arznei und Heilmitteln oder der Aufnahme in eine Krankenanstalt gewährt werden, falls die Natur der Krankheit Liese Ausnahme bedingt. 4) Der Verlust Les Wahlrechts tritt dann nicht ein, wenn die gewährte Unterstützung vor Ausschreibung der Wahl zurückgezahlt ist." — Die „Berl. Pol. Nacbr." nehmen im Gegensätze zu dem „Börsenbl. f. d. d. Buchhandel" als sicher an, daß die Materien des Verlags- und deS Urheberrechts nickt sobald zur parlamentarischen Verhandlung gelangen werden. — vr. Quarck hatte sich, der „F. Z." zufolge, behufs Gründung eines Central-Gewerkschafts-OrganS an einen bekannten hiesigen Gewerkschaftsführer gewandt und ihm die Societät angeboten. Dieser hat aber abgelehnt. — Ans dem verloren gegangenen Hutmacherstreik bleiöen über zweihundert Personen dauernd arbeitslos. Diese untcrzubringen, wird neuerdings eine verstärkte Agitation zu Gunsten der „Genossen- schasts-Fabrik" eingeleitet, damit bei erhöhtem Consum der Mehr- bedarf an Arbeitskräften aus den Kreisen der Ausgesperrten gedeckt werden könne. — In einer gestern Nachmittag stattgehabten, von 2000 Per sonen besuchten, vom Vorstande der Gernianta-Jnnung einberufcncn Versammlung von Bäckergesellen kam es zu äußerst tumul- tuarischen Scenen. Die Versammlung sollte sich über die bevor- stehende Untersuchung der Gesellen auf ihre Gesundheit nnd über den Maximal-Arbeitstag ausjprechen. Die gesundheit liche Untersuchung wurde entschieden zurückgewiesen, da die Anwesenden meinten, nicht unter Polizeiaufsicht gestellt werden zu wollen. Die Bestimmungen über den Maximal - Arbeitstag wurden als noch nicht weitgehend genug betrachtet. Ta der Vor sitzende einiah, daß mit den Gesellen nicht zu verhandeln sei, schloß er die Versammlung, ohne eine Abstimmung herbeigeführt zu haben. Dies ries einen Tumult hervor. Man machte Miene, den Vor- standstisch zu stürmen. Hochrufe auf die Socialdemokratie wurden ansgebracht, nnd es bedurfte geraumer Zeit, bis der Saal geleert werden konnte. * KönigSberff, 3. September. Mit Bezug auf die B L rsen- garten-As faire veröffentlicht dir Direktion derBörsen- halle folgende Erklärung: „Wenn in derTbat das erwähnte Verbot (welches den Ossicieren, SanitätSofficieren rc. den Besuch des Börsengartens untersagt) in der Weise begrüntet ist, wie es nach jener Mittheilung der Fall sein soll, so charakterisier sich dasselbe als eine Präventivmaßregel, um die Herren activen Ossiciere gegebenen Falls vor einer solchen Maßregel zu schützen, wie sie Herrn Regierungsassessor v. V. betroffen hat. Wir bekennen, daß wir auf riesen Gesichts punct nickt gefaßt waren. Denn wir begen zu den Herren activen Ossicieren das feste Vertrauen, daß sie zu einem solchen Aergerniß, wie eS durch das Verhalten des Herrn Regierungsassessors v. V. hervorgerufen ist, niemals Der»
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