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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189609139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960913
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960913
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-09
- Tag1896-09-13
- Monat1896-09
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1896
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6684 Richtung tritt hier mit markanter Deutlichkeit hervor. Im Ganzen läßt sich aber kaum bestreiten, daß in jener Auseinandersetzung die Redaction des socialdemo» kratischen Organs nicht im Bortheil geblieben ist, was Vielleicht allerdings nur von der zur Zeit dort berrschenden inneren Krise herrührt. Bei Abfassung einer Replik kann der Zeit nach der Abg. von Elm kaum die Rede Les Fractionsgenossen Auer vom 8. September gekannt haben; seine lakonische bittere Bemerkung über die Kosten de« Londoner Kongresses scheint indeß über denselben ungefäbr die gleiche Meinung ausdrücken zu sollen, welche damals Herr Auer im Gegensatz zu den Beschönigungsversuchen deö Herrn Lieb knecht unumwunden geäußert hat. Zusammen mit dem Abenteuer der Herren Bebel und Bueb an der deutsch-fran- »sischen Grenze wirklich eine Reihe von ganz geeigneten Themen für den in Gotha bevorstehenden Parteitag. * Berlin, 12. September. Daß für den Sicherbeits- dienst während der Kaisertage in Breslau sowobl von preußischer wie von russischer Seite die ausgiebigsten Maßnahmen getroffen waren, ist selbstverständlich und er klärlich. Zn der „N. Fr. Pr." ist u. A. gemeldet worden, daß von russischer Seite die völlige Räumung des Privat- hauseS, das an das LanLeshauS, wo per Zar wohnte, arenzt, gewünscht worden war; man wollte sogar das Haus kaufen. Indeß erklärte die Regierung in Breslau, dgß keinerlei Sorge zu hegen sei; man kenne sämmtliche Inwohner ganz genau und sei vollauf bernbigt. Daß gleichwohl die Sorge der russischen politischen Polizei nicht so unbegründet war, ergiebt sich auö folgender Mil theilung, die der „Voss. Ztg." aus Breslau zugcgangen ist und die aus dem Munde der Dame selbst herrührt, von der im Folgenden die Rede ist: „Neben dem Ständebause, dem Absteigequartier ver russischen Majestäten, wolmt eine adlige Dame. Bei dieser erschien ein feingeklcideter Herr, der bei ihr anfragte, ob in dem Hause eine Wolmung oder auch nur ein Zimmer zu mietben wäre; die Gastbäuser wären alle be setzt, er könne nirgends eine Unterkunft finden. Die Dame erwiderte ihm, daß sie nichts zu vermiethen hätte. Darauf bietet ihr der betreffende Herr, wenn sie ibm auch nur ein Zimmer abtreten würde, 50 Mark täglich. Die Dame bleibt dabei, sie hätte nichts zu vermiethen. Des Herr läßt sich nicht abweisen und meint, es sollte ihm nicht darauf ankommen, einen höheren Preis zu bezahlen, wenn er nur endlich ein Unterkommen hätte. Er bietet 100 und schließlich, als die Dame auch bei 500 sich weigert, äußert er, die Dame könne ja sagen, was sie haben wollte. Sie bleibt jedoch fest, daß sie kein Zimmer zu vermiethen hätte. Der Herr ist eben zur Thür hinaus, da fällt ihr mit einem Male ein, es könne ein Nihilist sein. Sie schickt schnell jemand zur Polizei und ruft den Herrn wieder zurück und theilt ihm mit, daß sie es sich doch überlegt hätte, es wäre ihr vielleicht doch noch möglich, ein Zimmer abzugeben. Sie suchte ihn daher aufzuhalten, der Herr muß jedoch etwas gemerkt haben, denn ehe die Polizei kam, war er verschwunden. Später wurden der Dame von der Polizei die Photographien von Nihilisten vorgelegt und sie glaubte, iu einem der Bildnisse, dem eines berüchtigten, schon lange gefürchteten Nihilisten, denjenigen erkennen zu können, der in ihrer Wohnung gewesen war. Das Haus, das Wand an Wand an dem Ständehause liegt, wurde eine Stunde vor der Ankunft des Zaren von Polizei beamten von oben bis unten durchsucht und durch Geheim polizisten bewacht. Im Augenblick, als der Zar vorfuhr, bemerkte man, daß drei Herren (Geheimpolizisten) unver wandt von der gegenüberliegenden Seile das Haus beobachteten, ob sich irgend etwas Verdächtiges zeige." (-) Berlin, 12. September. (Telegramm.) Gegen über der seit Jahresfrist in der TagcSpresse der verschiedensten Richtungen immer wieder auftretenden Nachricht von einem kostspieligen Alottcnvcrmchrnttgsplnne, der vom Contre- Admiral v. Tirp itz an Allerhöchster Stelle vorgelegt worden sein soll, bemerkt der „Reichsanz.": Herr v. Tirpitz sei zu einer derartigen Vorlage nie berufen gewesen, habe sich auch nie in der Stellung befunden, in der ibm der Auftrag zu einer Ausarbeitung einer Marincvorlage hätte zugehen können. Zur Aufstellung der Marinevorlagen sei ganz allein die Marine- Verwaltung befugt. Es liegt nicht in der Absicht der Marinevcrwaltung, von dem bisherigen Gebrauche, durch den Etat dasjenige zu fordern, was die Marine zur Erfüllung ihrer Aufgabe braucht, abzugehen und den gesetzgebenden Körperschaften weitausschauende Pläne oder eine besondere Marinevorlage zu übergeben, die durch eine unübersehbare weitere Entwickelung der Tinge in der kürzesten Zeit werthlos werden könnten. Den Versicherungen des Staats- secretairs im Reichstage und in der Budget commission, daß exorbitante Forderungen nicht gestellt werden, sondern daß dieselben vielmehr ihre Grenzen behalten sollen, welche der wachsenden Bedeutung der Flotte für die Aufrechterhaltung des Ansehens des Reiches und für den Schutz der Interessen im Kriege und im Frieden entsprechen, sollten von dem deutschen Volke und der patriotisch gesinnten Presse ein höherer Werth beigemessen werden, als den grundlosen An deutungen über „uferlose Pläne", von denen die maßgebende Stelle sich frei weiß. ---Berlin, 12. September. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." veröffentlicht folgende hockofficiöse Erklärung: „In einem Theile der Presse wird noch immer die Discussion über den wahren Wortlaut des Trinkspruchs unterhalten, den der russische Kaiser bei dem Festmahle in Breslau ansbrachte, obgleich die zuerst von unverantwortlicher Seite Hinaustelegraphirte falsche LeSart durch den alsbald bekannt gegebenen wirklichen Text berichtigt wurde. Dem gegenüber kann nochmals festgestellt werden, daß alle im Saale anwesenden, der französischen Sprache kundigen Personen bestätigen können, daß die Worte deS Kaisers Nicolaus, der laut und im ganzen Saale vernehmlich sprach, so lauteten, wie sie der ofsicielle Text wiedergegeben hat. Es wäre daher gut, jene Betrachtungen als durchaus müßig einzustellen." Berlin, 12. September. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." bezeichnet die Mittbeilungen der Blätter über den Termin der Giuberufmm des Landtages und über ein zelne Regierungsvorlagen als verfrüht, da in beiden Beziehungen Näheres noch nicht bestimmt sei. ki. Berlin, 12. September. (Privattelegramm.) An gesichts der dem Bundcsrath zugegangencn Vorlage über Abänderungen deS Jnvaliditäts- n»S Altersvcrfichcrungs- GeseficS meint die klerikale „Köln. VolkSztg.", weil dasselbe so früh „reparaturbedürftig" geworden sei, würden „manche Leute sich berufen fühlen, ihre Verantwortung für das Gesetz zu leugnen" — und sie macht Namens LcS Zentrums den Anfang damit. Eigentlich liegt kein ver nünftiger Grund zu solcher Ablehnung der Verantwortlichkeit vor: die nützlichen Wirkungen, welche das Gesetz bereits geübt hat und die es trotz seiner Mängel weiter hervor bringen wird, überwiegen die letzteren so sehr, daß jeder, der das Gesetz s. Z. befürwortet bat, sich rukig hierzu bekennen darf — was natürlich nicht ausschließt, daß man die Mängel zu beseitigen sucht. Das genannte klerikale Blatt aber schreibt zunächst: Es zeigt sich das Bestreben, dem Centrnm die Verantwortung für das unbeliebte Gesetz aufzubürden. Solche Ausstreuungen finden leicht Glauben; denn wenn in unseren Parlamente» etwas „Sociales" geschaffen wird, ist man gewöhnt, Las Centrnm in erster Reihe an der Arbeit zu sehen. Ter reine Malvolio — bemerkt hierzu die „Nat.-Ztg." —, der mit den kreuzweise gebundenen Kniebänderu einherstolzirt! Die Verantwortlichkeit für das Jnvaliditäks- und Alters- versicherungögesetz jedoch will er trotz aller „socialen" Selbst gefälligkeit nicht tragen, denn Windtborst habe gegen dasselbe gesprochen und die große Mehrheit deö CentruinS habe da gegen gestimmt. Allerdings, aber der Freiherr von Francken- stein und 12 andere Klerikale haben dafür gestimmt und hierdurch die Annahme deS Gesetzes entschieden; sie erfolgte am 2l. Mai 1880 mit 185 gegen 105 Stimmen; hätten die 13 Eentruins-Abgeordneten dagegen votirr, so wäre es ab gelehnt worden. (D Berlin, 12. September. (Privattelegramm.) Ab geordneter Bebel beabsichtigt, am Sonntag, den 4. October, in der Nähe von Straßburg, und zwar auf badischem Terrain, eine Versammlung abzuhalten und über die Thätig- keit des Reichstages zu sprechen. — Graf Friedrich v. Rhena wurde laut dem „Mil.- Wochenbl." im activeu Heere als Sec.-Lt. bei dem 1. Bad. Leib-Gren. Regt. Nr. 109 angestellt. — Derartige „An stellungen" muthen, wie wir schon früher bei ähnlichen An lässen bemerkten, anachronistisch an. — Gegen die schönsärberische Art und Weise, wie Herr Liebknecht im „Vorwärts" den Londoner Congreß zu besprechen beliebte, werden von Seiten des Parteisecreiairs Auer lebhafte Einwendungen erhoben; zugleich kündigt dieser in der von uns bereits erwähnten Rede an, daß er sich einer Absetzung des Londoner Congresses von der Tagesordnung Les Parteitages durchaus widersetze. In letzter Zeit habe man — so führte Auer nach der „N. A. Ztg." aus — ver langt, daß der Bericht über Len internationalen Eongreß in LonLon von der Tagesordnung des Parteitages abgcsctzt werden solle. Das sei nicht rathsam. Es müsse vor allen Dingen einmal Klarheit geschaffen werden, ob die sanguinische Auffassung bezüglich der englischen svcialistischcn Arbeiterbewegung, welche der „Vorwärts" so ausfällig hervor kehre, berechtigt sei. Auer betont, Laß er diesen Optimismus, den der „Vorwärts" (gemeint ist Liebknecht) verbreite, für sehr verderblich Halle. Er meint, mau müsse die Haupt arbeit der internationalen Congresse internationalen parla mentarischen Conferenzen übertragen, sonst würden die Anarchistendebatten doch kein Ende nehmen. Der Redner machte bei dieser Gelegenheit das Eingeständniß, daß die in London aufgeführten Scenen einen schlechten Eindruck bei den Parteigenossen hinterlassen haben. — Eine Statistik der Arbeitslosigkeit in Preußen auf Grund der Zählungen vom 14. Juni und 2. December 1895 wird vom „Stat. Bür." veröffentlicht. Danach wurden am 14. Juni gezählt: 144 604 männliche, 49 375 weibliche, am 2. December 386 686 männliche, 166 990 weibliche Arbeit nehmer außer Stellung. Es würde danach die Zahl der Arbeitslosen bei der Sommcrzählung 1,51, bei der Winter zählung 4,26 Procent der Erwerbstbätigen betragen haben, oder wenn man die Rechnung auf rie Gesammtbevölkerung bezieht: bei der Sommerzählung 0,62 (bei der männlichen Bevölkerung 0,93, bei der weiblichen 0,32), bei der Winter zählung 1,74 (bei der männlichen Bevölkerung 2,47, bei der weiblichen 1,03). — Der antisemitische Reichstagsabgcordnete Pastor Jskrant ist gestern von der vereinigten Gemeindekörperschaft der Sophien- gemeinde zum dritten Prediger an der genannten Kirche gewählt worden. Pastor Jskrant erhielt von 47 abgegebenen Stimmen 27; 19 fielen auf Prediger Ulfert vom Paul-Gerhard-Stift. Die Be stätigung der Wahl liegt beim Consistorium. * Köln, I I. Septewber. In einer gestern abgehaltenen Versammlung uationalliberaler Bürger deS Reichstags wahlkreises Köln hielt der Geschäftsführer der nationalliberalen Partei im Rheinlande, vr. Johannes, das Wort zu einem längeren Vortrage überZdie politische Lage und die Aufgaben der nationalliberalen Partei. Ausgehend von dem ersten 1867 ausgestellten Programm der Partei: „Die Endziele deS Liberalismus sind beständige, aber seine Forderungen und Wege sind nicht abgeschlossen vom Leben und er schöpfen sich nicht in Formeln. Sein innerstes Wesen besteht dari«, die Zeichen der Zeit zu beachten und ihre Ansprüche zu befriedigen", besprach er ott von lautem Beifall unterbrochen, zuerst die wirth- schaftspolitischen Fragen und ging besonders auf die Gesetzgebung im Interesse Les gewerblichen Mittelstandes und dec LandwiUhschnlt ein; er legte dar, wie in betreff der Handwerkersrage der Telegirte» tag von der größten Wichtigkeit sein werde: es werde sch zeigen, daß die nationallibcrale Partei der schwierigen Lage des Haud.vecls, soweit das mit den Mitteln der Gesetzgebung und der Ver waltung überhaupt möglich sei, mit dem aufrichtige» Streben zu helfen gegenübcrstehe. Redner ging dann über zu der socialen Frage uud zeigte, wie hier die Partei nach wie vor auf dem Boden der kaiserlichen Erlasse vom Jahre 1891 stände und die Arbeiterfrage vom Gesichtspunkte der Humanität und Les Staatswohles in wohlwollender aber auch streng sachlicher Prüfung behandle. Die Besprechung der Colonialpolitik gab dcni Redner Anlaß, unter allgemeiner Zustimmung der Versammlung die Mahnung an die nationalliberalen Abgeordneten zu richten, daß sie bei Füllen wie Leist und Wehlau nicht den Anschein Be rechtigung gewinnen ließen, als ob sie die Kritik ähnlicher nach weisbarer Verirrungen von Regierungsbeamten der Socialdemokratie überließen. Die nationalliberale Partei habe keine Rücksichten zu nehmen, weder nach unten, noch nach oben; sie sei ein Hort der Wahrheit und Gerechtigkeit. Deshalb müsse die Partei auch der jetzt herrschenden Stellung des Ultra montanismus gegenüber von um so größerer Wachsamkeit und Regsamkeit sein und unbeschadet des Verdienstes des Centrums um das Zustandekommen Les Bürgerlichen Gesetzbuches dafür sorgen, daß der Preis dasür von der Regierung nicht znm Schaden unserer ganzen deutschen Cnltur bezahlt werde. Gefahr sei genug vorhanden. Redner warnte dann noch dringend vor dem ja durch die trüben Zeiten erklärlichen Pessimismus, mit einer elegischen Weichheit lei unserem Volke nicht gedient, welches das Leitziel echter Vaterlandsfreunde vor Augen sehen wolle und nur so idealen Anschauungen wieder zu gänglich gemacht werden könne. Die gebildeten Kreise müßten unbe dingt aus der Jsolirung heraus und mitten in Len Kampf der Meinungen hinein, wo ihre Stimme mit Achtung gehört werden würde. Es genüge nicht, blos einer Partei anzugehören, man müsse sie auch öffentlich bekennen, und wenn Jemand glaube, daß die Partei falsche Wege gehe, dann solle er in den Versammlungen erscheinen und seine Wünsche geltend machen und Vorschläge zum Bessern geben. ^Wiederholtes Bravo.) In der sich an diesen Vortrag anschließenden oft sehr lebhaften Besprechung wurden von den verschiedensten Seiten oie einzelnen Fragen, besonders die Handwerkerfrage, die Stellung zu dein Eentrnm u. s. w. eingehend erörtert und e in st i m in ig Len zum Telegirtentag nach Berlin zu wählenden Vertrauensmännern die Weisung gegeben, dahin zu wirken, daß die nationalliberalen Abgeordneten schärfer als bisher den confessionellen Uebergriffen, von welcher Seite sie auch kommen möchten, cntgegentreten, zu den wirthschast- lich en Fragen eine feste und geschlossene Stellung ein nehmen, besonders die Förderung des Mittelstandes und des Handwerks sich angelegen sein lassen und der Regierung da, wo sie sich zu schwach gegenüber ultramon- tauen, radikalen und ultraconservativen Forderungen zeige, als eine wahrhaft selbstständige Partei entschieden entgegen treten sollten. * Grci;, 11. September. In Neuß ä. L. bereitet sich, wie mehreren Blättern geschrieben wird, ein Wechsel in der Negierung vor. Es verlautet, daß Regierungs- und Eonsistorial-Präsident v. Dietel von seinem Amte zurück zutreten beabsichtige. Er habe bereits einen längeren Urlaub angetrctcu, bei dessen Beendigung er voraussichtlich sein Amt an den Bundesrathsbcvollmächtigten Ober - Regierungsrath v. Meding abtreten werde. Der welsische Particularist würde mithin lediglich dem welfischen Particularisten weichen. Von diesem reußischcn Particularismus werden jetzt gerade wieder einige Stüalein berichtet. So heißt eS, daß neuer dings Lehrern die Unterzeichnung eines Reverses bezüglich der Ertheilung des Geschichtsunterrichtes über die neuere Zeit von 1866 an auferlcgt worden sei! Die Nach richt übrigens, die reußische Regierung habe in dem Greizer Handelskammerberrcht den Gebrauch des Wortes „Reichshauptstadt" für Berlin beanstandet, wird uns auf eine Anfrage als unbegründet bezeichnet. * Koblenz, 11. September. Vom hiesigen Consistorium, der vorgesetzten Behörde der Saarbrücker Pfarr- conferenz, ist in Sachen „Stumm" eine Antwort erfolgt,— noch nicht auf die neueste Anklageschrift Slumm's, sondern erst auf jene bekannte Erklärung vom 28. Februar d. I. Das Coblenzer Consistorium drückt seine „lebhafte Be friedigung" Larüber au§, daß die Saargeistlichen sich „gegen die Beschuldigung einer agitatorischen Thätigkeit auf dem socialen Gebiet" so entschieden verwahrt haben, und giebt den evangelischen Arbeitervereinen an der Saar das Zeugniß, daß sie bisher keinerlei socialpolitische Action entfaltet hätten, „welche es den Geistlichen zur Pflicht hätte machen müssen, um ihres Amtes willen sich von der Theilnahme an Len Bestrebungen der genannten Vereine zurückzuhalten." Der Haupttheil der Antwort des Consistoriums wendet sich aber nach diesen anerkennenden Worten gegen die Nothwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Dienlichkeit der Er klärung vom 28. Februar, welche doch „den Schein einer Ein mischung in den Streit der politischen Parteien" und „den Schein einer Sympathie mit den Tendenzen der christlich socialen Partei" Hervorrufe. Es wird schließlich das Be dauern über die Veröffentlichung der Erklärung ausgesprochen, „indem das Vorgehen geeignet ist, wenigstens bei einem Theil ihrer (der Geistlichen) Gemeindeglieder Las Ansehen ihres Amtes zu gefährden und sie in weitere Conflicte hinein zuziehen." (Fortsetzung in der 1. Beilage.) Vereid. SachverstänS.f.Patent-n.Gebrauchsmusterschutz am Königl. Landgericht Leipzig. Inhaber des als streng reell u. leistungsfähig bekannten Patentburcau 8aelt, Leipzig. — Besteht seit 1878. Tel. A. I, 682. L »ei Kcurralhallc, Fernspr. 1998 n. Kohlgarteustr. 57, Fernwr. 2705, Vertreter ver Tcutscheu Gasgluhlicht-Actiengesellschaft. Wir warncn vor werthlosen Nachahmungen der Auer'schen Patente. Ausr VlüLlLörVsr Ml. L.4V t-irü88tv!j, bebuxtictwto«, erste» ÜLU8. 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Rheinweine Ranstädter Steinweg 33. z La sie jederzeit mit einem Ausstande der Eingeborenen ant worten kann. Auch in Manila, der Hauptstadt der Philippinen, ist die Bedeutung der Geistlichkeit ans den ersten Blick zu erkennen. Zahlreiche Kirchen im spanischen Dominikanerstile und mächtige Klöster legen Zeugniß davon ab. Die Ciudad, die Altstadt Manilas, die am linken Ufer des Flusses Pasig liegt, trägt ganz AltspanienS Charakter: sie ist ernst, stolz, düster — ein Stück aus alter Zeit. Hier herrscht Schweigen; über dem Flusse aber liegt die Eöcolta, der große Boulevard, in dem Handel und Leben ihren Mittel punkt finden. In drei, vier Reihen liegen hier die Schiffe auf dem breiten Strome, Segler und Goeletten, die Packet- boote nach Singapore und nach China, und ein gewaltiges Leben und Treiben strömt von ihnen aus, fluchet nach ihnen hin. Wenn die Nacht naht und das AngeluS ertönt, dann erreicht das Leben auf der EScolta seinen Höhepunkt. Dann sitzen die Leute plaudernd und rauchend vor den Bodega'ö, offene Wägelchen führen die Eingeborenen über die Straße, in rasender Carriöre fahren die Kaleschen daher, die die Europäer auf die Promenaden oder zum Concerte auf der Luneta führen. Und die Cigarren fabriken schließen sich und zu Tausenden wandern die Cigarrenas heim, Mischlinge aller möglichen Rassen, alle mit offenem Haare, alle große Cigarren rauchend. Auf den Philippinen raucht Alles Cigarren, Männer und Weiber, selbst die Negritoweiber, die das glimmende Ende zwischen die Zähne stecken. So fluchet denn diese unendliche Schaar der Eigarrenmädchen durch die Straßen, lachend und scherzend, und vor allen Ausladen stehen bleibend, um sie mit begehr lichen Blicken zu prüfen. Besonders die Schmuckläden ziehen sie an; es ist unglaublich, eine wie große Menge von kost baren Schmuckgegenständen die eingeborenen Mädchen, selbst die armen, verbrauchen. Jetzt, gegen Abend, beginnt das Concert auf der Luneta, einer großen Wiese am Strande, zu dem sich die vornehme Welt einsindet. Die Musik rauscht, die Wellen schlagen leicht ans Ufer, ein frischer Seewind webt, draußen von der Rhede zeichnen sich die Conturen der großen Dreimaster und mäch tigen Dampfer ab, und die untergehende Sonne wirft einen feurigen Goldglanz auf die Gipfel der Sierra di Mariveles. Traumland, Traumland .... Aber der Traum hat auch eine dunkle Seile der Wirk lichkeit. Die Spanier, die die Inseln nun mehr als 300 Jahre besitzen, haben für ihre Entwickelung sehr wenig ge- than. Sie haben auch hier die Politik befolgt, die Einge borenen in Beschränkung und Dumpfheit, in Abhängigkeit und Unterdrückung zu halten. Tie Verwaltungsstellen blieben den Altspaniern Vorbehalten, die hier ein willkommenes Feld für ihren Ehrgeiz oder ihre Gewinnsucht fanden. .Die Con- quistadoreö von 1571 blieben fremde Hemm j„, Lande. Allmählich aber bildete sich eine Mischlingsbevölkerung, die die Inseln als ihre Heimath ansiebt und an der Leitung ihrer Geschicke theilzunehmen verlangt. So wird sich über lang oder kurz auf den Philippinen die Geschichte deS spani schen Süd-Amerika wiederholen, und eine neue Epoche wird für diese paradiesischen Inseln beginnen. Geschichte der englischen Literatur. Auf dem Felde der buchhändlerischen Production einem wirklichen Bedürfnisse abzuhelfen, ist zwar, wie zu allen Zeiten, so auch heute noch stets das Bestreben rühriger Verleger gewesen, aber daß cs häufig gelänge, dieses Ziel zu erreichen, das kann man nicht eben behaupten; es giebt nur noch wenige Gebiete, auf denen nicht schon mehr als genug literarisch gearbeitet worden wäre. Um so freudiger ist es immer zu begrüßen, wenn Loch einmal solch ein großer Wurf gelungen ist, und dies ist der Fall bei der „Geschichte der eng lischen Literatur von den ältesten Zeiten bis zur Gegen wart" von Professor vr. Richard Wülker, die soeben in ihrer Lieferungsausgabe zum Abschluß gekommen ist und nun in vor nehmer Gewandung als stattlicher Band vor uns liegt. Die Ver lags-Anstalt, das Bibliographische Institut in Leipzig und Wien, darf auch auf Liese ihre neueste Leistung mit Recht stolz sein. Mit dem bedeutsamen Werke ist eigentlich die erste englische Literaturgeschichte geschaffen worden, denn es giebt weder unter den deutschen, noch unter den englischen Darstellungen ein abgeschlossenes Werk, das auch nur an nähernd den Anforderungen der Wissenschaft und des guten Ge schmacks in gleicher Weise gerecht würde. Die Entwickelung der englischen Literatur aufzuzeigen, war der Zweck des Buches. Darum wurde mit den ältesten Anfängen des Schriftthums begonnen und bis zur neuesten Zeit vorwärts gegangen. Nur auf diese Weise war es möglich, nachzuweisen, wie zeitig manche Anlagen des eng lischen Geistes hervortratcn, und wie sie sich im Lause der Jahr hunderte fortbildeten. Die große Befähigung des englischen Volkes für das Drama und den Roman, seine Neigung zu tiefernster religiöser Dichtung und zur schildernden Naturbeschreibung werden dem Leser z. B. schon in frühen Jahrhunderten entgegentreten, und auch der Humor, durch den sich England bis heute auszeichnet, fehlte schon damals nicht. Das gewaltige Gebiet, das ans diese Weise zu behandeln war, so sicher, klar und übersichtlich zur Darstellung gebracht zu haben, ist für den Autor diese- neuen Standard-Werke- ein Ver dienst, das nur noch durch die gefällige Form in Sprache und Stil gehoben werden konnte, die die „Englische Literaturgeschichte", so streng wissenschaftlich sie ist, zugleich zu einem für das große Publicum vortrefflich geeigneten Haus-, Familien- und Unter- Haltungsbuche macht. Die Rücksicht aus weitere Kreise hat aber noch eine wichtige Folge gehabt. Verständlich werden uns Dichtungen, die wir niemals gelesen haben (und kein Literaturfrennd kann Alles lesen), nur durch eine anschauliche Skizze des Inhalts. Daher hat Wülker in seiner Darstellung ziemlich ausführliche Inhaltsangaben überall in den Vordergrund treten lassen und sehr häufig auch charakteristische, gut ausgewählte Proben in geschmackvollen Uebcr- setzungen hinzngesügt. Wirksame Unterstützung boten der vopulären Haltung des Werkes endlich noch die zahlreichen Illustrationen, die, das muß besonders hervorgehoben werden, nicht nach allbekannten Vorlagen, sondern ausschließlich nach Originalen eigenS angesertigt worden sind. Es sind 162 Abbildungen im Text, 25Tafeln in Farben druck, Kupferstich und Holzschnitt, endlich 11 Facsimilc-Bcilagen. Unter diesen beigehesteten Blättern verdienen ihrer künstlerischen, aber auch ihrer historisch getreuen Wiedergabe wegen besonders erwähnt zu werden die Farbendrucktafeln: „Die Krönung König Heinrich's IV. von England", „William Shakespeare, nach der Büste in der heiligen Dreicinigkeits- kirche zu Stratford", „Badegesellschaft in Tunbridge Wells" (zu Richardsohn), die Tafeln in Schwarzdruck: „Der Sturz der bösen Engel, aus einer angelsächsischen Handschrift", „Stätten aus W. Ehakespcare's Leben (Geburtshaus, Geburtszimmer, Dreieinigkeits kirche zu Stratford, Grammar School, ebda.)" und endlich die Facsimile-Beilagen: „Plan von London (1575)", „Ein Brief von A. Tennyson". Aber auch von den hier nicht genannten Bildern, vor Allein von den farbigen Tafeln, sind die meisten graphisch« Musterleistungen, und so gesellt sich bei der Lecture des Buches zu dem literarischen auch noch ein künstlerischer Genuß. Und gerade auch in Bezug auf diese reiche Beigabe von Illustrationen ist der Preis von 16 für den in Halbledrr gebundenen Band als sehr gering zu bezeichnen.
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