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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960914029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896091402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896091402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-09
- Tag1896-09-14
- Monat1896-09
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Während der „Reichsanzeiger" es für nöthig hält, die von den Gegnern jeder zeitgemäßen Verstärkung unserer Marine künstlich genährte Besorgniß vor „uferlosen Flottenplänen" der Marineverwaltung zu beschwichtigen, erbeben dieselben Gegner gegen dieselbe Marinever waltung den schweren Vorwurf, sie habe durch slrästliche Ersparnißrücksichten den Untergang deS „IltiS" ver schuldet. Dieser Vorwurf gründet sich auf eine Ausgrabung der „Deutschen Warte" aus dem Buche „Weltreise" des Generals v. Korfs, der im zweiten Bande „Japan, China" unterni 9. August 1893 Folgendes schreibt: „Ich machte dem „Iltis" meinen Besuch und fand dort den Commandanten der österreichischen Fregatte, der in großer Gala ebensallS seinen Besuch machte. Wenn ich Großadmiral wäre, ichickte ich das Kriegsschifschen nach Stralau oder Treptow, um Sonntags durch Salute die Kahnfahrer aus der Spree in Schrecken zu versetzen, hätte aber nicht den Muth, damit über den Oceau zu kutschiren. 940 Tonnen oder 420 wäre mir doch dazu ein zu kleines Gefäß! Die Sabine des Commandanten Graf Baudissin ist eigentlich ein rtleiderspind: der Eßsaal sieht wie eine Kiste aus, der Weg dahin ist wie eine Leiier für ein Bücherregal. Alle Verhältnisse im ganzen Schiff dem angemessen, daß nur Kinder oder Japaner da Platz l aben, aber nicht Gestalten, wie diese frischen, breiten, blonden, kernigen deutschen Seeleute, die auzusehen schon ein Genuß ist. Der „Iltis" sah wie geleckt aus. Man hätte ibn in Chicago auf einen Disch stellen können, als Muster und Modell von Sauberkeit und Ordnung — aber übers Wasser wäre ich nicht gern mit itim gefahren! ll'Iie Kormnu tziauts (Die deutschen Riesen) sagt man hier, wenn die Osficiere der Mannschaften des „Iltis" sich zeigen. Meine Ruhe ist hin, mein Herz ist schwer, und ich finde sie nimmermehr! ..." Hätte die Marineverwaltung auf Grund dieses „Gut achtens" den „Iltis" außer Dienst gestellt und -Forderungen für den Bau eines größeren und bequemeren Schiffes er hoben, welchen Sturm würden da die „Hüter der Taschen der Steuerzahler" erhoben haben! Welche Ehrentitel hätte man dem Verfasser jener Zeilen und der Behörde augehängt, die sein „blutiges Laienurtheil" zur Befriedigung ihrer „Gelüste nach Schisfskolossen" auszubeuten gesucht! Und jetzt muß derselbe „blutige Laie" dazu herhalten, gegen die angeblich über „uferlosen Flottenpläneu" prüfende Behörde den schnöden Vorwurf geiziger Gleichgiltigkeit gegen das Leben wackerer Seeleute zu begründen! Derartige Ruchlosigkeit, in welcher natürlich der „Vorwärts" allen anderen Hetzorgauen voran gebt, wäre nicht nur in Frankreich, sondern in jedem anderen europäischen Staate undenkbar. Wir hoffen indeß, daß unsere Marineverwaltung den Borwurf unverantwortlicher Sparsamkeit im Falle des „Iltis" mit derselben Rübe trägt, wie den Vorwurf, „uferlose Flotten pläne" auszubrütcn. Bietet ihr doch, wenn sie wohl erwogene neue Forderungen sür die zeitgemäße Erneuerung und Verbesserung unserer Streit- und Wehrkräfte zur See im Reichstage zu begründet: hat, der erstere Vorwurf die beste Gelegenheit, die „sparsame" Opposition mit deren eigenen Waffen zu schlagen und sie vor die Alternative zu stellen, entweder das, was zur Sicherung der deutschen Seeleute vor Gefahren, die ihnen von den Elementen oder übermächtigen Feinden drohen, selbst Laien nöthig erscheint, anstandslos zu bewilligen, oder aber anzuerkennen, daß der Vorwurf, die Mariuebebörde habe aus falscher Sparsamkeit oder auS falschem Eigendünkel jahrlang die Warnung deö Generals v. Korfs in den Wind geschlagen, ein Agitationsmittel niedrigster Art, eine Heuchelei ohne Gleichen war. In dem Berichte, den am Sonnabend Abend der Tele graph über die im Vorstehenden erwähnte Auslassung des „RcichsanzeigerS" in Sachen der „uferlosen Flottenpläne" gebracht bat, ist ein sehr bemerkenswerther Passus aus gefallen : „Die Hereinzichung seines Namens (des Contreadmirals v. Tirpitz) in die Zeitungspolemik dürfte ebenso wenig seinen persönlichen Interessen dienen, wie es der Gepflogenheit militairischer Tradition in unserm Lande entspricht, einen Ossicier in unverantwortlicher Stellung in Gegensatz zu den leitenden Stellen zu bringen." Angesichts der Gegensätze, die zwischen dem unverantwort lichen Chef des Militaircabinets und dem verantwort lichen preußischen Kriegsminister zu Tage getreten sind und mit dem Siege des Ersteren geendet haben, muß diese Versicherung, daß eS den militairischen Traditionen in „unserem Lande" nicht entspreche, einen Ossicier in unver antwortlicher Stelle in Gegensatz mit den leitenden Stellen zu bringen, höchlich überraschen und befremden. Soll, so fragt man sich, jener Gegensatz abgeleugnet oder soll die Zusicherung gegeben werben, daß mit den „unverantwortlichen Nebenregierungen" werde aufgeräumt werden'? Im letzteren Falle darf man bald eine Meldung über Aenderungen im Militaircabinet erwarten, im ersteren wird der Reichstag oder das preußische Abgeordnetenhaus Gelegenheit zu der Anfrage nehmen müssen, wie die dem Ausscheiden des Kriegsministers Brousart von Schellendorf aus seiner Stellung vorausgeganzenen Vorgänge mit der Erklärung deö „Reichsanzeigers" in Einklang zu bringen sind. Der von Herrn Lepsius und seinen Freunden in Deutsch land ins Werk gesetzten Bewegung zu (Künsten Ver Armenier, soweit sie über eine rein humanitaire Bewegung hinaus geht und einen politischen Charakter annnnmt, treten weitaus die meisten politischen Blätter entschieden entgegen, und zwar nicht nur wegen der Beziehungen Deutschlands und der Türkei, sondern vor Allem im Interesse der Armenier selbst und aller in der Türkei wohnenden Christen, die durch oie wohlgemeinte, aber unbesonnene türkenfeindliche Agitation in ernste Gefahr gebracht würden. So schreibt die „Köln. Ztg.": „Man vergegenwärtige sich doch nur, wie die ganze armenische Frage und mit ihr die Gemetzel in Kleinasien und Konstantinopel entstanden sind. Früher lebten die Armenier unter eben so erträglichen oder wenn man will unerträglichen Verhältnissen, wie die anderen Unterthanen der Türkei, und eine Aenderung trat erst ein, als die armenischen Comitös unter der Duldung und dem Schutze Englands in London ihre Thütigkeit er öffneten. Durch diese Coniitös wurde die Bevölkerung aufgereizt und zur Auflehnung gegen die Behörden ermuthigt. Tie Ver geltung war hart und übertrieben, aber jedenfalls kann man sagen, daß sie nicht eingetreten wäre ohne die armenischen Comites in England und ohne ihre englischen Förderer. Soll sich nun in Deutschland das Gleiche vollziehen? Soll eine deutsche Agitation dazu beitragen, die Armenier über ihre Lage zu täuschen und ihnen Hoffnungen vorzugaukeln, die sich doch nicht erfüllen werden? Vielleicht werden sie, vertrauend auf die aus Deutschland kommende Ermuthigung, wieder aufstehen oder sich Ungesetzlichkeiten zu schulden kommen lassen; in diesem Falle wird die Reaktion sicher nicht ausbleiben, der Knüttel wird wieder wüthen und die Verantwortung für die wieder fallenden armenischen Opfer werden, wie bisher die Engländer, dann diejenigen Deutschen zu tragen haben, die die jetzige Agitation entfachen. Tas aber ist eine so furchtbare moralische Verantwortung, daß wir uns schon jetzt in der ausdrück lichsten Weise von ihr sreimachen möchten. Wir haben aber noch einen andern Grund, ihr rntgegenzutreten. In der Türkei leben außer den Armeniern auch noch andere Christen, Europäer und deutsche Landsleute. Diese, die uns jedenfalls näher stehen als die Armenier, werden durch das Vorgehen der deutschen Armenier freunde in ernste Gefahr gebracht. Trotz allem, was von geist licher Seite dagegen gesagt wird, ist es eine unbestreitbare Thatsache, daß die Armeniergemetzel jedes religiösen Hintergrundes entbehrten, insbesondere nicht aus Christen haß entsprangen. Keinem nichtarmenischen Christen ist dabei absichtlich auch nur ein Haar gekrümmt worden, und wir hatten es daher nicht mit einer Christenversolgung zu thun, sondern mit dem Kampf einer Rasse gegen eine andere. Wird das in Zukunst ebenso bleiben, wenn die Armenierfreunde in Deutschland und anderswo den Kampf gegen den Halbmond auf die Fahnen schreiben? Werden die Türken nicht zu dem Glauben verleitet werden müssen, daß sie in allen Christen ihre Feinde er blicken müssen? Auf das Ergebniß muß man sich gefaßt machen, und wenn dann unter diesem Eindruck und unter neuen armenischen Herausforderungen abermals Gemetzel stattfinden, so wird der türkische Knüttel kaum die feinen Unterschiede machen wie das letzte Mal. Das sollten die deutschen Armenierfreunde einsehen und sie sollten sich vergegenwärtigen, daß die christlichen Europäer in der Türkei mehr Anspruch auf Beachtung haben, als die Armenier, die man nach ihren nihilistischen Bomben-Attentaten schlechthin nicht mehr als schuldlose Lämmer hiustellen kann. Mag England sich mit der moralischen Verantwortung abfinden für das, was geschehen ist. Für zukünftige Greuel wollen aber wir ohne Verantwortung sein, und wir wünschen deshalb dringend, daß die Armeniersreunde ihre Agitation, soweit sie nicht rein mildthätiger Natur ist, einstellen." In gleichem Sinne schreibt die „Post", schreiben die „B. Pol.-Nachr.", die noch besonders daraus aufmerksam machen, daß französische Berichterstatter, die keineswegs irgend eine Vor eingenommenheit gegen die Armenier zeigen, die Umtriebe der armenischen Hetzapostel aus das Entschiedenste verurtbeilen und über das Verhalten des armenischen „Gesindels" in Konstantinopel wahrhaft erschreckende Berichte erstatten. Wirksamer als dieser Hinweis des ofsiciöfen Blattes bürsten indessen die solgenden Ausführungen desselben sein: „Die Erhaltung der Türkei bildet einstweilen noch den Hauptartikel in dem orientalischen Credo, wenigstens des con- tinentalen Europa. England hat in diesem Puncte bekanntlich sehr ketzerische Ansichten verlautbaren lassen; man weiß auch warum, und weil man den Grund der abweichenden Haltung Englands kennt, haben sich die festländischen Mächte desto einmüthiger aus Wahrung des internationalen Status guo verpflichtet. Allein gerade weil Europa dem vorzeitigen Zerfall der Türkei vor zubeugen entscywpen mewt, maß :s darauf bestehen, daß die Pforte den christlichen Unterthanen des Sultans wenigstens solche Zugeständnisse macht, bei denen sie ein menschen würdiges Dasein führen und sich als vollberechtigte Staatsbürger fühlen können. Die Zeiten, wo die christ liche Rajah sich schweigend und duldend dem rauhen Druck des türkischen Eroberers beugten, sind auf Nimmerwiederkehr dahin. Es bleibt der Türkei weiter keine Wahl, als sich entweder an den Aufständen ihrer zur Verzweiflung gedrängten christlichen Provinzen langsam zu verbluten, oder aber aus freien Stücken zu bewilligen, was ihr sonst mit der Gewalt der Waffen ab gezwungen werden würde." Jedenfalls wird man die nun einmal im Gang befindliche Bewegung zu Gunsten der Armenier am erfolgreichsten in den rechten Grenzen zu halten suchen, wenn man sich nickt auf einfache Abmahnungen beschränkt, sondern auch nachdrück lich die feste Absicht der festländischen Mächte betont, den Sultan zu Zugeständnissen, welche die Wiederkehr von Greuel- scenen verhüten, nöthigensalls zu zwingen. Zur Zeit scheint in der diplomatischen Action der Bot schafter ui Konstantinopel eine Ruhepause eingetreten zu sein. Wenigstens wird versichert, daß diese Action, soweit cs sich um Kreta handelt, mit der Erlangung der viel besprochenen Zugeständnisse des Sultans, und was die Ver hältnisse in Konstantinopel selbst betrifft, mit der Heranziehung der ztveiten Stationsschiff« ihren vorläufigen formellen Abschluß erlangt habe. Daß die Entsendung von Geschwadern in Erwägung gezogen sei, wird als unrichtig bezeichnet. Hieraus ergiebt sich, daß die Zusammenziehung der englischen Flotte in Salonicki mit den Vorsichtsmaßregeln der übrigen Mächte nicht in Zu sammenhang gebracht werden kann. Wächst aber jene Be wegung in England, welche die „Auftheilung" der Türkei schon jetzt herbeiführen und dabei den Löwenantheil sür England sichern möchte, noch mehr, so könnten die übrigen Mächte sich genöthigt sehen, außer den Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung neuer Wirren in Konstantinopel auch solche zur Verhütung eines englischen Uebergriffes zu ergreifen. Solcke Maßregeln würden aber von den unrubigen Elementen als Maßregeln zum Schutze des Sultans aufgefaßl werden und könnten daher leicht Veranlassung zum abermaligen Auf flackern der Leidenschaften geben. Die Situation der kon tinentalen Mächte ist daher eine überaus heikle und ihre Vor sicht ein Gebot der Nolbwendigkeit. Ob sie nicht trotzdem schon bald zu einem ernsteren Vorgeben als dem bisherigen sich entschließen, hängt von der weiteren Entwickelung der Dinge ab. Die letzten Berichte über die in der türkischen Hauptstadt herrschende Beunruhigung lauten ernst genug, wenn man bedenkt, daß Gerüchte weitere Anschläge ankün- digten und hierdurch in der Dette Publique eine Panik ent standen ist. Aus den asiatischen Provinzen lauten die Berichte ebenfalls sehr bedenklich, denn es muß stündlich damit gerechnet werden, daß die Konstantinopler Bluttbaten dort ihre Fortsetzung finden könnten. Auch aus Makedonien liegen, abgesehen von den Berichten über das fortgesetzte Auf- tauchen griechischer Banden, Meldungen bedenklichster Art über Ausschreitungen der Arnauten vor, während von den türkischen Truppen und Behörden nur berücktet wird, daß sie Alles, ohne Einhalt zu thun, geschehen lassen. Man hat sich in Spanien nicht entblödet, den Aufstand aus den Philippinen auf deutschen Einfluß zurückzuführen, eine Annahme, die freilich absurd ist, die wohl auch nur in gewissen Kreisen geglaubt wird, die aber trotzdem die Runde durch die Presse macht. Es ist ja Thatsacke, daß der deutsche Handel auf den Philippinen sich sehr entwickelt bat, aber die Thatsache, daß unsere Landsleute dort ein Vermögen ver dienen, kann unmöglich ein Ansporn für sie sein, auch politisch hervorzutreten. Die Richtigstellung ist denn den absonderlichen Dieldungen gleich aus dem Fuße gefolgt. In der „Kölnischen Zeitung" kennzeichnet ein Deutscher, der fünf Jahre auf den Philippinen lebte, die Auslassungen der spanischen Blätter und macht einige sachliche Bemerkungen. Das Clubwesen spielt in Manila eine große Rolle und ikm batten denn auch die Madrider Blätter einen Antheil an der Revolution zugeschrieben. Der Club von Nactaja, so schreibt der Gewährsmann der „K. Z", zählt fast aus schließlich Engländer zu Mitgliedern und wird daher meist schlichtweg „Club Jngles" genannt. Die Deutschen haben unter der Bezeichnung „Casino Union" eine Vereinigung, die unter dem Namen „Club Aleman" im Vvlksmund bekannter ist, das Casinogebäude liegt im vor nehmen Stadttheil „Malabon" in der Nähe deS Gouverne mentspalastes. Es giebt also zwei Clubs, in dem einen herrscht englischer, in dem andern deutscher Einfluß vor. Während der vier Jahre meiner Mitgliedschaft hat man es im „Casino Union" verstanden, zweifelhafte deutschsprechende Elemente fern zu halten. Es giebt allerdings auf den Philippinen eine Menge deutschsprechender Leute aus Galizien und der Walachei, sogenannte Alhajeros,Händler von echten und unechten FertrllsLsn. Die Tochter des Geigers. 5j Roman von A. Brüning. Nachdruck verboten. „Das träfe zu, wenn ich eine Unwürdige auf den Platz an meiner Scite erheben wollte. Aber, sage selbst, ist Lia Rose nickt werlh, einen Thron zu besteigen?" „Gewiß, gewiß! Aber sie ist Dir nicht ebenbürtig, und nur eine Ebenbürtige kann nach den Gesetzen Eures Hauses, willst Du Deines Rechtes als Thronfolger nicht verlustig gehen, an Deine Seite berufen werden." „Nun, und wenn ich sie gleichwohl zu meiner Gemahlin erhebe, das Recht meiner Nachfolgerschaft damit aber zugleich der Nebenlinie abtrete? Wäre das keine Regelung der An gelegenheit, und glaubst Du, daß ich dann nicht mein junges Weib vor Beleidigungen zu schützen wissen würde?" „Würde aber Dein Vater nicht unglücklich darüber sein, wenn das Erbrecht seines Hauses nicht iu gerader Linie sich fortsetzen würde? Glaubst Du, daß er jemals einem solchen Arrangement seine Zustimmung geben würde? Und würdest Du Deine Gemahlin wirklich davor bewahren können, daß täglich und stündlich die Nadelstiche der Mißachtung und Abneigung das zartbesaitete Gemüth unserer Lia ver letzen würden?" „Kann ichS nicht hindern, so brauche ich es doch auch nicht zu dulden. Ist es, wie Du sagst, so schüttele ick den Staub von meinen Füßen und gebe mit meiner Gattin an einen Ort, wo sie sicher ist vor Kränkungen. Aber ich möchte doch wissen, was mein Vater eher aufaeben wird: — seinen einzigen Sohn und Erben, oder seine Vorurtheile?" Walter erwiderte nichts. Des Freundes stolze Zuversicht batte etwas Ansteckendes; war eS denn so unmöglich, daß der selbe Recht hatte? Und wie nun, wenn er bereits Lia Rose'S Herz besaß, wenn die Trennung von ihm sie elend machte? „Laß mir Zeit, Edgar", bat er, „es handelt sich um das ganze Lebensglück zweier Menschen, die mir unendlich theuer sind. Ich kann darüber nicht so rasch, nickt jetzt entscheiden. Richte nach einigen Tagen dieselbe Frage an mich, dann will ich Dir antworten — jetzt kann ich nicht. Bis dahin laß uns darüber schweigen und Alles beim Alten bleiben." Er streckte ihm die Rechte hin, ein warmer, treufester Händedruck beschloß eine Unterredung, die bei minder hoch herzigen Naturen leicht bätte zur Klippe werden können, an der Vertrauen und Freundschaft Schiffbruch gelitten hätten. VIII. In den nächsten Tagen sollte Lias achtzehnter Geburtstag gefeiert werden; unter den Bewohnern des ForsthauseS herrschte regste Geschäftigkeit, um dem Liebling Aller diesen Tag so freundlich wie möglich zu gestalten. Der Oberförster vertraute den jungen Männern an, daß eS, wie er wisse, schon lange des Waldprinzeßckens stiller Wunsch sei, reiten zu lernen, und daß er einem Freunde in der Residenz, der Pferdekenner sei, Auftrag ertheilen wolle, ein niedliches Reitpferd mit allem nöthigen Zubehör für Lia Rose zu kaufen und zum Festtage hinüberzuschicken. Edgar theilte dem Oberförster mit, daß er in der letzten Zeit, als er mit Walter die Forstakademie besucht, zwei Reit pferde gehalten habe und daß dieselben unter der Obhut seines Reitknechtes noch an seinem letzten Aufenthaltsorte feien. Eines derselben sei ein ganz besonders für Damen geeignetes Pferd, und er bat dringend, ihm die Freude zu machen, daß er dieses Pferd Lia zu ihrem Festtage schenken dürfe. „O, sagen Sie nur nicht nein", rief er lebhaft, als der Oberförster bedenklich zu seiner Frau hinübersah, und er schaute dabei die beiden alten Leute mit dem offenen Blicke an, der seine Bitte stets so unwiderstehlich machte. Der Oberförster willigte ein mit der Bedingung, daß er daS Pferd von seinem Gaste kaufe. Edgar schrieb sofort an seinen Groom und befahl ihm, daS Pierd, von dem er dem Ober förster gesprochen, nebst seinem eigenen Pferde und demjenigen, welches Walter benutzt, mit dem nöthigen Sattelzeug unver züglich herzubringen, aber sein Jncognito aufrecht zu halten und Sorge zu tragen, daß auS Sattelzeug rc. das fürstliche Wappen entfernt würbe. Zugleich bestellte er für sich und Walter paffende Festgeschenke; am liebsten hätte er der Ge liebten als Geburtstagsgabe seine Fürstenkrone zu Füßen gelegt, — das konnte ja nicht sein! Frau Martha s geschäftige Hände hatten für das tbeure Pflegekind allerlei zierliche Handarbeiten zur Ausschmückung ihres Stübchens gefertigt. Der junge schmachtende Forsteleve endlich „büffelte" mit wahrem Feuereifer an einem Poem. Diejenige, der alle diese Vorbereitungen galten, ging durch dieselben hindurch, scheinbar ohne sie zu bemerken. Nur hatte sich ihrer eine noch größere Beweglichkeit und Munterkeit be mächtigt. An Walter schloß sie sich mit schwesterlicher Vertraulichkeit an, wogegen sie gegen den Fürsten jetzt zuweilen eine fast scheue Zurückhaltung zeigte. Sie war nicht selten still in seiner Gegenwart, und wenn er sie anredete, wechselte sie jäh die Farbe; einem Alleinsein mit ihm suchte sie so viel wie möglich auszuweichen, und wenn es sich einmal nicht vermeiden ließ, dann suchte sie mit Eifer eine Beschäftigung, die ihre volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, um nur nicht ge zwungen zu sein, viel mit ihm zu plaudern. Als der sehnlichst erwartete Festtag endlich anbrach, — eö war der fünfundzwanzigste Juni — lächelte ein wolkenlos blauer Himmel auf die Erde nieder, und Haus, Garten und Wald schmückten sich mit festlichem Sonnenglanze. Lia Rose erwachte früh wie gewöhnlich, sie schlüpfte schnell in ein Morgengewand und eilte in den Garten, sich aus Floras Kindern ihren Festschmuck auSzuwählen. Als sie den selben droben in ihrem Kämmerlein angelegt und mit kind licher Freude ihr Bild im Spiegel beschaut hatte, kniete sie an ihrem Betpult nieder; ihr junges Herz war so voll frohen Dankes gegen Gott, daß es sie drängte, es im Gebet zu ihm zu erheben. Endlich erschien die alte treue Magd, um sie mit strahlen der Miene ins Frühstückszimmer hinabzurufen. Mit süßem Lächeln trat sie durch die bekränzte Tbüre in daS Zimmer, in dem, wie der Oberförster sich ausdrückte, die erste Gratulation im engsten Familienkreise slattfand. Als dieser und Frau Martha sie endlich aus den Armen ge lassen und sie auch Walter unbefangen die Stirn zum Kusse dargeboten, nahm sie zuletzt mit tiefgesenkten Wimpern auch Evgar's warmen Glückwunsch entgegen, die Hand, die sie dabei in die seine legte, zitterte merklich, und ihr klarer Teint erschien dabei wie in Rosengluth getaucht. Nach Ueberreichung der Festgeschenk« setzte man sich zum Früh stückstisch und that dem von der Obersörsteriu gebackenen Festlagskuchen alle Ehre an. Nack beendetem Frühstück sagte der Oberförster zu Lia, indem er ihr den Arm bot: „So, nun komm einmal mit, es wartet Deiner noch eine kleine Ueberraschung, die wir draußen aufsuchen müssen," und damit führte er die Erstaunte auf den Vorplatz des Hauses. Dort stand, gehalten von dem Groom des Fürsten, ein milchweißes, prächtiges und bübsch aufgezäumtes Roß von edler Rasse, das mit den Hufen ungeduldig den Boden scharrte, und mit niutbigem Wichren die Ankommenden be grüßte. Daneben befand sich ein kleiner, offener Koffer, welcher einen einfachen aber hübschen Reitanzug, ein Geschenk Walter's, enthielt. Lia Rose stand sprachlos, starr mit fast scheuen Blicken schaute sie auf Las „Wunder" vor ihr. Einen Augenblick weidete sich der Oberförster an diesem Anblick, dann erklärte er der athemlos Lauschenden den Zusammenhang. „Wie? Ick soll reiten lernen, ich! Ja schickt fick denn das für mich?" rang eS sich stockend von ihren Lippen, während sie in lieblicher Verwirrung von dem Einen zum Andern schaute. „Freilich, Waldprinzeßchen",. lachte der Oberförster, wenn Du versprichst, nicht übermüthig zu werden!" „Ach, Onkel, — Tu lieber, guter Onkel", rief sie jubelnd, und schlang stürmisch die Arme um seinen Nacken. „Wie heißt es denn", fragte sie nach einer Weile wieder mit strahlendem Antlitz. „Bayard", erwiderte der Oberförster lächelnd. „Bayard! Welch' ein schöner Name!" Furchtlos eilte sie zu dem schönen Thier hin und legte zärtlich beide Arme um seinen schlanken Hals. Dann durchmusterte sie den Inhalt des Koffers und freute sich in recht naiver Weise auf das Anlegen der neuen, frem den Tracht. „O, wie herrlich wird das werden, wenu wir miteinander meinen geliebten Wald durckflieaen", rief sie, in die Hände klatschend. Am liebsten hätte sie sogleich ihre erste Reitlection genommen, aber das ging nicht; erst mußten die Gratulanten aus dem Dorf empfangen und bewirthet werden, die dort schon festlich geputzt den Waldweg beraufkamen. Voll ungesuchter Anmuth begrüßte Lia Rose die Ankom menden, die sie hastig umdrängten. Gerührt und lächelnd lauschte sie dem hübschen, kleinen Lied, das die Hellen Kinder stimmen so frisch und fröhlich in den Wald hineinsangen. Wie lieblich würdevoll sie unter der Sckaar stand und die von allen Seiten gespendeten Glückwünsche in Empfang nahm „wie eine junge Königin", dachte Edgar. Kür jeden Einzelnen hatte sie ein freundliches Dankeswort. Sogar der junge Förster erhielt bei Ueberreichung seines Bouquets, aus dem verschämt eine weiße Papierrolle hervorsah, einen huldvollen Blick und das Versprechen, sein Gedicht, auf das er sie mit schüchternen Worten aufmerksam machen zu müssen glaubt«, lesen zu wollen. Nachdem Alle ihre Glückwünsche dargebracht batten, setzte man sich an gedeckten langen Tischen auf der Wiese nieder, und es folgte die Bewirthung mit Wein und Kuchen. Da»
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