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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.09.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960915013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896091501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896091501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-09
- Tag1896-09-15
- Monat1896-09
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Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de» Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l 60.—, mit Postbeförderung ^ll 70.—. Anzeiger. AmlsötaLt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes un- Nolizei-Ämles -er Ltadt Leipzig. Dienstag den 15. September 1896. Ännahmeschluß för Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr, Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr: Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halb» Stunde früher. Anzeigen sind stet» au die Er-rtztttaa zu richten. Druck nnd Verlag von E. Polz in Leipzig SV. Jahrgang. Zlrombaulen und Hochwassergefahr. ö. L. Durch die Allerhöchsten Erlasse vom 28. Februar und 1V. Mai 1892 ist in Preußen ein Ausschuß zur Unter suchung der Wasserverhältnisse in den der Uebersckwemmungs- gefahr besonders ausgesetzten Flußgebieten bestellt worden. Diesem Ausschüsse ist die Beantwortung der nachstehenden beiden Fragen aufgegeben: Welches sind die Ursachen der in neuerer Zeit vorgekommenen Üeberschwemmungen, hat namentlich das System, welches bei der Regulirung und Eanalisirung der preußischen Flüsse bisher befolgt ist, zur Steigerung der Hochwassergefahr und der in neuerer Zeit beträchtlich gesteigerte» Ueberschwemmungsschäden beigetragen, und welche Aenderuugen dieses Systems sind bejahendenfalls zu empfehlen'? U. Welche anderweiten Maßregeln können angewendet werden, um für die Zukunft der Hochwassergefahr und den Ueberschwemmungsschäden soweit wie möglich vor zubeugen'? Um den sämmtlichen Mitgliedern zu ermöglichen, durch eigene Anschauung ein getreues Bild von den thatsächlichen Verhältnissen an Len wichtigsten preußischen Strömen sich zu verschaffen, hat der Ausschuß in den Jahren 1892—1895 Oder, Elbe, Weser, Weichsel und Memel bereist, wobei den Mitgliedern ausgiebige Gelegenheit geboten war, die Wünsche und Meinungen der Strvmanlieger, welche besonders auf gefordert wurden, ihre Anliegen an Ort und Stelle vor zutragen und zu begründen, eingehend kennen zu lernen. Auf Grund dieser Bereisungen und der inzwischen gepflogenen Verhandlungen, die sich auf sämmtliche im Allerhöchsten Erlasse vom 28. Februar 1892 näher bezeichneten Puncte erstrecken, hat sich der Ausschuß für genügend unterrichtet erachtet, um die Frage beantworten zu können, wogegen die Beantwortung der Frage U erst erfolgen soll, wenn für jeden einzelnen Strom die Allerhöchsten Orts gleichfalls an geordnete übersichtliche hydrographisch wasserwirthschaftliche Darstellung vorliegen wird, an deren Hand die Einzelsragen näher geprüft und der Allerhöchsten Erwägung bestimmte Vorschläge unterbreitet werden können. Die Frage zerfällt in zwei Theile: Es sollen einmal die Ursachen der Üeberschwemmungen ergründet, und es soll sodann die Einwirkung des Systems der Strom bauten auf die Steigerung der Hochwassergefahr fcstgestellt werden. Wie vorweg bemerkt werden mag, haben die bei den Be reisungen zum Ausdruck gebrachten Klagen der Niederungs bewohner mit wenigen Ausnahmen sich nicht gegen nach- theilige Einwirkungen der Strombauten auf die Hochwasser verhältnisse gerichtet, es wurde vielmehr meistens bereitwillig anerkannt, daß die Maßnahmen der Strvmbauverwaltung auf den günstigen Verlauf der Hochsluthen und Eisgänge segensreich eingewirkl haben und dauernd einwirken. Der Ausschuß glaubte nun im Sinne des Allerhöchsten Erlasses zu handeln, wenn er seine Prüfung auch auf die sonstigen Einwände gegen das System der Flußregulirungen und Eanalisirungen erstreckte und die bekannt gewordenen Ver besserungsvorschläge in Erwägung zog. Als solche Einwände kamen hauptsächlich in Betracht die Klagen über nachhaltige Hebungen oder Senkungen der Wasserstände, über Behinde rung der Vorfluth, Vermehrung der Uferabbrüche und Ver sandung der Uferländereien. Die Verbesferungsvorschläge bezogen sich zu einem Theile auf Aenderuugen an der üblichen Bauweise, zum anderen Theile auf grundsätzliche Umgestaltung des Regulirungssystems. Nach allen diesen Richtungen hat der Ausschuß die Ein wirkung der Strombauten auf die Wasserverhäitnisse in einer die Ergebnisse seiner Bereisungen und Verhandlungen zu sammenfassenden Denkschrift eingehend dargestellt und am Schluffe die Auffassung, zu welcher er gelangt ist, in einer Reibe von Resolutionen niedergelegt. Diese Denkschrift bringt in ihrem Vorworte das für die weitere Erledigung der Arbeiten des Ausschusses aufgestellte Programm zur Kenntniß und enthält zugleich in ihrem An hänge eine ausführliche Darstellung deS bei den Regulirungen und Eanalisirungen der preußischen Flüsse befolgten Systems. Sie betrachtet in ihrem ersten Theile die Ursachen der Ueber- schwemmungen in Norddeutschland mit besonderer Berücksich tigung der in neuerer Zeit beobachteten Hochflutherscheinungen, in ihrem zweiten Theile die Einwirkungen der Slromreguli- rungen und Eanalisirungen auf die Hochwasser- und Eis verhältnisse, die Stromufer und Versandungen, die Wasser stands und Vorfluthverbältnisse, sowie die Vorschläge zu Aenderuugen des Systems und die Einwände gegen das System im Allgemeinen. Das Ergebniß der eingehenden Prüfung geht dahin, daß das zur Zeil befolgte System zur Steigerung der Hochwassergefahr nicht beigetragen, vielmehr auf deren Verminderung hingewirkt habe, Laß auch die sonstigen Einwände im Allgemeinen nickt für zutreffend zu erachten seien, und daß keine Veranlassung vorliege, grund sätzliche Aenderuugen bei der Anordnung und Ausführung der Strombauten zu empfehlen. Obgleich nach Ansicht des Ausschusses bestimmte Maß regeln zur Beseitigung der durch andere Ursachen oder durch Unterlassungen verschuldeten Mißstände und zur thunlichsten Verringerung der Ueberschwemmungsschäden nur aus Grund einer sorgfältigen Untersuchung jedes einzelnen Stromgebietes in Vorschlag gebracht werden können, Hal der Ausschuß eS doch für nolhwendig gehalten, die Fehler und Unterlassungen, die zu solchen Mißständen geführt haben, im Allgemeinen zu bezeichnen. Dabei wurde anerkannt, daß diese Fehler und Unterlassungen nur zum geringen Theile mit den Strom bauten im Zusammenhänge stehen. Wo hierbei in einzelnen Fällen Mängel hervorgelreten sind, ist dies nach Ansicht des Ausschusses wesentlich dem Umstande zuzuschreiben, baß bis zum Beginne der siebziger Jahre dieses Jahr hunderts die finanziellen Bewilligungen für den Ausbau der Ströme nicht in genügendem Maße und nicht mit der erforderlichen Stetigkeit zu ermöglichen waren, daß sodann die unentbehrlichen wissenschaftlichen Unter lagen, deren Beschaffung eine der wichtigsten Aufgaben des Ausschusses ist, bis dahin vielfach gefehlt haben, und daß endlich dieZersplilterungderZnftändigkeitinWasserbau- sachen einen nachtheiligen Einfluß auf die gleichmäßige Berück sichtigung allerJntereffen ausgeübt Kat und dauernd auSübl. Ins besondere erkannte der Ausschuß an, daß die Herstellung und Erhaltung eines einheitlichen, bei kleineren Wasserftänden genügend tiefen St rom sch tauch es, wie er durch die Strom- regulirungen herbeigeführt wird, die Voraussetzung und die Grundlage für die Herstellung eines einheitlichen, zur regel mäßigen Abführung der Hochflutken geeigneten Hochwasser bettes bildet. Die allmähliche Ausbildung eines solchen Hoch wasserbettes ist nach feiner Meinung nur dadurch zu ermög lichen, daß zukünftig alle dahin zielenden Maßregeln nach einheitlichen Grundsätzen, Hand in Hand mit den Regulirungen, für ein ganzes Stromgebiet geplant und ausgeführt werden. ES liegt nunmehr dem Ausschüsse ob, in die Berathung der Frage L einzutreten, deren Beantwortung auf Grund der hydrographisch-wasferwirthschaftlichen Darstellungen der einzelnen Stromgebiete erfolgen soll. Zunächst ist das Werk über den Oderstrom, sein Stromgebiet und seine wichtigsten Nebenflüsse vom technischen Bureau des Ausschusses zum Abschlüsse und zum Druck gebracht worden. Voraussichtlich wird binnen Jahresfrist das Elbe Werk nachfolgen, nach gleichem Zeiträume das Werk über die Weichsel und den Memelstrom, zuletzt das Werk über die Weser und die Ems. Die Drucklegung des Oderwerkes wird binnen Kurzem be endigt sein. Deutsches Reich. ick. Leipzig, 14. September. Der Gesammtertrag der indireclen Steuern im Königreich Sachsen bezifferte sich nach den uns vorliegenden Nachweisen im Jahre 1875 auf 22 579 237 -//, im Jahre 1885 auf 38 389 849 im Jahre 1895 auf 59 962 608 oder pro Kopf der Bevölkerung 1875 auf 8,20 .< 1885 auf 12,15 1895 auf 16,00 Bon den indirekten Steuern wurden erhoben 1875 1885 1895 für Rechnung des Reichs 18 874 156 ./L 34 095 406 . 55 475 805 - für Rechnung des Landes 3 705 081 4 294 443 » 4 496 803 » Die für Rechnung des Landes erhobenen indirekten Steuern betreffen lediglich Las Fleisch (Schlachtsteuer rc.). Ihr Er trag pro Kopf der Bevölkerung ist in den letzten beiden Jahr zehnten der gleiche geblieben (1,30 .^). U Berlin, 14. September. Die einzige grundsätzliche Aenderung, welche die Novelle zum Jnvaliditäls- und AlterSversicherungsgesetz herbeiführen soll, besteht be kanntlich in einer anderen Vertheilung der Rentenlast. Angesichts der über diesen Vorschlag zu erwartenden Er örterungen wird es von Interesse sein, die kürzlich über die Rentenlasten der einzelnen Versicherungsanstalten für das Jahr 1895 amtlicherseits veröffentlichten Zahlen einer näheren Durchsicht zu unterziehen. Wie wir schon milgetheilt haben, betrug die gesammle Rentenlast für die 31 Versicherungs anstalten und die 9 besonderen Casseneinrichlungen 42,1 Mill. Davon entfielen auf die 13 preußischen Versicherungsanstalten 27.7 Millionen, auf die acht bayerischen 4 Millionen, auf Sachsen 2,3, Elsaß-Lothringen 1,1, Württemberg 1,0, Baden 0,9, Mecklenburg 0,8, Thüringen 0,7, Hessen 0,5,' Hansestädte 0,4, Braunschweig 0,3 und Oldenburg 0,1 Millionen. Nun kommt allerdings für die Beurtheilung des erwähnten Vor schlages der Novelle nicht die gesammte Rentenlast, sondern nur derjenige Theil derselben in Betracht, welcher den Versicherungsanstalten allein zur Deckung ver blieben ist. Das Reich batte von den 42,1 Millionen nicht weniger als 16,8 Millionen erstattet, so daß die Anstalten nur 25,3 Millionen zu decken hatten. Von diesen ent fielen aus die preußischen Anstalten 16,4 Millionen, auf die bayerischen 2,3, auf Sachsen 1,4, auf Elsaß- Lothringen 0,7, Württemberg 0,6, Baven 0,5, Mecklen burg desgleichen, Thüringen 0,4, Hessen 0,3 Millionen, der Rest auf die übrigen Anstalten. Was speciell die preußischen Anstalten angehl, so steht Schlesien mit 2.7 Millionen obenan; es folgen Rbeinprovinz mit 2,0 Millionen, Brandenburg mit 1,7, Ostpreußen mit 1,6, Sachsen und Hannover mit je 1,4, Posen, Schleswig und Westfalen mit je 1,0, Pommern und Westprcußen mit je 0,8, Hessen-Nassau mit 0,6 und Berlin mit 0,4 Millionen. Die Versicherungsanstalt Mecklenburg war danach im Jahre 1895 mit einer größeren Rentenlast bedacht als Berlin. Alle diese Zahlen werden sicherlich bei den zu erwartenden Erörterungen über die Novelle zum JnvaUditäls- und Altersversicherungs gesetz herangezogen werden. 6. U. Berlin, 14. September. Unter den „Genossen" herrscht große Unzufriedenbeit über das Programm des socialdemo kratis chen Parteitages; in Versammlungen und in der Presse wird derselben unausgesetzt Ausdruck ge geben und am meisten wird betagt, daß eine für die Ge nossen so hochwichtige Frage, wie diejenige des Achtstunden tages, nicht auf dem Programm in Gotha stehe. Da die Parteileitung nicht gewillt ist, die Tagesordnung umzuändern, so ist die Mißstimmung im Wachsen und die Kluft zwischen der gewerkschaftlichen Bewegung und der parlamentarischen. Politischen Socialdemokratie erweitert sich mehr und mehr. In Gewerkschaftskreisen hört man bittere Worte des Tadels darüber, daß die 48 Abgeordneten der Partei so wenig für die Arbeiter gethan hätten, und auch rein politisches Organ der Partei, wie die „Sächsische Arbeiterzeitung" in Dresden, kann nicht umhin, die Haltung dieser Partei im Reichstag deswegen anzugreifen; das genannte Blatt schreibt: „Einmal befriedigt die parlamen tarische Thätigkeit der Partei in den letzten Jahren nickt mehr ganz. Die Fraction kann nichts dafür, denn das parlamentarische Auftreten hängt vor Allem von der all gemeinen politischen Siruation ab, die man nicht nach Be lieben ändern kann. Aber dadurch wird auck die Thatsacke nicht aus der Wett geschafft, Laß man vom Parlamentaris mus Anderes und mehr erwartet, als was in den letzten Jahren geschehen konnte. Besonders wird eine rascke Förderung der Arbeiterschutzgesetzgebung vermißt." In der Gewerkschaftspresse haben wir nicht eine einzige Stimme ge sunden, die sich nicht abfällig über die Tagesordnung für den Parteitag in Golda ausgesprochen hätte; der Hamburger „Grundstein", das Organ der Bauhandwerker, verlangt sogar, daß der Parteitag in Gotha sich an erster Stelle mit den gewerkschaftlichen Fragen (Achtstundentag, Unfallverhütung u. s. w.) beschäftige. Herr Auer bat bekanntlich schon erklärt, daß das absolut nicht gehe, und so wird in Gotha genau nach der Vorschrift des Herrn Singer „gearbeitet" werden, dessen Trabanten den gewerk schaftlichen Elementen, wenn diese über Vergewaltigung und Nichtbeachtung ikrer Forderungen sich beschweren, den Mund gehörig stopfen werden. Aba. Max Schippet, der ja sonst sür die Gewerkschaften eine Lanze zu brechen Pflegte, ist als Parteibeamter kalt gestellt; Legien reicht rhetorisch an Auer u. s. w. nicht keran; immerhin werden die politischen und die gewerkschaftlichen Elemente in Gotha scharf an einander gerathen. * Berlin, 14. September. Die von dem kaiserl. Canal amt angekündigte gänzliche Sperrung des Kaiser-Wilhelm canals wegen der Bergungsarbeiten für den im Eanal ge sunkenen Dampfer „Jo Han Siem" ist in mehr denn einem Puncte von Interesse. Der Eanal, der vor wenigen Wochen noch seine ausreichenden Tiesenverhältnisse, selbst für die gegen 8 Meter im Wasser liegenden größten Kriegssabr zeuge unserer Flotte bei der Eanalfahrt der gesammten UebungSflotte in den Tagen vom 13. bis 14. August d. I. bewiesen hat, ist Plötzlich durch einen Dampfer der Handels marine gesperrt. Mau denke sich nun eine derartige plötzliche Sperrung des Canals während eines Krieges, zu einer Zeit, in der für die Schlagfertigkeit und das schnelle Er scheinen unserer Kriegsflotte in der Ost- oder Nordsee unter Benutzung des Canals nicht weniger wie Alles auf dem Spiel steht! Denn gerade so wie wie heute ein Handels dampfer unter der Führung eines Canallootsen im Canal derartig feslkommt und gesunken ist, kann es mit einen: Kriegsfahrzeug geschehen, ganz abgeseben von dem immerhin denkbaren Fall, daß von feindlicher Seite ein Schiff absicht lich zum Sinken gebracht wird. Wird man sich auch zu Zeiten der Gefahr nicht darauf einlassen, ein im Canal gesunkenes Fahrzeug mit großem Zeitaufwand zu heben, sondern das Hinderniß einfach durch eine Sprengung be fettigen, so werden doch bei den Tiefenverhältnissen von gegen 10 m selbst die gesprengten Theile eines Schiffes noch ein genügendes Hinderniß sein, um unseren größeren Schiffen die Durchfahrt zu wehren. Dem kaiserlichen Canalamt werden durch diese unerwartete plötzliche Sperrung des Kaiser-Wil- Helm-Canals diese Fragen nahe gelegt, und es werden für die Zukunft Maßnahmen getroffen werden müssen, um in kürzester Zeit eine Verbindung zwischen den beiden Meeren wieder Herstellen zu können. Denn daß in gewissen Zeit abschnitten ein Festkommen und ein Sinken von Fahrzeugen im Canalbett sich wiederholen wird, kann kaum zweifelhaft sein. (Voff. Ztg.) Feuilleton. „Veui, viäi, viei I" Humoreske von E. Ritter. Nachdruck verboten. II. Die Suppe war bereits verzehrt, als sich die Taaltbür noch einmal öffnete und zwei Damen eintraten, eine ältere und eine jüngere, beide einfach, aber mit vorzüg lichem Geschmack gekleidet. Die ältere in Grau war eine imponirende, schöne Blondine; die jüngere im Hellen Sommer- llcid, ein allerliebstes dunkellockiges junges Mädchen mit wundervollen braunen Augen, hielt sich bescheidentlich einen bilden Schritt hinter der Ersten. Hm, waS Feines, dachte Eüsar, die Beiden musternd. Herrin und Gesellschafterin dem Auftreten nach; na, das wird man ja bald erfahren. 5er Oberkellner geleitete die Damen unter devoten Ver- l uzunzen zu ihren Plätzen. Diese befanden sich an einer weiten Tafel, gerade Pöllnitz gegenüber, so daß er sie genau beobachten konnte. Jetzt zog die Aeltere langsam die seinen fckwedischen Handschuhe aus; für so was hatte Cäsar einen guten Blick, und fast wäre seinen Lippen ein freudiger AuSruf entschlüpft, als er zwei glatte Ringe am Goldfinger der Dame entdeckte. Hatte ihn eben noch das reizende Ge- ficktchen der Begleiterin gefesselt, so verwandte er von jetzt ab leinen Blick mehr von der vornehmen Erscheinung der nickt mehr ganz jungen, aber noch sehr gut aussehenden Dame. Hurrab, da war sie, da war seine gesuchte reiche Wittwe, kein Zweifel. Daß sie reich sein müsse, schien ihm icstzustehen. Tas graue Costüm war sicher aus einem ersten (''esckäft, und am Halsausschnitt blitzte ein Brillant von respektabler Größe in solider Fassung. Dazu die ausgesuchte Höflichkeit des Oberkellners! Cäsar athmete ordentlich höher auf, und das Reden seiner Nachbarin schlug nur noch un- deutlich an sein Obr. Er machte Pläne über Pläne. Zu nächst galt e», beim CurhauSwirth etwas über die Dame zu erfahren, vielleicht war sie nickt zum ersten Mal hier. Nach erhaltener Auskunft konnte dann weiter operirt weiden. Kaum konnte Cäsar daS Ende der Mahlzeit erwarten, und nur schwer vermochte er sich zur einfachsten Höflichkeit gegen seine Nachbarin aufzuschwingen. Endlich war das Dessert I hcrumgcreicht. Mit flüchtigem Gruß verabschiedete er sich j von Fräulein Friederike Schulze, die ihm ein schmachtendes „So eilig heute, Herr von Pöllnitz!" nachrief. Dann suchte er sofort den Wirth auf, und WaS er erfuhr, übertraf seine kühnsten Erwartungen. Frau von Arnsberg, dies war der Name der schönen Frau, war in der That Wittwe und war früher Jahr für Jahr mit ihrem einzigen Kind, einem Töchterchen, hier gewesen. Später aber hatte sie W. nicht mehr besucht, und erst gestern war sie mit einer Gesellschafterin wieder erschienen zur Freude deS CurhauS- wirthes. Die Tochter sei leider inzwischen gestorben, so daß die arme Frau v. ArnSberg ganz allein stehe. So ungefähr äußerte sich der Wirth und fckloß mit den Wörter« „Solche Gäste lieben wir, Herr von Pöllnitz, nobel, splendid, schwer reich, große Besitzungen im westlichen Deutschand." Cäsar triumphirte. DaS war ja herrlich! Eine reiche kinderlose Wittwe, daS Ziel seiner Wunsche. Dazu hübsch, sehr hübsch, nicht mehr ganz frisch, natürlich, sie mochte ein paar Jahre älter sein als er, aber das that nichts. Die Hauptsache war, daß sie unabhängig und im Besitz eines großen Vermögens war. Nun war eS an ihm, dafür zu sorgen, daß er bald sagen konnte: veui vicki viel! Durch einen metallischen Hände druck an den Oberkellner hatte es Cäsar bereits am folgenden Tage durchgesetzt, seinen Platz an der Table dchSte neben Frau von ArnSberg angewiesen zu bekommen. Schneidige Vorstellung, liebenswürdige Aufmerk- samkeitj — Cäsar konnte sehr liebenswürdig sein — gegen die Damen machten ihn schnell bekannt. Dazu kam noch al» GlückSumstanL, daß Frau v. Arnsberg sich sofort des Namens Pöllnitz als einem Freund ihres verstorbenen VaterS gehörig erinnerte. Näheres Forschen ergab, daß Cäsar'« Vater dieser Freund gewesen, waS ein günstiges Gorurtbeil für den Lieutenant bei Frau v. ArnSberg hervorrief. Man wurde rasch ganz vertraut, und schon am Abend desselben Tages erbat und erhielt Pöllnitz die Erlaubniß, die Damen ein wenig gondeln zu dürfen. Frau v. ArnSberg fand es angenehm, einen Herrn zur Seite zu haben, dessen Name und Stand ihr gewisse Garantien boten; sie hatte keinen ihrer früheren Bekannten bier angetroffen, und für Margot oder Grete war e» ja auch nett, einen jungen Gesellschafter zu haben. So waren bald alle Theile zufrieden. Nur Fräulein Friederike Schulze grollte über den Stand der Dinge, und ihre Augen schossen feindselige Blitze, wenn es sich fügte, daß sie Pöllnitz und den Damen begegnete. Cäsar befleißigte sich der größ:en Aufmerksamkeit gegen Frau v. Arns berg, in der er bereits seine Retterin aus allen Nötben sah. Wenn er sich ehrlich gefragt hätte, würde er freilich ge funden haben, daß ihn keineswegs irgend welche Neigung zu der im Ganzen ernsten gereiften Frau zog, und daß ihm „der nette kleine Käser", di: Gesellschafterin, tausend Mal besser gefiel. Aber er hütete sich Wohl vor solchem Forschen. Mein Gott, die reizende Klline konnte ihm ja nichts nützen. Er nahm einen gewissen gönnerhaften Ton gegen sie an, so, als wenn er sie nock als halbe« Kind betrachte, liebte es. seine vorgeschrittenen Jahre »u betonen, und wendete sich in seiner Unterbaltung vorherrschend an Frau v. Arnsberg. Grete wußte sich über die Nichtbeachtung deS Lieutenants freilich zu trösten, da sie seit einigen Tagen einen ibr sehr angenehmen Tischnachbarn hatte, einen jungen Gelehrten, Doctor Höpsner, dessen männliches Antlitz und ernstes Wesen ibr sehr entsprachen. Doctor Höpsner schien nach dem ersten Zusammensein gleichfalls entzückt von Fräulein v. Baumbach, und da auch Frau v. Arnsberg Gefallen an dem jungen Mann fand, machte eS sich bald, daß er ebensoviel in ihrer Gesellschaft war, als Pöllnitz. Letzterer war damit sehr einverstanden, denn der „Federfuchser", wie er im Stillen Höpsner betitelte, war offenbar in die kleine Gesellschafterin verliebt, und so hatte er, Casar, freie Hand bei Frau v. Arnsberg. Letztere war stets von derselben ruhigen Freundlichkeit gegen den Lieutenant und nahm seine Huldigurgen lediglich für die gegen Damen üblichen Galanterien auf, ja, sie war geneigt, Cäsar's Auf merksamkeiten gegen eine „ältere Frau" als einen Beweis besonders feinen Taktgefühls anzusehen. Daß Pöllnitz HeirathSgedanken haben konnte, kam ihr gar nicht in den Sinn, eben weil sie sich schon al- ältere Frau betrachte« und nie an eine zweite Ehe gedacht batte. — Wohl aber bemerkte sie Margot's zunehmende Neigung für den jungen Gelehrten, und nun segnete sie im Stillen den Einfall ihrer Nickte, als ihre Gesellschafterin mit hierher zu kommen. Ost schon, hatte ihr der Gedanke weh gethan, da» liebliche Kmd könne einst die Beute eines Glück-jägerS werden, dem das Geld höher stand, als der Besitz de- reizenden Mädchen». Mit weiblichem Scharfblick erkannte sie bald, daß Höpsner ein tüchtiger, offener Charakter war, der nicht nach äußeren Gütern fragte, und nur bezwungen wurde durch Margot's Erscheinung und durch den Reich- thum ihres Herzens und Geistes. Mit offenbarer Absicht redete Höpsner häufig von seinen Verhältnissen, erwähnte, daß er noch keine feste Stellung habe, daß er aber boffeu dürfe, in der Kürze als Gymnasiallehrer angestellt zu werden, daß er den Aufenthalt in W. gewählt habe, um die Univer sitätsbibliothek zu H. benutzen zu können bei Fertigstellung einer größeren wissenschaftlichen Arbeit, die ihm vielleicht Aussicht auf eine rasche Carriöre eröffnen würde. Frau v. ArnSberg war entzückt von der Geradheit, die in diesen Aeußerungen lag. Höpsner wollte nicht mehr scheinen, als er war, und ihr sowohl wie ihrer Nichte zu bedenken geben, ob das LooS, welches er zu bieten habe, auck wobl genügen würde. Er mußte ja glauben, Grete in ihrer abhängigen Stellung — die schlaue Kleine wußte dieselbe stets trefflich zu markiren — sei ganz obne Vermögen I Margot strahlte im Vollgefühl einer ersten tiefen Liebe, in der Wonne, nur um ihrer selbst willen geliebt zu werden, und sah mit bangem Zagen einer Erklärung deS jungen Gelehrten entgegen, fest entschlossen, die Seine zu werden. Den kleinen Betrug, den sie gespielt, würde er ihr gewiß vergeben, darum war ihr nicht bange. Nach reichlich vierzehn Tagen hielt Cäsar die Zeit für gekommen, sein Wort anzubringin. Schriftlich wollte er eS nicht thun, denn er war nicht sonderlich gewandt mit der Feder; nein, mündlich, Äug' in Auge, unterstützt von der sieg haften Macht seiner Persönlichkeit, wollte er Frau v. Arns berg bitten, die Seine zu werden. So schritt er denn eines Morgen« mit hocherhobenem Haupte zum Gärtner, ließ sich ein paar Rosen zum Strauß zusammenbinden, und begab sich dann, angetban mit feinem tadellosen Salonanzug, auf den Weg ^ur Villa, die die Damen bewobnten. Hn seiner seligen Stimmung brachte er eS sogar fertig, mit Fräulein Friederike Schulze, die ihm begegnete, einige höfliche Worte zu wechseln, verflieg sich bi» zu dem Bedauern, daß man so ganz auseinander gekommen, aber Verpflichtungen gegen alte Bekannte u. s. w. Er fühlte da- Bedürfniß, die Unhöflich keit, die er durch Aufzeben des Tischplatzes neben der alten Jungfer begangen, wieder gut zu macken. Ganz gehoben durch da« Bewußtsein, „ein zu guter Kerl" zu sein, vrr»
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