01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960930014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896093001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896093001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-09
- Tag1896-09-30
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BezugS'PreiS tu der Hanpteipeditio» oder den im Stadt. vezirk >md den Vororten errichteten Au«, aavestellen abgebolt: »ierteljährlich ^14.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung int vau» 5.Ü0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^l . Liierte tägliche Kreuzbandienduag in» AuZland: monatlich ^l 7.50. . am»» Di» Morgen-Aor-abe erscheint um '/.? Uhr. die Abend-AuSgabe Wochentag« um L Uhr. Ardartir« und Lrvrditiou: Johann e-gnsfe 8 Dielkxpevition ist Wochentag« ununterbrochen gß^fnat von früh S bi« Abend« 7 Uh». Filialen: Dtt« Klemm'« Lortim. «Alfred Hatz«), umversitätssrraße 3 (Paulinum). - Lotti« Lösche. Notbannenstr. 1ä i">rt und tktintnsvlaU 7, Morgen-Ausgabe. UeipMer TagM alt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Amtes der Stadt Leipzig. An-eigerr-Prei- die b gespaltene Petitzelle KV Pf-. Aeelame» unter bo» BebaettonSstrich («ge spalten) SO-ß, vor den AamUtenuochrichtr, (L gespalten) 40^. vrößer« Schrift« laut nuferem Preis. Verzeichnis. Labeüarrfch« and Liß«»!"« »ach höh««» Laris. Gptr«-Beilage» (gefaW, »»r «tt der vtoraen-Ausgabe, ohne Poftbefbrdrrung SO.—, mit Postbefürderung 70 —- ÄrmahmeschlAß fir Äuzeize«: Abend»An«gabe: Aormittag« 10 UhL vtorgeN-AuSgab«: Nachmittag« «llchv vei den Filialen and Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anreise» find stet« an di« Expedition zu richten. Druck und „n Volz in Leipzig SV. Jahrgang. Mittwoch den 30. September 1896. sowie nackfolgende AudstabesteNen: Arndtstrafte 35 Herr L. 0. Kittel, Colonialwaarenhandlung, Beethovenftrafte 1 Herr ^Iieo6. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Ueiw. 21esske, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Sttafte(Thomasiusstraßen-Ecke) Herr Otto Krau/, Colonialwaarenhandlung, «öhrftrahe 15 Herr Lttuarü Hetzer, Colonialwaarenhandlung, Marschnerstrafte 9 Herr 1'ttttt 8eltrettrer, Drogengeschäft, Nürnberger Strafte 45 Herr 21. L. ^tt-reelit, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr ködert (Zrelner, Zweinaundorser Straße 18, - Eutritzsch Herr Kobel't Ht»er, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Ködert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenan Kin6ner L 6e»8t, Wettiner Straße 51, Ecke Waldstraße, Buchbinderei, - Neustadt Keüelt's 4niioneen-Lxpeü1tioii, Eisenbabnstraße 1, Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das IV. Vierteljahr 1896 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4^ 5V ^s, mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen S 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn H In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgaffe 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstraße 3, Peterskirchhof 5 Herr 21nx Alertft, Buchbinderei, Nanftfche Gaffe 0 Herr k'rleär. Ziselier, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LuKeliuaitii, Colonialwaarenhandlung, Schützenstrafte 5 Herr ^ul. 8eUüi«1< Uen, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 3Ä Herr ü. ttlttrlel», Cigarrenhandlung, Bortstrafte 32 (Ecke Berliner Straße) Herr 0. DedUs, Colonialwaarenhandlung, Meitzer Strafte 35 Herr V. Küster, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr 21. Vrütziuuun, Zschochersche Straße 7 a, - Reudnitz' Herr KUKMrmn, Marschallstraße 1, - - Herr üerul». >Veber, Mützengeschäft, Leipziger Straße 6, - Thonberg Herr k. Ilüntsotz, Reitzenhainer Straße 58, - Bottmarsdorf Herr 0. 4. kuumanu, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Das russische Kaiserpaar in Paris. Auf blut'ge Schlachten folgt Gesang und Lanz. (Jungfrau von Orleans.) vs In rin wahres Meer festlicher Veranstaltungen muß sich da« durch die vielen Reisen ermüdete russische Kaiserpaar stürzen, sobald es den französischen Boden betritt. Einen der Hauptanziehungspunkte werden die Festlichkeiten in Versailles bilden. Da« republikanische Frankreich nimmt zum Mittel punkte eine« großen F-ste« die Schöpfung des absolu'estcn aller absoluten Herrscher. Ein feierlicher und großer Em pfang soll in jenem historischen Spiegelsaale staltfinden, in dem sich 25 Jahre vorher eine andere glänzende Versamm lung befunden hat, an die Vie Franzosen nicht gern zurück denken. Und dem russischen Kaiserpaare sollen die Gemächer Ludwigs XVI. und Marie Antoinettes zurechtzemacht werden, jene- unglücklichen HerrscherpaareS, das unter dem Jubel des republikanischen Pöbels das Haupt auf das Schaffst legen mußte. Der »»historische Sinn der Franzosen, der sich bei dieser Auswahl der Veranstaltungen offenbart, zwingt unS zu einigen historischen Reminiscenzen. 1812/15—1856—1896; drei, nur durch je etwa 40 Jahre von einander getrennte Zeiträume, und doch welch' gewaltiger Wechsel in den französisch-russischen Beziehungen! Im Oktober des JabreS 1812 muß Napo leon den Rückmarsch aus Rußland antreten und taS brennende Moskau leuchtet ibm grausig beim. Russische Truppen helfen den ersten entscheidenden Sieg der Alliirten über Frankreich herbeiführen, am 30. März 1814 sind es russische Truppen, die zuerst das belagerte Paris berennen und am folgenden Tage reitet al- Erster der russische Kaiser in di« besiegte Stadt ein. Wieder ist eS ein 30. März; nur wenig über 40 Jahre liegen zwischen jenem Kampfe um Paris und dem 30. März des Jahres 1856. Aber wie bat sich das Bild geändert! Heute dict irt ein Napoleon, der Neffe des damals von Rußland gestürzten Imperators, dem besiegten Rußland den Frieden. Und schon vor dem Abschlüsse des Friedens ist Rußland so beeifert, daS Wohlwollen des Herrschers, der es gedehmüthigt ^-niN-tsn. Dongola. Von Otto Leonhardt. Nachdruck verbot««. In den Gassen von Dongola hallen nun englische Com- mandoworte und der Sirvar konnte seine Flagge hissen — derselbe Sir Herbert Kitchener, der die Stadt vor mehr al- einem Jahrzehnte vorübergehend gegen den Ansturm der Mabdisten zu halten vermocht bat. Wieder einmal ist die Civilisation in die- Land eingezogen, auS dem sie schon so oft weichen mußte. Wer denkt heut wohl noch daran, daß Dongola einst ein mächtiges christliches Reich war? Im Mittelalter blühte eS unter eigenen Königen, die die kirchliche Oberhoheit de» Patriarchen von Alexandria anerkannten. Dann schwemmte die Flurb des Islam diesen Staat hinweg, und von Stund ab mußten Dongola'« eingeborene Bewohner die Fremherrschaft der Araber ertragen; und ob dir Bo«- niaken, die egyptischen Sultane und Pascha«, die Mameluken oder die Sckeikieb-Araber diese Herrschaft au-übten, gleich blieb der Druck, der auf dem Lande lastete, die Erpressung, die die Dongolaner mehr und mehr verarmen ließ. Wer aber sind diese Dongolaner? Sie sind der Ueberrest de« einst weitverbreiteten Stammes der Barabra, der Welthandel getrieben zu haben und in Asien wie in Afrika ansässig gewesen zu sein scheint. Die heiligen Schriften der Inder erzählen un- schon, daß der Gott WiSwamitra die WarwaraS bekriegt habe, auf alt- egyptiscken Denkmälern finden wir Gestalten von Besiegten, die in Körperbau und Abzeichen unverkennbar den heutigen Barabra'S ähneln, und bei arabischen Autoren spiegelt sich da« Alter de« Stamme« in der Legend», daß die Barabra Nachkommen der Philister und ihre« König« Goliath seien. Heute ist ihre ehrwürdige Geschichte eine verklungene Legende; die christliche Religion ist bi- auf den Namen ver- gessen, und nur einige Tempeltrümmer bezeugen ihre einstige Macht. Ihr Interesse aber behalten die dongolanischen Barabra'« schon darum, weil sie der nördlichst« Stamm bat, zu gewinnen, daß, als am 16. März dem Kaiser ein Thronerbe geboren wird, der russische Gesandte Graf Orlow al- Erster unter all' seinen College» in den Tuilerien erschien, um den Monarchen, den noch wenige Jahre vorder ein russischer Kaiser nicht der Anrede „Mein lieber Vetter", son dern nur der herablassenden Formel „Mein guter Freund gewürdigt hatte, seine Glückwünsche entgegen zu bringen. Damals begann ein derart intimes Verhältniß zwischen Ruß land und Frankreich sich zu enkspinnen, daß Herr von Bis marck in seinem berühmten Expos« über die europäische Lage vorschauenden Geistes auf die Möglichkeit einer russisch-fran zösischen Allianz hinwie«. We.'ch' .in gewaltiger Unterschied zwischen damals un»- diesen Tagen. Denn wenn unser großer Staatsmann auch damals schon die Möglichkeit einer franko-russischen Entente voraussah, so konnte er doch wobl nicht ahnen, baß sich da« Verhältniß deS Selbstbewußtseins unter den Verbündeten derart verschieben würde. Damals Frankreich von Rußland umworben, beute Rußland erdrückt von den LiebeSanerbieluugen der Franzosen. Damals an der Spitze Frankreichs ein Mann, der in jener Zeit wohl al- der erste Mann Europas gelten mochte, heute ein Lederhändler dunkler Herkunft und un gewisser Zukunft; damals die russischen Würdenträger eifrig lauschend, ob wohl dem französischen Monarchen ein freund liches Wort über die Lippen kommen würde, beute die Fran zosen zitternd darauf harrend, daß der russische Selbstherrscher recht Herzliches sagen möge. Er wird Herzliche« sagen, wenn er auch der überschwäng lichen Art der Franzosen nicht genügen wird. Er bat, da wollen wir keinen Augenblick verkennen, alle Ursache, Herz liches zu sagen, denn Rußland hat in den letzten Jabren Frankreich viel Förderung zu verdanken. Frankreich hat, wo eS immer konnte, die russische Politik unterstützt, und den russischen Finanzen in der bereitwilligsten Weise auf geholfen; dafür will Rußland ganz gern dankbar sein, wenn auch nicht eben in der Art, wie Frankreich e« gern möchte. Mit seinem mächtigen deutschen Nachbarn, von dem eS ja selbst keine Erwerbungen machen will, wird Rußland sich nicht überwerfen wollen, aber so weit bei einem gemeinsamen Vorgehen gegen England für Frankreich VortheUe zu er zielen sind, wird sie Rußland ibm bereitwillig zu Tbeil werden lassen. Auf diese Basis der Allianz bat erst jüngst die sehr einflußreiche „Nowoje Wremja" Frankreich verwiesen, indem sie ziemlich unverhüllt den Wunsch auSiprach, daß der eng lische Einfluß in Egypten durch französiichen ersetzt werd«n möge. Eine dieser Tage von unS mitgetheilte, zweifellos vom Auswärtigen Amt« in Berlin inspirirte Auslastung in der „Münchener Allgem. Ztg.- beweist, daß auch die maßgebenden Factoren in Deutschland mindestens nicht« dagegen einzuwenden haben, wenn Frankreich mit England in die Herrschaft am Nil sich lheilt. Die Breslauer Tage baden augenscheinlich zu einer Uebereinstimmung zwischen Kaiser Wilhelm und dem Zaren auch in diesem Punote geführt. In dem Sinne einer Be sprechung darüber, wie weit Frankreich bei einer Action gegen England in Egypten auf Rußland sich stützen kann, dürften die Pariser Festtage von erheblicher politischer Bedeutung sein. „Auf blut'ge Schlackten folgt Gesang und Tanz." Tausende von Russen und Tausende von Franzosen haben gegen einander da« Gewehr gerichtet und da« Schwert er hoben, und nun sieht sich der russische Kaiser umrauscht von dem Jubel des französischen Volke». Wir glauben, so jung er ist, so kennt er doch die rasche Begeisterungssähigkeit und die rasche — Wandlungsfähigkeit dieses Volkes zu gut, um den Jubel allzuboch zu veranschlagen. Es ist für ibn nicht schmeichelhaft, daran zu denken, daß vor wenigen Jahren ein ebenso stürmischer Jubel, wie jetzt ihm, dem General Boulanger zu Tbeil wurde, wenn er auf seinem stolzen Rappen von der Parade beimkehrte, jenem Manne, der sich so bald als In begriff aller Eigenschaften herausstcllte, die ein hervorragender Mann nickt besitzen darf. Wie aber damals die Tingeltangel sänger unter frenetischem Jubel de- PublicumS da» „en r'vevkmt ä' I» revns" oder da« „il r'rienära, notr-' cber Lruest^ vortrugen, so singen sie jetzt da» Lied vom Elevin et krau^ülonuette". Dieser rasche Wechsel der Gesinnungen, diese Fähigkeit, sich heute für einen demokratischen General und morgen für einen autokratischen Kaiser zu begeistern, muß den Herrscher stutzig machen- er muß sich sagen, daß ein Volk von so wenig stetiger Denkart auf gefährlichen Wegen einherwandelt. Und darum wird er sich hüten, die Kette zwischen sich und diesem Volke zu einer unlöslichen zu machen, damit nicht, wenn da» Volk taumelnden Schritte« dem Ab grund entgegeneilt, Rußland mit hineiagezogen werde. Deutsches Reich. 6. ü. Berit«, 29. September. Der Ausfall der hiesigen Gewerbegericht-wahlen, bei denen auch in dir Elaste der Arbeitgeber «in weitere« Vordringen der Socialdemo- kratie sich zeigte, und vor allen Dingen die Thatsachr, daß in einem Bezirk dem socialdemokratischen Arbeitgeber- candivaten ein Gegenkandidat gar nicht gegenüber gestellt war, Hal selbstverständlich in den Kreisen der antisocialisiischen Arbeitgeber eine gedrückte Stimmung erzeugt. Man fürchtet, daß es vergebliches Bemühen sein werbe, den Siegeslauf der Socialdemokraten bei diesen Wahlen aufzukalten, und daß schließlich «ine größere Anzahl von Kammern ausschließ lich mit Socialdemokraten werde besetzt werden. Da« Eomitö der antisocialistiscken Arbeitgeber hatte sich die denkbar größte Mühe gegeben, um da« Interest« für die Wahlen zu wecken, aber alle Versuche waren fruchtlos und die Wemgen, die durch Eintragung in die Liste da« Wahl recht erlangt hatten, waren und blieben gespalten. Allzu tief sind in Berlin die Gegensätze zwischen den bürgerlichen Par teien; die Mitglieder der Rechten und die der radikalen Linken auf einen gemeinsamen Eandibaten gegen den gemein samen Feind zu einigen, ist kaum mehr möglich. Sind nun die Arbeitgeber von den UnheilSsprüchen des Berliner Gewerbe- gerickt« schon jetzt nickt erbaut, so wird da« in Zukunft noch schlimmer werben. In den geschlossenen Versammlungen der socia- listischen GewerdegerichlSbeisitzer schlägt man bereits einen scharfen polemischen Ton gegen die „gelehrten" Vorsitzenden an, die nach der Pfeife der Sociatdemokratie nicht tanzen wollen; ist die Kammer ganz „roth", dann wird dem Vorsitzenden schließlich nichts anderes übrig bleiben, als sich zu fügen. Eine große Anzahl von Arbeitgebern, die sonst für die Innungen nichts übrig haben, geht deshalb mit der Absicht um, den Innungen beizutreten, um als Instanz in gewerblichen Streitigkeiten daS JnnungSschievSgerichl zu haben. Die Ausführung dieses Plane« würde freilich die bereit« sehr schwache Position der wenigen antisocialisiischen Arbeitgeber, welche für das Ge- werdegrricht Interesse gezeigt haben, noch mehr schwächen und die fast ausschließliche Besetzung de« GewerbegerichtS mit Socialdemokraten noch mehr beschleunigen. Berlin, 29. September. Die Denkschrift, welche der preußische LandwirthschaftSminister über die Maßnahmen veroffrntUcht hat, welche in den letzten Jahren zur Hebung armselig und besteht nur au- dem Nöthigsten; eigrntbümlich ist «in au- Lehm aufgemauerte« Sopha, auf dem sich die ver- heiratheten Personen dem merkwürdigen, angeblich stärkenden Genüsse hingeben, sich anzuräuchern. Seit die Verarmung in Dongola immer mehr und mehr zuzenommen bat, ist Fleisch rin höchst seltene« Gericht geworden- ost besteht daS Mahl nur auS in Wasser gekochten Bohnenblättern mit gesäuerter Milch und Durrabrod. Und doch ist da« Land nickt un fruchtbar. freilich ist nur da« Anland deS Nil« anbaufähig; die- aber tragt mit Hilfe der Wasserschöpfräder zweimal im Jabre, und einen großen Neichtbum hat da« Land an Dattel palmen, di« sich hier ganz besonder- schön entfalten. Die geringe Ackerardeit, da« Ernten und AuSdrefchen liegt den Weibern ob, die auch da« Trinkwasser von dem zuweilen Weit entfernten Flusse herholen und den Haushalt besorgen müssen, der sich freilich auf- Mahlen der Frucht und daS Backen de« Brode» beschränkt. Gute« Baumwollzeug wird hier verfertigt, bekannt ist Dongola- solide« Segeltuch; Fleckt-, Gold- und Silberarbeiten sehen auf eine uralte Ge schichte zurück. All' dies« Thätigkeit fällt den Weibern zu; am Wasserrade arbeiten die Knaben und die Sklaven; von den Männern aber arbeiten eigentlich nur die wenigen Werk leute, »ad auch sie begnügen sich mit 2—3 Stunden täglicher Arbeit. Früher besonder- wanderten die Dongolaner gern nach Kairo, wo sie unter dem Namen der „Barbarinen" als Lastträger und nm ihrer Ehrlichkeit und Treue willen als Tbürhüter sehr geschätzt waren. Aber hatten sie nach einigen Jahren kleine Ersparnisse gesammelt, dann kehrten sie in ihre einsamen Wadi- zurück, aßen Durra, tranken Bus« und tanzten di« Nagade und ihre anderen Nationaltänze. Ein eigenthümlicher Zufall wollte e«, daß Mobammed Achmed, der Maddi, selbst an« Dongola stammte. Spät hat er seine H«imath sich zu unterwerten vermocht; zurrst von allen Provinzen d«S Derwisch-Reiche« fällt nun die in die Hände de« Sirdar«, von der im letzten Sinne alle« Unglück der achtziger Jahre au«ging. Wird nun di« Grsittung festen Fuß an den Katarakten de« Nilstrome- fasten? Oder wird au« dem völkrrreichen Innern dr- dunkeln Erdtheile« «in neuer Stoß nach Norden sich drängen und diese Stätte uralter, einst christlicher Eultur wiederum mit Barbarei bedecken? . . der nubischen Rasse sind und durch diese ethnographische j sie die Insel Pbilä nicht mehr zu sie die Insel Pbilä nicht mehr zu halten vermochten, sprangen di« Dongolawi alle, selbst die Weiber und Kinder, in den Nil und schwammen anS jenseitige Ufer, nackdem sie Vie Kinder, die ibnen nicht folgen konnten, ersäuft oder verstümmelt hatten. Die Arbeit lieben sie nicht; und da der Ackerbau nur wenige höchst primitive Handgriffe verlangt, so können sie sich ganz ihrem Hauptvergnügen hingeben: dem fröhlichen LebenS- genusse. Der Danagla braucht sein Busa zum Trinken, braucht Musik und Tanz. Sie haben ein eigenartige- Musik- Instrument: zwei Kürbi-schalen, die umgestürzt auf einer mit Wasser gefüllten Wanne schwimmen, und di« mit kleinen Stäbchen, wie dir Pauken, bearbeitet werden. Auch eine fünf seitige Leier, die Tamburs, haben sie erfunden, und auf diesen Werkzeugen können sie stundenlang dieselben Töne hervor- brmgen, ohne ihrer müde zu werde», und gern singen sie auch immer wieder ihre kurzen melodischen, im Texte überaus simpel» Liedchen. Welche Freude, wenn eine Stunde nach Sonnenuntergang der Schall der Kürbispauken zum Tanzfeste rufti Dann kommen die Frauen in ihrem schönsten Schmuck, mit silbernen Ringen an Obren und Nasen, mit silbernen Spangen an Armen und Füßen, mit silbernen Glöckcken in den Zöpfen de- Haares, mit Gla«perlen und Bernstein. Und die Männer erscheinen gleichfalls, vier Jünglinge er wählen rin Mädchen zur Tänzerin und springen nun um sie mit wilden Geberden und Knurren wie die Hunde herum, während sie zum Zeichen ihrer Gunst Einem nach dem Andern ihr fetttriefende« Hauptbaar um den Nacken wirft. Dabei wird durch da« unausgesetzte Stampfen meist so viel Staub ausgewirbelt, daß di« ganze Scene in dichten Staub gebüllt ist. Durch Tän» glauben sie auch Krank heiten curirea zu können; durch Tanze feiern sie da« Andenken der Verstorbenen, wobei die Tänzerinnen, angefeuert durch da« Ulula-Geheul der Weiber, sich bemühen, die grotrSkesten MuSkelverzerrungeu zu vollbringen. Hat der Dongolawi diese Unterbaltungrn, so stellt er im klebrigen wenig Ansprüche an da« Leben. Sein« Wohnung, einst in besseren Zeiten eine feste Lehmhütte, ist jetzt nur noch eine Art Gtrohkafia, die sich leicht von einem Orte zum anderen versetzen laßt. Die noch erhaltenen Lehmhütten ver fallen, weil der Glaube herrscht, daß da« Beziehen einer ein mal verlassenen Wohnung Unglück bringe. Da« Mobilar ist Stellung zu ihren egyptischen Nachbarn in bestimmtem Gegen sätze stehen. Scharf scheiden sich in Dongola die fremden Sieger und die Besiegten. Dir arabischen Djalin blicken voller Ver achtung auf die Danagla, die sie auf eineu Sklaven zurück- führen, während sie selbst ihre Abkunft von einem Oheim des Propheten berleiten. Zwischen Arabern und Dongolaner» wird kein« Ehe geschloffen. Der Araber lebt al- ein Patricier, «ad läßt di« Feldarbeiten durch seine Sklaven besorgen; die Weiber haben daher müßige Zeit und pflegen ihre weitberühmte Schönheit, deren größte Zier die lebhaften großen Augen bilden. Die Gebote de« Islam werden streng gehalten und auf die Moralität der Töchter wird hoher Werth gelegt. Die Dongolawie sind äußerlich und innerlich von ihnen verschieden. Sie sind ein gut gebauter Schlag, der Farbe nach die hellsten von den Nubiern, aber doch viel dunkler als die Egypter: „glänzend dunkelacaiou" nennt sie Costaz. Ihr Gesicht ist länglich oval, die Lippen stad dick, die Augeu lebhaft, da« Haupthaar stark gelockt, jedoch nie wollig, da- Bartbaar aber immer dünn. Jbre Frauen zeigen, wenn sie jung sind, große Schönheit de- Körperbaue- und de« Gesicht«- schnitt«-; die frühzeitigen Ehe» aber und die Feldarbeiten rauben ihnen zeitig ihre Reize. Den J-lam bekennen sie, doch feiern sie außer dem großen Ramadan kaum eine religiös« Ceremonie und jeder Fanatismus ist ibnen fremd. Ihre sittlichen Zustände müssen al- sehr tiesstehend bezeichnet werden; die Frauen sehen ihre Schönheit als Waare an, viel liederliche« Gesindel treibt sich im Lande umher und der Gedanke der Lieb« ist dem Dongolaner fremd: Geld «ad GeldrSwerth, da« sind dir einzigen Momente, die für seine Neigung entscheidend sind. ES ist überhaupt «in leichte« Völkchen. Sie sind lustig und sinnlich, und wa« ihr« Lebensauffassung angeht, durch und durch egoistisch. Einen Dienst leisten sie einander sehr ungern, und die Lebhaftigkeit, di« ihr« Jugend kennzeichnet, wird durch die Schärfe ihre« Eigennütze« zeitig eingeschränkt. Sir lieben den Frieden, find aber, wenn eö notb tbut, in hohem Grade tapfer. Al« Bonoparte nilaufwärt« zog, wider setzten sie sich seinem Vordringen aus- Hartnäckigst«, und al«
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