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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.10.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961006014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896100601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896100601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-10
- Tag1896-10-06
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SrSßere Schriften laut unserem Preis- »erzeichniß. Tabellarischer und Zissrrnsap »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de, Morgen»Ausgabe, ohne Postbrsörderunz ^l SO.—, mit Posibejörderung 70.—. Ännahmeschlnß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: vormittag- 10 Uhu. Morgen»Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. V«i den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Sn,eigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck und Verlai non E Volz in Jeivzlg 5VS. DienStag den 6. October 1896. Sü. Jahrgang. Was»»sss»»»««W-sias^' Zur Zrvangsorgarrisalion -es Handwerks. K Immer klarer stellt sich heraus, welchen schlechten Dienst der frühere preußische HanLelSminister von Berlepsch der konservativen Partei und dem Cenirum dadurch erwiesen bat, daß er ihrer Forderung nach Einführung der Zwangs innung durch Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes Folge gab. Seine Vorlage Hal das wohlthätige Halbdunkel, das über der Willensmeinung des Handwerks lag, verscheucht, und was sich im bellen Licht zeigt, ist die Ertenntniß, daß die beiden genannten Parteien bei ihrer so lauten und gegen andersdenkende Politiker so gehässigen Agitation für die Ne gierung nicht die Vertreter der Interessen des Handwerks gewesen sind. Wir sehen ganz davon ab, daß der preußische Entwurf von den „Zünftlern" hauptsächlich nur deshalb acceptirt wird, weil sich die Führer der Bewegung für Einführung der Zwangsinnung sagen müssen, in welchem Lickt sie erschienen, wenn sie das, wofür sie eine Anzahl von Handwerkern fanatisirt, nun es dargeboten wirb, zurürkwiesen. Die successiven Wirkungen der Veröffentlichung des Entwurfes sind nicht die süßsauren Gesichter Derer, die ihren Willen durckgcsctzt haben, sondern die Thatsache, daß man nicht mehr an der Behauptung fest halten kann, die große Mehrheii, ja auch nur eine Mehrheit der Handwerker überhaupt, wolle die Zwangsinnung oder verspreche sich gar eine Förderung deS Handwerks von dieser Bewegung. Zwar die Presse der Conservativen, die sich anscheinend noch der vom Bürgerlichen Gesetzbuch her berühmten Führung erfreut, hat vorläufig den Muth behalten, sich im Widerspruch mit einer offenkundigen Thatsache zu behaupten. Aber die„Köln.VolkSztg.",das klügste unter den Centrumsorganen, verbreitet sich fast alltäglich über die von ihr angeblich jetzt erst gemachte Entdeckung, daß jenseits der von den Zunft herren Metzler und Nagel besetzten Berge auch noch Hand werksleute wobnen, und zwar so viele, daß ihre Zahl die günstige Position, welche der Frhr. v. Berlepsch den Zunst- lreunden gegeben, überreichlich auswiegt. Das ultrauiontane Blatt scheut sogar nicht vor der Anerkennung der Thatsache zurück, daß man bisher eigentlich nur Anhänger der Zwangs- innung gehört habe und daß die anderen Handwerker nicht zu Worte gekommen seien. Die Consequenz dieser „Wahr nehmung" müßte bei dem klerikalen Blatte die Forderung nach einem Rückgriff auf die „Böttichersche" Handwerkcr- kammervorlage sein, die bekanntlich als Hauptzweck verfolgte, ordentliche Vertretungen Les gesammten Handwerks über die Organisation zu hören. ES wäre aber von einer Partei, die, wie das Centrum, jederzeit das „einzig Wahre" zu treffen sich rühmt, zu viel verlangt, wollte man von ihr die Empfehlung eines Vorgehens erwarten, welches sie vor kaum Jahresfrist als Verrätst am Handwerk verdammt bat. Die „Köln. Volkszeitung" stellt deshalb »ach wie vor in Aussicht, daß der Berlepsch'sche Entwurf im Reichstag durch Centruui und Conservative angenommen werden würde, sie sieht jedoch im Bundesrath eine „Gefahr" für die ZwangS- innung. Wir thun dem Blatt mit der Annahme nicht Unrecht, daß cs in dein, was es als Gefahr bezeichnet, die Rettung er blickt, und daß seine Bemerkung besagen will, der BundeSrath könne dein Centrum keinen größeren Gefallen erweisen, als damit, daß er den preußischen Entwurf ablehnte. Nun könnte sich ja das heimliche Verlangen regen, der Bnndesrath möchte die ultramontane Partei in der Sackgasse, in die sie ihr MandatSbunger getrieben hat, hübsch sich weiter vorwärts bewegen lassen. Aber die Angelegenheit ist zu ernst, als daß man sie um eines taktischen Vergnügen willen anders als rein sachlich behandelt zu sehen wünschen dürfte. Die sachliche Behandlung läuft aber auf die Ver werfung hinaus, nachdem für Jedermann ersichtlich ge- worden, daß mit der Vorlage nicht einmal der Zweck einer vorübergehenden Befriedigung der großen Mehr zahl der Handwerker erreicht werden kann. Daß man das Handwerk wider seinen Willen mit der Zwangsinnung glücklich machen müsse, das ist eine Ansicht, von der wir zu wissen glauben, daß sie selbst der preußischen Negierung fern liegt; die mittelstaatlichen Regierungen, von denen ohne die preußische Anregung notorisch keine einzige darauf verfallen wäre, sich mit dem Projekt zu befassen, haben erst recht keinen Grund, dem Handwerk eine ihm nicht er wünschte Einmischung aufzudrängen. Nationalliberaler Delegirtentag. ii. L. Berlin, ü. Oktober. (Privattelegram m.) In d" heutigen Versammlung wurde Resolution 5, betr. die Ab wehr rückschrittlicher Bestrebungen aus dem Gebiete von Kirche und Sckule, in der Fassung deS Centralvorstandes angenommen. Ebenso wurde Resolution 6, betreffend die landwirtbsckaftlichen Fragen, — unter Ablehnung des Satzes des Antrages Bueck und Genossen, welcher die Billigung der Branntwein- steuer-Novelle und des Zuckersteuergesetzes ausschließen sollte, und mit einem auf die Eisenbabnpolitik bezüglichen Zusätze — in der Fassung des Centralvorstandes angenommen. Die Resolutionen 7, 8 und 9, betreffend die WährungSsfrage, den Fach- und Fortbildungsunterricht und die Colonialpolitik, gelangten in der Fassung des Central vorstandes zur Annahme, Resolution 7 gegen eine kleine Minderheit, vr. Aub aus München faßte in der Schluß rede das Ergebniß der Verhandlungen zusammen und schloß mit einem Hoch auf die Partei. Der Parteitag wurde darauf geschlossen. P Berlin, 5. Oktober. Beinahe 400 Delegirte betheiligten sich gestern an dem gemeinschaftlichen Festmahl im großen Saale des Zoologischen Gartens. Abg. vr. Osann begrüßte die Festgenvsscn mit einer herzlichen Ansprache, in welcher er unter allseitiger Zustimmung der Ueberzeugung Ausdruck verlieb, daß das Gefühl der Zusammengehörigkeit alle Gegen sätze überwinden werde. Sein Trinkipruch galt dem Schirmer und Schützer deS Reiches, dem Kaiser. Abg. vr. Krause toastete auf den Großherzog von Baden, dem folgendes Begrüßungstelegramm gesandt wurde: „Ew. königl. Hoheit, dem selbstlosen Vorkämpfer der Einheit des Vaterlandes, dem unermüdlichen Förderer alles Großen und Edlen, zu seinem 70. Geburtstag nachträglich dir herzlichsten Glückwünsche darzubringen, ist den Telegirten der nationalliberalrn Partei auS ganz Deutschland Herzrnsbedürsniß und Ehrenpflicht." Hierauf ging im Laufe der heutigen VormittagSsitzunz folgende (schon mitgetbeilte, des Zusammenhanges wegen hier wiederholte. Red.) Antwort rin: „Mainau, de» 4. Oktober. Für de» warmen Autdruck freund licher Glückwünsche zu meinem 70. Geburtstage danke ich allen Theilnehmern an dem Delegirtentage der nationalliberalen Partei herzlichst. Sie nennen mich Vorkämpfer für nationale Größe und Kraft. Ich erwidere Ihr patriotisches Gesühl mit dem Ruf: Immer dar kampfbereit für- Vaterland! Friedrich, Großbrrzog. Aus Veranlassung des Oberbürgermeisters Küchler-Worm- wurde dem Fürsten Bismarck unter minutenlang dauerndem Jubel, welcher dem Toaste Küchler'S folgte, folgendes Tele gramm gesandt: „Dem großen Mitbegründer und ersten Kanzler des Deutschen Reiches rufen di« Drlrgirten der nationalliberalen Partei aus ganz Deutschloud in alter und unentwegter Verehrung und in unaus löschlichem Dank für Alles, was er für da- Vaterland Großes ge schaffen, aus tiefstem Herzen zu: Gott schütze und erhalte Sir noch lange!" Hierauf lief folgende (in einem Theile der Auflage de« letzten Abendblattes schon enthaltene. Red.) Antwort ein: „Friedrichsruhe, 4. Oktober. Mit meinem verbindlichsten Dank für die ehrenvolle Begrüßung bitte ich Sie, den Kampf, genossen, deren Unterstützung ich mich in ernster Zeit erfreut habe, meine Wünsche für di« politische Zukunft der Fraktion auszu sprechen. v. Bismarck." Zu einem Toast auf die nationalliberale Partei erhob sich Professor EnnecceruS. Eben erst habe die Partei einen vollen Beweis ihrer Bedeutung gegeben, indem sie wesentlich mitgeholfen habe, ein gemeinsames RechtSbaud um da- deutsche Vaterland zu schlingen; so habe sie bei allen großen Ausgaben mitgewirkt, und daß sie sich ihrer liberalen Pflichten erinnere, habe ihr Verhalten bei verFrage LeS Volksschul- gesetzeS bewiesen. Zwiefach sei der Gewinn diescSDelegirtentages: einmal sei jetzt in Berlin zum ersten Male eine Berührung aller Wahlkreise mit einander herbeigeführt, außerdem aber sei da- Ergebniß der sachlichen Verhandlungen ein unbedingter Erfolg für die Stärkung der Partei. — Von den Trmk- sprücheu, die sich, theilS ernsten, theils humoristischen Inhalts, zu einer endlo- langen Kelte zusammenfügten, sei nur noch der de« Laudgerichtsratb« Göschen (Frankfurt a. M.) auf Rudolf von Bennigsen erwähnt. Auch dem bewährten Führer wurden in einem Telegramme die Grüße der Dele gieren dargebracht. Dasselbe lautete: „Dem verehrten Führer sendet voll freudiger Zuversicht aus weiteres gedeihliches Wirken der Partei wärmsten Freundesgruß der Delegirtentag." Eine humoristische Rede de« Abgeordneten vr. Sattler beschloß die Reihe der Toaste. Die Festversammlung ging erst in später Stunde auseinander. Deutsche- Reich. 6. 8. Berlin, 5. Oktober. Gegen die Bevorzugung der Großen Berliner Pferde-Eisenbahn-Geieltsckaft macht sich in den Kreisen der Bürgerschaft eine immer heftiger werkende Opposition geltend; eine Anzahl Petitionen sind bereits von unpolitischen und politischen Vereinen bei der Stadtverordnetenversammlung eingelaufen. In einer Ver sammlung wurde darauf bingewiesen, daß die Pferdebahn alle Beschwerden des Publikums fortgesetzt unberücksichtigt gelassen habe, der 10-Pfennig-Tarif sei noch nickt eingesührt u. s. w. Verlangt wurde dann, daß kein Mitglied des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung an der Beratbung und Beschlußfassung über Verhandlungen mit der Pferdebahn theilnehmen darf, der direkt oder indirekt als AufsichlsrathSnntglied, Actionair, Angestellter, Lieferant u. s. w. an dieser Gesellschaft betheiligt ist. Die Herren, welche dieses Verlangen stellten, waren die freisinnigen Stadtverordneten Goldschmidt, Max Schütz (Landtagsabgeordneter), Gericke und Kreitling. O Berlin, 4. Oktober. Der Kampf um den Besitz des „Svcialist. Akademikers" wirb fortgesetzt. Testen Re daktion und Verlag veröffentlichen nachstehende Erklärung: „Die Unterzeichneten (cs hat aber Niemand periönlich unter zeichnet) erklären hierdurch, daß die Angaben in der gestrigen von Joh. Sasjenbach gezeichneten Annonce, welche den „Sociaust.scheu Akademiker" betreffen, zu einem Theil auf Unwohl heil be ruhen, zum anderen Theile geeignet sind, bei Genossen, die mi ver Organisation des Blattes nicht vertraut sind, faliche Vulstellungen zu erwecken. T4r Mißhelligkeire» sind täg lich durch die Schuld des eine», nunmehr zurückgetrrteuen Theilnehmers entstanden. Dieser Herr, der vom Januar bis September dieses Jahres dem Verlage des Blattes angehörte, hat die Absicht gehabt, den „Soc.-Atad." in seine Hände zu bekommen, und hat, als dieser Plan scheiterte, durch fortgesetzle Ehicanen, zu denen ihm sein juristisches Recht am Verlage die Möglichkeit bot, die Existenz des Blattes zu vernichten gesucht. Ein aus Parlei- genossen bestehendes Schiedsgericht hat sich mit dem Thun dieses Herrn, der domal- noch am Verlage öelheiligt war, besaßt und hat dieses in dem Urtheile mit folgenden Worien gekennzeichnet: „... In diesem Verfahren sehen wir eine Hervorkehrung des kapitalisti schen Eigenthumsstandpunctes gegen Parteigenossen, Li» das moralisches?) Miteigenthum besaßen, einen Verstoß gegen Treu und Glauben und gegen social>stija>« Grundsätze." Es ist eine grobe Entstellung deS wahren Sachverhalte-, wenn in jener Annonce von einem eventuellen „Aneignen" des bisherigen Titels gesprochen wird, und es ist eine direkte Unwahrheil, daß „keine Aussicht vor- Händen ist, daß ... da- Blatt . . . auch im bisherigen Sinne und mit dem entsprechenden Inhalt" von uns forigesührt »verden wird. An dem Titel „Der Social.-Akad." hat Niemand ein Recht, ats die socialistiichen Sludenlen und Akademiker Deutschlands, die Las Blatt gegründet und zu ihrem Organ erklärt haben. . . ." E« macht einen hübschen Eindruck, wenn man siebt, wie die führenden „Genossen", Liese „Weltverbesserer", sich um da« Eigenthum raufen. * Berlin, 5. October. Die Erklärung, die der frühere preußische CultuSminister vr. Falk über die Inilialive zu den Mai gesehen im „Wests. Anz." abgegeben hat, ist schon kurz erwähnt worden; sie lautet wörtlich folgendermaßen: „Im Lause der Jahre sind manche Mittheilungen über meine Thätigkeit als Minister in die Oeffentlichkeit gelangt, welche zu einer Berichtigung geeignet waren. Ich habe eine solche bisher nie mals eintretrn lasten und gedenke, so weit irgend möglich, bei dieser Haltung zu bleiben. Am wenigsten würde ich sie auS eigener Be wegung einer so umrahmten Mitthrilung gegenüber aufgeben, wie es die von der Redaktion in Bezug genommene, kürzlich von der Zeitung „Germania" gebrachte ist. Allein heute lese ich eine Erklärung der „Hamb. Nachr.", welche mich deutlich zu einer Aeußerung über die Mit^ theilung der „Germania" aufsordert. Wie die Verhält niste liegen, glaube ich mit der Annahme nicht zu irren, daß solche Aufforderung im Sinne einer von mir besonders hochverehrte» Stelle ist. Da- legt mir die Pflicht zu einer Aeußerung ans. Dieselbe lediglich aus den Punc richtend, auf welchen es sachlich ankommt, erkläre ich, daß — wenn auch selbstverständlich im Hinblick auf Besprechungen innerhalb der Staatsregierung — doch die Initiative zu den im Jahre 1872 vor- bereiteten, anfangs 1873 dem Landtage vorgelegien und im Mai desselben JahreS allerhöchst vollzogenen kirchenpolitischen Gesetz entwürfen von mir und nicht von Seiner Durchlaucht dem Fürsten Bismarck genommen worden ist. Tie in meinen Händen befindlichen Schriftstücke zeigen, daß meine formulirten Vorschläge dem Genannten nicht eher zugegangen sind, als den übrigen Mitgliedern des Staatsministeriums. Falk." * Berlin, 5. Oktober. Ueber den physischen oder sinnlich wahrnehmbaren Verkehr mit dem Satan äußerle sich, der „Centrumscorrespondenz" zufolge, die erste Seclion des Antifreimaurer-Congresses in folgendem Gallimatkias: „Da es Tdatsache ist, daß die große Mehrheit der Frei maurerei die wirkliche Bedeutung ibrer Symbole nicht kennt und demgemäß die moralische Voraussetzung zu einem physischen oder sinnlich wahrnehmbaren Verkehr mit Satan für sie nickt gegeben ist, so läßt sich annebmen, daß ein solcher physischer oder sinnlich wahrnehmbarer Verkehr bei ter gewöhnlichen Freimaurerei nicht existirt, wohingegen es als zweifellos erscheint, baß die Freimaurerei i» moralischen und intellektuellen Beziehungen zum Satanismus steht, was schon daraus hcrvorgeht. Laß die „Ledesia sanata vei', wie Mazzini's Umschreibung der Freimaurerei lautet, als Gottheit Lucifer oder die Sonne, d. h. kas Princip der universellen, materiellen Zeugung erkennt. Daß endlich die Meister der reinen Freimaurerei in den geheimen Versammlungen, die sie mit besonderen Symbolen unter Ausschluß der Lehrlinge und Gesellen abhalte», sich in der sogenannten „Priesterlichen Freimaurerei" mit Magie oder schwarzer Kunst befassen können, darüber herrschte in der Section volle Ueberein- stimmung." V. Berlin, 5. October. (Telegramm.) Der Kaiser ist gestern Mittag im besten Wohlsein im Jagdschloß Hubertus stock eingetroffen. Er unternahm beute früh 6 Ubr eine Pürschfahrt und brachte zwei Zwölfender, einen Vierzebncnder und einen Zrvemndzwanzigcnrer zur Stricke. Die Rückkickr nach Hudertüsstock erfolgte gegen 10'/, Ubr Vormittag«. Tie Kaiserin, welche gestern und heute noch im Neuen Palais verblieben ist, gedenkt morgen früh sich nach Hubertusstock zu begeben. D Berlin, 5. October. (Telegramm.) Vom Kaiser ging folgende Antwort auf das am Sonnabend abgesandte Begrüßungstelegramm des nationalliberalen Dele- girtentages ein: Potsdam, den 5. October, 10 Ubr Vor mittags. Seine Majestät der Kaiser und König lassen den dort versammelten Telegirten der nationalliberalen Partei für den telegraphischen Ausdruck ihrer treuen Gesinnung bestens danken. Aus allerhöchsten Befehl: v. Lucanus. T Berlin, 5. October. (Telegramm.) Das Ltaats- unntstcrium trat beute Nachmittag 2 Ubr unter dem Vorsitze des Fürsten Hohenlohe zu einer Sitzung zusammen. D Berlin, 5. October. (Telegramm.) Die „N. A. Zig." hält es nicht für wahrscheinlich, daß die Vor arbeiten deS Gesetzentwurfs zum Schutze ter Banhanvwcrkcr im ReickS-Iustizamte so schnell abgeschlossen würden, wie man in manchen Kreisen anzunebmen scheine; eie Reichsverwaltung werde sich schwerlich schlüssig machen, so lange die Stellung der preußischen Regierung noch unentschieden sei. — Herr Stöcker schlägt sich in einem von ihm gezeich neten zweispaltigen Leitartikel des „Volks" mit dem „Reichs boten" herum. Er sei unschuldig an der Entwicklung der „Jungen", ebenso das.,Volk". Auch batten ihn dessen Redak teure nicht auS der conservativen Partei herauSgeträngt. Am Niedergang der christlich-socialen Sache seien die Regierung schuld und „die alten Lügen und Jntriguen der Mittel parteien". Am meisten empört ist Herr Stöcker darüber, daß ver „Reichsbote" kurz vor dem Ouartalswechsel, wo eS galt, Abonnenten zu gewinnen, daS„Volk" eine „auSHeblasene Eier schale" genannt hat. „Man kann ein Blatt nickt tödtlichcr beleidigen, als durch den Ausdruck: „auSgeblaseue Eierschale"". So Herr Stöcker. — Wie die angehenden Lehrer in den preußischen Seminaren an die geistliche Schulde rrschaft von Anbeginn an gewöhnt werden, plaudert ein ultramoutancs Blättchen auS, indem eS da- Lehrerseminar zu Boppard Feuillatsn. Septembertage aus LchiUer's Leben. Bon Herman Semmig. 2. Und die Jahre vergingen. Hierhin und dorthin hatte ibn sein Schicksal verschlagen. In Mannheim der Ver zweiflung nahe, hatte er noch im Winter deS Jahre- seiner Flucht in den verschneiten Fichtenwäldern deS ThaleS der Werra ein Asyl suchen müssen, abermals vr. Ritter geheißen. In tiefster Einsamkeit hatte er beinahe acht Monate in dem Dorfe Bauerback bei Meiningen zugebracht, war dann wieder nach Mannheim zurückgekehrt; „bald himmelboch jauchzend, bald zum Tode betrübt", verließ er eS aufs Neue, siedelte nun nach Leipzig über, genoß hier und in Dresden selige Tage, ein kurzer Rausch nach den schweren Sorgen, die sein unstete» Leben bisher umflattert hatten — und wieder mußte er aufbrechen, weiter ziehen. In der zweiten Hälfte deS Juli 1787 reiste er ab. er ging nach — Weimar. Es ist der deutsche Musenhos. Ja, „willst Du m meinem Himmel mit mir leben, nur auf der Erde bad' ich nicht« für dich", rief dem Dichter — denn al« solcher galt der RegimentSmedicu« nun doch — Zeu« vom Olympe zu. Die Blicke der Liebe au« den Augen Charlotten« von Lenge feld vergoldeten freilich dem immer noch Unsteten die Zukunft, und er ward ja zu Ostern 1789 auch Professor in Jena, aber — ohne Gehalt. Charlotte war sogar, am 22. Februar 1790, die Seine geworden, eia gute« edle« Weib, da« seiner würvig war. Da befiel ihn im Januar 1791 die Krankheit, die ihn nie wieder verlassen sollte, im Sommer diese« Jahres ging schon die Nachricht von seinem Tode durch Deutschland, und Joh. Scherr schreibt an dieser Stelle: „Neben den Leiden und Sorgen der Krankheit meldete sich im Jahre 179l auch die finanzielle Bedrängniß wieder, obgleich Schiller'« Schriften eine immer stärkere Verbreitung fanden." War dies da« „glückliche goldene Ziel", da- ihm in jener finstern September nacht auf feiner Flucht au- Stuttgart iu weiter Ferne zu gelächelt hatte? Nein! Eia anderer Septembertaa kam jetzt, der den Flüchtling, geehrt von allen Gebildeten Deutschland« und schon mit hoher Achtung im AuSlande genannt, wieder in die Leimath zurückführrn, der ihm dort daS höchfte Glück de« Leben« bringen sollt«. Ein freundlicher Vorbote war schon der September de« Jahre« 1792. Seine Mutter, die er im August zu sich eingeladen hatte, überraschte ihn zwei Tage früher, al- er erwartet hatte, wie er am 21. September 1792 seinem Freunde Körner schrieb. Er hatte si, nun seit zehn Jahren nicht wieder gesehen und fand sie zwar etwa« verändert, „aber »ach so viel au-gestandenen Schmerzen sieht sie sehr gesund auS. E« freut mich sehr, daß «S sich so ge fügt hat, daß ich sie bei mir bade und ihr Freude machen kann." Mit welch freudiger Rührung liest man diese Worte, wenn man an jenen 2l. September 1782 zurückvenkt, wo er unter Tbränen von seiner Mutter Absckied nabm, und nun bedenkt, daß er wieder an einem 2l, September seinem Busenfreunde da« große Glück de- Wiedersehen- schildern kann. Mit seiner Mutter war auch seine jüngste Schwester, die erst fünfzehnjährige Nanette, angekommen, noch ganz Kind der Natur, deren Anblick ihn herzlich erfreute und für deren geistige Ausbildung er sich zu sorgen versprach. Aber rin noch schönerer September, reich am vollsten Glück des Leben«, harrte seiner im folgenden Jahre 1793. Die theure Heimatb, au« der ihn die Härte seine« Lande«- fürsten verstoßen hatte, ein fremder Fürst machte e« ihm durch seine Freigebigkeit möglich, sie wieder zu sehen. Man weiß, mit welcher Zartheit, mit welch erhabenem Edelsinn der Erbprinz von Holstein-Augustenburg in Verbindung mit dem Grafen von Schimmelmaun den kranken Dichter in den Stand setzte, drei Jabre lang ganz sich, unbehelligt von allem ArbeitSzwang, nur seiner Erholung zu leben. Und er fand sie vorzüglich in seiner Heimalb, die er nach elf Jahren der Trennung wiedersab. Am 8. September zog er in Ludwigs burg rin, da« in seiner Erinnerung au« der Jugendzeit die freuodlichsten Eindrücke gelassen hatte. Nicht sofort hatte er den schwäbischen Boden betreten; einen Monat lang batte er gezögert, au« Besorgniß vor dem Groll seines Füllten, und sich einen Monat lang aus der Schwelle de« Lande», in der damals freien Reichsstadt Heil bronn, aufgebaltrn. Hier batte er auch schon seinen Vater wiedergeseben: welche Freude durchströmte da sein Herz! Hatte er doch am 1. Juli 1793 an seinen Freund Körner geschrieben: „Meine schwäbische Reise kann ich und darf ich nicht aufgeben, denn die ganze Hoffnung meine« Vater« be ruht darauf und ick bin ihm diese Liebe schuldig." Obgleich der Herzog von Württemberg seinem entflohenen RegimentS medicu» nicht ausdrücklich die Erlanbniß gewährt hatte, straffrei zurückzukehren, so sprach doch für die mildere Gesinnung des gealterten, von der Gicht auf seinen Stuhl gebannten Fürsten, wie Scherr richtig hervorbebt, derUmftaud, daß er ohne Weiteres den Urlaub bewilligte, welcken Schiller'« Vater ansvrücklich zu dem Zwecke, seinen in Heilbronn eingetroffenen Sohn zu besuchen, nachgesucht batte. Rasch waren nun Vater und Mutter nebst den Töchtern Luise und Nane von der Solitude herübergeeilt, den Theuren zu begrüßen, und nun wagte es dran auch der Dichter, in „da« Herzogtbum" hinüberzusieoeln. Bi« zum Mai 1794 weilte er hier. Und hier traf auch die schöne Ahnung ein, die er vor seiner Reise seinem Freunde Körner mitgetheilt batte: „Die schönen Aussichten, die ich vor mir habe, erhellen mir da« Heiz. Ich werde zugleich die Freuden de« Sohne« und de« Vaters genießen, und eS wird mir zwischen diesen beiden Empfindungen der Natur inuig wobl sein." In der Nacht de« 14. September ward fihm sein erste« Kind geboren, der Knabe Karl Friedrich Ludwig. Wie wog diese Nacht die Septembernacht der Flucht auf! Gleich TaaS darauf meldete er sein Glück dem Freunde Körner, dieser antwortete ihm: „Wobl Dir und Deinem Weibchen, daß ihr nun auch in unserem Orden seid. E« ist ein eigener Genuß, ein solche« kleine« Wesen um sich zu sehen, da- Einem so nahe angehört. Wer diesen Genuß entbehrt, kann den Werth de« Leben« nie vollständig kennen!" Sein Jugend freund Eonz aber, jetzt Prediger an der Karlsakademie, der ihn in Ludwigsburg besuchte, schrieb darüber im Januar 1823 in der „Zeitung für die elegante Welt": „Es war «in er hebender Anblick, den bohen Mann in den einfach wahren Ausdrücken väterlicher Lust und Lieb« an seinem Erstgeborenen,
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