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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.10.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961019013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896101901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896101901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-10
- Tag1896-10-19
- Monat1896-10
- Jahr1896
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Morgen-Ausgabe. SOS^V Druck und Verloa von E. Volz in Sripziq Jahrgang Montag den 19. October 1896. Amtlicher Theil Fouilletsn Die Mvrgen»A»Sgabe erscheint «m Uhr, di« Abend»AuSgabe Wochentag- »m b Uhr. so prompt unv Defraudanten, und Annabmrstelleu je ein« Stunde früher. stet« an die Expedition zu richten. ckür.s: Hutt s.) V^siesu der 128,50 .«., oder 41,40 /l, Redaktion »«- Er-eLMou: Loh«n«es»asfe 8. Die ExpeMon ist Wochentag« unnntrrdroche» gönnet von früh 8 bi« Abend» 7 Uhr. Extra-Veilaifen (gesalzt), nur mit de« Morgen - Auogade, ohne Postbesörderung ^4 SO.—, mit Postbciörderuug 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend.Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgrn-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr, Bei den Filialen halbe N«»eigen sind Filialen: ttto klemm'« earriin. (Alfred Hahn), Uoiversitiit-strabr 3 (Paultnum), LoniS Lösche, kkotbartnenstr. 14. vnrt. und König-Vlad 7. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Rrclamen unter dem Redaction-strich (4gr. spalten) LOvj, vor den Familtennachrichteo lkgriyalten) 40^ ErSßere Schriften laut anserem Preis- »erzecchniß. Tabellarischer und Ziffern,»« nach höherrm Tarif. rods 0,06). L 0,02). Episoden aus der Völkerschlacht bei Leipzig. Nach Berichten von Augenzeugen. II. Den Mittelpunkt der französischen Aufstellung in der Völkerschlacht bildete daS südöstlich von Leipzig auf einer ansehnlichen Höhe gelegene Dorf Probstheida. m jll riirllon- u UüvkxitHL 8ctlU«!>sIicu seriell besser. Versteigerung. Heute Montag, den IS., undTten-tag, den 20. dss. MtS., je von 10 bis gegen t Uhr Fortsetzung der Versteigerung dec Nathenspiel'schen Teidenwaaren, Wwle der Herrenkleiderstoffe aus dem Konkurs Pickltsch L Müller hierselbst, Hainstr. 6, I. Trautscliolck, Localrichter. Konkursverfahren. Uebrr da? Vermögen der zum Betriebe einer Wollbandlung unter der Firma W. Strack k iko. in Leivzig, Löbrstraße 2ü, beuehenden Lommanditgesellschaft wird heule am Ä). Sevtember 1896, Vor mittags 11V, Uhr, das Konkursver'ahren eröffnet. Herr Rechtsanwalt Or. Barth hier wird zum Koniursverwalter ernannt. Konkursfvrderungcn sind bis zum 5. November 1896 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Ver» Walters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und «„tretenden Falles über die in 8 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände auf den LI.Letobcr 1896, Vormittags 11 Uhr, imd zur Prüfung der anqemeldeten Forderungen auf den 16. November 1896, Vormittags 11 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Zimmer 122, Termin anberaumt. Allen Personen, welche eiue zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird auf» gegeben, nichts an die Gemeinschuldnerin zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auserlcgt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie auS der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum l!c>. Oktober 1896 Anzeige zu machen. königliches Amtsgericht zu Leipzig, Ablh. II', k. 107,V6. Xo. 4. am 30. September 1896 Bekanntgemacht durch den Gerichtsschreiber Seer. Beck. Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Ralhes und Polizei-Amtes der Stadt Leipzig. Bezugs-Preis i» b« dmlpHMediNou oder den kn Vtttz» tezirk und den Vororten errichteten Ao«» aabesttllen abgrbolt: viert»ls»hrltch^«4.d^ bei zwetmaltaer täglicher Zustellung m« s?au- KHO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vieneliährlich X 6.—. Direkte täglich« Kreuzbandiendung iw» Lu«laud: monatlich ^l 7.S0. Bekanntmachung. Wegen vorzunedmender Reinigung bleiben die Geschäftsräume de? LuartieramteS und für Äcwcrbeanmclvnngen Dien-tan, den SO. Lclober 1886 für den Verkehr mit dem Publicum geschlossen. Leipzig, am 16. Oktober 1896. Der Nath der Stadt Leipzig. Or. Georgi.L. aber von den Russen, zweimal erstürmt, räumten es die Franzosen beim dritten Sturmangriffe, steckten es aber vorder zur Deckung ihres Rückzuges an allen Ecken in Brand, was eine um so grenzenlosere Herzlosigkeit war, als Probstbeida von Verwundeten überfüllt war. Kaum waren die Ver bündeten unter General von Kleist eingedrungen, so ließ dieser ein Bataillon die Gewehre zusammensetzen und gab diesem den Befehl, die Verwundeten aus dem brennenden Probst heida zu holen. Die Einwohner, die von den Franzosen und auch Russen aufgegriffen wurden, mußten häufig „Bolsch oder Botschaft Lausen". Davon berichtet ein Probstheidaer Folgendes: „Ick habe Alles mit angesehen; denn den ganzen Tag war ich umher, weil ich gerne wissen wollte, wie es stünde. Aber es bekam mir fast schleckt. Schon Mitiwock, den 13. Oktober, wurde ick von den Franzosen zum Botendienste weggefangen und mußte mit ihnen nach Meysdorf, desertirte aber des NacktS und machte nach Leipzig, den Donnerstag aber sckou wieder heraus. Die Ruffen wie die Franzosen, wen sie kriegen konnten, der mußte ihnen die Dörfer nennen und die Wege zeigen und ans Pferd gebunden mit ihnen laufen und führen. Und daS war gar eine unbequeme Sache. Ich hatte viel Geld bei mir, klingende Münze, die waS wog, und drei voll ständige Kleidungen übereinander gezogen." Derselbe Augenzeuge berichtet auch noch über eine merk würdige Erscheinung aus der Tbierwelt, die den Probst heidaern einen grauenvollen Schrecken einjagte. Ein blessirteS Schlacktroß war vor Schmerz wahrscheinlich toll geworden und siel die Menschen an; ganz wüldend sei es geworden, wenn es einen Menschen gewahr geworden wäre. Schon vor der Schlacht herrschte in und um Probstheida große Unsicherheit, die durch Marodeurs erzeugt ward. Die Bewohner wehrten sich, so gut es ging; so kamen kurz vor der Schlackt sieben solcke in Probstbeida an, die jedoch bis auf zwei von den Einwohnern gefangen werden. Die zwei entkommenen Marodeurs laufen nach Stötteritz, und bald kommt ein Osficier mit 24 Mann an, um die Gefangenen zu befreien, die beim OrtSrichter untergebracht waren. Ueber die nun folgende Unterhandlung bericktet der Augenzeuge: „Die ganze Gemeine, Herr Pastor Emmerling und Herr Rcbn, der damals bei dem Herrn Pastor war und französisch sprechen konnte, der Richter, die fünf Gefangenen, ich und Leiblich traten vor den Osficier hin, und Herr Nohn und der Herr Pastor nahmen das Wort. Bald stieg der Osficier vom Pferde ab und untersuchte die Sache näher. Nicht lange, so nahm er den ersten, besten Stock, sckalk und haute die Marodeurs durch, sprach mit dem Herrn Pastor ganz höflich, zog vom Dorfe ab und nahm die Gefangenen mit. Wir waren mal aus der Angst, wie die fünfundzwanzig blanken Säbel wieder abzogrnl" Die französischen Osficiere zeigten allenthalben großes Mißtrauen, so daß ihre Wirthe mit ihnen essen mußten, besonder- mißtrauisch waren sie gegen den Wein, den die Bewohner immer zuerst kosten mußten. Daß bei dem lange andauernden Kampfe um Probst heida der Ort ungeheuer gelitten haben muß, ist einleuchtend. Ein Gutsbesitzer berichtet darüber wie folgt: „Als ich nach lLL»Lckaillpker cni»". in Lromeo r, 1-siprix lldr Ldsrrös) (16/10) Lover >rk: -Hovel- asoU Leiti - ou: „Orstelä- »rek" <10 11,, - (2/IN; o»ek (18/11); o»ek lveeeodtke- vk io ckiessr or wekr ooä seso cki« Vor rksr« vexedr cr»ei>teo rnr er LlUtelelde ollältiooeUeo <ie» Llerkte» rt» d,exe <ie» Scdöoeksck, rrsotltllllüeo, it oeed eir> <I»m 8«icso- r«dot »Uttr- LUsm vou >. vis Itoti- - knlksrtiiiel Lekooedsell 18 o»cd » ooä o»ct> tisdso »ocd ixekskr »»cd ie»»Or»s<iell eolepreckeo- liieti deisox- oxs oock ^rr otsprectieock. ktir Usseeo- 6»>d« 84 die bb- M Nir Nir 100 k« k-rsciitest» rseiiitsuoxeo iveriioäerteo Ut« sioii io 100 kr bei i^ir l7»ir«r r lOO K«; Uso Ocker ksdeo »Hriirti, Nir xsesdl«. otMjekeluvx »striickUick« rS»»«r» V«r- Zu diesem Vorkommnis au» der jüngsten Zeit, da» übrigen» dir fast genaue Copie eines ähnlichen, vor einigen Jahren »»«geführten Banditenstückchen» ist, bemerkt di« demokratische „Chicago Tribüne" bissig: „Dieses wohl» zelungeae politische Geschäft ist sicherlich nicht ohne einen )umoristischen Beigeschmack, aber auch obne die» dürfte man den Herren Räubern nicht allzu gram sein, denn waS tbun ie ander», als unsere Politiker von Beruf?! Beide schlagen auf die ihnen eigentbümlicke Weise Capital au- der ver- assungsmäßigen, politischen Umwälzung de» Lande», die wir böslich Wahlkampagne nennen, obgleich man sie eigentlich einen „lustigen Bürgerkrieg" beißen sollte" . . . Wie weit diese amerikanisch« Zeitung Recht oder Unrecht hat, bleibe dahingestellt; da» aelungen« Räuberstückcken aber, so lustig trotz seines bitteren Ernste-, ist ein echte« Symbol der amerikanischen Wahlkampagne mit all' ihrem Geichrei, ihren Verdrehungen, ihrem Schmutz, ihrer wilden Jagd von einem Ocean zum anderen. Nirgends gilt der Äu-sprucb „Die Politik verdirbt den Charakter" mehr, al- im Lande des Dollar». Seit den Zeiten de- Präsidenten Andrew Jackson, der ohne seinen Willen die Parteidevisr: „To tke victvr delovg tüs «voll»" (dem Sieger gehört die Beute) sanctioniren mußte, ist in den Vereinigten Staaten eine Rasse von Geschäft-Politikern ohne Herz und Gewissen, obne Oemüth und Charakter aufgezüchtet worden, die in den Wahlzeiten wahre Explosivstoffe bilden. Schon fern vom Beginn der Campagne, wenn die ersten Schlagworte der kommenden Unruhen in Vie Massen fallen, beginnt sich da» Wirken der „Politiker" — die eben nur die» und nicht» andere« sind — in erschreckender Weise bemerkbar zu machen. DaS Regiment liegt nicht mehr in den Händen der Magistrate, der Gerichte und der Polizei, sondern e» liegt im Belieben der Leute mit einem „pull". Wie? Leute mit einem — „pull?" Nun, da- sind eben die Geschäft«» Politiker. ^To pull" heißt eigentlich „ziehen", „tke pull" „der Zug" — die Deutung ist nickt schwer, eS sind Leute, di« für eine der großen Parteien die Wähler an sich zu ziehen wissen, Leute mit politischem Einfluß, kurz, Leute im Besitze einer gewissen Anzahl von Stimmen. Da mit dem Regierungs wechsel auch gewöhnlich ein allgemeiner Beamtenwechsel ver bunden ist, so baden diese Leute ^«itd a pull" leider einen großen Einfluß. Hängt doch Viele« von ihnen ab! Behandelt man einen der ihrigen schlecht, rrspectirt man nicht seine ge- beimen Wink«, so geht er mit sammt seinen „Stimmen" in» feindliche Lager über. Da- beginnend» Regiment der Politik» zeigt sich zuerst bei der Polizei. Sie arbeitet nickt mehr ' sicher wie sonst. Bedeutende Gauner, Schwindler sind nicht aufzufinden, trotzdem sie sich offen in der Straße sehen lassen. Warum? Sie haben einen „pull". Auf einen Wink der herrschenden politischen Partei läßt man sie einstweilen frei laufen. Die Magistrate der großen Städte ertheilen haarsträubende Concessionen an Spekulanten, Wirthe und Unternehmer, um sich den Stimmenanhang dieser Es bildete sozusagen den Schlüffe! zur Aufstellung der Franzosen und ward von Napoleon selbst als der bedeutendste und entscheidendste Punct angesehen, den er mit großer Zähig keit und Hartnäckigkeit und mit all ihm zu Gebote siebenden Mitteln zu kalten suchte. So ist eS denn auch zu erklären, daß der Kampf um Probstbeida, das selbst in eine kleine Festung umgewandelt worden war, ein ganz furchtbarer sein mußte. Eine Augenzeugin bericktet über diesen Kampf Folgendes: „Ich war in der Schlacht 14 Jabre alt, am Sonntage Palmarum sind wir Kinder in unseren Wochenkleidern rin- gesegnet worden; denn die Angst war zu groß, und die Noth sing schon an. Die Scklacht aber im Herbst, wie sie bier war, Kat in unserem ganzen Dorfe gewütket. Fünf mal ist die Heide von Wache ruber mit Sturm genommen worden und abwogcud durchs Torf, da alles voll Todie lag, voll Kanonen, Kürasse, Büchse», Flinten, Kugeln u. s. w. Ellenkock lagen die Totten und Verwundeten, in der der Piarre gegenüber gelegenen Quergasse unter und übereinander. Eine Wobltbat für dir Unglücklichen war eS, wenn sie ver schieden'. Begraben wurden ihrer überall. Wir selbst haben sie beerdigen müssen; denn der Gestank, der von dem AaS und den Leichen in den Feldern aufstieg, war unerträglich, und wir befürchteten die Pest. Darum ging auch alles so eilig! Mit den Pferden wurden die Tobten berausgesckleift und gleich angebunden, ohne Brett, ohne Karren, ohne Wagen! Hier unter der alten dürren Linke im Torfe liegen an die neunzig Mann, dort binlerm Zaune dreißig, bier auf dem Platze zwanzig." Ein anderer Zeuge fügte noch hinzu, daß auch am Spritzenhause achtnndsiebzig begraben liegen. Bei der großen Eilfertigkeit, mit welcher auf dem Schlachtfelde das Begraben vorgenommen wurde, sind denn auch Schein- und Halbtodte beerdigt worden. Probstheida war bis zum 18. Oktober von Franzosen überfüllt, die die armen Einwohner mit größter Herzlosigkeit plagten. DaS neubackene Brod risse» sie aus den Backöfen, höhlten es aus und verunreinigten e» m einer nicht wieder zugebenden Weise. AlS die Bewobuer nicht« Eßbare» mehr liefern konnten, begann die Plünderung; grausam brückten sie die armen Menschen, die selbst vor Hunger und Angst ver gingen; aber noch grausamer, waren sie gegen das Vieh, dem flc die Beine zerschlugen, wenn es nicht niebr laufen wollte. Nock größer ward die Notb, als die Russen kamen, die gern Sauerkraut, „Kapuste" wie sie es nannten, verzehrten, wovon in den Kohlgärten eine Gelte einen Thaler 18 Gr. und rin Scheffel Korn zehn Thaler kostete; eine Semmel war für acht gute Groschen nicht zu haben. Dir oben angezogene Augenzeugin schließt ihren Bericht mit nachstehenden charakteristischen Sätzen: „Reinlich sind die Franzosen und feine Leute, da« ist wahr, aber Gutscbmecker und Leckermäuler, da« ist auch wahr. Die Russen dagegen sind roh und essen fürchterlich viel. Ein alter Kosake, den wir hatten, aß 30 Stück Eier auf einen Sitz." Diese An gabe bestätigt der Mann der Augenzeugin mit dem ernst lichen Zusatze: „Fünfzehn gesotten, fünfzehn gebraten und dazu eine Kanne Rum!" Nachdem Probstheida von den Verbündeten, hauptsächlich Leute zu sichern. In den Zeitungen beginnen die Lebens beschreibungen und Portrait« jener einflußreichen Leute (die später mit festen Stellen belohnt werden) zu spuken; in den „SaloonS" fängt daS beliebte Feuerwasser an, in Strömen Zrati« zu fließen, um dem Wirtbe Stimmen, d. h. einen „pull" bei allen Machthabern zu verschaffen; bi« in die GerichtSsäle erstreckt sich der unheimliche Wellenschlag der berannahenden Campagne. Die Justiz leidet und macht Reiben. Verbrecher, die in „FriedeuSzeiten" nickt« vom Galgen retten konnte, kommen frei. Entweder besitzen sie selbst Einfluß, oder ein Mann mit einem bedeutenden „pull" steckt hinter den Advokaten, auf die eS ja in der Union mehr ankommt, wie auf die Richter. Aber alle« dies ist noch nickt». Sind es doch nur die Vorboten der amerikanischen Wablcampagne. Ist diese erst einmal „officiell" — wenn man da« hier sagen könnte — eröffnet, so stebt einfach Alle- auf dem Kopfe. Weise und Thoren werden vom Wahlfieber ergriffen, da« alle Gemüther in glühend heiße Erregung taucht. Die Wahl deS Präsidenten erfolgt bekanntlich derart, daß das gesanimte Volk eine bestimmte Zahl von Wahlmännern wäblt, welche ihrerseits dann da- Haupt der Executive er nennen, dabei jedoch von vornherein an die Satzungen ibrer Wähler respektive Partei, an die sogenannte „Plattform", gebunden sind. E« handelt sich also nicht nur um zwei Männer, den Präsidenten und den Vicepräsidenten, sondern um eine ganze große Anzahl von Namen, diejenigen der Tribunen, so daß sich dem Fremden ein total verwirrendes Bild bietet. Alle dies« Leut«, begleitet und flankirt von unzähligen bezahlten Agitatoren, angekündigt durch die ohrenbetäubenden Tamtam schläge der Presse, begeben sich mit dem Beginne der Cam pagne „auf die Tour". Sie gehen „ou tlie stump" sagt man, abgeleitet von der Gewohnheit der Volks- und Straßenretner, eine leere Tonne, ein Wagenrad oder einen Baumstumpf istump) ru besteigen. Ein Reden, Versprechen, Schimpfen rlufwiegeln beginnt im ganzen Lande, daß einem Hören und Sehen vergebt, der Schmutz wird natürlich nicht gespart, der Candidat der Gegenpartei ist immer ein Schuft, hat stet« etwa- auf dem Kerbholz, man hat für da- Sckmutzbombardrment sogar ein« eigene Bezeichnung, die sehr hübsch klingt, erfunden, nämlich „mua-sUogiuu". Nur in dieser, der gegenwärtigen Wablcampagne ist seltsamer und erfreulicher Weise die Schwarzfärberei au-geblieben — rin gute» Omen für die Zukunft. Die Charaktere derbeiden Eandidalen für di«Präsidentschaft, de» jungen idealen StaatSmannesBryan und de» klugen Mc Kinley, de« Candidaten der Plutokratie und de« Goldr«, sind makellos. Um so mehr streitet man sich um die „Sache", um Silber oder Gold. Allein dir» gehört in den politischen Theil dir Zeitung und kann un» hier um so mrhr gleich- giltig sein, da eS in Wahrheit nicht rin Kampf der Principien, sondern ein Kampf der Parteien um die Macht ist: der demokratischen und der republikanischen, der uubegüterten und der begüterten. Doch die« nur nebenbei. — — Wie im alten Rom müssen anch die hohen Candidaten selbst mit dem Volk in Berübrung treten, auch sie gehen „stumpivg" wo immer ihre Sache nur die geringste Hoffnung bat. Sprechen die Tribunen für ibre eigene und die Wahl ihres Candidaten und ist ihnen daher, im Dienste eines Anderen, manches demagogische Mittel erlaubt; — die Candidaten sprechen nur für sich selbst (resp. ihre Sacke!), und in ihrem Auftreten soll man schon die Würde des kommenden Herrscher« erkennen. So l-ebt eS daS Volk Eine besondere Virtuosität muß der Candidat im Hand- lckütteln besitzen: r- ist kein Scherz, daß sämmtliche Agitatoren während der Campagne infolge deS üblicken vielen Hände schütteln« (liLncksllaking) geschwollene Hände haben. In der Zeit weniger Tage nach dem Beginne der Cam pagne bat sich die äußerliche, wie die geistige Physiognomie des ganzen Lande- total verändert. Dnrch die ganze Be völkerung rast ein Fieber, da» selbst die kleinsten Jungen der Gasse nicht verschont. Die Adern de« Geschäftsverkehrs stocken. Principal« und Untergebene, wie auch die Kunden, sind mit der Agitation beschäftigt. Die Aemter arbeiten kaum noch. Weiß man denn, ob nickt die gegnerische Partei ans Ruder kommt, deren Haupt die Beamten ent läßt, um die leergewordenen Stellen seinen eigenen An hängern zur Belohnung zu geben?! Da heißt e», vor allen Dingen dem eigenen Candidaten dienen. Am meiste» Lärm macken die Volksredner, die Agitatoren und — die Presse! Und vor allen Dingen natürlich da« Volk!! Dock davon im nächsten Capitel. Die Presse ist auf einmal in allen Dingen dumm ge worden, ausgenommen in denjenigen, di« mit der Wahl Zu sammenhängen. Sie ist ganz angefüllt mit Reden, Be trachtungen, Beschreibungen der Candidaten und fingirten Briefen au» dem Publicum. Eine geradem königliche Rolle spielt der Humor, jener herbe, jungfräuliche Humor, der alle Lebenserscheinungen jenseits de« Wasser» begleitet. Kaum ist soviel Platz vorbanden, um die Portrait» aller Tribunen mit den nötbigen Lobeserhebungen, oder, ist eS ein Gegner, mit den üblicken bühnenden Schimpfereien bringen zu können. Daneben laufen Herausforderungen der Redner zu großen rhetorischen Duellen, Angebote ungeheurer Wetten auf die Namen der mutbmaßlichen Präsidenten und viel anderer Spektakel. — — — — — — —- — Und wa« lehrt dieser große, daS ganze Leben höchst schädigend beeinflussende Wablunfug über da- freie Volk jenseit» de» atlantischen OceanS?! Nickt-, Er fübrt irre. E« ist nur Temperament»- nickt Herzenssache. Wer die alten, zum ersten Mal nach Washington gelangenden Farmer beim Anblick de» Capitol- in Tbränen au-brrchen sah, wer daS „Volk der Krämer" am FreibeitSseste de« 4. Juli in wildem, schluchzenden Jauchzen beobachtete, wer seine fanatische Vaterland-- und Freiheit-liebe keunt, der findet einen sicheren Boden für sein Urtheil. der Scklacht wieder nack Probstbeida kam, fand ich mein Haus, Hof, Scheune unv Alles ruinirt; im Garten an 200 Todte, daran ich zween Tage lang mit einem Pferde geschleift und gesckleppt habe, und unter der Brandasche die schreck licken Ueberreste der verstümmelten Todten. Mein Verlust war groß, 12 Melkkühe, 75 Sckafe, 3 Pferde, Alles war fort. Da war kein Wagen, kein Pflug mehr. Selbst einen un bändigen Eichbaum, der seit Jahren vor meiner Thür ge legen hatte und auf welchem die Kinder spielten, hatten sie weggeschafft und fortgeräumt. Achttausend Thaler reichen nicht, die ich Schaden und Verlust in der Schlackt gehabt habe, und von den Englischen Hülssgeldern fürs Königreich Sacksen sind mir ein Thaler acht Pfennige Schadenersatz zu Gute gekommen." Die Kircke zu Probstbeida ging Sonntag, den 17. Oktober, plötzlich in Flammen auf. Die Ursache deS Brandes ließ sich in dem Tumulte der Tage nicht ermitteln. In Zuckclhansc» ward die Kircke zwar bis auf den letzten Stuhl geplündert, doch der Bau selbst blieb erhalten. Der Pfarrer für Zuckel bausen gicbt über die Schicksale des Gotteshauses folgenden Bericht: „Die altcrthümlicke Kirche ist nickt abgebrannt. Kanzel, Orgel, Stüble haben sie alle mit einander zer trümmert und in die Wachtfeuer gesckleppt. Ein französi'cker Osficier, sckreibt der Paltor, babe vie hölzernen Orgelvseifen ins Feuer geworfen; allein späterhin, längst nach der Scklacht, habe eS ihm leid getban und er habe für die Kirckr zwei Tdaler zur Wiederherstellung der Orgel dem Herrn Pfarrer damals zugeschickt." — Ueber Holzhansen berichtet der OrtSrichter, der die SchreckenStage in Holz bausen erlebte, Folgende-: „Ich war damals Richter im Torfe und bin allerdings der letzte Mann, der bis zum t8. October Morgens geblieben ist. Den Montag vergesse ick nie! Schon am Mittwoch, den 13. October, floh Alles, waS konnte, auf Beicht und Brandi«, weil man sich dort für sicherer hielt als in der Stadt. Am Donnerstage, den 14. Oktober, pflanzten die Franzosen hinter der Schänke Kanonen auf unv feuerten hinwärts, gegen Mittag zogen sie sich in- Dorf zurück. Den 15. plünderten die Franzosen Holzhausen und schlachteten da« letzte Stück Vieh. Schreck lich war für das Dorf der 16. October. Wer noch im Dorf: war, flüchtete in die Kirche: als aber der Hunger und das Kano- niren immer stärker ward, flohen Alle. In der Nacht ward ich zum Marschall Macvonald geholt, er sprach ganz gut deutsch: „Höre, Alter! Tu mußt mir morgen früb drei Bauern schaffen, die mir die Wege zeigen." »Herr Marschall! Es ist schon alles leer im Dorfe und kein Mensch mehr da!" Das war das letzte Mal, daß ick mit ikm zu tbun hatte. DaS erste Mal halte ich ihm vier Bauern beschafft, die Hafer dreschen sollten. Das zweite Mal, als sie die Kirche anfingen zu plündern — alle ihre Hab« batte die Gemeinde in der Kirche znsammen- aetragen — lief ich gerade bin zu ibm und sagte eS dem Fürsten Macdonald. Der schickte gleich seinen Adjutanten mit, welcher einen von den Marodeur- niederstach und die Plün derer hinauStrieb. Noch in der Nacht vom 17. bi- 18. habe Bruder Lonalhan's Präsidentenwahl. Skizzen von der amerikanischen Wahlcampagne. Don Philipp Berge« (Hamburg). Nachdruck verbot«». I. Ernste». In der kleinen, im Westen der Grenze von Missouri ge legenen Station Wyler, Kans., an der „Pacific-Eisenbabn", bestigrn vor einigen Tagen zwei elegant gekleidete Herren den Nachmittagszug uud nahmen in dem vollbesetzten Salon wagen die beiden letzten verfügbaren Plätze. Nachdem der .Conductor" die Fahrkarten der Neuangekommenen geprüft und den Wagen wieder verlassen hatte, spielte sich die folgende kleine Episode ab. Zwischen den beiden Gentlemen enspann sich ein lebhafter Wortwechsel, der nach wenigen Minuten in einen lauten Zank auSartete. Plötzlich, im heißesten Wortwechsel, erhob sich einer der Streitenden, trat in die Milte des Wagen- und rief die geflügelten Worte: ..lackier unck Oentlemen! Ich ersuche Sie, zwischen un« das Richteramt zu übernehmen und einen streitigen Punct zu entscheiden. Mein Freund bier glaubt, daß sich in diesem Wagen mindestens zehn Silderleute befinden, während ick der Ansicht bin, daß sämmtlicke Anwesend« geschworene Goldleute sind. Wollen Alle von Ihnen, die an da« Gold glauben, gefälligst den reckten Arm in die Höhr heben!?" — Jeder im Wagen befindliche rechte Arm schoß sofort in die Höhe, und da< war vorauszusehen, denn die Insassen des Wagen» gekörten zu einem Club nach San Francisco reisender New Hocker Plutokraten, die natürlich alle republi kanisch gesinnt waren. „Ich danke Ihnen," sagte der Bitt steller lächelnd, „halten Sie die Arme gefälligst einen Augenblick oben. Wollen nun Alle, welche glauben, daß Mc Kinley der zukünftige Präsident sein wirv, auch den linken Arm in dt« Höbe strecken!?" Sofort fuhren auch alle linken Arme empor. „Ick danke Ihnen nochmals," sagte der in der Mitte des Wagen- Stehende und fuhr dann, während er zwei große Revolver au« seinen Hosen taschen zog, mit gänzlich veränderter Stimme fort: „Wer sich jetzt rührt, läuft Gefahr, von mir erschossen zu werden. Mein politisckrr Freund hier wirv durch den Wagen geben und alle Werthsachen, die Sie bei sich baden, eincassiren. Ich wrrdr ihn mit meinen beiden Schießeisen decken. Vor wärts, Jim, rühr' Dich, ehr der Beamt« zurückkehrt!" — In zwei Minuten hatten die beiden Desperado« an Geld, Banknoten und Schmucksachen etwa 5000 Dollar« ringe- beimst und zogen sich mit ihrem Raub vorsichtig auf dir Hintere Plattform de« Wagen« zurück, von wo sie zu Boden sprangen. Al» die überrumpelten Reisenden sich erholt batten und den Zug zum Halten brachten, waren die beiden Räuber längst in der Wildniß verschwunden .... « io 8,53 2s I LO > l«o 153.50 I olk 24«. - I >»« 40.90 I l»r»ck«l v — 84.75 I cim» 153 50 I 89.10 > l-ILte« »«.85 I 119.90 I 47,00 I 9.S3 58.82- I > 1 27', I 112, W 242 - I > Oroc ttü eilen I 1. dre 79'!« I- 60^ W 25 « I »ol. 80^ I 27', W io-„ D 2" ,. > Ilio»z — SlivnUi) 88'!. °r SV» 30-, »olr S17— I ,. Lol. 59.82- W 5»«. - I eissso 25.37- M lviUoov« 9c),I 25.25 I ont I. km. I.Lm. v.ttäl. >m-L. 1.11,16 VIS 4V3 490 or. 107.79 äo. S7.75 rsiirs 103.30 leor. 9970 . L.M. 89.10 nd-?r 53,50 mo. . — . Oi-r. — «oitio 5410 ?rior. 85,00 70,— 132.10 Oo.eck. 128,10 83.10 ONLld 117,— ebitlw 93,10 >1vL 94,80 L-8. 145,10 VIII 104,50 iotd» — 15875 125,80 8e.-z. 8680 110,— >«rbr. 203,— 182,90 ck«rk. 184,40 olbr.) 116,75 ti-rw.) 188,— 11925 twlld 252,— r 86,— ZLlill 231,80 85,— coo» 167,50 illsed. 122,— >r -vrebsr 724 6u»no 7«,90 68,50 r kr. 218,— >2. 213,20 knrr 248,30 v 89,25 Visv — -Ir. 18160 IM 1587S 113 — 39 50 8 157,90 Kea 169.80 vä 165,80 175,50 110,25 132 60 .eille 53,90
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