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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.10.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961021017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896102101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896102101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-10
- Tag1896-10-21
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Li« Mvrgeu-Le-Sgab« «rscheint um V»? Uhr. di« Abend-Ausgabe woch«»tag» um b Uhr. «edvtto« ,«d EneLMs«: A-hanne-gaffe 8. Di« Expeoitioa ist Wochentag« ununterbrocho W^fnet von früh S bi» «beud« 7 Uhr. Filialen: Ltt» Klmnm - Kortim. (Alfred Hahn). lluiversitättstraße 3 (Pauliuum), Laut» Lösche. lkatbannenstr. I». pari, und König-Platz 7» BezUgs-PretS hl d« Hauptexpe-tttou od« dm i» Gtadl. d«rk usd dm Vororten errichteten Lod- aavestellm obgrbolt: vi»rt«lsährlich^4L.öO, bei »roeimaliaer täglicher Zustellung m- Lau» ^l -cho. Lurch di« Poft be-oam für Lmtschlaud und Oesterreich: viertel, ührttch ^l S.—. Lirecte tägliche Areu-dandleuduog dch Au»l«»d: uwuatlich ^g 7chO. Morgen-Ausgabe. MpMerTagMM Anzeiger. Amtsblatt -es Aönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes un- Mottzei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. «n-eigeu-Prei- die Sgespaltme Petüzeile ro Wg. Reclamea unter dem Redaction sscrich (L g» spalten) öO^L, vor den Kamilienuachrlchl«, (»gespalten) Größer« Schriften laut unserem Prell- „rgeichuist. Tabellarischer und Zifserusatz uach höherem Tarif. Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der vtoraeu-Ausgabe, ohne Postbesörderuug >l M.—, mit Postbesörderuug ^l 7V.—. Armahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Sri den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Augeigen fiud stet» an di« Oxpediti»» zu richte». Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig 537. Mittwoch den 21. October 1896. Sv. Jahrgang. Spanien und seine Colonien vor der Krisis. SS In gewiffer Weise befindet fick seit mehr als einem Jahrhundert Spanien, daS Land der Revolutionen, in einer ständigen Krisis, durch eine Verkettung von Umständen ist indessen die Krisis gegenwärtig eine derartig akute, daß selbst die durch die Gewöhnung an Unruhen aller Art stumpf gewordenen spanischen Staatsmänner alle Veranlassung baden, den nächsten Monaten mit Bangen entgeqenzuseben. Die Ausbreitung de» Aufstande» auf den Philippinen, wo die Spanier soeben eine schwere Schlappe erlitten haben, das Wiedererwachen der carlistischen Bewegung und die Gefahr, daß nach der demnächst stattfindenden Präsidenten wahl in den Vereinigten Staaten die Nordamerikaner activ in die cu dänisch en Wirren eingreifen könnten, zwingt die spanische Staatsleitung, unter allen Umständen wenigstens einen Versuch zu macken, so rasch als möglich einen ent scheidenden Erfolg in Cuba zu erzielen. Die spanische Regierung hat deshalb den General Weyler beauftragt, Alles daran zu setzen, den Hauptführer der cubanischen Insurgenten, Maceo, und dessen Schaar un schädlich zu machen. Obgleich die spanischen Truppen wegen der geographischen Beschaffenheit deö Landes nicht zusammen gehalten werden können, und obgleich ein erbeblicker Tbeil von ihnen durch Krankheit kampfunfähig gemackt ist, sollte man meinen, daß General Weyler von den bis jetzt nach Cuba entsandten 165 000 Mann so viel zusammenfassen könnte, um Maceo zu vernichten. Gelingt der Versuch deS Generals, so ist Spanien wenigstens für einige Zeit vor Unruhen gesichert und es ist ibm auch möglich, die von ihm gewünschte große Anleihe, wenn auch zu hohem ZinSsuße und niedrigem Auflagecourse, unter zubringen. ES würde somit ein vorläufiger Vortheil für Spanien erreicht sein, aber aus seinen Nölhen wäre es damit noch lange nickt heraus. Denn mit der Niederwerfung Maceo's wird der kubanische Aufstand noch immer nicht beseitigt sein. Selbst wenn rS aber unter ferneren großen Opfern den Spaniern möglich wäre, den Aufstand in absehbarer Zeit niederzuwerfen, so wäre damit noch immer nickt viel gewonnen. Schon vor dem Kriege befand sich Cuba in einer elenden finanziellen Lage. Die öffentliche Schuld betrug im Jahre 1889 930 Millionen Piaster, die direkten Steuern machten ein Viertel des Einkommens aus. Nach dem Kriege würde die Lage der Insel noch viel schlimmer sein. Spanien kann die ungeheuren Kriegskosten nicht allein auf sein Budget übernehmen, weil das ohnehin finanziell schlecht gestellte Land dadurch in seinen Finanzen völlig zerrüttet würde; eS müßte also, waS eS übrigens auch nach dem letzten cubanischen Ausstande gethan hat, die Kosten ganz oder zum größten Tbeile auf daS kubanische Budget übertragen. Die Verzinsung dieser Rieseosumme — deren Höhe man zwar natürlich jetzt mitten im Kriege noch nicht feststellen, aber ungefähr bemessen kann, wenn man zu Grunde legt, daß daS spanische Kriegsministerium die monatlichen Aus lagen für daS Heer auf 40 Millionen Mark berechnet — würde die Lasten der Insel ins Unerträgliche steigern. Be denkt man, daß schon der gegenwärtige Ausstand viel mehr auf die Unzufriedenheit mit den schlechten wirtbscbaftlichen Verhältnissen, als auf daS Verlangen nach Vermehrung der politischen Rechte zurückzuführen ist, so begreift man, daß eine Beendigung deS Ausstandes unter so mißlichen Verhältnissen nur einen Waffenstillstand bedeuten könnte. In jedem Falle wird Spanien auS der Colonie nicht soviel herausziehen können, um die Kosten einigermaßen decken und selbst wieder in leidliche finanzielle Verhältnisse kommen zu können, denn da wegen der durch den Kampf hervorzerufenen Ver nichtung der Landwirthschaft die Haupteinnahmequellen Cuba» für längere Zeit versiegt sind, so wird es selbst spanischer Erpressungskunst nicht glücken, dort etwa- herauszuholen, wo nichts vorhanden ist. Wir Haden im Vorstehenden einen Erfolg des General Weyler al- Grundlage angenommen; eS ist indessen trotz der enormen numerischen Uederlegenheit der Spanier nicht un möglich, daß der Erfolg auSbleibt, oder ebenso bedeutungslos ist, wie die ungezählten spanischen „Siege* im bisherigen St. Petersburger Plauderei. Bon A. von Rolfs. <ir»chdnick auch im Sin;eln«n verboten.) Lluva 8oju — przjeekwli! Gott lob, heimgekehrt! Mit diesem Stoßseufzer nimmt der Petersburger wie mancher andere Großstädter im Herbst wieder Besitz von seiner Residenz, die zu verlassen er im Frühjahr so eifrig war, und die zu bewohnen im Sommer ihm ganz unmöglich schien. — In zwischen aber ist eS auf der Datsche feucht und kalt, un« gemüthlich und langweilig geworden: „clrutsosino" — ein Begriff, der moralische» und physische« Unbehagen gleich zeitig einschließt — oder aber man hat sich während dreier Monate im Auslande überzeugt, daß dort nicht die gepriesene Gemüthlichkeit, sondern Theuerung und ewige- Ja^en nach Abwechselung herrscht — kurz: man ist froh, wieder in seinen vier Wänden und hinter dem heimischen Samowar zu fitzen. Wo sonst in der Welt findet man auch solchen Tbee- tisch: Da hat die gute Matrone oder Irinia un» neben dem Tberbrod die geliebten Suschki und Baranki servirt, kleine Mohn- oder Kummelbestreute, ganz dünne Kringelchen, au» Äaffer und Mehl so knu-prig gebacken, daß sie nur für russische Zähne ein Genuß sind: da liegt angeschnitten die malerisch schöne, nach nichts al» Gurkenwasser schmeckende und schwer verdauliche Arbuse, die im Auslands al- Wasser melone bekannt ist, aber wohl nirgenwo al- ein so au-- erleseneS Erfrischung-mittel gilt wie hier; da steht die neu eingekochte Varenie aus Johannisbeeren und Himbeeren, die unseren Thee versüßen soll. Welchem Russen wird da nicht da- Herz aufgehen? Verlaufe des Aufstande». In diesem Falle wäre die Lage Spaniens eine vollkommen verzweifelte. Die Stagnation in der Kriegsführung auf Cuba schlösse die Wahrscheinlichkeit deS Einschreitens der Bereinigten Staaten in sich, daS erst jüngst von einem leitenden amerikanischen Blatte unver- holen angekündigt worden ist. Den Nordamerikanern würde von ihrem Standpunkt ein Eingreifen nicht zu verübeln sein, da sie an der Wiederherstellung der Ordnung in Cuba ein sehr wesentliches wirthschaftliches Interesse besitzen. Die Vereinigten Staaten ziehen schon jetzt deS cubanischen Exports an sich und würden schon der geographischen Lage wegen den cubanischen Import fast ausschließlich decken können, wenn es ihnen gelänge, statt der spanischen Ver waltung eine amerikanische einzuführen. Es liegt ihnen auch nur an der wirthschaftlichen Beherrschung der Insel, während sie von einer Einverleibung in die Vereinigten Staaten nm so eher absehen wollen, als sie nicht den Wunsch haben können, die schon ohnehin übergroße Anzahl der Farbigen, die sich Bürger der Vereinigten Staaten nennen dürfen, noch zu vermehren. Sie würden also Cuba eine völlige Autonomie geben. Eine auionome Verwaltung — und dies ist ein letzter Versuch, an den man in Spanien denkt — wollen nun auch solche Kreise in Spanien, die sich bisher hochmütbig diesem Plane widersetzt haben, den Cubanern verleiben. Wir glauben aber nicht, daß damit dem Ausstande ein Ende bereitet werden könnte. Wir haben bereits betont, daß der Aufstand zum Wesentlichen, wie alle cubanischen Aufstände, auf wirthschaftlichc Gründe zurückzuführen ist. Ein Beweis dafür ist, daß der Aufstand deö Creolen Aguero in den Jahren 1883 bis 1885 sofort seinen Boden verlor, als Ende 1884 die Ausfuhrzölle Cubas ermäßigt und Verhand lungen über einen günstigen Handelsvertrag mit Amerika angeknüpft wurden. Wir haben aber ebenfalls bereits bervorgeboben, daß Spanien, selbst wenn es wollte, jetzt Cuba nickt eine günstige wirthsckaftliche Behandlung zu Theil werden lassen kann, weil dadurch die finanzielle Lage Spaniens derart verzweifelt sich gestalten würde, daß Un ruhen im Mutterlande selbst hervorgerusen werden würden. Hätte Spanien schon seit Jahrzehnten eine vernünftige Wirt schaftspolitik und keine Aussaugungspolitik in Cuba betrieben, oder wäre es ein wirtschaftlich potenter Staat, der für die nächsten Jahre in Cuba Geld bineinstecken und, gestützt aus eine vernünftige Wirtschaftspolitik, darauf rechnen könnte, sich durch die bei dem natürlichen Reichtum der Insel in der Zukunft zu erwartenden Einnahmen für die jetzt zu bringenden finanziellen Opfer schadlos zu halten, so könnte alles Unheil gutgemacht werben und dem Ausstande ohne Waffengewalt ein Ende bereitet werden. Einer derartigen abwartenden Politik eines gesunden Staates ist Spanien in seiner trüben Lage nicht fähig. Es bedarf der schnellen äußeren Erfolge und zugleich einer raschen finanziellen Verbesserung. Die ersteren sind vielleicht möglich, das letztere erscheint unmöglich. Und deshalb wird man bei der Krisis, in der sich Spanien befindet, einen günstigen Aus gang nicht prognosticiren können. Deutsche- Reich. xi Vertin, 20. October. Nach dem soeben erschienenen stenographischen Bericht über den nationalliberalen Delegirtentag haben sich von den 476 angemeldeten Ver tretern der Partei 420 zur Theilnahme am Delegirten- tag hier eingefunden; die übrigen wurden in letzter Stunde noch durch verschiedenerlei Gründe abgehalten, die geplante Reise zu unternehmen. Betrachtet man nun die Zusammensetzung deS DelegirtentageS, wie sie nach Ausweis der Tbeiluehmer- liste sich darstellt, so ergiebt sich folgender Ueberblick. DaS ost elbische Preußen nebst Mecklenburg und den Hansastävten war durch 76 Delegirte vertreten (Ost preußen 6, Westpreußen 11, Berlin 11, Brandenburg 13, Posen 3, Schlesien 13, Mecklenburg 3, Hansastädle 7, SchleSwig-Holstein S). Die Landschaften zwischen Elbe und Weser hatten 101 Delegirte entsandt (Provinz Sachsen 27, Hannover 62, Anhalt 4, Braunschweig 4, Olden burg 4), Mitteldeutschland 59 (Königreich Sachsen 37, Thüringen 22), die westlichen preußischen Provinzen mit Waldeck 94, Westfalen 28, Hessen-Nassau 28, Rbeinprovinz 37, Waldeck l, Süd- und Südwestdeutschland 87 (Bayern r. d. Rh. 29, Rbeinpfalz 9, Württemberg 10, Baken 19, Hessen 20). Außerdem nahmen 3 Mitglieder des Ge- schäflSfübrenden Ausschusses, die in Berlin ihren Wohnsitz haben, am Delegirtentag Theil, ohne eine bestimmte Land schaft zu vertreten. Von einzelnen Ungleichheiten, die niemals ganz zu vermeiden sind, wird man auch hier absehen dürfen. Im Großen und Ganzen aber bietet der Ueberblick daS Bild einer noch über alle Theile des Reiches sich erstreckenden Organisation und einer dem Stärkeverbältniß der Partei entsprechenden so gleichmäßigen Vertretung aller Theile deS Reiches, wie keine andere Partei sie herbeizuführen in der Lage ist. —* Berlin, 20. October. Der polnische Chauvi- niSmus im Osten unseres Vaterlandes hat in der letzten Zeit Erfahrungen gemacht, die für ihn außerordentlich be trübend sein müssen. Bei der Erwerbung des Gutes Topolno für die preußische Ansiedelungscommission zeigte sich, daß zur „Rettung" polnischen Gebietes keine Gelder mehr flüssig zu macken sind. Gleich nachher entdeckte der „Goniec", daß die Töchter angesehener Polen im Breslauer Ursulinerinnenkloster erzogen würden, obwohl auf dem amt lichen Lebrplane dieses Kloster- für keine einzige Classe der polnische Religionsunterricht zu finden sei, wodurch die schreckliche Tkatsache gezeitigt werde, daß die jungen Polinnen aus eigenem Antriebe in deutscher Sprache beichteten. Fast gleichzeitig mußte sich die „Gazeta Bydgoska" gefallen lassen, daß im Bromberger „Unparteiischen" die Herren von Czarlinöki und Regierungs baumeister Ziemski ihre Nachricht, daß Frau von Czarlinska und Frau Ziemska an die Spitze eines Comitss von pol nischen Frauen getreten seien, welches die Förderung des polnischen Privatunterrichts in Bromberg in die Hand ge nommen habe, als eine „boshafte Erfindung" bezeichneten. Jetzt hat die „Gazeta Gruvz." herausgefunden, daß in Lubirwo, als? in einer d,--ch und durch polnischen Gegend, wo man „die Preußen' an den Zehen eines Fußes ab- räblen könne, ein — Kriegerverein besteht und blübt, dem fast ausschließlich Polen angehören, und daß dieser Krieger verein sich bestrebe, den „bismärckisch - preußischen Geist" zu verbreiten. Daß die „Gaz. Grudz." ein solches Treiben nicht dircct als VaterlandSverrath brandmarkt, wundert uns. Sie constatirt nur die „betrübende" Tbatsache. Man würde sich auf deutscher Seite der „Entdeckungen" der polnischen Presse freuen können, wenn dieselben nicht gar so vereinzelt daständen und wenn sie nicht — waS die Hauptsache ist — von der radicalpolnischen Presse gemacht würden, die ihren Zweck, die Verdächtigung der sogenannten „Hofpartei", nur^ zu deutlich erkennen läßt. Berlin, 20. October. (Telegramm.) Anläßlich des Geburtstages der Kaiserin wird am Donnerstag, 22. d. M., im Neuen Palais ein Familien-Frühstück und Abends ein größeres Diner stattfinden. (-) Berlin, 20. October. (Telegramm.) Der Colonial rath berieth heute Vormittag den Gesetz Entwurf, betr. die Wehrpflicht in den Schutzgebieten, und nabm die Vorlage im Sinne deS Kriegsministeriums an. Sodann wurde die Frage, betr. die Erweiterung des Handels an der ostafrikanischen Küste, erörtert. Die Regierung beabsichtigt, zur Begünstigung deS directen Exports von den Colonien nach dem Mutterlande, die Zölle von direct von der Küstenstation auSgesvhrten Waaren zu vermindern. Es wurde beschlossen, von dieser Maßnahme abzusehen. (-) Berlin, 20. October. (Telegramms Zu der Nach richt, die bayerische Regierung lasse Erhebungen über die Wirkung der Bäckeret-LerorVnnag anstellen, erfährt die „Nordd. Allg. Ztg.", daß solche Erhebungen auf Anregung deS ReichSamlS des Innern in allen Bundesstaaten vorgenommen werden. L. Berlin, 20. Oktober. (Privattelegramm m.) Im Gegensatz zu anderen Blättern, welche die baldige Rückkehr des Gouverneur- ». Wtffmann auf seinen Posten in Ost afrika in Aussicht stellten, hatten die „Berl. N. N." und der „Hamb. Corr." angeblich nach amtlichen Quellen behauptet, Herr v. Wissmann würde nicht wieder nach Ostafrika zurück kehren, da sein Gesundheitszustand noch kein normaler sei. sckon beschäftige man sich an amtlicher Stelle mit der Ernennung eines Nachfolger- und werbe voraus sichtlich wieder einmal eine Civilverwaltung einseyen, denn ein im Dienst befindlicher Colonialbeamter sei in Aus sichl genommen. Mehrere Blätter erfahren nun aus guter Quelle, daß in der That Herr v. Wissmann vorläufig nicht nach Ostafrika zurückkebren werde. Dagegen sei sowohl die Frage, ob eine Militair- oder eine Civil Verwaltung dort eingesetzt werden solle, wie die Frage nach einem geeigneten Nachfolger noch in der Schwebe — Die Brandenburgische Landwirthschaftökammer wird demnächst die bisher den Gerichten obliegende Taxation der Landgüter übernehmen. Die landwirthschaftlichen Vereine der Mark sind unter Zustimmung deS Justizministels ausgefordert worden, geeignete Taxatoren in Vorzchlag zu bringen und haben zum Theil dieser Aufforderung bereit« entsprochen. — Die Versuche der Berliner Socialdemokraten, die Localfrage einheitlich zu regeln, können als gescheitert be trachtet werven. Auch die zweite Conferenz, die in Sachen der Boykotts der Lokalitäten in- und außerhalb Berlins am Sonntag tagte, ist wie die erste am 20. September resultatloS verlaufen. Die Vertreter aus den ländlichen Kreisen setzten allen Anträgen der Berliner, die darauf abzielten, bei Ver Hängung von Boycotls die hiesigen Genossen mit beranzu ziehen, ein starres „Nein" entgegen. Nach stundenlanger Debatte wurde die Conferenz, an der auch socialdemokratische Reichslagsabgeordnete und Stadtverordnete theilnahmen, ge schlossen, ohne daß irgend welcher Beschluß zu Stande ge kommen wäre. — Die socialdemokratischen Frauen veranstalten trotz des Fiascos, das sie mit der ersten Versammlung ge macht, am heutigen Dienstag eine zweite Protest» er sammlung gegen da- Bürgerliche Gesetzbuch im großen Saal der Bockbrauerei, Tempelhofer Berg. — Wie nach den „M. N. N." verlautet, hat sich die württembergische, badische und hessische Regierung gegen den preußischen Entwurf der Zwangsorganisation der Innungen ausgesprochen. Die bayerische Regierung scheine gleichfalls dem Entwürfe abgeneigt zu sein, wolle aber Ler „Majorität in der Kammer" entgegenkommen, so daß Freunde der Vorlage noch blaubten, Bayern sei zu gewinnen. — Der aus seinem Proceß bekannte Assessor Wehlau hatte sich bei dem von ihm beabsichtigten Wiedereintritt in Len Justiz dienst u. A. auch um eine Anstellung im Kammergerlchtsbezirk beworben. Diese Bemühung ist jedoch erfolglos geblieben. * Kiel, 20. October. (Telegramm.) Prinz und Prin zessin Heinrich sind heute von Hemmelmark nach Kiel über- gesiedelt. * Hamburg, 18. October. Die Statuten des Eisen bahnardeiler-VereinS in Hamburg-Altona haben nach der „N. Z." die Genehmigung der vorgesetzten Behörde nicht erhalten. * Bremen, 20. October. (Telegramm.) „BöSmann's Telegr.-Bureau" meldet: Dem Vorsitzenden des AufsichtSralbs des Norddeutschen Lloyd Georg Plate ist aus Wiesbaden folgende Depesche zugegangen: „Se. Majestät der Kaiser und König haben mich zu beauftragen geruht, Ew. Hoch wohlgeboren Allerhöchst seinen Dank für die Meldung auS- zusprechen, wonach zwei in deutscher Arbeit entstandene Schiffe des in aller Welt bekannten wie bewährten Nord deutschen Lloyd daheim wie in der Fremde von dem treuen Gebächtniß deS Volkes für Allerhöchst seinen Herrn Groß vater und Vater Zeugniß geben werden, gez. Graf von Moltke, Flügeladjutant vom Dienst." * Braunschweig, 20. October. (Telegramm.) Gegen über der Behauptung welfischer Blätter, der Regent Prinz Albrecht habe zum Aufbau der Burg Danl- warderode Geld aus seinen persönlichen Mitteln nicht ge geben, veröffentlicht die Grneral-Hof-Intendantur eine Er WohnungSnoth, die, mit der darauffolgenden Preissteigerung eine große Kalamität bildet. Lenti pv88ickeutö8! Glücklich diejenigen, dir im Besitze einer Wohnung — noch glücklicher, die im Besitze eines mehrjährigen EontractcS sind. DaS gehört durchaus hier nicht zu den Selbstverständlichkeiten, wie im Auslande; viel mehr zieht der größere Theil der Petersburger Miether das Ungebundensein ohne jeglichen Contract vor. Die Mietbe zahlt man monatlich, mit einem kleinen Aufschlag für «schweizer (Portier) und Dworniki, welch letztere für Sauber Haltung des Hauses, deS HofeS und der Straße zu sorgen haben, Nacht- al» Wächter fungiren und die Spätheini kehrenden einlassrn, außerdem aber für jede Wirthschaft ras Holz zu zerkleinern und zu tragen, sowie dir Abfälle aus der Küche fortzuräumen haben. Das Holz ist bekanntlich unser einzige» Heizmittel, dem nur in wenigen Hausbalten etwas Kohle beigefügt wird. In den besseren Häusern werden die Wohnungen meist „mit Holz" vermiethel, und man bezahlt durchschnittlich 7 Procent Zuschlag zum Preise der Wohnung für die Beheizung. Dieser Modus ist schon deshalb vorzuziehen, weil »- meist nur trockne, leicht zu er beizende Quartiere sind, die mir Holz vermietbet werden. Auch kann man nach Herzen-lust dann alle Räume und Corridore Heizen, und die Hausfrau bat nicht neben andern Ursachen zum Aerger auch noch den ewigen Hader mit der Köchin, die natürlich im Winter gern den ganzen Tag das Herbfeuer unterhält. Wo aber findet man in diesem Jahre eine anständige Wohnung mit Holz zu civilem Preise? Die Preissteigerungen variiren zwischen 10 und 20 Procent und erklären sich nicht nur au« der größeren Nachfrage, die der Zufluß aus den Provinzen verursacht, sondern auch au- den höheren An sprächen, die eine hochwohllöbliche Polizei an die Hau-btsitzrr stellt. Der neue Stadthauptmann, Generalmajor von Kleigel», scheint eS darauf anzulegrn, diese nicht zur Ruhe kommen Ja, Gott Lob — ckouurl Zu Haus«! Und wenn auch noch Wochen vergehen, ehe im Hause wieder die Ordnung hergestellt ist — denn Tapezierer, Tischler »c. müssen doch da verdiente Geld erst vertrinken, ehe sie weiter arbeiten — wir sind doch wieder in Petersburg, wir flaniren aufdem NevSki, wir begrüßen die schöne Neva, die so stolz ihre Wogen dahin wälzt, wir fahren in langsamem Tempo, uns an dem herr lichen Anblick erfreuend, über die Brücke zum Kameno-Jstrowsckrn Prospekt und sind damit schon auf der großen Corsostraße Petersburg». Hier geht- hinau- nach den von den Nevaarmen gebildeten Inseln, die mit schönen Parkanlagen bedeckt, mit den Villen der oberen Zehntausend gleichsam geschmückt, im Herbst und Frühjahr für di« gute Gesellschaft von Petersburg den beliebten Sammelplatz bilden. Zum Sonnenuntergang fährt man hinau- bi- an die Spitze, die in- Meer vorgeschoben ist, die „Pointe", auf welcher bei Militairmusik die elegantesten Gespanne, die neuen Reitpferde, ebenso wie die neuesten von Ostende mitgebrachten Toiletten den Blicken der schaulustigen Gesellschaft präsentirt werden. Diese Promenade hat einen durckau- aristokratischen Charakter, Großsürstinnnen grüßen huldvoll au« den Equipaaen, neben denen die Großfürsten tinherreiten, und Gardeosficiere zu Fuß und zu Roß haben hier reichlich Grleaenhrit, ihre Gewandtheit zu zeigen, indem sie sich zwischen Reitern und Equipagen durchwinden, um hier und da ein« gnädig dargebotene Hand zu küssen. Miet fuhrwerke dürfen natürlich dies vornehme Ensemble nicht stören, doch ist e» dem gewöhnlichen Sterblichen, der odne Equipage zur Welt gekommen ist, und dem da- Schicksal dauernd eine solch, vorenthalten hat, unbenommen, auf der Promenade rinderzuwandern und sich am Glanz des unter gebenden TageSgestirnS, wie an all der übrigen Pracht, zu erfreuen. Seit Mensckengedrnken ist dir« Bild — Sonnenunter gang auf der Pointe — sich gleich geblieben, wie denn über haupt Petersburg von allen Großstädten wohl diejenige ist, die dem Gesetze deS ewigen Wechsel- am wenigsten unter worfen scheint. In Jahrzehnten keine neuen Häuser, keine neuen Denkmäler und keine neuen Kirchen, mit Ausnahme der einen, die, zum Gedächtniß Alexander'» II. am Orte seine grausigen Todes errichtet, noch immer vergeblich ihrer Voll endung harrt, während andererseits das Museum zum An denken an Alexander III. schon im Februar fertig gestellt werden soll. War dieser Herrscher denn so viel größer, al« der Zardefreier? Oder ist eS wabr, daß aus den Baufonds zur Kirche «inige hunderttausend Rubel spurlos verschwunden sind, und daß darum dir Vollendung sich verzögert? Jedenfalls war diese Kirche Jahre lang da- einzige größere Bauwerk in Petersburg, welche» im Entstehen begriffen, bewies, daß es noch Baumeister und Bauhandwerker in Petersburg gäbe, wenn man nickt di« stets von Gerüsten umgebene, stet- in Reparatur befindliche IsaakS-Kathedrale als Beweis dafür ansehen wollte. Jetzt aber verändert sich Petersburg zusehend«! Nicht nur, daß neben dem Winterpalai« sich eine fieberhafte Tbätig- keit entfaltet, um an Stell« eine« öden, steingrpflafterten Platze- einen ri«sigen Garten entstehen zu lassen, der sich läng- der Westfront diese« Kolossalschlosses bi« zur Neva er streckt, auch in der Stadt regen sich tausend geschäftige Hände und man sieht überall niederreißen und bauen: Der Garten am Winterpalai«, der einem Wunsche der Kaiserin sein Ent stehen verdankt, soll schon im nächsten Sommer da« Auge der kaiserlichen Herrin erfreuen und mit seinen parkartig geplanten Anlagen der kleinen Großfürstin Olga und „ckui Loz" auch einem Großsürstchen-Thronfolger Schatten spenden. Die Häuser in der Stadt aber werden bei der diesigen soliden Bauart und bei der kurzen Zeit, in der die Witterung zu arbeiten gestattet, Wohl langsamer ihrer Vollendung ent- gegensehen, obgleich da« Bedürf,,iß nach ihnen dringend ist. Haben wir doch, was in Petersburg trotz Leu ^.lcikm als nicht dagewesen bezeichnet wird, jetzt hier eine echte und rechte
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