Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961022021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896102202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896102202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-10
- Tag1896-10-22
- Monat1896-10
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
>kb« kl Dr, tzel daleldk» Frl. Ann» Hentschel in «ldst. Herr ^rl. Fanny »el in Gla«. »löst. Herr Frl. Mimi ch, Architekl >rlt daselbst de mit Frl. Herr Mo; Margarethe >go Metzner am daselbst, i. mit Frl. : Otto Glaß irl daselbst, termann in »Pöysch in >tto Ahl in on Haeseler Herr A. Th. >rsrpolis" in illieut. z. T. nn Gottlieb stinr Berqer Bad Elster. in Hohen- hrmann in leb. Hoppe ) Jbenthal, tha Bauch cn Tonrad Luiachen. Iknüpfer in Hiller geb. w. Rechts drall Laura err Richard >rr Gustav ain. Frau r Naunbof c, Dchorn- FrLulein den. Frau Äscher geb. »omaS geb. l Heinhold lguste Just errn Emil . Herr E. lat-rarh in Preßprich Lehrer räul. Clara Herr Ernst rinwalters- nebmacher- arie Anna berg. en, lieben Ruhestätte »besondere owie dem «en. « « «tr atze, latste r Damen »on '/.2-ü ll. »«reichen. d2-'/,öll -1l Udr na». '/,« ll. Kri^n M»lev ildaunen UtMgcr TllgeblM Druck und Verlag voit E. Polj tn Leipzig H 5O Jahrgang Die Morgen-Aerggabe erschein ÜM '/j7 Uhr. die Abead-AnSgabt «vchtttttO» riMSUHr. Filialen: Dtt» Klemm'« Lortim. <Alfreß UuiversitätSskraße 3 (Paulittum^ LvUtS Löscht. ffatbartnenstr. 14. Varl, und KSniq-VIVd 7. A«-rign»»Prsis die SgespaUm« Pelitzeil« SS Pf-. Ntelämrn uäitr Ihm RedactiönSstrich istg«» shalttil» 58^, »Sb d»n Familitüiiachrichie, (ögespalten) 40-T- Größere Schristrn laut unserem PrtlS- »etzeichnis. Tabellarischer, und Merksatz nach höher«« Tarif. Anzeiger. Antlsklatt -es Äonigkichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Mokizei-Ämtes der Stadt Leipzig. hrdnLtiait »nd Lrpttitian: 8. tp Wochentag» ununterlirochea Siffjfiiet dm, früh - bi« «Lnch« ? Uhr. Annahmeschlsß für Anzeige«: «bind-Ausgabe: Borrtlittag» 10 Uhr. MvrgeurAu-gabe: Ruchtnitiagt 4Uhr. Bei den Filialen uriö Ännahmestelle» je eia» halbe Stunde früher. Anzelgen sind stet» au hie Shhehitiou »a richteu. Abend-Ausgabe. täglicher Ab! ->«ch di. Po! Bezugs-Preis h, der Haaptexpedition oder den im Stadt- b«trr aud den Vororte» aavestelleu abgeholt: kei jweimaliaer täglic MeröschlaNH. und Maland Grlrü-Vrilägen (gefalzt), nur mit de« Morgen - Ausgabe, ohne PostbefÜrdrrtiug «4 SO.—/ mrt Pvstbejbrderuug ^ll 70.—. Donnerstag dcn 2.?. October 1896. . . >V>., » I. , , N N» > Politische Tagesschau. * Alpjtg, 22. October. Wer oder was hat in dkm Düsseldorfer Lpiritisten- uilv Duriiüiitöttprütttz auf ddr Anklagtbalii gesrsseü? Der Spiritismus, der Zweikampf, die standesgemäße Erfassung de» Ehrbegriffe», die SprUckfibaxiS der Ehrrnräthe, der Zeitveitteib grwifftr GestlljchastSschichlen oder was sonst? Die Frage wird je nach dem Parteistandpunci sehr verschieden beuriheiit werden. Wir unsererseits erklären unö ihr gegenüber für kritisch insolvent; die Sache ist UNS zü verwickelt. Nur daS Eine ist auch dem blöden Auge klar: die Tharsache, daß zirei Officieren a. D., die sich gelveigtkt hatten, einem vom Ehren rath für satisfactionSsäbig trklätten Förderer mit der Waffe gegenüberzulretrn, aus dem Osfleierstande au-gestoßen worden sind, kllün nicht weiter so anSgebentet werden, wie es nach den ersten Mittheilungen über den Fall geschehen ist. Man bekam zu höre», der Ehrenrath bezw. das Osficiercorps habeOfficieren entgegen ihren Aitschauungen über den Zweikampf ein Duell aufdrängen wollen. Das hat sich als falsch heraus gestellt. Der Ueberzeugung der beiden Herren widerstritt dir AüäabMe Mer Herausforderung nickt, ihre Weigerung beruhte auf einer von der des EhrenratheS abweichenden Auf fassung der Satisfactiondfähigkeit, uNd diese Divergenz bangt wieder Mit Meinungsverschiedenheiten über den Anspruch der Geisterwelt auf ernsthafte Betrachtung zusammen. Und hier verstummt der Zeitungsschreiber in seiner Unzulänglichkeit durch bohrendem Gefühle. Die Paladine der vierten Dimension, dir im Proresse auftraten, waren iü übler Läge. Sie haben unter Anderen Hamlet und Faust auf ihrer Seite, mußten aber einen Antrag, diese Autoritäten in Geister sachen zu citiren, für aussichtslos haltest, da daS Ge richt, wenn e« ihm stattgab, in einer Cardinalfrage d«S ProcesseS zu Ungunsten des kläzerischen Vorsitzenden de« Ehren gericht« präjudicirte. So konnte die Verhandlung die Er kenntnis der Profanen nicht mehren. ES kamen in ihr eigentlich nur zwei Realitäten zum Vorschein: die beiden ge gebenen unv empfangenen Ohrfeige», aber an diesen Austausch Betrachtungen über die Beschaffenheit der „besseren Gesell- schastSclassen" anzuknüpfen, ballen wir nicht für billig. Andere werdrn sich auch das nicht nehmen lassen, und wa« sie voraussichtlich auch an Entstellungen. Urdertreibungen und Gehässigkeiten anbringeu werden, so viel läßt sich nicht leugnen: schön war daS in Düsseldorf entrollte Sittenbild nicht. Vielleicht aber bat e« den Vortheii, daS Duell, wenig stens insoweit diese „Sitte" nicht als letzter ÄuSweg auS sonst unlöslichen Conflicten dient, empfindlich zu discreditiren. Wenn dem A. der B. satisfactionsfähig erscheint, dessen Widersacher C. aber nicht, D. und E. wegen der entgegengesetzten Meinung ihren OfsicierScharakter verlieren, ein gleich ihnen Denkender sich des C- als Vermittlers in einem Ehrenhandel bedient und die ganze Verwickelung aus einem dem vier dimensionalen Bedürsniß gespielten Schabernack hervor gegangen ist, so ist das ein wenig komisch. Die Komik hat aber die Tragik, die gesellschaftliche Vernichtung zweier Osficiere, geboren, und tragisch wäre voraussichtlich auch der AuSgang gewesen ohne die Meinungsverschiedenheiten über die SatiSfactionSjähigkeit: es wäre Blut geflossen. Der Verlauf der Düsseldorfer Ehrenhändel zeigt, daß der Begriff der Ehre, die durch da« conventionelle Duell hergestellt werden soll, selbst unter den Trägern dieser Sitte nickt scharf umriffen ist, daß also auch nicht Zeder, der sich schlägt, ein Gut vertheidigt, dessen Dahingabe ihn mit sich selbst in Zwiespalt bringen müßte. Die „Boss. Ztg." hat eS nickt Nur fertig bekommest, die Ermordung deS ZustizrathS Levh zum Tkeil und die Verzögerung der inzwischen erfolgten Entdeckung der Mifsethäter der — Sonntagsruhe in die Schuhe zu schieben, sondern auch ein Dresdner Blatt von dieser gefährlichen Wirkung der Sonntagsruhe zu überzeugen. Dadurch, daß am Sonntag „der Arm der Presse gelähmt" ist, so folgert das Berliner Blatt, darf der mit verbrecherischen Plänen sich Tragende hoffen, seine Spuren zu verwischen; die Sonntagsruhe bietet also eine Anregung zum Rauben unv Morden. Daß die Mörder des ZustizralheS Levy ledig lich in der Erwägung dieser Ehancen gehandelt haben, als sie am Sonntag Morgen ihre Gränelthat verübten, sagt die -Boss- Ztg " nicht geradezu. Dagegen hat sie kaum einen Zweifel, daß die Entdeckung früher und uinfasscnder erfolgt wäre, wenn man hatte drucken dürfen. Man sieht, was dem „reichshaUptstädtischen" Publicum geboten werden darf. Es ist richtig, daß der Berliner Polizeipräsident erst am Moulag von dem in den Morgenstunden des Sonntag verübten Verbrechen Kunde gegeben hat, und sehr mögli ch, daß ohne diese Verzögerung dir Ermittelung der Thäler rascher balle bewerkstelligt werden können. Aber ganz falsch ist die Behauptung, daß die Sonntagsruhe bas Bcrsäumniß verschuldet habe. DaS „Arbeitersckutzgesetz" sagt aus drücklich, daß die Vorschriften über die Sonntags ruhe keine Anwendung finden auf Arbeiten, „welche in Notbfällen ober im öffentlichen Znteresse unverzüglich vorgenommen werden müssen". Die Berliner Polizeidirection konnte also ihre Bekanntmachung drucken lassen ober selbst drucken. Daß sie es nicht gethan, gereicht ihr, nicht der socialen Gesetzgebung zum Tadel, unv der von ver „Vofs. Ztg." gefunven« Beweis, baß die Sonntagsruhe „gefährlich" werden kann, ist thatsächlich nicht erbracht. Bewiesen ist nur wieder einmal, daß der Berliner Fort- schrittSpreffe jedes Mittel recht ist, das Publicum über die Tragweite von ihr unbequemen Gesetzen zu täuschen, und daß man anderwärts nur gar zu leicht sich täuschen läßt. Di« Pariser Presse hat den Arrger über die Kaiser begegnung in Wiesbaden und Darmstadt noch nicht verwunden und bietet Alles auf, um die Thatsachr möglichst abzuschivächen. Za, sie ist sogar bemüht, auS Neben- umstänken darzuthun, wie gerade diese Entrevue die Spannung der Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland beweise. „Man hat viel bemerkt," meldet der „TempS" auS Darmstadt, „baß ver Kaiser und die Kaiserin von Rußland weder bei der Ankunft noch bei der Abfahrt deS deutschen Kaisers am Bahnhof waren."Dabei vergißt basedle Blatt nur, baß der Vorgang höchst selbstverständlich ist. Wenn ein Hausherr Gäste bei sich bat und neue Gaste bekommt, so hat man noch nie gehört, daß die Gäste zum Empfang der Gäste auf den Bahnhof gehen, sondern es ist klar, baß diese Pflicht dem Hausherrn zusällt. Der Hausherr im gegebenen Falle ist der Großherzog von Hessen, und dieser ist natürlich zum Empfang deS Kaisers auf dem Babnbof erschienen. Der Zar aber ist der Gast deS GroßherzogS, und so gern man diesen Gast in Hessen sieht, so behandelt man ihn doch dort nicht als LanveS- fürsten. Daß die ganze Geschickte in Hessen sich zu trägt, ist für die Franzosen besonders tröstlich, Hessen ist wenigsten- nicht Preußen — die Zarin ist, wie gewisse französische Blätter ganz genau wissen, vielmehr in englischen als in deutschen Anschauungen erzog n worden — unv so braucht man eigentlich gar nickt zu sagen, daß der Zar m Deutschland sei, eben weil er in Hessen ist. Diesen Trost gönnen wir den Franzosen gern. Auch der Pariser Corre- spondent der „Frkf. Z." sagt durchaus richtig: BemerkduSwerth werden die Ereignisse der letzten Tage eigentlich nur durch das Verhalten der französischen Zeitungen, und so kann Man den Zusammenkünften von Darmstadt uNd Wiesbaden eine ge wisse politische Bedeutung beimessen auS dem einzigen Grund , weil die französischen Zeitungen sich gar so sehr darüber ärgern. Bis jetzt ist nur eine einzige Ausnahme zu constatiren, und das ist Eornely im „GauloiS", der u. Ä. sehr vernünftig schreibt: „Man leistet der öffentlichen Meinung einen schleckten Dienst, wenn man im Volke das Vorurtheil verbreitet, der Zar habe während seines Ausenthaltes in Frank reich gewisse Rancunen sich ungeeignet nnh werde, um sich Frankreich angenebm zu macken, sich unhöflich gegen dessen Rivalen beneblnen. Wir können nicht behaupten, die französisch-russische Freundschaft sei eine FriedenSbürg- schafl, wenn wir zugleich wünschen, unser erlauchter Freund solle den europäischen Frieden durch einen Bruch mit Deutschland befestigen. Die traditionellen Höflichkeiten zwischen Rußland unv Deutschland dürften uns nur dann mißfallen, wenn wir ernstlich den Krieg wünschten." — Die Schlußfolgerung aus dem offen zur Schau getragenen Aerger der Pariser ergiebt sich von selbst. Zetzt, nackdem schon einige Zeit seit dem ZarenbefUche in Parts verflossen ist, kann man, so wird der „Pol. Corr." aus Petersburg geschrieben, mit uller Klarheit den Ein druck, den dieses Ereigniß in Rußland hervorgerufen hat, sixirrn. Die Auffassung, die dort bei dem Eintreffen der ersten Nachrichten über die Pariser Festtage zu Tage trat, hat sich seitdem nur verstärkt. Mit Einmüthigkeit erblickt die öffentliche Meinung Rußlands in dem Pariser Zarenbesucke eine sehr starke Befestigung derAllianz zwischen Rußland und Frankreich. Jedermann in Petersburg und in ganz Rußland erblicktin den Begleitumständen des Zarenbesuches m der französischen Hauptstadt eine Be stätigung dafür, daß zwiscken Rußlanv und Frankreich nicht nur rin „Rapprochement" ober eine „Entente", sondern eine wirkliche Allianz bestehe. Diese erscheint um so gesicherter, al« der Zar durch die Be- suche, di« «r den Präsidenten der beiden französiscken Kammern abgrstattet hat, sowie durch sei» Verhalten gegenüber den Ministern, dem Präsidenten deS Pariser Stadt- rathes und mehreren Abgeordneten in offenkundiger Weis« die republikanische Regierungsform Frankreichs anerkannt bat. Gleichzeitig mit Vieser Auffassung über die Be deutung deS Zarenbesuche- in Pari« verstärkt sich aber auch die ursprüngliche Ueberzeugung, daß derselbe einen durckauS friedlichen Charakter trug und nur zur Kräftigung deS allgemeinen Friedens beitragen werde. Schließlich erwähnt der Petersburger Correspondent noch, daß die dortigen NegierungSkreife von der ruhigen und nüchternen Beuriheilung, welche der Pariser Zaren besuch in der auswärtigen Presse, namentlich in den officiösen Organen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns fand, sehr befriedigt waren. Es babe dort einen guten Eindruck hervor gerufen, daß die bezeichneten Organe ihr volles Vertrauen in den friedlichen Charakter der Politik Rußlands und — Frank reichs (?) zum Ausdrucke gebracht haben. Mit der belgischen HeereSreform will eS nicht vor wärts gehen. Anläßlich der Einführung deS neuen päpst lichen Nuntius Msgr. Rinaldini Hal König Leopold die Noth- Wendigkeit der Miliiairreform aufs Neue betont. Der Nuntiu« erklärte, daß ihm der Papst die Mission übertragen habe, di« Einigkeit unter den belgischen Katholiken und die praktische Lösung der socialen Probleme herbeizuführen, und da der hohe KlerUS, bisher der bitterste Feind der Miliiairreform, sich dieser jetzt geneigt zeigt, so darf man annehmen, daß der Nuntiu« seinen Einfluß im Sinne der Wünsche de- Königs geltend gemacht hat. Außerdem sollen mir Bewilligung deS KrieaSministerS noch außerordentliche Milderungen an den Bestimmungen übet die allgemeine Wehrpflicht Vorgenommen werden. Trotz alledem will die klerikale Reckte der Deputirtenkammer weder von dem persönlichen Militärdienste, noch von der Verstärkung des HeereScontingentes etwas wissen. Die Provinzialräthe West flanderns, Limburgs und NamurS haben einstimmig gegen jede Ersckwernng der Militairlasten protestirt, unv die Kammer reckte selbst wird immer ungebetdiger. Der König ist über diesen Widerstand so unckuthig, daß et im letzten Ministrr- rathe eine Auslösung der Kammery und die Berufung an die Nation in Aussicht stellte. Diese Drohung bat erst recht unter den Rcchtenfübrern böses Blut gemacht. Sie haben den Ministern erklärt, daß dieses Auftreten deS Königs sie zu Republikanern mache! Schon bei der letzten Credit- bewilligung für die Congoeisenbabn, von der die ganze Rechte nicht« wissen wollte, kam eS iN der Rrchtensitzung zu argen Austritten. Die klerikalen Deputaten erklärten den Ministern, die Republik der jetzigen Dynastie vorzujieben, wenn sie weiter deck Lande Ausgaben und Ideen aufzwinge, welche die Rechte von sich weise. Die Socialisten sind natür lich über diese Gesinnungstüchtigkeit sehr erfreut. Deutsches Reich. * Perlt«, 2l. Oktober. Der LandtagSabaeordnete Vr. Otto Arendt beantwortet in seinem „Deutschen Wochenblatt" die Darstellung, dir der bisherige Director der Colonialabtbeilung des Auswärtigen Amtes vr. Kayser in sriner im Colonialrath gehaltenen AdschiedSrede von seinen mit Arendt geführten Verhandlungen gegeben hat, folgender maß««: „Herr vr. Kayser hat seine Verhandlungen mit dem Unter zeichneten ausführlich dargestrllt. Auch nach seiner Darstellung ist er hiernach der Compromittirte. Allein ich erkläre hierdurch, daß jene Darstellung außerdem nahezu in jedem Wort auf Un wahrheit beruht. Da die Verhandlungen zwischen un» unter vier Augen geführt wurden, so glaubte vr. Kayser augenscheinlich, daß ich seine Behauptungen nicht widerlegen könnte. Er vergaß eins: Scripta manent. Herr vr. Kayser hat mir Briefe geschrieben, welche seine Darstellung unserer Verhandlungen völlig Lügen strafen. Herr vr. Kayser hat darin in deu wärmsten Ausdrücken seine Dankbarkeit für die durch meine Vermittelung ihm geleisteten Dienste ausgedrückt. Wären die Verhandlungen so gelaufen, wie er sie darstellt, hätte ich ihm gegenüber Drohungen, die an Erpressung grenzen, gebraucht, halte er mir am liebsten die Thüre gewieien — dann wäre der freundschaftliche und in Dankbarkeit überfließende Ton sriner Briefe unbegreiflich. Ich schlage dem Herrn vr. Kayser die Veröffentlichung unsere- Briefwechsels vor, ich bin dazu bereit und ich bin sogar dazu gezwungen, so ungern ich von Privatbriefen Gebrauch mache, wenn Herr vr. Kayser fort fahren sollte, meine Wahrhaftigkeit m Zweifel zu ziehen. Otto Arendt, Mitglied des Hause« der Abgeordneten." Die Schuld -es Fürsten Romanskoi. 21j Roman von Lour. Fischer-Sallstein. Nachdruck verboten. „Ich verfolgte gewisse Absichten", fuhr sie fort und lächelte, al« der Fürst mit dem Haupte bedeutungsvoll nickte, gleichsam um damit ru bestätigen, daß daS alle Weiber tbun, und daher diese Absichten eine sehr natürliche Sache seien, „ich suchte eine Versöhnung zwiscken meinem lieben Stepan Wassilitsch und seiner unglücklichen Sckwester anzubahnen. Nach dem Tode de- Zwanow Petrowitsch lag da« koch so nahe! Niemals würde ick in eine Verlobung gewilligt haben, wenn mir dabei nicht die Zdee vor Augen geschwebt, daß meine Heirath die sickere Brücke bilden würde, die zu einer Versöhnung zwischen Bruder und Schwester hinüberführt." Stepan Wassilitsch scküttelte den Kopf. E« lag etwa« Harte«, Unbeugsames in seinem Wesen. „Dazu ist e« zu spät, meine einzige Sofia Andrejewna, mit meiner Schwester bin ich fertig! — Soll ich der Gesell schaft da- Bild bieten, nach welchem sich Fürst RomauSkoi mit dem Weibe deS Manne« versöhnt, der so viele« Leid über die Familie gebracht, der sich unerhört gegen Staat und Gesellschaft aufgelehnt. Davon kann keine Rede sein. Zhre Aufgabe war e«, den Gatten zu verlaffen, al« damals der Stad über ihn gebrochen war. Sie that e« nicht, und folgte ihm in dir Verbannnng, gut, so mag sie die Folgen traarn. Zch werde mich immer weigern, rückwärt« zu blicken, ick babe längst keine Schwester mehr." Ernst blickte jetzt die Petuschkiwna dem Verlobten in« Angesicht und hielt die Hand, die er ihr in seiner Erregung, di« ihn ergriffen, entziehen wollte, fest. „Grade da«, daß sie dem Gatten muthig in« Verderben folgte, stellt die Gräfin in meinen Augen so hoch! — Wir kann Stepan Wasjilitsch diese hochherzig« Handlung rinr« mngrn Weibr« verachlUch findrn? Od«r glaubrn Sie, daß Ihr« Sonja ander- bandeln würde? Zu den Tod folge ich meinem Gatten, — über die Eisfelder Sibirien- würde ich mich an seiner Seite ohne zu murren mit ihm schleppen." „Za, da« würde Sofia Andrejewna thun", versetzte der Fürst gerührt, „sie bat e« bereit« gethan! Die Tage und Nächt« an m,ia«m B«tt« Warrn rin Sibirirnl" »M» » „Zch weiß, daß Stepan Wassilitsch ihr die Hand reichen wird." „Za bei Gott, Sie würden mich so weit bringen, Sonja, ich sehe da- ein! Aber Maria Feoborowna wird da- niemals tbun, ich kenne sie besser! Al« ich Zlija Andrej an mich nahm, um ihn der Gesellschaft ru erhalten, sandte sie mir einen Fluch nach — der Knabe soll einst die Mutter rächen, — ist daS nicht bösartig und genügt das nicht, ihren Cha rakter zu kennzeichnen? — Ein gelbe« Tuch um den Hals geschlungen, die wirren Haare vom Winde aufgewirbelk, so stand sie vor mir — und sprach ihren Fluch. Der Fluch einer Närrin! Zch habe ihn nirmal« ernst genommen, — und — doch, wenn ich Zlija Andrej ansebe! —" Stepan Wassilitsch zog sich hier fröstelnd in sich selbst zu rück. ES war, al« ob er sich fürchte, vielleicht vor den Augen seines Neffen? Und wieder fielen ihm seine Träume ein. Und wieder begann er sich selbst zu vertheidigen und sprach sich frei! Trotzig richtete er sich auf, jetzt fand er sich versucht, selbst die Petuschkiwna mit Vorwürfen zu überhäufen, weil sie heimlich die Partei seiner Schwester ergriffen. Er rang sich zu dem Entschluß durch, seinen Neffen mitsammt seinen galanten Geheimnissen freizugeben. Er will ihn reich mit Geldmitteln au«statten, er soll in den Staatsdienst treten, sich aber auf Slekok nie wieder blicken lassen. „Mein theurrr Stepan Wassilitsch will damit sagen, daß die Gräfin MatscherSkowna, Maria Feodorowna, unver söhnlich ist?" „Wir werden un« nicht Wiedersehen", entgegnete er, und plante weiter an den projectirten Auseinandersetzungen zwischen sich und Zlija Andrej. „Sie weigern sich, sie wieder »u sehen, selbst dann, wenn die Gräfin mit Verlangen nach Friede und Versöhnung vor Ihnen erscheinen würde? Nicht« hält sie nun nach dem Tode de« Gatten in Sibirien fest, wer will sie daran verhiudrrn, nach St. Petersburg zu kommen?" Za der Brust de« Fürsten entstand ein Aufruhr. Er wurde dunkelroth im Gesicht und blickte die edelmütbigr Sonja mit dem Ausdruck der Ueberzeugung an, daß er sie durchschaue und immer durchschaut hab«! « „Sie haben sie kommen lassen, Sofia Andrejewna, ich seh« e« Zhnrn an." Zärtlich legte sie ihre Hand auf die deS alten Heldeu und sagte: „Za, mein einziger Stepan Wassilitsch, in ganz kurzer Zeit trifft sie in Petersburg rin. — Von ihr geführt werde ich mich dem Traualtar nähern, unser Hochzeitstag soll ein Tag de« GlückeS, deS Friedens und der Versöhnung sein." Zn diesem Augenblick kam Nahim, der Mana ohne Obren, iaS Zimmer herein. ,Deine Heiligkeit der Herr Erzbischof Bußlajeff", kam e« flüsternd von den Lippen deS alten Tataren, und dabei blickte er rückwärts nach der Tbür, in deren Rahmen die beinahe schmächtige Gestalt deS hoben Priesters erschienen war. Das Brautpaar erhob sich sofort und ging dem Er warteten entgegen. Zwölftes Capitel. Zlija Andrej dachte gar nicht daran, auf die Znsel zurück- zukehren, sondern schritt quer über den T-Prospect in eine finstere Gasse mit HolztrottoirS und langte nach einiger Zeit vor dem Heilinstitut des Doktor Rüsoim an. Die Art und Weise, wie sich der Graf auf der Straße benahm, war ganz geeignet, einiges Aufsehen zu erregen. Er fixirte jeden anständig gekleideten jungen Mann, der ihm begegnete, mit einem w ungewöhnlichen Znteresse, daß Lie den Betreffenden peinlich berühren mußie. Und da« Alle« geschah nur, weil er sich von dem Eindruck, unter dem er stand, daß er heute noch dem Sohne der Petuschkiwna be gegnen müsse, nicht loSmacken konnte. Michael ZaSmorin! Al« er zum ersten Mal diesen Namen von den Lippen Lidia'S vernahm, hätte er sich nicht träumen lassen, welche Bedeutung der Träger diese« Namen nock für ihn gewinnen sollte. Und Lidia liebt ihn! — Dickt vor dem Hause de« DoctorS bleibt er stehen und verliert sick in Betrachtungen, die er selber mit einem Lächeln de« Hohn« illustrirt. „Wie Nug ist doch Tarja Alexandrowna", flüsterte er vor sich hin, „sie hat nur den Erben de« fürstlichen Ver mögen« im Auge. Entpuppt sick ZaSmorin al- Sohn der Petuschkiwna und de« Fürsten, dann wird sie rasch die Liebe Lidia'S zu dem Studenten segnen, behaupte aber ich mich im Sattel, dann wird Lidia meine Frau! — Welch «ine geschickte Händlerin!" Der Graf zog nun die Klingel am Doctorbause und al« nicht gleich geöffnet wurde, lauschte er und hörte von innen Tritte. „Daß ich sie unter dem Schutz« eine« Menschen lassen muß, dem ich nickt traue", murmelte er vor sich hin. Die HauStbür wurde geöffnet und zwar von Doctor Rüsolm selbst. Umsonst rang Zlija Andrej mit einem wahr haft giftigen Mißtrauen gegen den Arzt. Mit abgewandtrm Gesicht begrüßte er ihn und trat rasch an ihm vorüber in den öden Hausflur. „Ich kam nur, um mich nach dem Befinden meiner Frau zu erkundigen. E« ist möglich, daß ich beute Nacht sehr spät heimkehren kann und desbalb bitte ich Sie, dafür sorgen zu wollen, daß sich die Gräfin nicht ängstigt." „Die Gräfin ist sehr trostlos und weint viel", gab der Arzt zurück und fixirte den jungen Herrn auf eine Art, als ob er ihm damit sagen wollte, daß sein Benehmen gegen daS hinreißend schöne junge Weib mindesten« unverantwort lich sei. „Sie klagt? — Und über wa«?" „Sie scheint die Zwangslage, in der Sie sich befinden. Herr Graf MatscherSkoff, nicht zu verstehen und wird sie auch niemals begreifen. Die Frau Gräfin behauptet, ick halte sie gefangen und mackt mir Vorwürfe. Sie will hin aus in die Welt, unter Menschen." „Und wie oft und wie klar babe ick ihr die Situation gezeichnet, in die ick nun einmal verstrickt bin — — und sie versteht mich nicht! Sollte ihr Vertrauen zu mir auf so kranken Füßen stehen?" Er trat in da« Sprechzimmer ein und Doctor Rüsolm folgte ihm. „Da« Schlimmste ist, daß die hohe Dame fortwährend an Frost leidet, die Witterung mag viel an ihrer Melancholie verschuldet baden. Sie fürchtet sich am meisten vor dem russischen Winter. E« ist ergreifend, zu sehen, wie sie friert. Zch habe mir erlaubt, der Frau Gräfin von Italien zu er zählen. Du lieber Gott, von wa« soll man denn den ganzen Tag plaudern? Zhr Englisch ist mir schon so geläufig ge worden, und doch verstand ich im Anfang kein Wort. Sie vergeht jetzt fast vor Sehnsucht nach dem warmen, ewig sonnigen Italien." Zlija Andrej starrte mit beinahe glanzlosen Augen den Arzt an. Eine Welt voll Mißtrauen, ein abscheulicher Ver dacht bäumte sich auf« Neue in ihm auf, und in seinem Gesicht stand für den Mediciner geschrieben: „Deine Brr traulichkeit mit meiner Frau verletzt und beleidigt mich. Hülc Dick, zu weit zu gehen, ich würde Dich zermalmen." „Wie kommen Sie dazu, ihr von Ztalien vorzuschwär men?" stieß er nun unfreundlich hervor und warf fick aus einen Stuhl. Doctor Rüsolm sah den jungen Herrn erstaunt an, dann zuckte etwa« um seine seingeschnittenen Lippen, «in
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite