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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.10.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961024024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896102402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896102402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-10
- Tag1896-10-24
- Monat1896-10
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»1, 4 3 8'1, Idr. o. o. Ltd. o. 0. 94.80 100 00 101,SO 94.50 100,00 101,90 4i>r.0.I — »Irde. — llitpr-I — »svd I — 125,— 110, link. 273, 204, 12b. 17b, 148, aotodvr 195 0. . u. «. Lurn. rt.-8p. 164,— 282,— 173,— 123,— 110,50 110,— 71,— 85,50 100.50 91 — 128.50 87,— 03,75 o. tt Lrsnll ii. Od. 8p.-U ikooie , ti.-k. iL2-ll SV 2» 8.-K. > 358,— <!t.-6.! l'. Uv >«a«2 o.Od. lrk»d. r»IUL ripti» »k»u. oldr.9' ^<1iir.>i tM.-k. .»r.-k'. 6l»d.! '2^' v.-r :o»s. 45 O. »<t konä». 97,40 6. 03,70 6. 03,20 U 03,70 0. 90,70 6. 01,— 0. 00.25 U. 01,50 8 01,70 U. 03,25 O. 03,— » 92,— 0. 93,50 O. ilcllliitdlbLr. 92.75 S. 93.75 6. 95,50 <1. 92.75 O. 92,25 U. 92,25 O 92,— O. 92,— 8. 92,— O. 93,75 O 95.50 O 93 50 6. >4,— O. 93.50 O. >4,25 U. 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Durch die Post bezogen für DtÜtichland und Oesterreich: vierteffähtlich ^l 8.—. DIrrct« tägliche IkruzbanvIeddlUltz tut AuSlaud: mouallich 7.ÜÜ. DI« Morgeu-LaSgabr erscheint »m '/»? Uh«, die Adeüb-Lulgabe Wochentag« u« ü Ühr. Ned«rÜou dtid LrvrMon: JahanneSgafsr 8. Die lkxpevition ist Wochentag« annaterbtochr» tzt^its« »on früh s di« Abend« - Uhr. Filialen: Ltt» IlrMnff« Eorftm. tAlfteß vntzn). Vvivtrsitätrstrabe 3 (Paulinum), Laut« Lösche, Katbannenstr. 14. vart und It-nig-vlatz L Abend-Ausgabe. MWigcr TagMM Anzetgsu-Prsi- dt« s gespalten- Pktitzrile LS Psg. ßirctamen unter demKtdaeti«n-strich ltzga» spaltet,) 56^, vor den FaMiliecknachrichtr« (6 gespalten) 40/^. Sröhere Schrijten laut unserem Preis« örtzklchniß. Tabellarischer dich ZMnjatz «ach hü he rem Tarif. Gxtr««vetlagen (gesalzt), nnt bitt de. Morgen »Ausgabe, ohne Postbesürdernn« uck M.—, Mit Postbesördetung ^l 7S>—. Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes «nd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Sonnabend den 24. October 1896. Aanchmelchlitli fiir Anzeige«: Nbrnd-Nu-gabe: Bonnittag« 10 UHL Margea«Au-gabr: Nachmittag» «UhL den Filialen und Annahmestelle« j« «dt» halb« Stunde srühe«. Anzeige» siad stet- aa di« -r-ehttts» za richte». Druck «nd Brrlaq von L. Volz 1, Leipzig SV. Jahrgang. PoMische Tagesschau. * Leipzig, 24. Oktober. Der Entwurf deS Reichsh aus halt«-Etat« fiir 18S7/S8, der dem Neich-tag noch im November zugehen dürfte, wirv voraussichtlich auch die Beranlassung dazu geben, daß det Reichstag zur Beschickung der Pariser Weltausstellung von 1LW Hrundsöhlich Stellung nimmt. Wenti die dtulsche Industrie überhaupt an dieser Weltausstellung sich betheiligen soll. Muß unseres Erachteüs ein präjudicieller Beschluß des Reich-tagS in diesem Winter berbeigesührt werden. Die nachher noch verbleibende Frist von 2^/, Zabren ist keineswegs reichlich zugemessen, wenn alle jene Ausstellungs objekte rechtzeitig fertig werden sollen, die bestimmt sind, das besondere Interesse der ganzen Welt für sich in Anspruch zu nehmen. Es darf deshalb erwartet werden, daß, wie s. I. rechtzeitig für Chicago, so jeyt schon fiir Paris eine erste Förderung im Etat der einmaligen Ausgaben des Reichs- aMlS des Innern erscheint; denn der Bnndesrath bat ja schott im Juli d. I. beschlossen, seinerseits die Beschickung vorzubereiten. Nicht ganz so leicht, wie dem Bundes rath im Juli, dürfte eS dem Reichstag fallen, im Novembet denselben Beschluß zu fassen. Es ist in zwischen däS Ergebniß der vielerlei Ausstellungen des IahreS 1898 zu übersehen. Der Erfolg der bayerischen Landesausstellung beruhte gerade darin, daß sie sich aus ein regional abgeschlossenes WirtbschaftSgebiet beschränkte. Der Mißerfolg der meisten anderen Ausstellungen, besonders der Berliner und der Pester, erklärt sich daraus, daß sie zu vieles und- zu Vielerlei wollten und infolge dessen manche« nur unzulänglich bieten konnten. Derselbe Mißerfolg wirv voraussichtlich in Zukunft jede Ausstellung bedrohen, die über ein bestimmtes Wirtbschastsgebiek hinausgreift. Namentlich die Weltausstellung läuft (Äesahr, den Aussteller mit unvcr- hältnißmäßigen Kosten zu belasten, als Ganzes aber doch mit einem Riesendcficil abzuschließen. Letzteres kann uns ja gleichgiltig sein, wenn die Franzosen sich in did Unkosten stürzen wollen. Ersteres gehl uns um so mehr an, und bei allem Berftändniß für die Pflichten einer würdigen Repräsen tation des Reiches in der Welt draußen wird man doch die Bemerkung machen dürfen, daß m diesem Falle die Repräsentation nicht von der Reich-Vertretung allein abhängt, sondern in erster Linie von den hundert Einzelpersonen und Betriebsleitungen, die mit ihren Erzeug nissen auf eigene Rechnung zur Ausstellung sich einsinden sollen. Hier geräth man freilich in ein bedenkliches Dilemma. Auf der einen Seite sebtn wir eine tiefgewurzelte Abneigung vieler großgewerdlichen Kreise gegen allzu umfassende und des halb unübersichtliche Ausstellungen, und diese Abneigung ist so tiefgehend so sehr durch die Erfahrung begründet, daß es den verbündeten Regierungen beim besten Willen nicht möglich sein wird, dieselben in einen entschlossenen Sinn zu allgemeiner Theilnabme umzuwandeln. Hätten wir nichts weiter zu berücksichtigen, als diese auf der einen Sette drohende Ge fahr, daß Deutschland ein lückenhaftes Bild seines Gewerbe- fleißeS zur Schau stellen würde, dann verstände eS sich von selbst, daß Man die ganze Sache am besten unterließe. Dazu könnten wir uüs um so leichter entschließen, al- die Welt m Chicago erfahren hüt, was Deutschland leisten kann, und wir am wenigsten Ursache hätten, den dort hervor gerufenen Eindruck abzuschwächen, wenn jetzt Paris zu einer neuen Probe des Könnens herausfordert. Wir bezweifeln auch gar nicht, daß im Reichstage diese auf der einen Seite drückenden Rücksichten stark betont werden, wenn auch kaum so stark, daß die deutsche Diplomatie in die unangenehme Lage kommt, nachträglich doM noch eine Absage nach Pari übermitteln zu müssen. Die Rücksichten, welche auf der andern Seite in Betracht kommen und den Reichstag möglicher Weise zu einer Bewilligung der Forderung bestimmen, bedürfen kaum noch der Auseinandersetzung. Sie liegen auf dem Gebiete unserer auswärtigen Beziehungen über haupt, und wir sind weit davon entfernt, ohne näheren Ein blick in den gegenwärtigen Stand dieser Beziehungen ihnen gegenüber dem Kostenaufwands und dem gescväfllichen Er^ folge unserer Bclheiligung etwa eine untergeordnete Bedeutung zusprechcn zu wollen. Wir möchten aber nicht unterlassen, darauf hinznweisen, daß die Franzosen sich 1889 in unser Fernbleiben sehr gut gefunden haben und kein Recht hätten, sich darüber aufzuhalten, wenn wir eS bis auf Weiteres bei dieser Gepflogenheit ließen; denn auch sie sind mittlerweile die nämlichen geblieben, nur daß ihr BoulangiSmuS andere Objecte wähle» mußte, um sich daran zu begeistern. Ueber die Äcrcirissptclerei in den Reiben der „Geno ssen" äußert sich die socialdemokratische „Elberfelder Fr. Presse" wie folgt: „Wir daben zu viel VereineI Was sich auf dem Gebiete der Bereinsgriinbungen in den letzien Jaliren abgeipielt hat, fordert gebieteruch Remedur. Unter dem Socialistengeietz bestand fast nur das Bestreben auf Schäftung politischer und gewerkschaftlicher Organisationen, und diesen anzugedören aalt als höchste Pflicht. Dies hat sich in den letzten Jahren total geändert. Wie Pilze schießen die mannig« fachslen Vereine empor; mag ihr Zweck auch ein noch jo zweifel hafter sein, die Zugehörigkeit zu manchen sehr fragwürdigen Ber« einen scheint manchem, der auf deu Ehrentitel Cocialdemokral Anspruch macht, zu genügen, um sich als organlsirter, ziel- und clasjenbewußter Genosse breit machen zu duften. Schon die Un masse der gewerkschaftlichen Organi>ationrn ist äußerst beklagenswertb, weil hier die Qualität unter der Quantität leidet. Nun aber kommen die große Zahl der Gesang- vereine, ferner Freie Volksbühnen, Turn-Vereine, Spar clubs, Radfahrer- und Stenographen - Vereine, Rauch- und Ruderclubs und dann die Unmenge Vereine, welche nur aus- gesprochenen Bergnügungszweckeii dienen u.s.m ü.s.w. Nicht allein, daß durch die Fülle dieser Vereine die Kräfte in der fri volsten Welse zersplittert werden, auch die finanzielle Leistongs- sähigkeit der Arbeiter wird bedenklich geschwächt, ganz abgesehen davon, daß diese BereinSspielerei das Streben solcher Vereine illusorisch macht, die sich die Aufgabe gestellt haben, das geistige Niveau ber Arbeiterklasse zu heben. Jeder Verein absorbirt die besten Kräfte für seine Leitung: Welche Unsumme von Intelligenz würde in den politischen und gewerkschaftlichen Organisationen sich nützlich machen können, würde der übrig« Brreinskrempel auS- grrottet werden." Der „Vorwärts" bemerkt hierzu: „Ganz unrecht möchten wir unserem Wupperthaler Bruderorgan nicht geben. Die Sucht, für jede Neigung einen besonderen Verein zu gründen, welcher dann das ganze Interesse der betreffenden Genossen in Anspruch nimmt, ist wirklich weit verdrcitei." Daß es nach dem Eingeständniß socialdemvkratischer Blätter eine „Unmenge" Vereine giebt, welche „nur ausgesprochenen Vergnügungszwecken dienen", beleuchtet scharf baS hetzerische Gerede vom „darbenden Proletariat". Wieviel mehr könnte für die Familie aufgcwendet, wieviel könnte erspart werden, wenn — mit dem „Vorwärts" zu reden — „die Sucht, für jede Neigung einen besonderen Verein zu gründen", nicht so weit verbreitet wäre. Deshalb beklagt Hit sveiät» demokratische Presse die Schwächung der finanziellen Leistung-^ fälngkeit ter Arbeiter durch daS Bereinsunwestn natürlich nicht; sie betrachtet die finanzielle Leistungsfähigkeit der Ar ¬ beiter stet- nur vom Standpunkt der Parteicassc au«, time UI»e Irmrimke. Als vor 6 Monaten die Wiener Antiliberalen bei den Gemeinderatbswahlen siegten, hat die Parole „Nieder mit den Liberalen!" Teutschnationale, Klerikale und Cbristlich- sociale zusammengeführi. Die Einigkeit im anlikiberaken Lager bat nicht lange gedauert. Vor wenigen Tagen haben, wie gemeldet, 11 deutsch-nationale Gemeinderätbe ihren Austritt aus dem antisemitischen Bürgerclub voll zogen. In dem Absageschreiben, das sie an deu Bürgerclub gerichtet haben, wird als Grund dcSAuSlritts angegeben, daß die christlick>-sociale Partei auf die Verdrängung und Unter drückung derDeutschnationalen biuarbeite, und daß sie immer mehr ins kl er i ka le Fa hrwass e r gerathe. Diese Anklagen stützen sich darauf, daß der Stadtrath fortgesetzt für alle erdenklichen klerikalen Zwecke Geldbewilligungen in Antrag bringt, und daß Lueger und die Cl'ristlichsocialen in der letzten Zeit gegen die Canvitalur fast aller deutsch nationalen Parteiführer bei den Landtagswahlen aufgetreten sind. Ein Beweggrund für den Austritt der 1l Gemeinde rätbe scheint übrigens auch die Haltung der Mehrheit in der Gaöfraze zu fein. Der Bürgerclub bat nämlich die Aus führung der LieblingSidee Lucger's, die Errichtung städtischer Gaswerke im Kostenbeträge von 30 Mill, fl., beschlossen, obgleich die Stadl die Gaswerke des Uitternrbmens, daS gegenwärtig die Stadkbeleuchkung besorgt, um 16 Mill. fl. ablösen könnte. Ab- deseben von den großen Kosten, sind mit der Neuerrichtung städtischer Gaswerke so viele Nacktheit« für die Stadt ver bunden, daß die ausgetretenen Gemeinderätbe, wie es scheint, davor zurückscheuen, für derartige Beschlüsse mitverantwortlich zu werben. Es fragt sich nun, ob die Secession aus die kl Ausgetretenen beschränkt bleiben oder einen größeren Um fang annehmen wird. Im Bürgerclub befinden sich noch 20 Gemeinoeräthe, die der deutschnationalen Richtung zuzu zählen sind. Die christlich-sociale und klerikale Richtung ist durch 61 Gemeinderäthe vertreten. Zn dem Augenblicke, da alle Deutschnationalen abfallen, hat die Aera Slroback-Luegrr ein Ende, denn die christlich-socialen und klerikalen Anhänger de- Präsidiums bilden für sich allein nicht dir Mehrheit. Bvtläufiz allerdings scheint dem letztere» diese Gefahr noch nicht zu drohen. .. .- Zu Atalten sind die Festlichkeiten zur Äermählnitg btS Thronfolgers mit der Prinzessin Heient von Monte negro in vollem Gange, die Stimmung, in der diese Tage gefeiert werben, ist aber keine ganz ungetrübte. Man halte gehofft, daß zur Hochzeit mindesten- die Nachricht von der Freilassung der in der Gefangenschaft Mtnelik'S schmachtenden italienischen Soldaten eintreffen werbe, aber diese Nachricht, von Hunderten von trauernden Familien ersehnt, steht noch immer au-, und ein Erfolg der nach Abessinien ent sandten geistlichen und militairischen Unterhändler ist noch keineswegs gesichert. Die schlimmen Folgen des afrika nischen Abenteuer- sieben wie eine düstere Unglückewolke über dem heutigen Italien. DaS Herr empfindet r- tief, daß nicht einmal der Versuch gemacht wurde, die Nieder* läge auf dem Schlachtfelde wieder gut zu machen.. Ein völliger Rückzug von dem Unternehmen, da- die Kräfte de- jungen Königreichs angeblich übersteigt, ist für unverä meiblich erachtet worden; diplomatisch sowohl wie militairisch eine schwere Niederlage für Italien. Niemand ist von diesem Mißgeschick stärker bttübri, al- König Humbert, der ist seinem strengen Ehrgefühl, in seinem vaterländischen Stolz tief verwundet ist. Don ihm geht denn auch die Weisung au-, die Vermählung seines Sohnes unter diesen Umstanden so still und einfach wie möglich zu feiern. Er hätte gern noch engere Grenzen dafür gezogen, sie noch mehr auf ein einfache- Familien fest beschränkt, wenn nicht dem der Wunsch der Bevölkerung und die Vorstellungen seiner Rathgeber entgegen gewesen wären. Aber auch die Wahl, die der Thronfolger getroffen hat, hakte wenigstens anfänglich mit manchen Vorurtbeileu zu kämpfen, die jetzt allerdings überwunden scheinen. Italienische Blatter selbst machten kein Hehl daraus, daß der Prinz von Neapel gern die künftige Königin von Italien in einem ber älteren und angeseheneren Herrscherhäuser Europas gesucht hätte, wenn nicht eine solche Wahl aus den bekannten Gründen für ihn unmöglich gewesen wäre. Zu den katholischen Familien fand er nicht Zutritt, weil sie alle vor der Ungnade des Baticans zittern, und eine protestantische Prinzessin durfte er nicht beimführen, weil sie von seinem katholischen Volk scheel angesehen worden wäre. Unter solchen Umständen war die Auswahl eine beschränkte. Gleichwohl glaubte der italienische Stolz im Anfang über die montenegrinische Prinzessin die Nase rümpfen zu dürfen. Namentlich in Venedig, zu dem Montenegro vor Zeiten einmal in einem Vaiallenverhältniß gestanden hat, war man gar spöttisch aufgelegt; es wurde sogar daran erinnert, daß ein Vor fahre der Prinzessin Helene einmal wegen eine« Viehtaubes in unliebsame Berührung mit den Gerichten der Republik von San Marco gekommen sei. Diese Feindseligkeiten sind aber doch verstummt, seitdem man weiß, daß die vom Kron prinzen eingeaangene Verbindung auf einer wirklichen Herzens neigung beruht, daß seine Auserwählte eine ungewöhnlich schöne Erscheinung ist und daß die begabte Prinzessin iu ihrem Elternhause auch eine vortreffliche Erziehung genossen hat. Dem italienischen Volke wird sie sicherlich nur ein Vorbild häuslicher Tugenden sein. Montenegrinerinnen waren von jeher Muster ehelicher Treue und vorzüglicher Gattinnen und die Königin Margherita konnte sich seine bessere Tochter in den Öuirinal wünschen. Möge daher die statlsindende Berbindung dem savoyisehen Königshause reiches Famitienglück bringen! Wenn französische Blätter darüber jubeln, daß die enge Berbsnvung des italienischen mit dcm montenegrinischen Hofe eine Ännäbciung Italiens au Rußland bedeute, da Zar Alerander Hk. den Fürst der Schwarzen Berge einmal feineu einzigen Freund aenannt, und daß damit wieder ein Stein im Gefüge des Dreibundes locker geworden sei, so gönizen wir den Pariser Rcvauchebolten diese Freude ohne Neid. Wenn Italien von der Allianz mit den beiden Kaisermächten abjällt, so muß es seinem Ideal entsagen, dem einzigen, daS seit der Erlangung der Unabhängigkeit und Einheit die Volksseele bewegt. TieS Ideal heißt: Herrschaft im mittelländischen Meere. Frankreich will diese Suprematie im Mittelmeere füt sich, eS ist in diesen Gewässern der un erbittliche Nebenbubler. Italien vermag nicht- zu bieten, um diese Rivalität Frankreichs zu beseitigen. Statt an Einfluß und Ansehen zu gewinnen, würde es vielleicht an der Seile der fran zösischen Republik burck derktt Eifersucht zu einer Macht zweiten Ranges herabsinken. Seine Gleichberechtigung wäre in diesem Bunde ein leeres Wort, eint inhaltslose Phrase. Deutschland und Oesterreich aber bereiten der Stellung Italiens im Mittel meer keine Hinbetnisse. Sir blicken ebne Mißgunst auf das Anwachsen seiner Seemacht, seine- Haodel«, sie haben in Italien stet- den ebenbürtigen Dritten im Bunde gesehen. Wenn Italien an ber Tripct-AÜiattz festhält, baut eS auf sicherem Grunde weiter; wenn es sich von ihr adweodet, geht — Die Schuld des FürKen Romanskoi. 23f RoMan Von Ebnr. Fifcher-Sallstein. Aatdrmk v«rt»t«n. Beinahe drohend stqxrt MatscherSkoff den kecken Jüngling an. Ahnungslos geht Michael weiter; nein, gesehen hat er diesen Herrn noch nie. „Der Sohn de- Fürsten", murmelt Jlija Andrej vor sich hin und blickt dem Studenten feindlich nach, „und wie ähnlich er feiner Mutter Sofia Andrejewna ist! —Auf Slrkok nistet ihr euch niemals ein!" Er eilt nun fort und denkt an nicht- al- an die Augen de- Studenten. Ja, in diesen Augen liegt ein Etwa-, da- ihn merkwürdig berührt. Vielleicht ist eS dasselbe Etwa-, da- rinrr Lidia da- Herz berückt hat? — Aber ist er denn ein Weib? — Wäre «S möglich, daß auch ihn dies» Augen berücke»? Er wird ruhiger und ruhiger. Er faßt nicht einmal die Möglichkeit in- Auge, daß man ihn verfolgen und ihn für die unheimliche Tbat, die er soeben vollbracht, verantwortlich macken könnte. Etwa- Unzurechnungsfähige- liegt in seinem Wesen, die Größe seine- Verbrechen- wird ihm gar nicht be wußt, wenigsten- nicht jetzt. Seltsam, er denkt auch nicht an seine schöne Frau, trotz dem er seine Schritte »ach dem Haus« de- DoctorS lenkt. Die Reaktion nach der furchtbaren Aufregung der soeben durchlebte» Spanne Zeit macht sich bei ihm in allen Punkten geltend. Ein geschlossener Wagen fuhr in diesem Augenblick vorüber. Auf dem Bock saß ein Bursche in auffallend bunter Livr-e und gerade dieser Umstand fiel dem Fürsten aus War da- nicht der Portier «nd Au-läufer de« Doctor Rüsolm? — Unwillkürlich folgte Jlij« Andrrj dem Wagen eine Strecke, blieb dann stehen und verfolgte mit den Augen da» Gefährt, bi- r- in drr Fern« seinen Blicken entschwunden war. Sollt» der Gelehrte vor seinen Schulden flüchten, jetzt in der Nacht? Welch »ine Thorheitk Eine« Ebrck von hundert tausend Rubel will ihm nu» der Erbe de- Fürsten auf der Stelle niederschreiben. Er erreicht da- Hau- de- DoctorS Rüsolm, in welchem er seine Frau dersteckt. Ja dem Augenblicke, al- er di« Glocke ziehen wjll, bemerkt er da- Blut an seitter Hand. Mit einem Ruck sieht er sich wiebtr zurückgrscdleudetl in die grausige Scene im SchlafgeMach seine- -Onkel-, deren Held er wat. Und doch zieht er die Kliügel. Ein packt Nachtschwärmer, offenbar angetrunken, komme« dt- Wege-, und ihnen Will er nicht begegnen. Aber Niemand öffnet. Ein Verdacht steigt in ihm auf, und zugleich trat sich da alte Mißtrauen gegen drii Hüter feinet reizenden Frau. Er bereut eS jetzt, der Kutsche nicht nachaefolgt ru sein. Mit der Hand greist er jetzt nach der Klinke bet Hau-thür und — findet sie offen. Fluckartig brgiebt er sich in den großen breite» Hausflur des vielleicht uralten Hause-. Dröhnend wirft tr hinter sich die Thür ins Schloß, denn er befürchtet, daß die a«getruuk«t,en Nachtschwärmer ihm Nachkommen könnten. Nicht wie sonst kommt ihm der Bursche mit der Hunten Livrse entgegen, um ihm zu sagen, daß die Frau Gräfin sich sehr um den Gemahl aeängstigt und daß sie wieder jo sehr viel geweint hab». — Wie kann er denn auch hier sein, er saß za auf dem Bock dt- Mietbwagen-k — Daß man sein« Frau so allein läßt bei offener Hau-thür! Die aan>r Zärt lichkeit seine- Herzen- erwacht wieder. Nein, sie soll keine Minute länger in diesem Hause bleiben müssen. Die Ketten sind gefallen, er ist frei! Mit Diamanten und Perlen will er fl« nun schmücken! An ihrem Herze» will er vergessen, wa- hinter ihm liegt. Als er die Tdur zu jener dürftig auSgestattetea Stube öffnet, in der ihm Fürst Roman-koi seinen bedeutung-vollen Besuch gemacht, war e- ihm, al- yöre er den dumpfen Stelzentritt de« alten Herrn. Erschrocken bleibt er aus der Schwelle flehen, und al- er sich nach geraumer Zeit erst über zeugt, daß er sich getäuscht, nahm er seinen Weg quer durch da- finstere Gemach hinüber in die Stube seiner in dischen Frau. Die Lampe brennt wie immet aufder Commode, ein H«uch von den schwellenden Reizen ihre- Wesen- liegt in der Lust. Ihr Parfüm weht ihn an, aber da« Sopha, von dem fl« sich immer erhob, um ihm mit einem süßen, v«rheißung-vollen Lächeln die Arme entgegenzustrrckea, war leer. Ein furchtbarer Verdacht steigt in ihm auf, aber er will seinen giftigen Einflüsterungen nicht glauben, er ringt mit ihm, er will ihn Niederschlage« und irrt, ohne recht zu wisse«, Wa rr tbut, durch'- Gemach. Ein paar Schleifen liegen am Boden. Er findet eine Sckachttl Mit Süßigkeiten, die halb leer gegessen ist. Mit wahnsinniger Hast sucht er weiter unb weiter. Alle Schränke werben durckgewüblt. Besonders auf die alte russische Trübe hat er e- abgesehen «nd schleudert Alle«, wa- sie enthalt, auf deu Boden. Er steht unter dem Eindruck eitle« greüzenldseti Weh-. Er fühlt, daß er «inen Verlust erlitten, der nie zu verschmerzen ist, und will immer nock nicht daran glauben, und sucht weiter, und weiß nicht, nach wa- er sucht. E« ist überzeugt, daß man ihm etwa- genommen hat, wofür er bereit war, in die ewige Verdammuiß zu geben, wofür er ein« Blut schuld trug, und eigensinnig fast stößt er diese Ueber- zeugung zurück, weil er nur so sich aufrecht erhalten kann. Er nimmt dir Lampe zur Hand und durchwandelt das ganze Hau« und sucht nach seiner Frau. Nirgend- findet er sie, — — Und «un geht er mit fast beflügelten Sohlen in da« Gemach der Gräfin zurück, halb von Sehnsucht nach ihr verzehrt, und findet sie nicht. Jlija Andrej verfallt in «ine Art Raserei. Er wirft Tische und Stühle durcheinander, er reißt dir Bilder von der Wand, zerfetzt die Gardinen und schleudert zuletzt mit einem wahnsinnigen Lacken die brennende Petroleumlampe auf den Boden, daß sie jäh aufflammt und dann erlischt. Und mitten unter diesen Trümmern und Scherben setzt er sich auf den Boden nieder, zieht dir Kni« bi« an- Kinn heran «nd spricht den Namen seiner Frau. Erst bei Tage-grckuen verlaßt Graf MatsckerSkoff, der Erbe de- Fürsten, da- Hau«, nimmt einen Mietbwagrn und fährt nach der Billa der Stroganowna, Darja Alezandrowna zurück. Dreizehnte« Eapitrl. Erst um Elf de- Vormittag- war dir Nachricht v»n dem plötzlichen Ableben de- Fürsten Roman-koi nach der Insel Krestowsky hinau-gedrungrn. Drr Träger der Hiob-post war niemand ander- al- Grischa Fibinitineffkoff. Der bärtige Grobian hatte am bellen Tage seinem heimlichen Schatz, der fromme« Bgaflja, die im Hause eine« Großkausmann« be dienstet war, der dicht neben dem Hotel Bristol wohnt«, «inen Besuch abgrstattrt. Unter Heulen und Schreien erzählt« ihm die gute Agafija, wa« geschehen war und schwur bei allen Heiligen, daß da- gewiß wieder die Nihilist«« aethan. Grischa begab sick hieraus in da« Hotel, ohne sich zuvor Zeit zu nehmen, seiner schönen Braut einen zärtliche« Auf- tritt zu bereiten, suckle hier den Hausknecht aus und verlangte auf Grund all seiner Würden, besonder« aber im Hinwei« äuf seine Eigenschaft ckts Leihkutscher der Frau Gräfin Atroga- nowna,. Darja Alexandrowna, Ausschluß über da« nächtliche Ereigniß. Er erfuhr hier so ziemlich Alle-, wa- man selbst bi- zur Stunde über da- Unglück im Hotel wußte, sah sogar die UniersuckungSbebörbe in die Beletage d«S Hotel« hinaufsteigen und glaubte zum Abschied dem geschwätzigen Hau-knecht die Behauptung auf die Brust setzen zu müssen, daß e« heutzu tage besser sei, Grischa Fibinitineffkoff al« irgend «in grundreicber Fürst oder Graf zu sein. Auf ber Villa angekommeN, begab er sich sofort zu seiner ihm stet- gewogenen Herrin und hielt ihr einen Vortrag. „Allmächtiger Gott", schrie Darja Alesandrowoa c>uS, „Du lügst, Grischa I Gehe mir aus den Augen, Du abscheu liche Ereatur! Stepan Wassilitsch wär« ermordet? — Wer hat ihn ermordet? — E- ist ja gar nicht wahr, ich sehe Dir «S am Du hast getrunken und weißt nicht, wa« Du sprichst. Natascha, Natascha! Mein« Riechflaschr, ich finde meine Riechflaschr nicht, man hckt sie mir gestohlen! — Fürst Romanskoi wär« lobt! — todt! — Sie zitterte eine Weile vor Aufregung, und al« Natascha mit der Rieckflasch« immer noch nicht kam, verkroch sic sich furchtsam und schaudernd in ihren Pelz. „Nahim, der Mann ohne Obre«, der Tatar hat ihn er mordet", berichtete Grischa weiter, „die Nihilisten gaben ihm Handgeld. Im Hotel weiß man da«. Aber was nützt es, daß man es weiß, drr Mörder ist todt. Bor dem Bette seines Herr« la- er und hatte noch da- Messer in der Hand." „Ich werd« schwach, Grischa, mir vergehen dir Sinne, ick bin noch hinfälliger als damals, al- Du mir daS Leben ge rettet. So rufe »och NataschaI Nein, Treue und Glaube ist au-gestorben in der Welt. Dir Sintfluth kommt, die Welt geht unter! Man ist seine-Leben« vor seinen eigenen Dienern nicht mehr sichert Allmächtiger Gott, und er war ein Engel an Güte un» Sanstmuth, »r war Treue und Glauben in Person, er »ar ein Hel», der für da« Vaterland geblutet und »or dem »r, Tod sich fürchtete, — er war schön wie ein AdouiS zu meiner Zeit, er war fruchtbar wie ein Ernte tag, — und ihn haben Sie ermordet!" Natascha hatt« im Vorzimmer die dünne durchdringende Stimm« der Herrin vernommen und zum Tode erschrocken stürzte sie in« Gemach. Nochmals mußte Grischa seinen Vor trag halte« nn» »I« er geeadet, l«g Natascha Mekelaj auf einem Ledersessel und batte die Krämpfe. Jean und Grischa brachten sie hinaus in di« frische Luft, wo sie sich rasch
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