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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961102017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896110201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896110201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-11
- Tag1896-11-02
- Monat1896-11
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Königreich Sachsen. V Kettzrk, 31- October. Im Anschluß an die Feier des NeformationSfesteS fand heute in der Paulinerkirche — zum letzten Mal voraussichtlich bis zur Fertigstellung der neuen Aula der Universität — unter Entfaltung des üblichen akade mischen Pompes die feierliche Einführung des neu erwählten livotor wasmüen», Professor 0r. für. Emil Friedberg durch seinen AmtSvorgänger Professor vr. zckil. Ernst Windisch statt. In glänzendem Zuge fuhren die Vertreter der Corporationen und der Finkenschaft zum Theil in vier spännigen Chaisen und von Borreitern in vollem Wichs stankirt in der Grimmaischen Straße vor dem Mauricianuni auf und begaben sich alsdann in die festlich decorirte Paulinerkirche, deren Emporen von Anfang an besetzt gehalten wurden, während das Schiff für die ge ladenen Ehrengäste und die Universitätsangehörigcu reser- virt war. Nachdem die Vertreter der Studentenschaft im Altarraum sowie zu beiden Seiten und gegenüber dem mit Blattgewächsen decorirten Katheder mit ihren Fahnen Aufstellung genommen hatten, erschienen im feierlichen Ornate der bisherige Rector, der designirte Rector, der bisherige Prorector, sowie die scheidenden und die neuerwählten Tecane und nahmen dem Katheder gegenüber Platz. Hierauf begann die Feierlichkeit in Anwesenheit hoher Ehrengäste, darunter Sr. königl. Hoheit des Prinzen Albert, der Vertreter der bürgerlichen und militairischen Behörden unserer Stadt rc. mit dem Gesänge der vom Paulinerchor vorgetragenen „Bitten" von L. v. Beethoven. Es folgte alsdann der Bericht des scheidenden Rector,sowie dieEinsührung und Rede des neuen Rectors (über das Thema: Das kanonische und Kirchenrecht). Die Feierlichkeit schloß mit dem Pauliner-Gesang Fr. Oser's „Hügel fallen, Berge Weichen" (comp. von Richard Müller). Nach dem Festactus fuhren die Vertreter der Studentenschaft zuerst vor der Wohnung des Prorector Prof. vr. Windisch und sodann vor derjenigen des Rector Prof. vr. Friedberg in farbenprächtigem Zuge auf, um dem ersteren zum Abschied, dem letzteren zur Begrüßung, ihre Huldigung darzubringen. (Ueber den Rechenschaftsbericht und die Rectoratsrede folgen ausführlichere Mittheilungen in der nächsten Nummer.) * Leipzig, 1. November. An dem Festmahle, das gestern Nachmittag aus Anlaß des RectoratSwecdsels im Saale des Etablissements Bonorand stattfand, betheiligte sich mit dem Lehrkörper der Universität auch Se. königliche Hoheit der Prinz Albert. Den Toast auf den erhabenen Rector Magnificentissimus der Universität, Se. Majestät den König Albert, brachte bald nach Beginn der Tafel der neue Rector Herr Geh. Hvfrath Professor vr. Friedberg aus, worauf unter begeisterter Zustimmung die Absendung eines telegraphischen HuldigungSgrußeS an Se. Majestät den König beschlossen wurde. Weitere Ansprachen auf Prinz Albert, den gegenwärtigen Rector, den seitherigen Rector, die Universität u. s. f. folgten und gaben der festlichen Ver anstaltung eine besondere Weihe. -g- Leipzig, 1. November. Ein hochgeschätzter Lehrer unserer Universität, Herr Geh. Hosrath Prof. vr. Wiede mann, feierte heute im Kreise seiner zahlreichen Collegen und Schüler seinen siebzigsten Geburtstag. Das fest liche Ereigniß war bereits am 2. October d. I. eingetreten; damals jedoch weilte Professor vr. Wiedemann auswärts. Reiche Ehrungen wurden dem verehrten und um die Wissen schaft hochverdienten Manne heute zu Theil. Vormittags erschien in seiner Wohnung eine Abordnung ehemaliger Schüler und Assistenten, die sich vereinigt hatten, um dem Meister der physischen Wissenschaft eine kostbare Cassette mit Pbotographiealbum zu widmen. Herr Professor vr. Rühle - mann, Rector des Realgymnasiums zu Döbeln, der Ende der sechziger Jahre Assistent und Mitarbeiter des Jubilars gewesen war, als dieser noch in Karlsruhe an der technischen Hochschule wirkte, brachte in beredten Worten die lebendige Freude der einstigen Schüler zum Ausdruck, daß es ihnen vergönnt sei, an einem solchen freudigen Tage den herzlichsten Glückwünschen und dem Danke für ihren einstigen Lehrer Ausdruck zu geben. Sichtlich erfreut über diese Kundgebung erwiderte Herr Geh. Hofrath Professor vr. Wiedemann in gleich herzlicher Weise die Dankesworte und knüpfte daran einen interessanten Ueberblick über seine Beziehungen zu Schülern und Assistenten vom Anfang seiner akademischen Lehr- thäligkeit an bis jetzt. — Vom akademisch-mathematischen, pharmazeutischen und naturwissenschaftlichen Verein waren Abordnungen erschienen, in deren Namen ein Student Glück wünsche aussprach. — Im Auftrage der Elektro technischen Gesellschaft, deren Ehrenmitglied Herr Professor vr. Wiedemann ist, schilderte Herr Professor vr. Ostwald die großen Verdienste Wiedemann's um die Wissenschaft und um die Heranbildung vieler ihrer Jünger, deren Namen mit hoher Achtung in den Kreisen der Physiker genannt werden. Der Redner schloß mit dem Wunsche, daß es Professor Vr. Wiedemann vergönnt sei, noch lange in gleicher geistiger und körperlicher Rüstigkeit und Frische wie jetzt zu wirken. Im Weiteren brachten zahlreiche Collegen persönlich ihre Glückwünsche dar; von auswärts waren zahlreiche schriftliche Kundgebungen gleicher Art eingegangen. U Leipzig, 1. November. Der Fürst von Reuß j. L. passirte am Freitag auf der Rückreise nach Gera unsere Stadt. -8- Leipzig, 1. November. Für die noch lebenden An gehörigen des 107. Infanterie-Regiments, die im Jahre 1870/7 l ihr Alles einsetzten für des Vaterlandes Größe und Glück, bildet der morgige 2. November einen Tag besonders er hebender und freudiger Erinnerung. Vollenden sich doch morgen fünfundzwanzig Jahre, seitdem das Regiment vom Feldzuge heimkehrend, wieder seinen Einzug in unsere Stadt hielt. Großartig war der Empfang, den die Be wohnerschaft Leipzigs dem ruhmbedeckten siegreichen Regimente bereitete und damit den Dank der tapferen Kämpfer für alle Zeiten erwarb. iä. Leipzig, 1. November. In einer von 500 Personen besuchten Versammlung der Handlungsgehilfen und -Gehilfinnen, die heute Vormittag in der „Flora" statt fand, sprach der Reichstagsabgeordnete Herr Singer aus Berlin über „Die sociale und rechtliche Stellung der Hand lungsgehilfen." Die Ausführungen des Redners bezogen sicb zu einem großen Tbeile auf den Entwurf zu einem neuen Handels gesetzbuche. Herr Singer verlangte hierbei die Einführung einer mindestens vierwöchigen Kündigungsfrist (falls nicht die sechs wöchige Frist Platz zu greifen habe), sodann die vollständige Be seitigung der Concurrenzclausel, eine ausgedehntere Sonntags ruhe rc. Zum Schluffe empfahl er natürlich den Handlungsgehilfen das Eintreten für die socialdemokratische Sache. Ehe in die Debatte eingetreten wurde, verlangte ein Anhänger des deutsch socialen Handlungsgehilfenverbandes, Herr Böhme, eine Feststellung darüber, wie viele der Erschienenen wirklich Hand lungsgehilfen seien. Vom Vorsitzenden Herrn Kaufmann Adö wurde hierzu darauf hingewiesen, daß die Versammlung eine öffentliche sei, also Jedermann Eintritt babe und die verlangte Feststellung deshalb überflüssig sei. In der Debatte nahm Herr Böhme wiederum zunächst das Wort und frug Herrn Singer, ob er die von ihm auf gestellten Grundsätze zu der Zeit, als er selbst Theilhaber einer Berliner Confectionsfirma gewesen sei, befolgt hebe und ob die Löhne auskömmliche gewesen seien? Zugleich erklärte Herr Böhme auch, daß er den Saal verlassen würde; er fordere die Gleichgesinnten auf, dasselbe zu thun. Etwa 20—30 der Anwesenden verließen darauf den Saal. Herr Singer charakterisier ein derartige« Verhalten als Feigheit. Wer Fragen an den Referenten richte, müsse auch den Muth haben, die Antwort zu hören. Redner betonte, daß in dem Geschäfte, welches er mit leitete, immer die heute von ihm vertretenen Grundsätze innegrhalten worden wären. WaS die Höhe der Löhne anbetreffe, so suche man eine Aeußerung, die in einem vor langen Jahren stattgehabten Proceß ein Tbeikhaber getban habe, gegen ihn zu verwertben. Solche „olle Camellen" wärmte man auf, weil man nichlS anderes wisse. An der Debatte betheiligten sich dann noch mehrere Redner. Die Versammelten nahmen schließlich zwei Resolutionen an, in denen sie sich mit den Ausführungen des Redners einverstanden erklärten, sich gegen die Vermeh rung derjenigen Sonntage, au denen Arbeit gestattet sei, aussprachcn und die Verringerung der Sonntags-Arbeitszeit auf drei Stunden forderten. H Leipzig. 1. November. Am Freitag Nachmittag kam in der Zweinaundorfer Straße in Anger-Crotten dorf eine 54jährige Frau auf dem Trottoir infolge AuS- gleitens zu Falle und brach den linken Oberschenkel. Die Bedauernswerthe wurde nach dem Krankenhanse gebracht. — In der Grenzstraße in Reudnitz verletzte sich vorgestern :eiln Einschlagen einer Fensterscheibe ein Zimmermann o erheblich am rechten Handgelenk, daß ihm in der Sanitätswache die Wunde zugenäht werden mußte. — In der Eisen bahnstraße in Neustadt lief gestern Nachmittag eine daselbst wohnende Tischlerswittwe in ein leichtes einspänniges Geschirr, wnrde dabei umgerissen und von dem Pferde mit den Hufen auf den Hin ter ko Pf getreten. Sie erlitt starke innere Blutnngen und wurde besinnungslos in ihre Wohnung getragen. —* In einem hiesigen Hotel hat sich am Reformations tage ein au« Gera gebürtiger Kaufmann durch Erhängen entleibt. Das Motiv der That ist unbekannt. —* In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurde in der Hausfiur eines Grundstücks der Aeußeren Halle- 'chen Straße in Gohlis ein daselbst wohnhafter Hand arbeiter beim Nachhausekommen von einem 17jährigen Burschen, der mit einem Frauenzimmer in der Hausflur tand, ohne alle Veranlassung mit einem Spazierstocke inS Auge geschlagen und so erheblich verletzt, daß er mittels Droschke ins Krankenhaus geschafft werden mußte. Gegen den Thäter ist Anzeige erstattet worden. —* Am Jobannisplatze fiel am Freitag Nachmittag ein in Anger-Crottendorf wohnhafter Restaurateur Kötzlich ohnmächtig zu Boden. Er wurde in einem Wagen nach Hause gefahren, verstarb aber unterwegs an einem Herzschlage. — Einige Stunden danach wurde in der Dörrienstraße ein Mann todt daliegend angetroffen. Der Todte wurde als ein hiesiger Buchdruckereibesitzer recognoscirt, dessen Leben gleichfalls ein Herzschlag ein Ende gemacht hatte. —* In der Alexanderstraße wurde ein 49 jähriger Postschaffner von einem Blutsturze befallen. Er wurde in seine in der genannten Straße gelegene Wohnung ge- chaft, wo er alsbald verstarb. 8 Krystall-Palast. Heute Montag findet das zweite Auf treten, der mit so großem Beifall aufgenommenen 10 Debüts statt. Taucha, 1. November. Das Ergebniß der Stadt- verordneten-Ergänzungswahl ist folgendes: Von den 269 wahlberechtigten Bürgern übten 191 ihr Wahlrecht aus; diese batten unter circa 20 aufgestellten Candidaten die Aus wahl. Gewählt wurden als ansässige Stadtverordnete die Herren Glasermeister Kühne zuu. mit 122, Fleischermeister Taubert mit 117, Kaufmann Mühlberg mit 92 Stimmen; als Vertreter der unansässigen Wähler ward Herr AmtS- gerichtssecretair Lemcke mit 153 Stimmen gewählt. Die Liste des hiesigen Arbeitervereins brachte es auf 12 resp. 13 Stimmen. * Rötha, 3l. October. Ein schwerer Unglücksfall er eignete sich am gestrigen Abend in der Familie des Hand arbeiters Brode hier dadurch, daß die Petroleumlampe explodirte und das 8jährige Töchterchen dabei derart schwer verbrannte, daß am Auskommen des Kindes gezweifelt wird. Die gleichfalls am Tische sitzenden übrigen Geschwister kamen zum Glück ohne Verletzung davon. e. Freiberg, 30. October. Heute Mittag 1 Uhr fand auf dem geschmückten Platze vor dem Hauptportal des Domes die Weihe der neuen Glocke statt. Die Weih rede hielt Herr Superint. Hässelbarth. Die Glocke hat ohne Klöppel ein Gewicht von 1607 kg- — In Crumbach wurde am Mittwoch Abend das Gut des Herrn Oekonom Lindner mit allen Erntevorräthen ein Raub der Flammen. I. Schneeberg, 31. October. Die große Wenzel'sche Papierfabrik in Neidhardtsthal, das sogenannte Schwefelwerk, wurde gestern Nachmittag von einem Brand unglücke betroffen, und zwar brannten die älteren Gebäude nieder, in welchen zwei Papiermaschinen standen, die natür lich gänzlich zerstört wurden. Ein neueres Gebäude mit einer weiteren Maschine konnte gerettet werden. l. Eibenstock, 31. October. Der hiesige Stadtrath bat an das Ministerium des Innern ein Gesuch um Errichtung einer Zweigabtheilung der königlichen Industrie schule zu Plauen in Eibenstock gerichtet. — Dresden, 31. October. Die Königin traf, wie bereits gemeldet, gestern Abend 8 Uhr 29 Minuten, von Sigmaringen kommend, hier ein und wurde auf dem Leipziger Bahnhofe von dem Könige begrüßt. Ferner waren zum Empfange erschienen: Frau Oberhofmeisterin v. Pflugk, Hof dame Gräfin v. Einsiedel, Oberhofmeister v. Malortie, und, im Gefolge Sr. Majestät, Flügeladjutant Major Freiherr v. d. Bussche-Streithorst. In der Begleitung der Königin kehrten Hofdamen Gräfin Reuttner von Weyl, Hoffräulein v. Nauendorff und Kammerberr v. Minckwitz nach Dresden zurück. Nach erfolgter Begrüßung begaben sich beide Majestäten nach Villa Strehlen.—Der Prinz JohannGeorg ist gestern Abend von der militairischen Uebungsreise nach Kiel rc. hier wieder eingetroffen, während die Frau Prinzessin Johann Georg heute Vormittag aus Stuttgart hierher zurückkehrte. — Gestern besuchte der Staatsminister vr. v. Seydewitz in Begleitung des Geh. Schulratbs vr. Vogel das Wettiner Gymnasium und wohnte verschiedenen Unterrichtsstunden in den beiden Oberprimen bei. — Die letzte aus dem Jahre 1866 herrührende Schanze Nr. IV, sogenannte Napoleons- Schanze, mitten im Areale der Societätsbrauerei Wald schlößchen gelegen, wurde der Direction der genannten Brauerei zurückgegeben. Letztere hatte dafür ein gleich großes Areal längs der alten Radeberger Straße an den ReichS- siscus abzutreten, sowie den früher für die erwähnte Schanze erhaltenen Kaufpreis in Höhe von 42,000 zurück zugewähren. Sport. Renne« z» Newmarket am SV. Lctober. The Old Cambrldge.hire Handicap von L 500. Dist. ca. 1800 m. Mr. I. C. Sullivan's F.-H. „Winkfield's", 3j., 47'/- l<8, 1-, Sir I. B. Maple's br. W. „Yorker", 3j., 41°/« 2., Duke of Westminster's br. H. „Rampton", 3j., 43'/, kx, 3. Neun Pferde liefe». — Grotzenhain, 30. October. Prinz Friedrich August tras heute gegen 11 Uhr hier ein, frühstückte mit seinem Adjutanten bei dem Rittmeister Gras Schulenburg vom Königshusarenregiment und traf nach 1 Uhr mit ca. 40 Herren an dem Uebergang der Berliner Bahn über die Priestewitzer Chaussee, südlich Großenhain- Zschieschen, wo die heutige Jagd des Großenhainer Par- sorcejagdvereinS angelegt wurde, zusammen. Es wurde zu nächst eine Schleppe von ca. 5000 m geritten und sodann rin Schwarzkittel ausgesetzt, welchen Lieutenant Argyropoulos vom Königshusarenregiment aushob, woraus Vertheilung der Bruche stattfand. Die Jagd bewegte sich Lurch den Hopfenbach über Zschauitz, Lenz nach Nauleis und bot zahlreiche schwere Hindernisse, infolge dessen daS Feld sehr weit auseinander gezogen ward. Se. königl. Hoheit begab sich nach Beendigung der Jagd nach Dresden zurück. Vermischtes. ---- Der falsche Audra«. Der Wochenchronist des „Wiener iremdenblatts" plaudert über folgenden heiteren Vorfall: Im /Heater in der Josesstadt rüstete man sich zum Empfange eines angesehenen Autors. Während einer vormittägigen Probe, die einer Neubesetzung galt, verbreitete sich plötzlich im Halbdunkel des Theatersaales das Gerücht, der Componist von „Toledad" Edmoud Audran, sei erschienen, um die in den Blättern so gerühmte Wiener Ausführung seines Werkes zu hören. Es mußte unbedingt Jemand zu Herrn Audran kommen, der in einer ver ersten Bänke des Parterres saß, und ihm, natürlich französisch, sagen: „Ich bin glücklich, den berühmten Componisten, der uns Alle durch sein jüngstes Werk entzückt bat, zu begrüßen . . ." u. s. w. Allein, es war im Wiener französischen Theater Niemaud da, der sich zu dieser französischen Begrüßung hätte entschließen können. Director Wild — jo hieß cs — sei heiser und könne deshalb nicht sprechen, der Secretair Schulhof aber sei noch nicht in Paris gewesen und könne daher noch nicht ordentlich „parliren". „Telephoniren Sie an Herrn Lson — rief der erfinderische Secretair in seiner Verlegenheit dem Diener der Directionscanzlei zu — oder, falls Sie ihn nicht treffen, an Baron Wald berg. Einer der beiden Herren soll sofort in einem Fiaker, den sie natürlich selbst be zahlen, ins Theater kommen und den Herrn Audran aus Französisch oegriißeu." Im nächsten Augenblick klingelte vas Telephon auf dem Schreibtische des Secrclairs. Es war Herr Victor LLo», der sprach: „Lieber Secretair! Ter Diener hat mir schon Alles gesagt, aber ich kann jetzt unmöglich abkommen. Aber wissen Sie was? Rusen Sie Fräulein Lou Brion, die spricht famos Französisch —." „Und ist doch deshalb, die Einzige, die bei uns französisch kann, ans Burglheater engagirt worden. Haben Sie denn gar kein Ge- dächtiiiß, lieber Leon?" „Nun so lassen Sie den Portier aus dem Hotel H. kommen, das in Ihrer nächsten Nähe liegt. Ter Mann war meines Wissens in seinen jungen Jahren Lausbursche in einem Pariser Vorstadthotel. Verbinden Sie mich dann mit ihm; ich werde ihn telephonisch für die Begrüßung abrichten. Er wird seine Sache gewiß vorzüglich machen." Es ver fingen einige Minuten, bis unter der gespannten Ausmerk- amkeit der im Halbdunkel des Zuschauerraumes. versammelten Schauspieler ein stattlicher Mann mit langem dunkeln Rock erschien. Mit seiner Rechten hielt der Mann eine Schildmütze mit breiter goldener Borte; er versteckte jedoch die Hand hinter dem Rücken, damit man die Mütze nicht lehe. Und der feierliche Mann trat aus die noch immer stumm dasitzende fremde Berühmtheit zu und agte, etwas ängstlich, im Todtenanjagertone: „3s suis beureux «Io suluer Io eouipositour Io plus cöiedro, gut nous a otmrmtz pur ses luslockies si ckouees . . ." Stach diesen Worten erhob sich der so Angejprochene und lachte laut aus. „Ich bin's ja gar nicht!" sagte er. „Der fremde Mann, dieser Audran, oder wie er heißt, ist neben mir g'sessen und ist mittlerweile fortgegangen, weil die Be grüßung so lange auf sich hat warten lassen. Mir lcheint, er war beleidigt, dieser Audran vorausgesetzt, daß er es wirklich war!" Tas bezweifelt man aber in unterrichteten Franzosenkreisen. Ein ialscher Audran hatte die unfranzösische Joiesstadt in Auf regung versetzt. ----o. Bauernregeln für November. Im November viel Naß, gebt den Wiesen viel Gras; Fällt früh im November das Laub zur Erden, wird darauf ein feiner Sommer werden; Wenn um Martini — 11. November — Nebel sind, wird der Winter meist gelind; Am Allerheiligen — 1. November — Sonnenschein, tritt noch Nachsommer ein; November-Morgenroth, stets mit Regen droht; Viel und langer Schnee, giebt viel Frucht und Klee; Blüh'n im November Bäume aufs neu, dann dauert der Winter bis zum Mai; Wenn die Gänse Martini auf dem Eise stehen, müssen sie zu Weihnacht im Schmutze gehn; Sanct MartinuS setzt mit Dank sich gern schon auf die Ofenbank; Sanct Kathrein — 25. November — stellt Geigen und Pfeifen ein; Kommt Leopold — 15. November — mit Winterkält, isls gut, wenn bald der Schnee einfällt, Man hat ihn lieber dürr als naß, so ists auch mit Sanct Andreas — 30. November; Der rechte Bauer weiß es Wohl, wie im November man wässern soll; Am Tage Allerheiligen soll die Kuh zu Stalle gehn. Literatur. Die Berlagshandlung von Ferdinand Schöningh in Paderborn kündigt soeben eine große illustrirte Pracht ausgabe von Webers „Dreizehnlinden" an, die, mit zwölf Heliogravüren und zahlreichen Vollbildern und Text-Illustrationen in Holzschnitt aus der Künstlerhand des Malers Carl Ricke lt in München versehen, in Folioformat in vornehmer Ausstattung binnen Kurzem erscheinen wird Der uns vorgelegte, mit großen Holzschnitt- Illustrationen ausgestattete Prospect läßt auf eine gediegene, wahr haft künstlerische Darstellung von tiefer Auffassung des Weber'jchen Meisterwerkes schließen. ** -i- * «- Bürgerliches Gesetzbuch für das deutsche Reich. Gemein- verständlich erläutert und mit Sachregister versehen von vr. jur. Werner Brandts, vormals Amtsrichter und Eisenbahn-Syn- dicus, Verlag von Emil Stock, Leipzig. Vollständig in 35 Bogen zum Preise von 3,50 in Ganzleinwand gebunden 4,20 eleganter Halbfranzband 5 — Der durch seine populären juristischen Abhandlungen, auch über den Entwurf deS Bürgerlichen Gesetzbuches in ganz Deutschland bekannt und beliebt gewordene Autor hat sich der besonders dankbaren Aufgabe unterzogen, hiermit eine wirklich praktische Ausgabe zu bieten, in welcher in Volks- thümlicher, aber nicht oberflächlicher Weise hauptsächlich diejenigen Gesetzes-Paragraphen erläutert werden, welche für daS Volksleben von Bedeutung sind. Außer dem Jnhaltsverzeichniß ist dem Werke am Schlüsse ein mit Rücksicht aus die Kreise, für welche es bestimmt ist, ganz besonders eingehendes und übersichtlich geordnetes, alpha- betisches Sachregister beiaegeben. Wenn auch das Gesetzbuch erst am 1. Januar 1900 in Kraft tritt, so ist dieser Termin so weit hinausgerückt worden, weil das deutsche Volk Zeit gebraucht, sich mit den vielen Neuerungen vertraut zu machen und besonders in familien- und erbrechtlicher Beziehung darauf einzurichten. * —, - >1» »si „Ttanley" von Paul Reichard, der 24. Band der bekannten Saininlung von Biographien „Geisleshelden" (Führende Geister), Verlag von Ernst Hofmann L Co. in Berlin 8>V 46, bietet uns eine eindringende, klar gefaßte Würdigung des englischen Forschers aus der Feder eines Deutschen, der selbst 5'/, Jahre im Dienste der Wissenschaft weit im Innern des afrikanischen Continentes zugebracht hat. Mit Sachkenntniß und Unbefangenheit wird der Verfasser den großen Gaben Stanley's gerecht. Lebendig schildert er den roman haften Lebenslauf des armen unehelichen Knaben, der sich durch seine Genialität, Zähigkeit und Thatkrast zu einem modernen Conquistador emporarbeitete. Stanley's Reise zur Auffindung Livingstone's, die Durchquerung Afrikas und die Congosahrt, die Begründung des Congostaates sowie die Emin-Pascha-Expedition biete» so zahlreiche spannende und interessante Momente, Laß auch die reifere Jugend das Lebensbild mit Antheil lesen wird. Alle Bewunderung für Stanley's unsterbliche Leistungen verblendet den Verfasser aber nicht in seinem sittlichen Urtheil über die unschönen, ja häßlichen Züge im Wesen und Charakter des Forschers. Licht und Schatten hat Reichard so gewissenhaft vertheilt, daß sein Werk als das lebens- treueste Bild von Stanley, als der zuverlässigste Bericht über dessen Wirken betrachtet werden darf. Vach Schluß öer Veüattion emgegangen. Li« in dieser Rubrik mitgelheNten, wahrend de» Druckt» eingelaufenni Telegramm« habe», wir schon »u« der Ueberschrift ersichtlich, der Redaktion nicht Vorgelegen. Vies« ist Mtht» siir Verstümmelungen und unverständlich« Wendung« nicht v«r» «»Noortlich »a machnü * Potsdam, 3t. October. Heute Nachmittag fand hier die Taufe der Tochter des Prinzen Carl Antou von Hohenzollern statt. Die Taufe vollzog der katholische Feldprobst der Armee V. Aßmann unter Assistenz de« katholischen Divisionspfarrers Hoffrichter. Die Prinzessin erhielt die Namen Maria, Antonietta, Wilhelmina, Victoria, Augusta. An der Feier nahmen Theil der Kaiser und die Kaiserin, die Gräfin von Flandern, der Fürst sowie der Erbprinz und die Erbprinzessin von Hohenzollern, ferner der Oberbof- und HauSmarschall Graf zn Eulenburg u. A. Nack der Taufe fand ein Diner zu 32 Gedecken statt. — Der Kaiser hat den Prinzen Karl Anton zum Rittmeister ernannt. * Wildparkftation, 31. October. Der Kaiser traf beute Morgen 8 Uhr mittels SonderzugeS hier ein. Tie Kaiserin war zum Empfange auf dem Babnhofc anwesend. Nach herzlicher Begrüßung und nachdem der Kaiser sich von seinem Gefolge verabschiedet hatte, begaben sich die Majestäten nach dem Neuen Palais. Prinz Heinrich, Weicker mit demselben Zuge angekommen war, fuhr 8 Uhr 10 Minuten Vormittags nack Kiel weiter. Jin Neuen Palais nahm der Kaiser um 9'/g Uhr ab die Vorträge der Cbefs des General stabes und des Militaircabincts entgegen und empfing dann um 12 Uhr den Reickskanzler und den Staatssecretair von Marschall und begab sich hierauf mit der Kaiserin nach Potsdam zur Taufe der Tochter des Prinzen Carl Anton von Hohenzollern. * Hamburg, 31. October. Die „Hamburger Nach richten" erwidern auf die Erklärung des „Reichs anzeigers": Die damaligen russisch-deutschen Verhand lungen sind keine strengsten Staatsgeheimnisse. Sie gehören der Geschichte und den Archiven an. Die Geheimhaltung war für Deutschland und den Dreibund kein Bedürfniß, sondern erfolgte lediglich aus russischen Wunsch. Im deutschen Interesse hätte die volle Veröffentlichung gelegen. Der ganzen Sache lag für uns kein Pudendum zu Grunde, sondern der berechtigte Anlaß für alle friedliebenden Reichs angehörigen, mit Genugtbuung auf den Vorgang zurück zublicken. Die Behauptung, die Veröffentlichung des Ab kommens sei eine Untreue gegen den Dreibund, ist völlig unwahr. Der Text des Dreibundes gewährt sogar Oesterreich die Neutralität im Falle eines Angriffs Frankreichs auf Deutschlands; auch ein unprovocirtcr Angriff Deutschlands auf Rußland ließe Oesterreich nach dem Dreibundvertrag neutral. Der ganze Dreibund in corpor« könnte, wenn Rußland bereit wäre, dasselbe Abkommen treffen, ohne auf seinen Hauptzweck zu verzichten. Das würde alle Friedensfreunde beruhigen. Wenn bei Rußland dieNeigung dazu vorhanden wäre, sei es zu empfehlen, noch heute den 1890 abgelehnten Vertrag zu erneuern. Unvoll ständiges ergänzen könne der „Reichsanzeiger" nur durch Veröffentlichung des ganzen Vertrages. Aber Falsches war in den Anführungen nicht enthalten. Diese Andeutungen geben den „Hamburger Nachrichten" die Berechtigung im nichtamtlichen Theil deS „Reichsanzeigers" eine Berichtigung im Sinne des Preßgesetzes zu verlangen. * Hamburg, 1. November. Ein Leitartikel im heutigen Morgenblatte der „Hamburger Nachrichten", betitelt „Vom russischen Vertrage", führt unter Anderem aus: Wir sind zu der ganzen Besprechung dieser Verhältnisse außer anderen Zwecken, über die wir Niemandem Auskunft schuldig sind, äußerlich nur durch die fortgesetzte Geschichtsfälschung veranlaßt worden, die von der klerikal-liberalen Presse, nicht ohne Beihilfe der officiösen, in der Richtung betrieben wird, die Regierung Wilhelm's I. und seines Kanzlers unehrlicher Weise für alle Uebel verantwortlich zu machen, über die jetzt nach verschiedenen Seiten hin geklagt wird, namentlich aber für den Abbruch der früheren günstigen Beziehungen zu Rußland, der die europäische Stellung des Deutschen Reiches sicher nicht bessert. * Flensburg, 31. Oktober. In der heutigen Verhand lung des Seeamtes über die am 8. September d. I. er folgte Strandung des dänischen Dampfers „Johann Siem" im Kaiser Wilhelm-Canal, wodurch der Canal vier Wochen gesperrt war, gab das Seeamt seinen Spruch dahin ab, daß der Unfall durch eine Reihe unglücklicher Zufälle herbeigeführt sei. Den Lootsen treffe kein Verschulden; wenn Taucher früher zur Stelle gewesen wären, hätte daS Sinken des Schiffes vermieden werden können. * GeestemünSe, 31. October. Die Minister vr. von Boetticher und Thielen, sowie zahlreiche zur Feier der Eröffnung des Fischereihafens geladene Ehrengäste sind heute Abend eingetroffen und vom Magistrat empfangen worden. Die Stadt ist mit Ehrenpforten und Guirlanden festlich geschmückt. <5 Gleiwitz, 1. November. (Privattelegramm.) Zu einer gemeinsamen Bekämpfung der großpolniscken Agitation in Oberschlesien wird hierher eine Versammlung von Ober schlesiern einberufen. * Coburg, 31. October. Der neugewählte gemein schaftliche Landtag für Coburg und Gotha setzt sich zu sammen aus 11 Freisinnigen, 7 Socialisten und 12 Mittel- parteilern. * Heilbronn a. Neckar, 1. November. Der von Heil bronn nach Hall fahrende Personenzug "Nr. 140 stieß gestern Abend zwischen 8 und 9 Uhr zwischen Weinsberg und Eschenau mit dem abgerissenen Theile eines vorausfabrenden Güterzuges zusammen. Der auf dem abgerissenen Zugtheile stehende Wagenwärter wurde getödtet, die beiden Führer und Heizer der zwei Maschinen des Personcnzugeö wurden schwer verletzt. Ein Heizer kam unter die erste Maschine, welche umstürzte, zu liegen; er ist wahrscheinlich todt. Der Materialschaden ist bedeutend. Beide Gleise der Strecke sind gesperrt. * Karlsruhe, 31. October. Eine in voriger Woche auf getretene leichte katarrhalische Affection des Großherzogs ist als beseitigt zu betrachten. Dagegen hat sich bei ihm in den letzten Tagen unter Fiebererscheinungeu ein schmerz hafter Absceß entwickelt, der gestern geöffnet wurde. Durch die Operation sind die Beschwerden des hohen Patienten wesentlich erleichtert und das Fieber gehoben worden. Der Erbgroßherzog ist zu kurzem Besuch auf Schloß Baden eingetroffen. * München, 31. October. Anläßlich seines morgigen Namensfestes verlieh der Prinz-Regent dem BudeSraths- bevollmächtigten Grafen Lerchenfeld-Köfering und dem Gesandten bei dem Vatican Freiherrn von Cetto den Michaels-Orden 1. Cl., dem Universitätsprofessor Anger er - München und dem Präsidenten der Münckener Künstler genossenschaft, Maler Bnergel, den Michaels-Orden 4. Cl. Dem Reichsrath Grafen Preysing und dem General director der Zölle May wurde das Prädikat Excellenz, dem Director der Pfälzischen Eisenbahnen, La vale, der Titel Geheimer Rath, dem preußischen Hofmaler Wimmer und dem Bildhauer Wader« der Titel Professor verliehen. * München, 31. October. In dem Habererproceß verurtheilte heute das hiesige Landgericht den Bürgermeister Steingräber von Sauerlach zu 3 Jahren, den Angeklagten Killi zu 2 Jahren 9 Monaten, 2 Angeklagte zu je 2 Jahren und 45 Angeklagte zu 1»/« Jahren bis 3'/, Monaten Ge- fängniß. 3 Angeklagte wurden freigesprochen. * München, 31. October. Der LuitpoldPreiS für eine deutsche Oper wurde keiner der 98 eingesandten Arbeiten zuerkannt und zwischen den relativ besten Opern „Theuerdank" von Ludwig Thnille-München, „der tolle Eberstein" von Arthur Kinnemann-Mährisch-Ostrau und „Sarema" von Alexander ZemlinSky-Wien getheilt. * Wien, 31. October. Der Kaiser empfing heute den diesseitigen Botschafter am Berliner Hofe v. Szögysny in Audienz. — Die Gräfin von Paris ist mit ihren Töchtern Isabella und Louise, sowie dem Herzog von Montpensier an läßlich der am 5. d. M. statlfindende» Vermählung der Erz herzogin Maria Dorothea mit dem Herzog Philipp von Orleans heute früh auS Zürich hier eingetrossen. — Der „Wiener Zeitung" zufolge wurde der "icrreickisch-ungarische Generalconsul Filtsch von Berlin nach Genu? der Eonsul
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