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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 05.05.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189305050
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18930505
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18930505
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-05
- Tag1893-05-05
- Monat1893-05
- Jahr1893
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 05.05.1893
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Riesaer D Tageblatt Freitag, 5. Mai 1893, Abends mißverstanden wäre», nichts an der Kaiser Wilhelm dem Cardinal vor sie daß sprach in eine einfache Formel zu fassen, sage ich: wenn es zu Neuwahlen kommen wird, so wird unsere Wahlparole der Antrag Huene sein. (Lebhafter Beifall.) Abg. Freiherr v. Stumm bestreitet, daß die Rechnungen der Regierung über die Deckungsmittel nicht richtig seien. Die Kosten der Militärausgaben pro Kopf der Bevölkerung seien bei uns geringer als bei den anderen Großmächten. Das Land werde die Mehrlasten gern übernehmen als eine Versicherungs prämie für die Erhaltung des Friedens. Seine Partei werde für den Antrag Huene stimmen, wenn sie es auch bedauere, daß dann die Kavallerie nicht so vermehrt werde, wie durch die Regierungsvorlage. Abg. Bebel erinnerte daran, wie gerade seine Partei stets die Aussöhnung mit Frankreich erstrebt habe. Als Sozialdemokraten hätten sie aber das größte Interesse an der Integrität Deutschlands. Wenn dieses in einem Kriege unterläge, würde die Erreichung der sozialistischen Ziele auf lange Zeit unmöglich sein. Die breiten Vvlksmasscn seien jedoch nicht mehr gewillt, weitere Lasten auf die Schultern zu nehmen. Wenn die Neuwahlen kein der Regierung ge nehmes Resultat ergeben, dann werde die Frage der Ab schaffung des allgemeinen Stimmrechts kommen, aber der Revolution von oben könne leicht eine Revolution von unten folgen. In riesigem Maßstabe seien die militärischen Lasten in den letzten 20 Jahren gewachsen. Redner verthcidigte sodann das Milizsystem, welches weniger aus militärischen als aus politischen Gründen von dessen Gegnern verworfen werde. Seine Partei sei gegen jedes Privileg; sie wolle, daß jeder Waffenfähige auch wirklich die Waffe» trage und das Milizsystem auf weniger als die Hälfte herabsetzen. Bebel schloß, der gegenwärtige Militarismus widerspreche vollständig der kulturellen Entwickelung ; er sei überzeugt, bei Neuwahlen würden die deutschen Volksmassen diese An schauung ebenfalls zum Ausdruck bringen. Sodann ward die Sitzung auf heule vertagt. Tas Riemer Tageblatt erscheint jeden Tag Abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljährlicher Bezugspreis bei Abholung m den Expeditionen in Mesa und Strehla', den Ausgabestellen, sowie am Schalter der kaiserl. Postanstalten 1 Mark 28 Ps., durch die Träger frei ins Haus 1 Mark 5V Pf., durch den Briefträger frei tns Haus 1 Mark 65 Pf. Anzrtgen-Anaahme für die Nummer j des Ausgabetages bis Vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Rieia. — Geschäftsstelle: Kastanienstraße 59. — Für die Redaction verantwortlich: Hcrm. Schmidt in Riesa. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Mit Bezug auf die Heimkehr des Kaisers wird der „T. R." geschrieben: Auf die Benach- richtigung, daß das Ende der zweiten Lesung vielleicht schon auf den 4. oder 5. Mai fallen könne, hatte der Kaiser tele graphisch seinen Entschluß kundgegeben, die Reise abzukürzen, um bei der Entscheidung in Berlin anwesend zu sein. Dies geschah noch in der Aussicht, daß kein Ausgleichsantrag zu Stande komme und daher die Auflösung erfolgen müsse. Dann trat am Sonntag und Montag die Wendung ein, der Compromiß wurde vorläufig vereinbart, bis am Dienstag die Genehmigung der vom Reichskanzler im Einverständniß mit dem Kriegsminister unternommenen Schritte und die Allerhöchste Billigung des Ausgleichs eintraf. Der Kaiser stimmt also mit dem Reichskanzler vollständig überein, sowohl was die etwaige Nothwendigkeit der Auflösung betrifft, als auch in Bezug auf die letzten Versuche, sie vielleicht doch noch durch eine Verständigung mit der Mehrheit des Reichstages vermeiden zu können. — Der Kaiser hat, wie wir erfahren, gestern Nacht nach 1 Uhr, unmittelbar nach seiner Ankunft, dem Reichskanzler einen Besuch gemacht und längere Zeit mit ihm conferirt. Gestern Vormittag wurde Graf Caprivi vom Monarchen wiederum zu längerem Vortrage empfangen. Gestern Abend sollte bei dem Reichskanzler ein Mahl statt finden, zu welchem die Minister, Staatssecretäre und einige Parlamentarier geladen sind. Mehrfach wird angenommen, daß auch der Kaiser daran Theil nehmen wird. Die „Köln. Volksztg." nimmt jetzt selbst ihre Angaben über die Aeußerungen des Kaisers zu dem Cardinal Ledo- chowSki zurück. In einer Zuschrift aus Rom an das Blatt wird bemerkt: „Wenn gewisse vom Kaiser an den Cardinal gerichtete verbindliche Begrüßungsworte von Anwesenden in der von der „K. Volksztg." gemeldeten Form verstanden worden waren, so kann dies einerseits nicht Wunder nehmen, andererseits, falls Lhatsache ändern, dem Kaiserlichen Hose eine Geuuglhuung gegeben har." Man sieht, der Stolz der Römlinge ist durch den Besuch des Kaisers beim Papst gewaltig gehoben worden. Der Freisinnige Verein für Leipzig und Umgegend gab in seiner Mitlwochssitzung, die außerordentlich stark besucht war, seiner Entrüstung Ausdruck über den Umfall der Ab- geordneten Hinze, Alex. Meyer, Rickert usw. in Sachen der Milirärvorlage, und faßte nach äußerst lebhafter Debatte Oertliches im» Sächsisches. Riesa, 5. Mai 1893. — Vorgestern unternahmen beide hiesige städtische Kollegien fast vollzählig den geplanten Auspflug nach Meißen. Die Abfahrt erfolgte bei herrlichstem Wetter mit dem zweiten Schiff früh 7 Uhr 10 Minuten. Gegen »/4I0 Uhr in der rebenumrankten, altberühmtcn Stadt bei bestem Humor angekommen und nach der Landung von dem Ober meister der dortigen Flcischerinnung, Herrn Flcischermeistcr Wilhelm Lippert, freundlichst begrüßt, begab man sich sofort in den der Flerschcrinnnng angehörcnden, vor zwei Jahren ncuerbaulen Schlachthof, um daselbst unter Führung der Herren Obermeister Lippert und Schlachthoflhierarzr Uder die gesammlen Anlagen des SchlachthofeS, Ställe, Schlacht häuser, Kühlanlagen, das Maschinenhaus, die Anlage für Eiserzeugung, die Räume für die Fleischbeschau und die Trichinenuntersuchung rc. zu besichtigen. Besonderes Interesse einstimmig folgende Resolution, die dem Abgeordneten Eugen Richter sofort auf telegraphischem Wege übermittelt wurde: „In Anbetracht der schweren Schädigung, die unser Volk durch die Bewilligung der Kosten der Militärvorlage erleidet, und in Anbetracht des Vertrauensbruches den freisinnigen Wählern gegenüber, welchen die Herren Hinze, Alexander Meyer, Rickert und Genossen sich haben zu Schulden kommen lassen, in Anbetracht ferner der rücksichtslosen Hintansetzung und Verleugnung der freisinnigen Anschauungen und der schweren Gefährdung der Ehre und des Ansehens der Partei von Seiten der genannten Herren, beschließt in der Sitzung vom heutigen Abend der freisinnige Verein zu Leipzig und Umgegend, empört über solche Handlungsweise, die Reichs- tagsfraction zu ersuchen, die Herren aus der Partei hinaus zustoßen." (!!) Die crnservative Reichstagsfraction trat am Mittwoch Abend zusammen, um zur Mmrärvorlage endgilug Stellung zu nehmen. In der Debatte ergriffen, der „N. Pr. Zig." zufolge, das Wort u. A. Graf Kleist, Ackermann, Frhr. v. Hammerstein, v. d. Schulenburg, .Frhr. v. Friesen. Die Ausführungen geben im Allgemeinen zwar der Regierungs vorlage den Vorzug, gipfelten aber in den Wünschen, dem Antrag Huene zuzustimmen, falls die Regierungsvorlage zunächst zur Abstimmung gelange. Der Präsident v. Levetzow, welcher unterdessen erschienen war, stellte als wahrscheinlich in Aussicht, daß er die Regierungsvorlage zuerst zur Ab stimmung bringen werde. Als Fractionsredner wurde Frhr. v. Manteuffel bestimmt. Außerdem werden Frhr. v. Ham merstein und v. Helldorff sprechen. Wem die schwankende Haltung der bürgerlichen und der clericalen Demokratie gegenüber der Militärvorlage am meisten Behagen bereitet und wer darauf schon jetzt die schönsten Zukunftspläne baut, zeigt in sehr belebender Form der heutige Leitartikel des socialdemokratischen „Vorwärts", der mit folgenden Worten schließt: „Für uns ist der Weg vorgezeichnet. Wie immer der gegenwärtige Act der Comödie endigen möge, die deutsche Socialdemokratie weiß, was sie zu thun hat und das deutsche Volk wird seine Vertreter scharf überwachen, die Berräther unerbittlich zur Rechenschaft ziehen. Die nächsten Wahlen — gleichviel ob sie jetzt sofort stattfindrn oder erst nach anderthalb Jahren — sie werden den Verräthern ein großes Strafgericht sein, und als An klägerin wird walten und das Urtheil wird vollstrecken die „vernichtete" Socialdemokratie." Dem Reichstage ging ein vom Abg. Ackermann und Genossen beantragter Entwurf eines neuen ReichSmünzgesetzes zu, wonach an Stelle der Goldwährung eine Gold- und Sllberwährung treten soll. Das Gewicht und der Feingehalt der Gold- und Silbermünzen bleiben unverändert. Das Fünf-, das Zwei- und das Einmarkstück, sowie die Fünfzig- Pfennig-Stücke werden für vollgiltige Reichsmünzen erklärt. Oesterreich. In Prag wurden am Mittwoch Abend gegen die Fenster des deutschen Casinos von unbekannten Personen Steine geschleudert. Die herbeigerufene Polizei vertrieb die angesammelte Menge und nahm einige Ver haftungen vor. — Die Bezirkshauptmannschaft von G.-blonz verurcheilte 103 Arbeiter der Firma Hoffmann u. Söhne zu 2—3 Tagen Arrest wegen Contractbruches (Feiern am 1. Mai). — In Wien haben gegen 200 Arbeiter der Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschafl wegen nicht bewilligter Lohnerhöhung die Arbeit eingestellt. Bom Reichstag. Der Reichstag schwebt immer noch zwischen Leben und Sterben, die erwartete Entscheidung hat auch der gestrige Tag nicht gebracht. Bei dicht besetzten Tribünen wurde gestern i» Sachen der Militärvorlage weiter geschachert. Abg. Richter führte aus, er wolle sich lediglich auf den Antrag des Abg. v. Huene beschränken, der allein praktisch in Frage komme. Er bespricht die Unterschiede des freisinnigen Antrags gegen über dem Antrag des Abg. v. Huene. Der Hauplunterschied beider Anträge liege in der Höhe der Präsenzstärke. Abg. v. Huene bewilligt der Regierungsvorlage. So eingehend wie in der Commission seien militärische Angelegenheiten noch nickt besprochen worden. Daraus erklärte sich die lange Dauer der Verhandlungen. Die Art, wie der Reichskanzler die Anlvrität der Generale in den Vordergrund stellte, ist die Negation des Parlamentarismus. (Zustimmung links.) Ist denn Deutschland so schwach, wie das kleine Preußen im Anfang des Jahrhunderts oder wie das einstige deutsche Reich mit seiner Reißausarmee? Die deutsche Armee ist heute dreimal so stark wie 1870. Wenn von dieser Vorlage die Erhaltung des Friedens abhinge, müßten unsere Feinde sofort nach der Annahme der Vorlage über uns herfallen. Noch keinem Parlamente wurde angesonnen, in einem Jahre eine solche Vermehrung des Heeres zu bewilligen. Die Musterungsbehörden haben für den Zweck dieser Vorlage zu gut gearbeitet. In den Geldbewilligungen für die Kultur aufgaben sind wir in beschämender Weise hinter den anderen Staaten zurück. Was nützt dem Patrioten das Gewehr, wenn er nichts zu essen har ? (Zustimmung links), wenn er keine Kleider, keine Schuhe Hal? (Lebhafter Widerspruch rechts.) Die Vorlage bezweckt nicht die Vermehrung der Äriegsarmce, sondern die Kriegsbereitschaft. Frankreichs Kriegsbereitschaft ist geringer als die unsere. Durch Annahme des Antrages Huene ivürden wir Frankreich nicht nur gleich, sondern sogar stärker. In Rußland beträgt die Militärlast nur die Hälfte der unseren auf den Kopf der Bevölkerung. Der Antrag Huene verlange 55 Millionen Mehrausgaben, mit den Kasernenbautcn jedoch mindestens 106 Millionen. Wenn die Vorlage Gesetz wird, treiben wir geradeswegs in die Monopolwirthschaft. Der Patriotismus der Konserva tiven wäre anerkennungswerth, wenn die Großgrundbesitzer die Liebesgabe der Brenner (große Unruhe und Lachen rechts) auf den Altar des Vaterlandes legen wollten, in einem Augenblick, wo es sich um die Ehre und das Dasein des Vaterlandes handelt. (Beifall links.) Statt dessen schließen sie einen Bund für die Vertheuerung der Lebensmittel. (Unruhe und Widerspruch rechts, Zustimmung links.) Die fortgesetzte Beunruhigung in Friedenszeiten durch Steuer-, Polizei- und Militärgesetze erschüttert den Unternehmungsgeist. Das Ansehen des Reichstages würde sicher nicht gewinnen durch die Annahme der Vorlage. Meine Freunde meinen nie patriotischer gehandelt zu Haven als in dem Augenblicke, wo sie diese Vorlage ablehnen. (Beifall links. Widerspruch rechts.) Reichskanzler Graf vonCaprivi: Die Regierung kann dem Abg. v. Huene nur Dank wissen, der so mannhaft in der eignen Fraktion für die Vorlage eingetreten ist. (Beifall rechts.) Wenn der Abg. Richter abfällig über die Offensive urtheilt, so möchte ich doch daran erinnern, was ein Krieg im eigenen Lande bedeutet. Auch die eigenen Trup pen würden sich sehr unliebsam bemerkbar machen. Das Wohl des Staates erfordert dann ein rücksichtsloses Vorgehen. Die Truppen müßten requiriren und Werthe ohne Schonung zerstören. Die Behauptungen des Abg. Richter bezüglich Frankreichs und Englands dürften noch nachzuweisen sein. Der Reichskanzler weist ziffermäßig nach, daß Deutschland bezüglich der Militärlasten verhältnißmäßig besser daran ist, wie irgend ein anderes Land. Abg. Richter hat mit einer nicht mißzuverstehenden Spitze auf die Veränderungen seit 1888 hingewiesen. 1888 waren noch Fürst Bismarck und Graf Moltke im Amt. Also müßten diese doch auch wesent lich an dem Umschwung dxr Verhältnisse betheiligt gewesen sein. Aber der Abg. Richter denkt nicht an die Achtung vor den Traditionen einer Familie, die so pietätvoll, wie die Hohenzollern, die Vergangenheit und ihre Ahnen ehrt und niemals leichtfertig mit Traditionen bricht. Der Reichskanzler Graf von Caprivi schließt: Er habe gestern gesagt, bei den Neuwahlen würde die Regierung es sich vorbehalten, die gemachten Konzessionen zurückzunchmen. Ich kann heute er klären, daß wir das nicht thun werden und um diesen Aus und Anzeiger (Elbeblatt Nil- Anzeiger). Telegramm-Adresse 4 4 Fenrsprechstelle „Tageblatt", Riesa. L, S V 4 U- 4 Nr. 20. der König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, des Königl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa .i.° 103. Freitaa. L. Mai 1893. Abends. 46. Jahr«
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