Suche löschen...
Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189311273
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18931127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18931127
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-11
- Tag1893-11-27
- Monat1893-11
- Jahr1893
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1893
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Riesaer K Tageblatt Frrnsprechstell« Nr. 20 und Anzeiger Wetlall und Anzeiger). Amtsblatt ver König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, des Königl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. 27s. Montag, 27. November 18S3, Abends. 4«. Jahrg Tas Nicjaci Tageblatt erscheint jede» Tag Abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljährlicher Bezugspreis bei Abholung in den Expeditionen in Riesa und «Irehla, den Ausgabestellen, sowie am Schalter der kaiierl. Postanstalten 1 Mark 25 Pf., durch die Träger frei ins Haus 1 Mark 50 Ps., durch den Briefträger frei i»S Haus 1 Mark 65 Pf. Anzcigcn-Annahmc sür die Nummer dcS Ausgabetages bis Bonnittag 9 Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer k Winterlich In Riesa. — Geschäftsstelle: Kastanienslrnste 59. — Für die Redaktion verantwortlich: Herm. Schmidt in Riesa. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Rainen Aranz Gustav Walther eingetragene Haus grundstück, Folium 1045 des Grundbuchs für Riesa, Nr. 213 «bth. des Brandcatasters, Nr. 1555 a des Flurbuchs, nach dem letzteren — las 13,6 a groß, mit 315,32 Steuereinheiten belegt, geschätzt auf 34 635 Mk. — soll an hiesiger Gerichtsstelle zwangsweise versteigert werden und es ist der 7. Dezember 1893, Vormittags 10 Uhr als Versteigerungstcrmin, sowie der 20. Dezember 1893, Vormittags 10 Uhr als Termin zn Verkündung des Bertheilnngsplans anberaumt worden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Nangsverhältnisses kann in dec Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Riesa, am 17. Oktober 1893. Königliches Amtsgericht. Heldner. Tagesgeschichte. * Reichstagsauflösnng und Kanzlerwechsel können die Folgen sein, ivenn — wie es den Anschein gewinnt — die Mehr heit des Reichstags den von der Reichsregicrung abgeschlossenen Handelsverträgen mit Rumänien, Serbien und Spanien ihre Zustimmung versagt. Besonders scheint der rumänische Handelsvertrag gefährdet, da nicht nur die Konservativen säst in ihrer Gesammtheit, sondern auch ein Theil der Freikonser- vatwen, vielleicht die Hälfte des Zentrums, eine Gruppe Naticnallibcraler und die Bvckel-Zimmermannsche deutsche Reformpartei (12 Mitglieder) dagegen zu stimmen entschlossen sind. Selbstverständlich ist es die Herabsetzung des Korn- zolls, was so böses Blut macht, aber ohne diese Herabsetzung wäre so wenig mit Oesterreich-Ungarn, wie mir Rumänien und Serbien, noch auch zuletzt mit Rußland der Abschluß von Handelsverträgen möglich. Dieses deutsche Zugeständnis ist der Eckpfeiler sämmtlicher Verträge mit den genannten Staaten, die sämmtlich Getreide nach Deutschland einführen und deshalb an einem niedrigen Zoll lebhaft interessirl sind. — Die Reichsregierung hat insofern einen schweren Stand, als sie in dieser Frage ihre sonstigen Gegner zu Freunden, ihre sonstigen Anhänger zu heftigen Gegnern hat. Würde auch nur einer der Verträge abgelehnt, so müßte — wenn wir eine parlamentarische Regierung hätten — der Reichs kanzler zurücktreten, worauf auch wohl von einem Thrile der Regierungsgegner in diesem Falle spekulirt wird. Indessen hat der Reichskanzler ausdrücklich erklärt, daß er in voller Uebereinstimmung mit seinem kaiserlichen Herrn gehandelt habe, und so wenig eine solche Berufung auf den unver antwortlichen Souverän wünschenswerth erscheinen mag, so gicbt sie doch einen Fingerzeig dafür, daß dcr Reichskanzler gewiß nicht seinen Rücktritt zu nehmen braucht, auch wenn die Reichstagsmehrheit in Sachen der Handelsvertäge gegen ihn stimmte. — Es braucht in dieser Beziehung nur daran erinnert zu werden, daß der Kaiser das Zustandekommen der Handelsverträge mit Oesterreich-Ungarn und Italien, die auf den gleichen Prinzipien, wie die neuen Verträge be ruhen, in öffentlicher Rede als eine staatsmännische Großthat des Reichskanzlers von Caprivi feierte und diesem als An erkennung dafür den Grafentitel verlieh. — Die neuen Handelsverträge, die jetzt dem Reichstage zur Gutheißung vorliegen, sind nur eine logische Folge der früheren, eine direkte Fortsetzung der einmal eingeschlagenen Handelspolitik, und es entspricht nicht der Eigenart des Kaisers, im Falle eines parlamentarischen Mißerfolges seines Ministers diesen zu entlassen. Weit eher würde der Reichstag aufgelöst werden, um zu einer den Handelsverträgen freundlich ge sinnten Mehrheit zu gelangen. Der Wahlkampf, der sich nach einer Reichstagsauflösung aus dem Grunde der Handels vertragsablehnung entspinnen müßte, würde allerdings in der parlamentarischen Geschichte Deutschlands einzig dastehen, indem die Regierung den Sieg ihren sonstigen Gegnern wünschen müßte. Einen Vorgeschmack von solchem Kampf empfindet man, wenn man folgenden Satz liest: „Wir müssen den Handels vertrag mit Oesterreich und Italien zerreißen und wenn'S mit dem Schwert in der Faust sein muß." Es ist nicht ein Organ dcr äußersten Linken, sondern im Gegentheil: der äußersten Rechten, die „Kreuzztg." nämlich, das eine solche Sprache führt. — Die deutsche Politik hat sich immer durch Stetigkeit ausgezeichnet. Seit Gründung des Reiches bis nach dem Regierungsantritt des jetzigen Kaisers hatten wir einen Reichskanzler, während dessen die Regierung in Frank reich vierundzwanzig Mal gewechselt hat. Seit Bismarcks Rücktritt (oder „Entlassung", wie der Alte im Sachsenwalde cs bezeichnet), steht Graf Caprivi an der Spitze der Ge schäfte, ein Mann, der von sich selber sagte, daß unter ihm die Politik „langweilig" werden würde, da er ihr leinen großartigen Stil geben will oder kann und daß er als Soldat nur darauf bedacht ist, den Willen seines Vorgesetzten streng und pünktlich zu erfüllen, jenes Vorgesetzten, von dem Fürst Bismarck einst im preußischen Hcrrcnhause äußerte, er werde „sein eigener Kanzler" sein. Aus eine Entlassung des Grafen Caprivi zu rechnen ist also eine total verfehlte Lpekulauon. — Mit den Dingen, wie sie sich entwickeln könne >, muß gerechnet werden; denn sollte auch die Regirung durch Reichstagsauflösung und Neuwahlen eine Mehrheit für die Handelsverträge erzielen, so wäre eben diese Mehrheit für die neuen Sleuergcsctze sicherlich nicht zu haben. Was dann? Deutsches Reich. Nach einer Bestimmung des Kaisers haben die obersten Verwaltungsbeamten in den deutschen Schutzgebieten von Togo, Südwest-Afrika und den Marschall-Inseln an Stelle des Titels „kaiserlicher Commissar" fortan Len Titel „kaiserlicher Landeshauptmann zu führen. Die Erträge der dem Reichstage vorgcschlagenen neuen Steuern werden in den Gesetzentwürfen veranschlagt wie folgt: 4 400 000 45 000000 Mk. 12 738 730 - 4 544 848 - Actien rc. Kauf- u. Anschaffungsgeschäfte 11000000 Loterielose 5 400 000 Quittungen 6 500000 Checks 650000 Frachtpapiere 8 500 000 Tabaksteuer mehr als bisher Lseinsteuer 1) Naturwein 2) Schaumwein Stempelsteuer mehr 1) für ' 2) - 3) - 4) - 5) - 6) - Zusammen 98 733 578 Mk. Die freisinnige Volkrpartei hat im Reichstage drei neue Anträge eingebracht und zwar auf Einführung des allgemeinen, gleichen und directen Wahlrechtes in allen deutschen Volks vertretungen, auf Neueintheilung der Wahlkreise und Neu- regelung des Vereins- und Versammlungsrechtes. Am 25. d. treten in Berlin aus Veranlassung des preuß. Handelsministers die Ober- und Regierungs-Präsidenten der Provinzen Ost- und Westpreußen, Pommern mit Schleswig. Holstein mit Vertretern von Handel und Industrie aus den preußischen Ostseehafenstädten zusammen, um über den vor aussichtlichen Einfluß des Nord-Ostsee-Canals nach seiner Fertigstellung auf die Ostseehäfen zu besprechen. Insbesondere soll die Frage in Berathung gezogen werden, ob und welche Vorkehrungen getroffen werden können, um den Nord-Ostsee- Canal sür die Entwickelung der preußischen Ostseehäfen nutzbar zu machen. Die Folgen der schlechten Finanzlage der Einzelstaatcn, die im Falle des Scheiterns der Reichssteuerreform sich noch weit bedenklicher gestalten würde, treten auch in Mecklenburg zu Tage. Der Landtag wurde bei seiner Eröffnung mit der Kunde überrascht, daß statt der bisher üblichen 7 oder 8 Zehntel der Landesstcuer (des „EdicteS") 13 Zehntel erhoben werden müßten wegen des starken Anwachsens dcr Matri- cularbeiträge und der zweifelhaften Aussichten der Reichs steuerreform. Die antisemitische deutsche Reformpartei des Reichstags, der auch Dr. Paul Förster als Hospitant beigetreten ist, hat den Beschluß gefaßt, geschlossen gegen die Handelsvorlräge zu stimmen. Die Abstimmung über den Jesuitenantrag wurde den einzelnen Mitgliedern anheimgestellt. Ueber die Stellung der Reformpartei zu den Steuervorlagen sprach ihr Führer Dr. Böckel in einer Berliner Volksversammlung. Die Reformpartei werde die Tabakfabrikatsteuer ganz entschieden ablehnen. An ihrer Stelle schlägt die Partei eine Wehr steuer und eine Börsensteurr vor, die beide den Mittelstand nicht treffen. Bezüglich der vorgeschlagenen Weinsteuer wird die Partei eine Abänderung verlangen und zwar dahin, daß ' auf die theuren Sorten eine Flaschensteucr gelegt wird. In erster Linie aber wird die Reformpartei den Ausbau der Börsensteuer verlangen. Wie mail schon vielfach ahnte, ist dcr Börse ein Helfer erstanden im sozialdemokratischen „Vorwärts". Das edle Organ erklärt sich in einem sehr gewundenen Artikel gegen die Börsensteuer, weil die Sozialdemokratie dem herrschenden Milicärsystem alle Mittel verweigere, gleichviel aus welcher Quelle diese Mittel entnommen werden. In schwerer Be- sorgniß um die Börse schreibt das Blatt dann: „Große Börscn-Transaktionen, deren Solivität und Reellität, soweit dieser Begriff bei der Börse überhaupt zutrifft, unantastbar ist, werden sich in Folge dcr Steuererhöhung aus Deutsch land zurückziehen; ein nicht unwichtiger Zweig des allge meinen Handelsverkehrs, das Arbitragegeschäft, wird zerstört werden. Die Steuer auf die Börsenumsätze wird von den Bankiers auf ihre Kommittenten abgewäizt, sie belastet somit nicht die Börse, sondern das Publikuni, und kennzeichnet sich daher als eine Erschwerung und Einengung des Verkehrs. Deshalb aus prinzipiellen und praktischen Gründen, wegen des Zweckes und der Wirkung — sind wir gegen die Börjensteuer." Man meint in der That ein jüdisches Börsen blatt zu hören! Besser konnte das Blatt nicht beweisen, daß es und die Partei unter jüdischer Fuchtel steht. Vom Reichstag. Zu Beginn der Sonnabendsitzung des Reichstages war. zunächst Graf Herbert Bismarck der Gegenstand der Aufmerksamkeit. Sowie er in dem Hause erschien, drängten sich zahlreich seine Freunde dazu, ihn zur Gebubt seines Töchterleins zu beglückwünschen. Diese familiäre Scene wich aber bald dem Ernste des parlamentarischen Kampfes. Der Erste, der diesmal sprach, war wieder ein Konservativer, Freiherr v. Hammerstein. Der Ches der .Kreuzztg." zieh den Grafen Caprivi allzu starker persön licher Empfindlichkeit, und dann wies er nach, daß die agra rische Bewegung gar nicht so neuen Datums, sondern schon 1876 durch die Steuer- und Wirthschaftsreformer ins Leben gerufen sei. Staatssekretär Freiherr v. Marschall nahm darauf das Wort, um festzuuellen, daß auch dieser Vierte aus dcr Reihe der Gegner nicht habe Nachweisen können, wo denn bei den Verträgen die schwere Schädigung der Land- wirthschaft zu finden sei, und er setzte nunmehr seine ganze Hoffnung darauf, daß mans ihm in der Kommission aus- emanberjctzcn werde. Herr Ham macher sprach noch ein nationalliberales Wort zu Gunsten dcr Verträge: man dürfe nicht bloß, um den Austausch der Werthe richtig zu bemessen die Ein- und Ausfuhrziffern nehmen, sondern müsse auch die internationale Zahlungsbilanz berücksichtigen; das deutsche Geld, das sich im Auslande verzinse, müsse man durch An nahme der Verträge schützen. Herr v. Kardorff von der Reichspartei ergänzte, was am Tage vorher sein Fractions- genosse Freiherr v. Stumm zu Gunsten dcr Landwirthschaft gesagt, und rühmte Frankreich, das durch die staatliche Für sorge für den Ackerbau wirthschaftlich blühe. Es folgten noch Herr Meyer-Halle von der freisinnigen Vereinigung, bei dem sich den Herbst über eine Fluth von Witz und Pathos aufgesammelt, die er nun freigebig zu Gunsten der Vorlage ausgoß; Herr Abg. Dr. Böckel (Antisemit) erklärte, seine Partei werde gegen die Handelsverträge stimmen, weil die selben die Landwirthschaft schädigen. Die Regierung möchte an die Frage herantreten, wie die Verschuldung des Grund besitzes zu beseitigen resp. zu mildern fei. Man müsse sehen, wie die Bureaukratie vom Landrath bis zum Gendarm die Bauern schinde. (Präsident v. Leoetzow ruft dem jRedner wegen dieser Aeußerung zur Ordnung.) Wir seien auf bestem Wege, den Bauernstand zu verlieren. Industrielle und Bankiers kauften die Bauern aus. Aus die Nothlage der Landwirthschaft müsse man fortgesetzt die Aufmerksamkeit lenken. Herr von Dziembowski (Pole) führte aus, die Hauptursache dcr Nothlage der Landwirthschaft in den öst-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite