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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 01.12.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189312016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18931201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18931201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-12
- Tag1893-12-01
- Monat1893-12
- Jahr1893
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 01.12.1893
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Auch in diesem Falle haben die Abonnenten den Schaden, mchl die Inserenten, welche doch getroffen werden sollen. Die Methode, den Sack zu schlagen, während man den Esel meint, ist aber für die Steuerpolitik unverwendbar. In der That finden wir, daß die Jnseratensteuer so- ' wohl m der Theorie als in der Praxis unoedingt verworfen wird. In England, wo sie eine Zeu lang bestand, hat man sie im Jahre 1853, in Oesterreich 1874 aufheben müssen. Dieser praktischen Verurtheilung schließt sich die theoretische rückhaltlos an. Roscher (Lehrbuch der Finanzwissenschast) betont besonders, daß gerade neue, also noch wenig steuer kräftige Unternehmungen der Annoncen am meisten bedürfen. Knies in Heidelberg bezeichnet die Steuer in seinen Vor lesungen über Finanzwissenschaft als falsch, da auch solche davon getroffen würden, welche die Annonce nicht zum Gewinn benutzen. In Bluntschli's Staatswörterbuch warnt Brater davor, den Unbemittelten die Benutzung eines unersetzlichen Bildungsmittels zu erschweren; Geheimer Oberrechnungsrath Vocke erklärte in seinem Werke über „Abgaben, Auslagen und Steuer", daß eine Abgabe von Ankünvigungen in Zeitungen gar keinen Sinn habe, und Lovenz von Stein nannte diese Steuer die „irrationellste Konsumsteuer". Der Münchener Rechtslehrer Sehdel verwirft sie vcm steuer politischen, wie vom polizeilichen Slanopunkr, der würtlem- bergische Ministerialdirektor Schall erklärt sie für eine irra- tionelle Zusatzsteuer zur Gewerbesteuer, und Pfeiffer urtheilt in seiner Schrift über die „Staatseinnahmen", der Staat solle der Presse keine Bedrängungen in den Weg legen, sondern vielmehr ihr Vorschub leisten. Zuerst und am energischsten aber verwarf diese Steuer der Volkswirth Liszt, weil sie die tägliche geistige Nahrung des Volkes verteuert und die Presse dazu verführt, sich für den pekuniären Aus fall auf andere, vielleicht unlautere Weise schadlos zu halten, weil sie au das Ungleiche schablonenhaft den gleichen Maß stab anlegt, und den Armen, der Beschäftigung sucht, ebenso trifft, wie den Reichen, der seinen Besitz veräußern will, wert sie ferner die Presse mehr und mehr dem Großkapital in die Hände treibt, die Verbindung dieser beiden Mächte bewirkt und dadurch ihren Einfluß potenzirt. Also fort mir dem Plan einer Jnseratensteuer! Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Der Kaiser hat sicherem Ver nehmen der „N.-Z." nach die Nachricht von dem am Sonn tag erfolgten Eintreffen der Höllenmaschine im Zivilkabinet erst am Dienstag Morgen, als er sich zur Jagd in Neu gattersleben befand, durch den Chef des Zivilkabinets, Ge heimrath von Lucanus, erhalten. Dem Reichskanzler oder dem Auswärtigen Amte war bis dahin eine bezügliche Nach richt des Zivilkabinets nicht zugegangen. Hinsichtlich der neuen Steuervorlagen wird der „Börs.- Ztg." zufolge jetzt angenommen, daß die Quittungssteuer mit großer Mehrheit abgelehnt werden wird; auch die Weinsteuer wird fallen. Wts die Tabasabrikalsteuer anbelangt, nimmt man an, daß die Socialdemokraten, die freisinnige Volkspar tei, die freisinnige Bereinigung und die Antisemiten geschlossen .ferner je ein Drittel der Nationalliberalen und des Cen trums gegen jede erweiterte Besteuerung des Tabaks und ' grundsätzlich jzegen die Fabrikatsteuer zu stimmen entschlossen sind. Die Entscheidung über diese Steuer würde danach bei. dem übrigen Thcile desCentrums liegen. Auch in einer Versammlung von Berliner Anarchisten kamen die Mordanschläge zur Sprache. Einer der Anarchisten führte aus, die Anarchisten hätten damit nichts-zu thun. Ueberhaupt sei es noch sehr fraglich, ob die Patrone Dyna mit enthalten habe. Wer sollte denn dem Grafen Caprivi nachstellen, mit dem sich doch leidlich auskommen lasse? Graf Caprivi habe sicherlich keine Feinde. Der Redner betonte nochmals, daß die Anarchisten mit dem Anschlag nichts zu thun hätten, und daß man ihn daher auch wohl nicht zum Anlaß zu Ausnahmegesetzen gegen die Anarchisten nehmen werde. Ein anderer Anarchist wollte das doch sehr dahin gestellt sein lassen. Jedenfalls solle man vorsichtig sein, da der „Spuk des Ausnahmegesetzes schon umgehe." Der Seniorenkonvent des Reichstages entschied gestern, daß die Reformparlei unter Zurechnung der Wilden Bruck- meier, Ahlwardt und Dr. Sigl bei der Zusammensetzung der Kommissionen berücksichtigt werden sollte. Ferner wurde be schlossen, zuerst die Sleucrgesetze, dann den Finanzplan zu berathen. Die erste und zweite Berathung des Jesuiten antrages soll morgen erfolgen. — In der gestrigen Sitzung der Handelsvertragskommission waren anwesend die Staats sekretäre Freiherr v. Marschall und v. Boetticher, sowie der preußische Handelsminister Freiher v. Berlepsch. Die Be rathung erstreckte sich zunächst auf den von Staudy geäußerten Wunsch nach weiterem statistischen Material. Seitens der Regierung wurde zugesagr, nach Möglichkeit eine solche Auf stellung zu beschaffen. Artikel 1 bis 7 der spanischen Ver träge wurden erledigt. Vom Reichstag. Der Reichstag setzte gestern die erste Berathung der Etats fort. Abg. Zimmermann (Antis.) meinte, die Regierung vernachlässige die Interessen des Mittelstandes, bekämpfte die Sttuerprojccte und befür wortete die stärkere Heranziehung der Börse, ferner eine progressive Erbschaftssteuer und Einkommensteuer. „Die Be hauptung der „Norddeutschen", daß vom Antisemitismus allein keine Partei leben könne, weil kein normaler Mensch das aushalten könne, ist falsch. Auch wir sehen nicht Alles aus dem Guckloch der Judenfrage an, die wir nur für eine der großen Resormfragen halten, die die Gegenwart bewegen. Nicht dem Antisemitismus fehlen starke große geistige Po tenzen, sondern dem neuen Curse. Schreiten wir auf dem jetzigen Wege fort, so treiben wir eine Politik wie gewisse Leute vor der französischen Revolution und treiben viele Existenzen in das rothe Lager hinüber, wo man ihnen ja bereitwillig die Arme öffnet. Herr Bebel hat Recht, das Stcucrprogramm der Regierung wirkt revolutionär. Des- ! halb bekämpfen wir es. Werden die Steuern in dieser Form i durchgesetzt, dann wird ein Sturm des Unmuthes durch das - MH ZM MM IH MMgDIHggUM L I RH 1 MM Ns NL.RRT RIR RRR» und Anzeiger (Llbeblait Mli> Anzeiger). Tclegramm-Abirsst .Tageblatt', Riesa. Amtsötatt ver Königl. Amtshanptmannschaft Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. „h? 278. Freitag, 1. Dezember 1883, Abends. 4«. Jahrg. DnS Ricjaci Tageblatt erscheint jede« Tag Abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljährlicher Bezugspreis bei Abholung in den Expeditionen in Rieia und Ltrehla, den Ausgabestellen, sowie am Schalter der kaiierl. Postanstalten 1 Mark 25 Ps., durch die Tröger frei inS HauS 1 Mark 50 Ps., durch den Briefträger frei inS Haus I Mark 65 Ps. Anzeigen-Annahmt für die Nummer deS Ausgabetages bis Bonnittag 9 Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer L Winterlich.in Riesa. — Geschäftsstelle: Kastantenstrnste 59. - Für die Redaction verantwortlich: Herm. Schmidt In Rieia. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Produktenhändlers Kranz August Adalbert Liebe in Riesa ist, da sich ergeben hat, daß eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Masse nicht vorhanden ist, vom Königlichen Amtsgerichte Hierselbst heute eingestellt worden. Riesa, am 29. November 1893. Aktuar Gerlach, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Bekanntmachung. In dem Hause Marktgafse Rr. 3 Hierselbst ist eine Wohnung zu Vermietheu. Gesuche um Ueberlassung derselben sind in der Rathsexpedition anzubringen. Riesa, den 30. November 1893. Der Stadtrath. - I. V.: Schwarzenberg, Stadtrath. Bekanntmachung. Mit Schluß dieses Jahres scheiden die Herren Thieme, Thalheim, Donat, Branne, Schütze und Müder aus dem Stadtverordneten-Koüegium aus. Es sind daher 4 ansässige und 2 > unansässige Bürger in das Stadtverordneten-Kollegium neu zu wählen. t Die vorgenannten Herren sind mit Ausnahme des von hier verzogenen Herrn Thieme wieder wählbar. Herr Donat wird aber nur als unansässtger Bürger in Frage koiiimen können, da er nicht mehr Grundstücksbesitzer ist. Die Wahl findet Montag, den 11. Dezember 1893 i« der Zeit von Vormittags 1« Uhr bis Nachmittag- S Uhr im hiesigen Rathhaussaale statt. Riesa, am 1. Dezember 1893. Der Stadtrath. I. V.: Schwarzenberg, Stadtrath. I. Der Bedarf an Milch, Fleisch, Back- und Colonial-BSaareu für Menage und Consum wird auf das Jahr 1894 neu vergebe». Lieferungsangcbvte mit Preisangabe, ver siegelt, werden bis 1«. Dezember angenommen. Lieferungs-Bedingungen liegen im Ver waltungs-Geschäftszimmer — Kaserne II, Stube Nr. 51 — aus. ** Komdo. der 2. Abth. 3. Feld-Art.-Regts. Nr. 32. Bekanntmachung. Revolver gefunden worden, was hiermit bekannt gegeben wird. Weida, den 29. November 1893. Die Ortspolizeibehörde. Schlag. Die Jnseratensteuer. * In der Dienstag-Sitzung des Reichstags hat der Abg. Dr. v. Frege der Regierung angelegentlichst den Plan einer Jnseratensteuer empfohlen und auch Herr Hofrath Dr. Mehnert in Dresden schwärmt lebhaft für dieselbe. Da nun von den Steuerprojekten der Regierung keineswegs mit Sicherheit b. hauptet werden kann, daß sie sämmtlich glatt das Ziel passiren werden, ist es nicht ausgeschlossen, daß nebst anderen Plänen der einer Jnseratensteuer ernstlich in Frage kommen kann. Es ist daher an der Zeit, die Berechtigung oder Nichlberechtigung einer Jnseratensteuer näher in Augen schein zu nehmen. Die Zeitung ist heutzutage das tägliche geistige Brod jedes Menschen geworden. Die Presse ist das Bindeglied, das Uebertragungsmittel des geistigen Fortschritts; sie ist im vollsten Sinne des Wortes ein Pionier der Kultur. Diese Thatsache hat in allerjüngster Zeit kein Anderer anerkannt als der — Finanzminister Miquel! Auf dem Schriftsteller tage in Frankfurt a. M. erklärte er die Presse für das „wichtigste Bildungsmittel der Zeit". Sollte derselbe Finanz minister, dem ja, wenn nicht dem Namen so doch der That nach, die Reichsfinanzen unterstehen, der Besteuerung dieses „wichtigsten Bildungsmittels" zustimmen? tz 30 des PreßzesetzeS bestimmt, daß außer der allge meinen Gewerbesteuer keine besondere Besteuerung der Preß erzeugnisse stattfinden, insbesondere kein Zeitungsstempel und keine Jnseratenabgabe erhoben werden soll. Nicht ohne triftige Gründe ist man zu diesem Entschluß gelangt. Der Inserate bedarf keineswegs bloß der reiche Mann, sondern eben so der Arme, der wirthschaftlich Schwache. Daß nicht der Zeitungsverlegcr die Jnseratensteuer tragen kann, liegt auf der Hand, denn viele Zeitungen bringen heute schon gar keine oder nur eine geringe Rente. Die Steuer muß also auf die Interessenten abgewälzt werden; die Folge ist eine durchaus ungehörige Doppelbesteuerung für Diejenigen, die durch Gewerbesteuer und dergleichen ihren Tribut in diesem Falle doch schon dargebracht haben. Gelingt es aber der Zeitung nickt, die Steuer zu überwälzen, und dieser Fall ist bei der heutigen scharfen Konkurrenz der Zeitungen der wahr scheinliche, so träse die Doppelbesteuerung in geradezu uner träglich schroffer Form die Verleger der Zeitungen. Untersuchen wir, in welcher Weise die Jnseratensteuer sich praktisch geltend machen würde. Entweder die Zeitungen erhöhen den JnsertionSpreiS, so nimmt naturgemäß die Anzahl der Inserate ab. Die Einnahme des Blattes vermindert sich ; es bleibt den Zeitungen nichts übrig, als den Bezugspreis zu erhöhen. Wollen aber die Zeitungen aüs berechtigter Furcht nicht zu einer Er höhung des Jnsertionspreises greifen, so bleibt ihnen eben falls nichts übrig, als den Abonnementspreis des Blattes zu erhöhen. Die Steuer trifft also in beiden Fällen ganz Unbetheiligte, die Abonnenten. Noch einen dritten Ausweg giebt cs aus diesem Labyrinth, indem man an der Zeitung selbst spart, natürlich auf Kosten der Güte des Blattes.
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